Zeitungen Online - Fluch oder Segen?


Seminararbeit, 1999

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Begriffe und Entstehungsgeschichte
1.1. Online oder Multimedia?
1.2. Der Weg zur Zeitung im Internet

2. Erscheinungsformen der Online-Zeitungen
2.1. „Zeitung pur“
2.2. „Special Interest“
2.3. „Lokales Informationszentrum“
2.4. „Spielwiese“
2.5. „Marketing- Instrument“

3. Gründe für das Online-Engagement der Zeitungsverlage

4. Vorteile von Online-Zeitungen
4.1. Globalität
4.2. Aktualität
4.3. Nachfrageorientierung
4.4. Interaktivität
4.5. Hypertextualität

5. Nachteile gegenüber dem Printprodukt
5.1. Disponibilität und Lesekomfort
5.2. Kosten

6. Finanzierungsmodelle
6.1. Online-Werbung
6.2. Verkauf von Inhalten
6.3. Der Verlag als Access-Provider

7. Zukunftsaussichten für die Online-Zeitung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Das Internet ist in aller Munde. Egal wo wir hingehen oder hinsehen, überall rücken diese merkwürdigen „http:-Adressen1 “ ins Blickfeld. Ganz gleich, ob wir die Tageszeitung oder eine Illustrierte aufschlagen, die Nachrichten oder eine Unterhaltungssendung im Fernsehen sehen, in der U-Bahn stehen oder ins Kino gehen, das Internet ist allgegenwärtig geworden. Und selbst wenn viele noch nie im „Netz der Netze“ ‚gesurft‘ sind, eine Internet Adresse haben sie schon einmal gesehen. Online ist in . Und so macht dieser Trend natürlich auch nicht vor einem Traditionsmedium wie der Tageszeitung halt. Während der Computer in den letzten 20 Jahren vor allem die Herstellung des Printprodukts beispielsweise durch Desktop- Publishing und Computer-to-plate Verfahren revolutionierte, so findet jetzt die Vermittlung und Rezeption der Inhalte mit Hilfe des Computers statt.2 Waren bis 1995 noch keine deutschen Tageszeitungen im Internet vertreten3, so stieg die Zahl bis Mitte Februar 1997 auf über 70 Zeitungen an.4 Zur Zeit sind 236 deutschsprachige Zeitungen mit einem Angebot im World Wide Web vertreten (Stand: Februar 1999).5 Bei einer derart rasanten Entwicklung ist man versucht von einem Online- Boom bei den Verlagen zu sprechen:

„[...] die Zeitungsverleger verstehen sich mehr und mehr als unternehmerische Publizisten [...] und betonen, daß sie auch bislang schon unterschiedliche Transportmittel für Informationen nutzen.“6 Dabei geht es für die Verlage mittlerweile nicht mehr um die Frage ob, sondern wie ein solcher Online-Auftritt realisiert werden kann.7 Es stellt sich daher zwangsläufig nicht nur die Frage, wie sich die Online- Zeitungen im Internet präsentieren, sondern vor allem auch aus welchen Gründen dies geschieht. Welche Vorund Nachteile birgt der WWW-Auftritt einer Zeitung gegenüber dem gedruckten Produkt, und wie wird ein Online- Angebot finanziert? Aber auch Zukunftsängste regen sich: Wird die Internet-Zeitung die gedruckte Zeitung verdrängen? Die vorliegende Arbeit soll diese Fragen untersuchen, dafür ist jedoch zunächst ein kurzer Rückblick sowie eine Begriffsklärung notwendig.

1. Begriffe und Entstehungsgeschichte

1.1. Online oder Multimedia?

Die Begriffe „Online“ und „Multimedia“ werden heutzutage gerne durcheinander geworfen. Dies stiftet nicht nur Verwirrung, sondern erschwert zudem eine genaue Abgrenzung der verwendeten Technologien.

Multimedia ist vor allem gekennzeichnet durch die Digitalisierung von Informationen, der Nutzung der Datenübertragung und durch die Darstellung dieser Daten auf Computern. Zugleich bedeutet dies ein ‚Verschmelzen‘ verschiedener bisher autarker Medien wie Audio, Video, Text und Grafik mit den Möglichkeiten des Computers8, bei dem „nicht der Gestalter des Mediums [...] den Weg des Benutzers zur Information [bestimmt], sondern der Benutzer selbst, er hat ständig die Wahl.“9 Diese neue Art der Informationsvermittlung nutzt alle vorhandenen Techniken, um ‚erlebnis-ähnliche‘ Eindrücke zu schaffen.10 Beispiele hierfür sind multimediale Spiele und Versandhauskataloge auf CD-ROM.11 Die Multimedia- CD-ROM ist hierbei nur der Anfang, wenn nicht gar ein Übergangsmedium.12 Was unterscheidet Online also von Multimedia? Alle zuvor genannten Merkmale scheinen ebenfalls auf den Begriff „Online“ zuzutreffen. Mit einem Zusatz allerdings: „Wenn heute von ‚online‘ die Rede ist, ist das Internet gemeint.“13 Die Vernetzung „eröffnet die Möglichkeit der Rückkopplung [...]. Die Informationsstruktur besteht nicht mehr in einem Sender und einem Empfänger, sondern es entsteht eine Kommunikationsstruktur ([...], ganz besonders aber online).“14

1.2. Der Weg zur Zeitung im Internet

Schon vor dem Internet-Boom boten Zeitungsverlage elektronische Zusatzangebote an. Zum einen waren dies sog. ‚Audiotex‘ und ‚Fax-On-Demand‘ Dienste. Unter Audiotex versteht man im einfachsten Sinne Telefonansagedienste, beispielsweise um aktuelle Sportergebnisse, Buch-, Musikoder Fernsehtips abzurufen, aber auch um an Gewinnspielen teilzunehmen oder Bekanntschaften zu knüpfen.15

Ähnliche Möglichkeiten bietet Fax-On-Demand, wobei auf den abgerufenen Texten zusätzlich Werbung plaziert werden kann, um so das Angebot zu finanzieren.16 Zeitungen auf CD-ROM sind ein weiteres elektronisches Zusatzangebot und dienen häufig als Nachschlagewerke für einen ganzen Zeitungsjahrgang.17 Mailbox-Systeme waren dann ein weiterer Schritt in Richtung Online-Zeitung. Sie stellten eine einfache und mit relativ wenig Aufwand zu verwirklichende Möglichkeit für die Zeitungsverlage dar, über Computer, Telefon und entsprechende Kommunikationssoftware verschiedene Dienste wie Dateiarchive und Diskussionsforen anzubieten.18 Mit dem Aufkommen kommerzieller Online-Dienste wie CompuServe (gegründet 1979) oder America Online (AOL) (gegründet 1985) verlagerte sich das Engagement der Zeitungsverlage mit entsprechenden Angeboten.19

Damit sich die Zeitungen (wie auch alle anderen Inhalte) so im Internet präsentieren können, wie wir es heute gewohnt sind, war eine Entwicklung von entscheidender Bedeutung: Das World Wide Web (WWW), eine benutzerfreundliche Anwenderoberfläche des in den 60er Jahren entstandenen Internets, entwickelt am Hochenergiezentrum CERN im Jahre 1989.20 Vor allem die Möglichkeit neben Grafiken noch Sprache, Ton und Videosequenzen einzubauen forcierte die schnelle Entwicklung des WWW.21 Diese Entwicklung bekamen auch die kommerziellen Online-Anbieter zu spüren, und so stellten viele ihre Dienste auf den HTML-Standard um.22

2. Erscheinungsformen der Online-Zeitungen

Zeitungen präsentieren sich im Internet in den unterschiedlichsten Facetten. Katja Riefler hat als erste versucht, das Online- Angebot von Tageszeitungen zu kategorisieren und dabei drei Typen herausgearbeitet.23 Eine Forschergruppe hat diese Kategorien um zwei weitere Typen ergänzt.24 Obwohl sich die ersten drei Modelle ursprünglich auf geschlossene Online- Dienste bezogen, können diese Typen ohne weiteres auch auf Internet- Angebote übertragen werden.25

2.1. „Zeitung pur

Dieser Typ der Online- Zeitung26 entspricht, wie der Name schon sagt, weitgehend dem Printprodukt. Es werden hierbei oft nicht nur die Artikel, sondern auch Kleinanzeigen, Leserbriefe und Veranstaltungshinweise übernommen, die ja ebenfalls zum Serviceumfang der Printausgabe gehören. Die Vorzüge des Mediums, etwa durch Links, Interaktivität und Multimedia wird so gut wie nicht genutzt. Der Grund auf eine derartige Umsetzung der Inhalte zu setzen, liegt in dem geringen Arbeitsaufwand der Konvertierung in das Online- Format. Eine derartige WWW-Zeitung soll die Bindung der Leser zur Printversion verstärken und stellt keine Konkurrenz für die gedruckte Ausgabe dar.

Als Beispiel wird das Angebot der „taz“ („die tageszeitung“) unter der Adresse http://www.taz.de angeführt: „Mit wenigen Ausnahmen überträgt die ‚Digitaz‘ das gesamte Artikelangebot der jeweiligen aktuellen ‚taz‘ –Ausgabe. [...], Fotos aus der Druckausgabe werden grundsätzlich nicht übernommen.“27 Die Online-Version läßt vor allem Serviceleistungen vermissen, es steht lediglich ein kostenpflichtiges Artikelarchiv zur Verfügung.28 Obwohl die Untersuchung von Sascha Klettke bereits im Jahre 1997 durchgeführt wurde, hat sich am Aussehen der Homepage fast nichts geändert.29

2.2. „Special Interest“

Online-Zeitungen dieses Typs begrenzen ihr Angebot auf bestimmte Themen oder Zielgruppen, z.B. Kunst oder Unterhaltung und stellen daher nur einen bestimmten Teil ihrer gedruckten Ausgabe den ‚Internet- Surfern‘ zur Verfügung. Am Beispiel des „Donaukurier“ (http://www.donaukurier.de) übertrugen die Forscher dieses Modell, das Katja Riefler ursprünglich bei Zeitungen in den USA beobachet hatte, auch auf deutsche Zeitungen.30 Der Donaukurier Online legt besonderen Wert auf die lokale Berichterstattung und bietet dort tagesaktuelle, lokale Artikel an. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in einem umfangreichen Kulturservice, der sowhl das Kino-, als auch das Theaterund Veranstaltungsprogramm umfaßt.31

Wie sehr dieses Medium noch dem Wandel unterworfen ist, zeigt sich in der Tatsache, daß während des Untersuchungszeitraums das Angebot des Donaukurier Online um ein überregionales Angebot erweitert wurde.32

[...]


1 Der Begriff „http“ bedeutet H yper t ext t ransfer p rotokoll und ist das Übertragungsprotokoll im World Wide Web, der grafischen Benutzeroberfläche des Internets. Vgl. hierzu ausführlicher die Homepage des World Wide Web Consortiums unter http://www.w3.org/ (28.02.99).

2 Vgl. Neuberger, Christoph (u.a.): Die deutschen Tageszeitungen im World Wide Web. In: Media Perspektiven 12/1997, S. 652-662, S.652.

3 Vgl. Riefler, Katja: Zeitung Online. Was fasziniert Printmedien am weltweiten Computernetz? In: Dernbach, Beatrice, Rühl, Manfred, Theis-Berglmair, Anna Maria (Hrsg.), Publizistik im vernetzten Zeitalter. Berufe – Formen – Strukturen, Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 1998, S.109-122, S.109.

4 Vgl. Riefler, Katja: Zeitung Online: Was sucht ein Traditionsmedium in Computernetzen? In: Beck, Klaus; Vowe, Gerhard (Hrsg.): Computer-Netze – ein Medium öffentlicher Kommunikation? Berlin: Spiess 1997, S.47-61, S.47.

5 Die Zeitungs- Marketing Gesellschaft (ZMG) listet unter der Adresse http://www.zmg.de/zeitung.htm (28.02.99) sowohl deutsche, als auch österreichische und schweizer Zeitungen mit Internetangebot. Die Liste des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) beschränkt sich unter der Adresse http://www.bdzv.de/online/index.htm (28.02.99) dagegen auf deutsche Titel, die Anzahl von 146 Zeitungen (Stand: Februar 1999) ist aber dennoch beachtlich.

6 Gutting, Doris: Multimedia. Neue Chancen und Anforderungen für die Zeitung. In: Ludes, Peter; Werner, Andreas (Hrsg.): Multimediakommunikation. Theorien, Trends und Praxis. Opladen: Westdeutscher Verlag 1997, S.179- 190, S.179.

7 Vgl. Riefler, K. (1997), S.47.

8 Vgl. Korbmann, Reiner: Multimedia – eine Herausforderung für Journalisten und Verleger. In: Mast, Claudia (Hrsg.), Markt – Macht – Medien: Publizieren im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und ökonomischen Zielen, Konstanz: UVK Medien, 1996. S.145-152, S.145 f.

9 Ebd.

10 Vgl. Ebd.

11 Vgl. Holicki, Sabine: Wie sicher ist das Fundament? Die Zukunft der Zeitung im multimedialen Zeitalter. In: Mast, Claudia (Hrsg.), Markt – Macht – Medien: Publizieren im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und ökonomischen Zielen, Konstanz: UVK Medien, 1996. S.179-195, S.182.

12 Vgl. Korbmann, R.: a.a.O., S.146.

13 Riefler, Katja: Zeitungen online – Chance oder Risiko? In: Media Perspektiven 10/1996. S.537-549, S.537.

14 Korbmann, R.: a.a.O., S.146.

15 Vgl. Bär, Oliver: Online-Zeitungen und elektronisches publizieren. In: Wilke, Jürgen; Imhoff Christiane (Hrsg.): Multimedia. Voraussetzungen, Anwendungen, Probleme. Berlin: Vistas 1997, S. 225-234, S.225 ff.

16 Vgl. Gutting, D.: a.a.O., S.181.

17 Vgl. Ebd.

18 Vgl. Bär, O.: a.a.O., S.227.

19 Vgl. Riefler, Katja: Zeitung Online. Neue Wege zu Lesern und Anzeigenkunden. Bonn: ZV Zeitungsverlag, 1995. S. 27 ff. Riefler liefert hier eine sehr detaillierte, wenn auch mittlerweile schon wieder veraltete Beschreibung der unterschiedlichen Online-Dienste.

20 Vgl. Höflich, Joachim R.: http://www.zeitung.de. Perspektiven der Online-Aktivitäten lokaler Tageszeitungen – oder: Das Wagnis Internet und der Verlust des Lokalen? In: Publizistik 43. Jg., Heft 2, 1998, S. 111-129, S.112 und ausführlicher die Homepage des World Wide Web Consortiums unter http://www.w3.org/ (28.02.99).

21 Vgl. Ebd., S.112.

22 Vgl Riefler, K. (1996), S.537. In ihrem Artikel kündigt Riefler zwar erst die Umstellung auf den HTML-Standard an, er ist inzwischen bei allen Anbietern (außer bei AOL) vollzogen.

23 Vgl Riefler, K. (1995), S.84 ff.

24 Vgl. Klettke, Sascha; u.a.: Der digitale Zeitungskiosk. Eine Typologisierung von Online- Tageszeitungen. In: Neverla, Irene (Hrsg.): Das Netz-Medium. Kommunikationswissenschaftliche Aspekte eines Mediums in Entwicklung. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 263-276.

25 Vgl. Ebd., S.264.

26 Die Benennung und nachfolgende Beschreibung der fünf Typen richtet sich nach Katja Riefler (1995), S.84 ff. und Sascha Klettke (a.a.O.), S.267 ff.

27 Ebd., S.268.

28 Vgl. Ebd, S.268f.

29 Unter der Adresse http://www.taz.de (01.03.1999) kann man jetzt lediglich zwischen einer „Frame-Version“ und einer „Nonframe-Version“ für ältere Internetbrowser wählen.

30 Vgl. Ebd., S.269.

31 Vgl. Ebd., S.269 f.

32 Vgl. Ebd., S.270.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Zeitungen Online - Fluch oder Segen?
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Kommunikationswissenschaft (ZW))
Veranstaltung
Proseminar II: Medienlehre Presse
Note
1,0
Autor
Jahr
1999
Seiten
20
Katalognummer
V14489
ISBN (eBook)
9783638198806
ISBN (Buch)
9783656231974
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zeitungen, Online, Fluch, Segen, Proseminar, Medienlehre, Presse
Arbeit zitieren
Uwe Sperlich (Autor:in), 1999, Zeitungen Online - Fluch oder Segen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14489

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