Nikolaus Lenau "Zu spät!" - Gedichtanalyse


Seminararbeit, 1992

12 Seiten, Note: 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Analysieren und beschreiben Sie die "Horizontalstrukturen" (Link) des gegebenen Gedichts (mit Ausnahme der Konnotationsebene: s. Aufg. 3)!

2. Ermitteln und begründen Sie mit Hilfe des Begriffs der "Vertikalstrukturen" die rhythmischen Abweichungen vom Metrum!

3. Untersuchen Sie die Funktion der Gedichtform!

4. Analysieren und beschreiben Sie die Konnotationsebene als Strukturzusammenhang (a) und untersuchen Sie die Bedeutung der Naturmethaphorik für den Textsinn (b)!

5. Literaturverzeichnis

1. Analysieren und beschreiben Sie die "Horizontalstrukturen" (Link) des gegebenen Gedichts (mit Ausnahme der Konnotationsebene: s. Aufg. 3)!

Das vorliegende Gedicht "Zu spät!" von Lenau, wie aus Briefen Lenaus ersichtlich wird[1], vermutlich im Januar oder Februar 1832 entstanden, besteht aus vierzehn Zeilen und gliedert sich in zwei Quartette und zwei Terzette.

Dieser Aufbau zusammen mit dem umarmenden Reimschema abba/abba der Reime der Quartette und dem Reimschema cdc/ede der Terzette zeichnet das Sonett des Petrarcatyps aus.

Lenau weicht, abgesehen von der unbedeutenden Variierung der Terzette von der Terzettordnung cdc/dcd in cdc/ede, in dem vorliegenden Gedicht nicht von diesem vorgegebenen Schema der Sonettform ab.

Bei den Reimen handelt es sich ausschließlich um reine und weibliche Reime.

Der Autor bedient sich des fünffüßigen Jambus, dem Endecasillabo, mit Überschlagen der Schlußsilbe. Die Versenden sind durchweg hyperkatalektisch zu nennen.

Diesen Regelmäßigkeiten schließt sich die rhythmische Gestaltung des Gedichtes an. Von einigen schwebenden Betonungen abgesehen strömt der bauende Rhythmus gleichmäßig durch das gesamte Gedicht.

Einen weiteren gleichmäßig pulsierenden Rhythmus bilden die Tempuswechsel der einzelnen Strophen: 1. Quartett Vergangenheit, 2. Gegenwart; 1. Terzett Vergangenheit, 2. Terzett Gegenwart.

Die Ausgewogenheit von langen und kurzen Stammvokalen des Gedichtes unterstützen den Eindruck von rhythmischer Gleichmäßigkeit. Die auffällige Interpunktion in Form vieler Ausrufezeichen behindert nicht den fließenden Rhythmus, sie macht ihn lebendiger und lockert die strenge Form des Sonetts auf.

Ferner finden sich neben zahlreichen Klangkorrespondenzen, wie zum Beispiel "Erstarben in der bangen", "Roß gespornt", "mich der stille", "war´s versagt", "wieder schwinden", "hat die Brandung es hinabgezogen", noch einige Alliterationen, wie etwa "Sabbat fächelt seine", "Müden mich", "Mädchen meiner".

Thematisch baut sich das Gedicht auf wie folgt: Im ersten Quartett wird beschrieben, daß der Lenz, der Frühling, vergangen sei und mit ihm Träume und Gefühle durch die Schwüle der nun folgenden Sommerzeit. Die Sommerzeit wird geschildert als Zeit der Taten.

Im zweiten Quartett wird das Bild des Sommers als Zeit der Taten weiter ausgemalt. Den Sabbat schließlich beschreibt das lyrische Ich als seine Erlösung vom heißen Kampfe im Sommer, denn der Sabbat erlöst das lyrische Ich mit Kühle und mit dem Tod.

Im ersten Terzett nun spricht das lyrische Ich eine vergangene Liebe an, die es vergebens gesucht hat. Im zweiten Terzett erwähnt das lyrische Ich das Bild seiner Liebe, das noch dann und wann wieder auftaucht, aber letztlich doch verschwinden muß.

2. Ermitteln und begründen Sie mit Hilfe des Begriffs der "Vertikalstrukturen" die rhythmischen Abweichungen vom Metrum!

Eine vertikale Beziehung sieht Link[2] gegeben in dem Verhältnis von Lautfolge und Rhythmus zur Sprache. Ein Gedicht darf, da der Rhythmus auch schon die semantische Denotationsebene miteinbezieht, nicht nur metrisch "runtergeklappert" werden. Man muß prüfen, wo Sinn und Metrum in Spannung stehen, wo sich semantische Auffälligkeiten befinden, und diese dann betonen, wobei das eigentliche Metrum trotzdem noch zu erkennen bleiben muß. Das Versmaß- und Reimschema an sich sagen noch nichts über das Rhythmische des Gedichtes aus. Auch die Klangqualität wirkt auf den Rhythmus zurück.

Im vorliegenden Gedicht bedeutet das, daß auch die strenge Form des Sonetts lebhaft wahrgenommen werden kann, durch den Reim sinnlich wahrgenommen werden kann.

Bei Beachtung der natürlichen Akzente der Wörter finden sich einige Abweichungen vom Metrum in Form von schwebenden Betonungen. In der ersten Zeile des Gedichtes, die aus relativ vielen langen Stammvokalen besteht, erfährt das "Schon" wie auch das "bald" in der vierzehnten Zeile in der metrischen Senkung eine leichte Hebung, wobei das folgende "hat", in der metrischen Hebung eigentlich betont, eine Drückung erfährt.

Ebenso wird in der zweiten Zeile die Pluralendung des Adjektivs "seligen" durch metrische Hebung betont. Da dies aber gegen den natürlichen Akzent verstößt, kann man auch hier eine schwebende Betonung feststellen, so daß die Silben -li und -gen gleiche Betonung erhalten.

Das gleiche gilt für die Präposition "in" der dritten Zeile, das "in jenen" in der neunten Zeile und das "es hinab" in der vierzehnten Zeile.

[...]


[1] Brief von Lenau an Mayer vom 15. und 21. Januar 1832, in: Nikolaus Lenau. Sämtliche Werke und Briefe . Bd. I, hg. v. Walter Dietze, Frankfurt a. M. , 1971, S. 957.

[2] vgl. Link, Jürgen: Das lyrische Gedicht als Paradigma des überstrukturierten Textes, in: Funk-Kolleg Literatur Bd. 1, in Verbindung mit J. Stückrath hg. v. H. Brackert und E. Lämmert, Frankfurt 1977.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Nikolaus Lenau "Zu spät!" - Gedichtanalyse
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für neuere deutsche Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Analyse von Lyrik
Note
1
Autor
Jahr
1992
Seiten
12
Katalognummer
V14521
ISBN (eBook)
9783638198974
ISBN (Buch)
9783640265848
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nikolaus, Lenau, Gedichtanalyse, Analyse, Lyrik, Metrum, Horizontalstruktur, Konnotationsebene, Vertikalstruktur, Rhythmus, Naturmetaphorik, Quartett, Terzett, Reimschema, Reim, Jambus
Arbeit zitieren
M.A. Sabine Lommatzsch (Autor:in), 1992, Nikolaus Lenau "Zu spät!" - Gedichtanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14521

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