Beurteilungsfehler in der Personalbeurteilung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Problemstellung

2 Grundlagen der Personalbeurteilung
2.1 Dimensionen der Personalbeurteilung
2.2 Anwendungen und Ziele der Mitarbeiterbeurteilung

3 „Beurteilungsfehler“
3.1 Grundlegende Probleme in der Personenwahrnehmung
3.2 Konkrete „Beurteilungsfehler“
3.2.1 Wahrnehmungs- und Urteilstendenzen in Abh ä ngigkeit zur Persönlichkeit des Beurteilers
3.2.2Beurteilungsfehler “ infolge von Wahrnehmungs- Verzerrungen
3.2.3 Bewusste Urteilsverzerrungen

4 Vermeidung von „Beurteilungsfehlern“

5 Resümee

Literaturverzeichnis

1 Problemstellung

Unser alltägliches Leben ist geprägt durch die Interaktion zwischen uns und unseren Mitmenschen. In diesen Interaktionen spielt die Wahrnehmung und die daraus folgende Bewertung und Beurteilung von Menschen eine entscheidende Rolle. Diese alltäglichen Prozesse spielen auch in der Personalbeurteilung eine entscheidende Rolle, da sich der Beurteiler von diesen Grundstrukturen auch in seinen betrieblichen Aufgaben nicht lösen kann. Es setzt sich dabei immer mehr die Erkenntnis durch, dass unzuverlässige Beurteilungen viel häufiger vorkommen als bisher angenommen wurde und diese gravierende Auswirkungen auf die betriebliche Praxis haben können. Viele Beurteilungsverfahren gehen davon aus, dass jede Person durch einen guten Beobachter objektiv beschrieben und beurteilt werden kann. Diese Annahme ist jedoch utopisch. Immer wieder kommt es zu Fehleinschätzungen, die in den prinzipiellen Mängeln des Beurteilungsvermögens der Beurteiler liegen (Bronner 2001, S. 40). In vorliegender Arbeit werden die prinzipiellen Beurteilungsfehler in Personalentscheidungen behandelt. Hierbei werden sowohl Fehler, die durch einer verzerrte oder verfälschte Wahrnehmung unbewusst hervorgerufen werden, als auch bewusst vorgenommene Verzerrungen des Beobachters dargestellt. Fehler, die bei der direkten Anwendung von Beurteilungssystemen beziehungsweise im Beurteilungssystem an sich liegen werden nicht behandelt. Dabei werden die Begriffe Personal- beziehungsweise Mitarbeiterbeurteilung in dieser Arbeit wie auch in vielen Bereichen der Literatur synonym verwendet.

Zu Beginn vorliegender Arbeit werden zunächst die grundsätzlichen Arten der Mitarbeiter- beziehungsweise Personalbeurteilung vorgestellt. Hieran schließen sich potenzielle Anwendungsgebiete und Ziele an. Im dem darauf folgenden werden Probleme und Fehlerquellen aufgezeigt, die der Beurteiler zu überwinden hat, wenn er das Ziel verfolgt, seine Mitarbeiter „gerecht“ zu beurteilen. Im vierten Kapitel wird auf die Konsequenzen hingewiesen, die „falsche“ Beurteilungen mit sich bringen können. Zudem werden Lösungsansätze aufgezeigt, die zum Ziel haben die in Kapitel 3 beschriebenen „Fehler“ und „Verzerrungen“ zu minimieren. Das abschließende Resümee fasst noch einmal die Grundaussagen und Probleme vorliegender Arbeit zusammen.

2 Grundlagen der Personalbeurteilung

2.1 Dimensionen der Personalbeurteilung

Die Personalbeurteilung kann grundsätzlich in die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung, die Potentialbeurteilung und die Persönlichkeitsbeurteilung unterteilt werden. In der Praxis treten diese Arten jedoch meist als Mischformen auf. Die Leistungsbeurteilung soll für einen festgesetzten Zeitpunkt die Leistung beziehungsweise das Ergebnis eines Mitarbeiters dokumentieren. Dabei spielen vorherige Zielvorgaben, die mit dem erreichten Ergebnis verglichen werden, eine entscheidende Rolle (Nicolai 2006, S. 203). Problematisch können jedoch die Kriterien sein, mit denen das Ergebnis gemessen wird. Während bestimmte Kriterien wie beispielsweise Umsatz sehr leicht zu messen sind, kann es bei „weicheren“ Erfolgsfaktoren wie zum Beispiel Kundenzufriedenheit schnell zu Komplikationen bei der Messung der Kriterien kommen. Zusätzlich wird das Zustandekommen der Leistung zugunsten des erreichten Ergebnisses vernachlässigt. Da die Mitarbeiter die Kriterien oftmals kennen, die zur Beurteilung herangezogen werden, richten sie ihre Aktivitäten oftmals nur auf die Maximierung der Bemessungsgrundlage aus, um hier ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen und vernachlässigen damit andere unternehmenswichtige Tätigkeiten. Dieser Problematik versucht man durch die Hinzunahme von verhaltensorientierten Kriterien abzuschwächen (Lueger 2002, S. 457). So werden oftmals neben dem ergebnisorientierten Ansatz auch das Arbeits- und Sozialverhalten des Mitarbeiters gegenüber Kollegen und Vorgesetzten und damit auch die Art und Weise wie das Ergebnis erreicht wurde zur Beurteilung, herangezogen. Dies geschieht in Verhaltensbeurteilungen. Beide Ansätze dienen auch als offene und systematische Information des Mitarbeiters darüber, wie der Vorgesetzte seine erbrachte Leistung in den beurteilten Bereichen einschätzt. Nach Wunderer soll die Personalbeurteilung den Mitarbeitern Anregungen und Anreize bieten, sich um Leistungsverbesserungen zu bemühen und dem Beurteiler eine Resonanz über die Zufriedenheit des Mitarbeiters geben (Wunderer 2003, S. 327 f.).

Anders als die Leistungs- und Verhaltenbeurteilung ist die Potenzialbeurteilung nicht vergangenheitsorientiert, sondern soll primär eine zukunftsbezogene Prognose über das Qualifikationspotenzial des Mitarbeiters ermöglichen. Sie soll Aussagen über die Eignung des Mitarbeiters für zukünftige Aufgaben und Möglichkeiten seiner individuellen beruflichen Weiterentwicklung machen. Auf Grund von Potenzialbeurteilungen können gezielte Personalentwicklungs- und Weiterbildungsmaßnahmen eingeleitet, vakante Stellen neu besetzt, sowie individuelle Laufbahnplanungen von Mitarbeitern gesteuert werden. Die Beurteilungsform der Persönlichkeitsbeurteilung zielt auf die Bewertung der Persönlichkeit eines Mitarbeiters. Da jedoch bisher kein ursächlicher Zusammenhang von Persönlichkeitsmerkmalen und Leistung nachgewiesen werden konnte, findet diese Form der Beurteilung in der Praxis nur wenig Anwendung (Mentzel 2008, S. 128). Nachdem die grundsätzlichen Arten von Personalbeurteilungen und deren Ziele erörtert wurden, sollen nun die Anwendungsgebiete aufgezeigt werden, um zu veranschaulichen, dass die Mitarbeiterbeurteilung ein unerlässlicher Bestandteil der fortschrittlichen Personalführung geworden sind.

2.2 Anwendung und Ziele der Mitarbeiterbeurteilung

Die Mitarbeiterbeurteilung wird in der heutigen Zeit bei einer Vielzahl von Entscheidungen eingesetzt, bei denen sie helfen soll, vorgegebene ökonomische sowie soziale Ziele zu erreichen. Sie kann zum einen Grundlage für personelle Entscheidungen auf individuellem oder kollektivem Niveau sein. Zum anderen findet sie als ein Instrument der Personalentwicklung sowie als Hilfsmittel zur Entgeltfindung Anwendung. Auch als ein Mittel der Personalführung findet sie immer mehr Anerkennung. Bei personellen Entscheidungen dient die Mitarbeiterbeurteilung dazu, Entscheidungen über Beförderungen, Versetzungen oder Entlassungen zu treffen und ist damit ein wichtiger Faktor für die Koordination des Personaleinsatzes sowie der systematischen Personalplanung, zu der die Beschaffungs-, Personalentwicklungs-, Nachwuchs- sowie die Freisetzungsplanung zählen. Bei einem Einsatz von Leistungsbeurteilungen für die Besetzung vakanter Stellen werden an die Beurteilung methodisch sehr hohe Ansprüche gestellt. Denn bei einer Beurteilung als Grundlage einer Beförderung ist es notwendig, dass die Beurteilungen der in Frage kommenden Mitarbeiter absolut vergleichbar sind. Wie jedoch im Verlauf vorliegender Arbeit gezeigt wird, stellt genau dies ein grundlegendes Problem dar. Außerdem kann die Beurteilung in der Personalentwicklung dazu dienen, den individuellen oder kollektiven Leistungsstand und das Entwicklungspotenzial der Mitarbeiter zu erfassen und somit den Aus- und Weiterbildungsbedarf des Unternehmens beziehungsweise des einzelnen Mitarbeiters zu ermitteln. Auch kann sie zur individuellen Beratung und Förderung des Mitarbeiters genutzt werden und gibt diesem ein regelmäßiges Feedback, was eine entsprechende Motivation sicherstellen soll (Stehle 1993, S. 174 ff.). Ein weiteres potenzielles Anwendungsgebiet ist die leistungsbezogene Entgelt-Politik. Die Beurteilungen dienen hierbei als Grundlage der Entlohnungsfunktionen. „Gute“ Arbeitsleistungen werden durch hohe Entgelte honoriert, während durch „schlechte“ Leistungen nur geringe Entgelte erreicht werden können. Dies fördert die Leistungsgerechtigkeit und schafft ein monetäres Anreizsystem und kann damit auch motivationalen Charakter entwickeln. In der Personalführung kann der Vorgesetzte durch die Mitarbeiterbeurteilung die Leistungen der Mitarbeiter anerkennen und bestätigen sowie durch konstruktive Kritik Mängel aufzeigen. Dies führt zu Motivation und damit zu Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Zusätzlich kann die Akzeptanz und Kompetenz des Beurteilers gefestigt und das Verhältnis von Vorgesetzten zu den Mitarbeitern verbessert werden. Damit ist oftmals auch einer Verbesserung des gesamten Leistungsergebnisses verbunden. Durch das individuelle Feedback können die individuellen Stärken des Mitarbeiters, seine individuellen Schwächen und damit verbunden sein Entwicklungspotenzial aufgezeigt werden. Zudem können in den Beurteilungen Erwartungen und Ziele für die anstehende Planperiode festgelegt und besprochen werden und der Erfolg des Mitarbeiters anhand dieser Zielvorgaben gemessen werden (Breisig 2005, S. 346 f.).

In den Ausführungen wurde deutlich, dass sich der Einsatz von Mitarbeiterbeurteilungen meist anhand betriebswirtschaftlicher Interessen begründet. Personalführung, Personalförderung, Motivation und Entgeltpolitik sollen immer auch zu Leistungssteigerungen der Mitarbeiter beziehungsweise des Unternehmens führen. Zudem können Personalbeurteilungen auch als Instrument der Disziplinierung oder Stabilisierung von bestehenden Macht- und Herrschaftsverhältnissen im Unternehmen eingesetzt werden. Um jedoch eine breite Akzeptanz der Mitarbeiter für die Personalbeurteilung zu erlangen und von den eigentlichen Zielen abzulenken, versuchen Unternehmen die Vorteile der Beurteilungen für die Mitarbeiter in den Vordergrund zu stellen. Zu nennen wären hier beispielsweise die Honorierung guter Leistungen, die Möglichkeit auf Weiterbildung sowie die Förderung der Leistungsgerechtigkeit u.v.m. (Breisig 2005, S. 346 f.). Jedoch kann nicht jedes Anwendungsgebiet der Mitarbeiterbeurteilung isoliert betrachtet werden Oftmals überschneiden sich die Anwendungsgebiete und verfolgen divergierende Ziele. Bei den so genannten „Selektionszielen“ geht es darum, knappe Ressourcen wie beispielsweise „Boni“ oder Beförderungen an einzelne Mitarbeiter zu verteilen. Diese Ziele stehen jedoch oft im Gegensatz zu den „Förderungszielen“, die die Mitarbeiter motivieren oder beraten sollen. „Selektionsziele“ erfordern zur Differenzierung der Mitarbeiter eine präzise Auseinandersetzung mit deren Schwächen und sind deshalb oftmals auch mit unangenehmen Entscheidungen verbunden, die leicht zu Frustrationen der Mitarbeiter führen können. Da der Mitarbeiter die Vorgehensweise der Personalplanung antizipiert, ist von ihm tendenziell eine geringe Offenheit über seine Probleme und Schwächen zu erwarten, da er bei Offenbarung seiner Schwächen damit rechnen muss, bei Selektionsprozessen benachteiligt zu werden. Da diese Offenheit jedoch für die Erfüllung von „Förderungszielen“, wie Schulungs- und Weiterbildungsbedarf von Mitarbeitern wichtig ist, entsteht zwischen den beiden Zielen ein Spannungsverhältnis (Lueger 2002, S. 452).

Das Ziel von Personalbeurteilungen muss es immer sein, vergleichbare Beurteilungen von Mitarbeitern zu erhalten. Durch eine periodische und systematische Beurteilung kann außerdem eine Verbesserung der Führungsqualität erreicht werden, da Mitarbeiter und Führungskräfte gezwungen werden, sich mit den Führungsgegebenheiten auseinanderzusetzen. Weiterhin erhöht ein einheitliches Führungsverhalten die Schlagkraft der Beurteilungen. Als vielleicht wichtigstes Ziel erscheint jedoch die Ausschöpfung des gesamten Mitarbeiterpotenzials sowie die Steigerung der Leistungsfähigkeit (Olfert 1993, S. 234). Nachdem grundlegende Zwecke, Ziele und Konflikte der Mitarbeiterbeurteilungen dargestellt wurden, beschäftigt sich das folgende Kapitel mit den potenziellen Fehlern, die bei Personalbeurteilungen immer wieder auftreten können. Darin werden zunächst die grundlegenden Probleme erläutert, die bei der Wahrnehmung von Personen auftreten. Hieran anschließend werden konkrete Beurteilungsfehler beziehungsweise Beurteilungsverzerrungen dargestellt.

3 „Beurteilungsfehler“

3.1 Grundlegende Probleme in der Personenwahrnehmung

Unsere Wahrnehmung unterliegt ständigen Informationsselektionen und Informationsverzerrungen. Nicht alle Informationen die auf einen Menschen wirken, werden auch von diesem wahrgenommen. Die Flut von Informationen, die auf uns einströmt, erfordert immer auch eine Selektion und lässt den überwiegenden Teil unbeachtet. Neben der Intensität, der Eindeutigkeit und dem Kontext spielen auch physiologisch-psychologische Faktoren eine Rolle. Frühere Erfahrungen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Wahrnehmung ist demnach immer auch ein aktiver Prozess, den das Individuum bewusst und unbewusst beeinflusst (Kanning 1999, S. 53).

[...]

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Details

Titel
Beurteilungsfehler in der Personalbeurteilung
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Personalauswahl und Personalentwicklung in großen Unternehmen
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V145399
ISBN (eBook)
9783640549467
ISBN (Buch)
9783640551224
Dateigröße
426 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beurteilungsfehler, Personalbeurteilung
Arbeit zitieren
Johannes Tiegel (Autor:in), 2009, Beurteilungsfehler in der Personalbeurteilung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145399

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