Motivation potentieller Partner zur Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten


Diplomarbeit, 2009

117 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Relevanz
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
1.2.1 Fokussierung
1.2.2 Forschungsfragen
1.3 Forschungsdesign
1.3.1 Ansatz
1.3.2 Vorgehensweise
1.4 Aufbau der Arbeit

2 Stand der Forschung
2.1 Kundeneinbeziehung
2.2 Kundenmotivation

3 Theoretische Grundlagen
3.1 Geschlossen versus Offen
3.1.1 Geschlossene vs. Offene Innovation
3.1.2 Geschlossene vs. Offene Organisation
3.2 Begründungen und Ausprägungen des Paradigmenwechsels
3.2.1 Faktoren des Paradigmenwechsels
3.2.2 Beispiele für Unternehmen, die ”offen“sind
3.3 Widerstand - Wesensmerkmal der Innovation
3.3.1 Not Invented Here-Syndrom
3.3.2 Buy In-Syndrom
3.3.3 Only Use Here-Syndrom
3.3.4 Sell Out-Syndrom (SO)
3.4 Motivationstheoretische Grundlagen
3.4.1 Motivation
3.4.2 Anreizsysteme

4 Theoretischer Bezugsrahmen
4.1 Outside-In
4.1.1 Kundenintegration
4.1.2 Integration von anderen Unternehmen
4.1.3 Integration von Forschungsinstituten (Universitäten)
4.2 Inside Out
4.2.1 Formale externe Verwertung von technologischem Wissen
4.2.2 Informale externe Verwertung von technologischem Wissen
4.2.3 Eigenständige Verwertung durch Spin-Offs
4.3 Coupled Prozess
4.3.1 Strategische Allianzen

5 Erkenntnisse aus der motivationstheoretischen Forschung
5.1 A. Maslow´sche Bedürfnisse
5.2 Motivationstypen nach Correll
5.3 Theorie X und Y nach McGregor
5.4 Zwei-Faktoren-Modell von Herzberg et al
5.5 Lebensmotive nach McDougall und Reiss

6 Erkenntnisse aus empirischen Untersuchungen
6.1 Auswahlkriterien
6.2 Ergebnisse aus dem B2B-Kontext
6.3 Ergebnisse aus dem B2C-Kontext
6.4 Ergebnisse aus unternehmensinternen Studien

7 Fazit
7.1 Klassifikation der Motive
7.2 Zuordnung der theoretischen Motive
7.3 Zuordnung der empirischen Motive
7.4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1.1 Abgrenzung der Arbeit

1.2 Phasen des Innovationsprozesses

1.3 Gesamtstruktur der Arbeit

3.1 Closed Innovation Model

3.2 Open Innovation Model

3.3 Die Kernprozesse des Open Innovation Ansatzes

3.4 Verzerrte Einstellung hinsichtlich externer Transaktionen

3.5 Hierarchie von Anreizen

4.1 Methoden zur Integration von Kunden

4.2 Unterschiedliche Arten von Toolkits

4.3 Systematisierung der Formen formaler externer Verwertung

4.4 Systematisierung der Formen informaler externer Verwertung

4.5 Risiken langfristiger Beschaffer-Lieferanten-Beziehungen

5.1 Maslow´sche Bedürfnispyramide

5.2 Die Beeinflussung der Arbeitseinstellungen - Herzberg´s Faktoren

5.3 Mögliche Situationen aus dem Zusammenspiel der Herzberg´schen Faktoren

6.1 Potentielle Innovationspartner zugeordnet nach Bereichen

7.1 Markt- und technikorientierte Einflüsse in den verschiedenen Innovations-phasen

Tabellenverzeichnis

2.1 Übersicht über existierende Studien - Stand der Forschung

2.1 Übersicht über existierende Studien - Stand der Forschung

2.1 Übersicht über existierende Studien - Stand der Forschung

2.1 Übersicht über existierende Studien - Stand der Forschung

3.1 Leitgedanken für das geschlossene und das offene Innovationsmodell

4.1 Outside-In Prozess

4.2 Inside-Out Prozess

4.3 Coupled Process

4.4 Kooperationsrisiken

5.1 Correll Motivatoren

5.2 Triebkräfte nach McDougall

5.3 Lebensmotive nach Reiss

7.1 Klassifikation der Motive

7.2 Maslow Motivatoren

7.3 Correll Motive

7.4 McGregor Motive

7.5 Herzberg Motive

7.6 Reiss Motive

7.7 Klassifizierung theoretischer Motive

7.8 Wecht Motive

7.9 Füller Motive

7.10 Weber Motive

7.11 Herzog Motive

7.12 Klassifizierung empirischer Motive

7.13 Absolute Häufigkeiten der Motivatoren

7.14 Relative Häufigkeiten der Motivatoren

1 Einleitung

Forschung macht aus Geld Wissen, Innovation hingegen aus Wissen Geld.1

1.1 Relevanz

Die Fähigkeit zur Innovation wird immer mehr zu einem Schlüsselelement der Wachstums- sicherung und strategischen Differenzierung. Einer der Hauptgründe dafür sind veränderte Rahmenbedingungen des Wettbewerbsumfeldes: Technischer Fortschritt, globaler Wettbe- werb, neue Marktanforderungen und sich permanent verändernde Ansprüche und Wünsche der Wirtschaftssubjekte. Der Trend geht zu immer mehr Produkteinführungen, was eine Verkürzung der Produktlebenszyklen als Konsequenz nach sich zieht (Herstatt/Verworn (2002)). Während früher eine gute Idee für einen jahrelangen Wettbewerbsvorsprung ausreichte, liefern sich Unternehmen heute ein Kopf-an-Kopf- Rennen mit den Konkurrenten (Getz/Robinson (2003); Bullinger/Auernhammer (2003); Warnecke (2003); Stern/Jaberg (2007)). Die Globalisierung und die Entwick- lung in der Informationstechnik verschärfen den Wettbewerb in allen Branchen. Der reine Fokus auf Rationalisierung und Kostensenkung gewährleistet keine Zukunftsträchtigkeit mehr. Unternehmen stehen vielmehr einer weltweiten Ideen- und Innovationskonkurrenz gegenüber, der sie kaum aus eigener Kraft heraus gegenwirken können. Die Übertragung bisheriger Erfolgspotenziale auf die Zukunft ist in einem dynamischen Umfeld, das geprägt von hoher Innovationsgeschwindigkeit und -intensität ist, oftmals nicht möglich (Bullin- ger/Auernhammer (2003)). Neuen Technologien2 und dem marktseitig durch den Kun- den ausgelösten Innovationsdruck können Unternehmen nicht entweichen. Innovationen sind zu einer notwendigen Voraussetzung für Wachstum und langfristige Überleben des Unternehmens im globalen Wettbewerb geworden. Einige Unternehmen haben die Not- wendigkeit der Entwicklung von Innovationen erkannt und entsprechend reagiert. Die un- ternehmerische Herausforderung liegt jedoch nicht nur darin, innovative Produkte zu ent- wickeln, sondern ”denPulsderZeitzutreffen“(Sandmeier(2008)).Dasistlängstnicht selbstverständlich in Anbetracht hoher Misserfolgsquoten bei technologiegetriebenen Pro- duktinnovationen. Flopraten zwischen 20 und 80%3 zeigen das hohe Marktrisiko, mit dem neue Produkte verbunden sind. Zur Sicherstellung einer hohen Marktakzeptanz, müssen Innovationstätigkeiten effektiv und effizient sein, zur Realisierung dieser wird häufig die konsequente Ausrichtung des Fokus auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Nachfrageseite genannt; dies impliziert, im Sinne eines Paradigmenwechsels von einer geschlossenen hin zu einer offenen Innovation, eine stärkere und frühzeitige Integration des Kunden und seines Wissens4 in den Innovationsprozess (vgl. z.B. Kohli/Jaworski (1990); Glazer (1991); Kohli/Jaworski (1993); Bacon et al. (1994); Murphy/Kumar (1996); Pitta et al. (1996); Neale/Corkingdale (1998); Hippel et al. (1999); Glazer (2000); Gruner/Homburg (2000); Prahalad/Ramaswamy (2000); Friesen (2001); Hippel (2001); Herstatt et al. (2002); Lüthje (2002); Thomke/Hippel (2002); Ulwick (2002); Chesbrough (2003c); Sandmeier (2008)).

Die grundsätzliche Relevanz des Themas ”DerKundealsexterneRessource“istdabei gar nicht neu (Rothwell et al. (1974), Hippel (1988), Leonard-Barton (1995)). Allerdings wird die benötigte Wissensbasis zur Innovation neuer Produkte und Dienstlei- stungen immer komplexer, die Entwicklung erfolgreicher innovativer Produkte letztend- lich zu einer zunehmend grösseren Herausforderung. Neu ist also der Zwang, die Suche nach externen

”Innovationspartnern“zuforcieren,umdenFortbestanddesUnterneh- mens sicherzustellen. Dieser Wandel sollte keinesfalls als Bedrohung, sondern vielmehr als Chance gesehen werden. Belegen doch zahlreiche Studien beispielsweise den positiven Einfluss frühzeitiger Kundenintegration auf den Innovationserfolg (vgl. z.B. Bacon et al. (1994); Brown/Eisenhardt (1995); Gales/Mansour-Cole (1995); Murphy/Kumar (1996); Murphy/Kumar (1997); Gruner/Homburg (1999); Kristensson et al. (2002); Mangold/Kunz). In diesem Fall löst sich der Kunde von seiner Rolle als passiver Konsument und wird zum aktiven Innovator im Innovationsprozess des Unternehmens (Meyer et al. (2000); Prahalad/Ramaswamy (2000); Mangold/Kunz (2004b)). Ein erfolgreicheres Produktportfolio und damit profitables Wachstum am Markt sind als Resultat auf Unternehmensseite zu verzeichnen.

Trotz aller theoretischen Bekenntnisse fallen bei näherer Betrachtung der Innovationstätig- keit der Praxis Defizite auf: Kunden spielen zumeist eine beschränkte, passive Rolle bei der Entwicklung neuer Produkte (vgl. Wayland/Cole (1997); Meyer et al. (1999)). Die Möglichkeit der Entwicklung eigener Konzepte wird Kunden in den sel- tensten Fällen zugestanden, das Potenzial des Kunden für den Innovationsprozess nur unzureichend ausgeschöpft (Thomke/Hippel (2002); Bullinger/Schreiner (2003); Mangold/Kunz). Doch nicht immer scheitert es an Widerständen der Organisations- mitglieder (z.B. Not-invented-here-Syndrom) oder fehlenden Konzepten und Systemen zur Informationssammlung und -verwertung. Viele Unternehmen, die sich zu einer of- fenen Innovationskultur bekennen und externes Wissen als wertvolle Ressource erkannt haben, sehen sich vor dem Problem der Ausgestaltung der Einbindung. Dies betrifft so- wohl die Organisation der Einbindung als auch, und vor allem, die Auswahl potentieller Innovationspartner. Die ”richtigenInputgeber“zufindenistnichttrivial.DieUnterneh- men befinden sich in einem Dilemma. Auf der einen Seite sind die ”richtigen“Kundenzu identifizieren, auf der anderen Seite beruht die Teilnahme auf Freiwilligkeit und Selbstse- lektion5. Vor diesem Hintergrund scheint es nicht angemessen, von ”finden“zusprechen.

Diese Besonderheiten verlangen von den Unternehmen genaueste Kenntnisse über die Mo- tivation potentieller Partner, um durch den Einsatz geeigneter Anreize sowohl geeignete Kunden aufzuspüren, als auch diese zur aktiven Teilnahme am Innovationsprozess zu be- wegen.

Die Identifikation und die Analyse dieser Anreize liefern wichtige Erkenntnisse, um An- reizsysteme zielgerichtet auszuprägen und damit die Ergebnisse von Innovationstätigkei- ten zu verbessern. Zu diesen Aspekten leistet die vorliegende Arbeit, basierend auf einer qualitativen Meta-Analyse theoretischer sowie empirischer Studien, einen Beitrag.

1.2 Problemstellung und Zielsetzung

1.2.1 Fokussierung

Auf Basis des vorangegangenen Abschnitts ergibt sich die Problemstellung durch folgende Faktoren:

1. Die Wichtigkeit der Integration von Kunden in den Innovationsprozess ist erkannt. Die Effekte auf die Erfolgsvariablen des Unternehmens hängen dabei maßgeblich von der Motivation des Kunden ab. Es ist die Aufgabe eines Anreizsystems, diese Motivation zu erzeugen und potentielle Innovationspartner zur (im Unternehmens- sinne zielgerichteten) Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationsaktivitäten zu bewegen.
2. Hinsichtlich der Bestimmungsfaktoren der Motivation potentieller Innovationspart- ner liegen hauptsächlich Untersuchungen aus dem Open-Source-Software Bereich vor. Des Weiteren ist die Motivation in den zu Betracht ziehenden Studien meist nicht primäres Untersuchungsobjekt. Vielmehr werden Erkenntnisse über die Anreize in den jeweiligen Arbeiten beiläufig erwähnt bzw. abgeleitet.
3. Es fehlt eine Arbeit, die die existierende Literatur zu einer einheitlichen Perspek- tive vereint und klare normative Aussagen aus den bestehenden Untersuchungen gewinnt.

Diese Arbeit nimmt sich der geschilderten Situation an und befasst sich in zwei Teilen mit folgenden zwei Zielsetzungen:

1. Die bestehende Literatur zur Integrationsforschung potentieller Innovationspartner wird unter Herausarbeitung der wesentlichen Erkenntnisse im Sinne des Open In- novation Ansatzes zusammengefasst (Kapitel 3 und 4).
2. Auf Basis einer qualitativen Meta-Analyse vorliegender theoretischer und empiri- scher Arbeiten werden die Motivatoren der Teilnehmer an herstellerinitiierten Inno- vationstätigkeiten identifiziert und normative Erkenntnisse abgeleitet (Kapitel 5, 6 und 7).

Abgrenzung der Arbeit

Die Einflussmöglichkeiten auf Projektergebnisse sind während der frühen Phasen am größten (Herstatt/Verworn (2002)). Sowohl quantitativ-konfirmatorische als auch empirische Studien belegen die Bedeutung der Frühphase für den Erfolg von Produktentwicklungsprojekten (vgl. z.B. Dwyer/Mellor (1991); Cooper/Kleinschmidt (1994); Herstatt/Verworn (2002); Verworn (2005); Verworn et al. (2006)). Analog dazu trägt die Frühphase von Innovationsprozessen, in der die Ideengenerierung und -bewertung sowie die Konzepterarbeitung und Produktplanung stattfindet, entscheidend zum Innovationserfolg bei.6 Der Fokus der Arbeit wird daher auf den Beginn des Innovationsprozesses, oft auch als Fuzzy Front End bezeichnete Phase, gelegt.

Während Prozessinnovationen in der Regel nur innerbetrieblich durchsetzbar sind, lassen sich Produktinnovationen in einem Markt durchsetzen7 (Hauschildt (1997)). Aus Plausibilätsgründen bezüglich der Innovationsbeiträge von Kunden wird ausschliesslich das Feld der Produktinnovation untersucht.

Auf der Untersuchungsebene werden intrinsische, extrinsiche sowie soziale Motivatoren betrachtet.

Als Analysesubjekt wird das Unternehmen als Hersteller -und somit als Initiator von Innovationstätigkeiten- gewählt.

Ausgehend vom Ansatz der Öffnung des Innovationsprozesses kann externes Wissen so- wohl von Institutionen als auch von Individuen in das Unternehmen fließen. In diesem Sinne sind als potentielle Partner alle Akteure zu betrachten, die einen Beitrag zum In- novationsprozess des Unternehmens leisten können. Dies schliesst im Bereich B2B als Partner Zulieferer, Komplementäranbieter, Wettbewerber, Drittunternehmen sowie Kun- den ein. Unter den Partnern aus dem B2C Bereich werden neben bestehenden Kunden auch Nicht-Kunden verstanden. Der B2A Bereich umfasst öffentliche und private For- schungseinrichtungen.

Grundsätzlich werden im Rahmen der Arbeit nur Innovationen mit mittleren bis hohen Innovationshöhen betrachtet. Inkrementelle Innovationen, die in den regulären Aufgaben- bereich des Produktmanagements fallen, werden dadurch dezidiert ausgeschlossen. An manchen Stellen werden jedoch auf Erkenntnisse aus Studien, die Produktverbesserungen und -modifikationen berücksichtigen, zurückgegriffen, sofern sie zur Zielsetzung der Arbeit beitragen.

Für die Untersuchung theoretischer und empirischer Motivatoren zur Teilnahme an her- stellerinitiierten Innovationstätigkeiten wird zunächst keine dezidierte Fokussierung auf einen bestimmten Kontext (B2B oder B2C) vorgenommen. Subjektive Faktoren als per- sonengebundene Eigenschaften gelten zunächst für das Individuum per se. Der Frage, ob die Zugehörigkeit des Individuums zu einem der oben genannten Kontexte eine Auswir- kung auf seine Motivation ausübt, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht nachgegangen werden.

Abbildung 1.1 gibt die Abgrenzung der Arbeit im Überblick wieder.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.1: Abgrenzung der Arbeit. (Quelle: Eigene Darstellung)

Begriffliche Grundlagen

Trotz Bemühungen um begriffliche Klarheit existiert keine allgemein gültige, präzise Be- stimmung des Innovationsbegriffes in der Literatur.8 Schumpeter definierte Innovation als Umsetzungsprozess einer Erfindung in eine Marktanwendung. Der Aspekt der Wirtschaft- lichkeit ist ein notwendiges Kriterium (Stern/Jaberg (2007)), um von einer Innovation zu sprechen. Im Rahmen dieser Arbeit wird, in Anlehnung an Baker et al. (1967), die Definition der Innovation als neuartige Zweck-Mittel-Kombination betrachtet. Demnach zielt die Nachfrage auf die Erfüllung neuer Zwecke, Technologien wiederum bieten neue Mittel an (Hauschildt (1997)).9 Der Innovationsprozess ergibt sich in der einfachsten Form aus der Umsetzung einer Idee. Für diese Arbeit werden die drei Phasen Konzepti- on, Umsetzung und die Vermarktung der Innovation unterschieden. Abbildung 1.2 gibt die Phasen des Innovationsprozesses wieder und beschreibt die Merkmale der einzelnen Phasen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.2: Phasen des Innovationsprozesses. (Quelle: Eigene Darstellung)

Grundsätzlich wird nach Produkt-, Prozess- und Sozialinnovationen unterschieden. Die Prozessinnovation verfolgt das Ziel der Effizienzsteigerung bei Leistungserstellungsverfahren. Produktinnovationen zielen auf die Effektivität der auf dem Markt angebotenen Leistungen ab, schließen Effizienzgewinne jedoch nicht aus (vgl. Hauschildt (1997)). Sozialinnovationen stellen eine spezielle Untergruppe dar und beziehen sich beispielsweise auf Organisationsentwicklungen.

Unter dem Begriff des potentiellen Partners werden in erster Linie alle Akteure, die durch die Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten einen Beitrag zum Innova- tionsprozess des Unternehmens leisten können, subsumiert. Dies bezieht sowohl Institu- tionen als auch Individuen ein. Der Fokus in dieser Arbeit liegt jedoch auf der Kunden- integration. Der Begriff Kunde wird nachfolgend für B2B und B2C Kunden verwendet. Des Weiteren werden darunter nicht nur bestehende Kunden eines Unternehmens, son- dern auch alle potenziellen Kunden verstanden. Darunter fallen beispielsweise Kunden des Wettbewerbs genauso wie nicht angesprochene Kunden oder verlorene Kunden (vgl. hierzu Dahan/Hauser (2001); Nambisan (2002); Wecht (2005)).

Die in den zugrundegelegten Studien und der Literatur eingesetzten unterschiedlichen

Begrifflichkeiten, wie ”Konsument“, ”User“, ”Teilnehmer“, ”Partizipant“, ”Kunde“und ”Nutzer“,werdenzurGewährleistungderStringenzineineeinheitlicheTerminologie überführt. Im Folgenden wird der Begriff potentieller Partner verwendet.

Innovationen lassen sich nach ihrem Innovationsgrad unterscheiden, um den Unterschied zum bisherigen Zustand messen zu können. In der Literatur existieren viele Dichotomien, von denen wohl ”radikale“versus ”inkrementelle“Innovationdieambekanntestenist.

Radikale Innovationen weisen einen hohen qualitativen und / oder quantitativen Innova- tionsgrad auf. Inkrementelle Innovationen hingegen sind von niedrigem Innovationsgrad und beziehen sich auf Produktverbesserungen und -modifikationen.

1.2.2 Forschungsfragen

Durch die Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten kann der teilnehmende Partner Innovationen anstoßen oder für bestehende Produkte aus seiner Sicht sehr wich- tige Anforderungen äußern und auch unnötige kostenintensive aus der Konfiguration aus- schließen (vgl. Kirchmann (1994), Herstatt et al. (2002), Henkel/Sander (2002), Dockenfuß (2002) nach Möller (2006)). Die Anreize aus der Sicht des Unternehmens sind also nachvollziehbar, das Interesse an der Integration potentieller Innovationspartner in unternehmensinterne Innovationsprozesse ist weitgehend gegeben. Unternehmen stehen jedoch vor der Frage, wie diese Integration gestaltet werden soll. Neben der Identifikati- on und Umsetzung zielgerichteter Integrationsmethoden müssen die Unternehmen genaue Kenntnisse über die Motivation potentieller Partner haben. Denn die Teilnahme beruht letztendlich auf der Freiwilligkeit des Partners. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, zunächst einmal existierende Arten der Motivation zu identifizieren.

Leitfragen:

- Welche Arten von Motivation beschreibt die Literatur zur aktiven Teilnahme potentieller Partner an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten?
- Stimmen Theorie und Empirie bezüglich der Motivatoren, die potentielle Partner zur aktiven Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten bewegt, überein?

Unterfragen:

- Was ist unter herstellerinitiierter Innovationstätigkeit zu verstehen?
- Welche Motivatoren werden in der theoretischen Literatur genannt?
- Welche Motivatoren werden in der Empirie identifiziert?
- Lassen sich übergreifende Aussagen zur Motivation potentieller Partner (in Bezug auf Kontextzugehörigkeit, Art der Branche, Art des Produkts etc.) ableiten?

1.3 Forschungsdesign

1.3.1 Ansatz

Die Arbeit konzentriert sich gemäß dem explorativen Forschungsansatz auf die Unter- suchung subjektiver Faktoren10 und ist daher im Kontext der anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre anzusiedeln.

Ausgehend vom forschungslogischen Ablauf empirischer Untersuchungen wird der Fokus der Arbeit auf den Entdeckungs- und den Verwertungszusammenhang gerichtet. Das aus der Praxis entstandene Problem begründet den Entdeckungszusammenhang, während sich der Verwertungszusammenhang aus den abgeleiteten Erkenntnissen ergibt. In diesem Sinne wird die vorliegende Arbeit zur Erfassung von Problemen aus der Praxis und nicht zur Prüfung von Hypothesen durchgeführt.

Ausgehend von einem ersten theoretischen Verständnis werden theoretische und empiri- sche Arbeiten untersucht. Aufbauend auf den empirischen Erkenntnissen wird das gewon- nene Realitätsbild reflektiert und nach einem Abgleich mit der Theorie differenziert.

Die abgeleiteten Erkenntnisse dienen als Orientierungshilfe zur Konzeptualisierung geeigneter Anreizsysteme für die Integration potentieller Partner in unternehmensinterne Innovationstätigkeiten.

1.3.2 Vorgehensweise

Während die Motivationsforschung im Betrieblichen Vorschlagswesen sehr tiefgehend ist, lässt sich die Forschung zur übergreifenden Motivation potentieller Innovationspartner ausserhalb der Unternehmensgrenzen als ein gerade wachsendes Phänomen charakterisie- ren. Dementsprechend bietet sich zur Untersuchung der Motivationsarten zur Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten ein mehrstufiges Forschungsdesign an. Diese Arbeit konzentriert sich dabei auf die erste Stufe, der qualitativen Analyse der definierten Problematik. Im Anschluss daran können Gestaltungsempfehlungen für Anreizsysteme definiert werden.

Zur Motivation potentieller Partner zur Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten gibt es nicht ausreichend Studien, um daraus quantitativ überprüfbare Hypothesen abzuleiten. Des Weiteren erschweren unterschiedliche Auffassungen von Begrifflichkeiten und den daraus resultierend differenzierten Operationalisierungen einen Vergleich. Vorliegende Studien zu dem Thema sind zudem meist aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen heraus, und / oder berücksichtigen die Motivation lediglich nebensächlich, so dass eine quantitative Meta-Analyse nicht validierbar wäre. Aus diesem Grund wurde für diese Arbeit ein qualitativer Ansatz mittels Literaturanalyse gewählt. Es werden anhand der Literatur die verschiedenen Innovationsakteure und ihre Motivation zur Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten identifiziert.

Die empirische Grundlage dieser Arbeit bilden theoretische Arbeiten zur Motivationsforschung sowie vier empirische Untersuchungen mit dem Prozess der Integration potentieller Partner in den Innovationsprozess des Herstellers als Analyseeinheit.

Die Methodentriangulation erfolgte in der vorliegenden Arbeit durch umfassende Lite- raturrecherchen, Analyse von Unternehmensinformationen und Onlineplattformen sowie Diskussionen mit Experten im Rahmen eines Symposiums zum Thema Open Innovation.

1.4 Aufbau der Arbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.3: Gesamtstruktur der Arbeit. (Quelle: Eigene Darstellung)

Im ersten Kapitel wird der Anlass zur Motivation für die vorliegende Arbeit skizziert. Die sich aus der Relevanz des Themas ergebende Problemstellung wird präzisiert und die Ziel- setzung der Arbeit definiert. Darauf aufbauend folgt die Ableitung der Forschungsfragen.

Das Vorgehen zur Beantwortung dieser Fragen wird schliesslich in der Forschungskonzeption erläutert.

Das zweite Kapitel gibt einen Überblick zum Stand der Forschung (1) über die Einbeziehung potentieller Partner und (2) über Motivatoren zur Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten.

Um ein Grundverständnis für die Thematik zu entwickeln, werden in Kapitel 3 in zwei Teilen die theoretischen Grundlagen für die vorliegende Arbeit geliefert: Zunächst werden der Closed und der Open Innovation Ansatz beschrieben und die Un- terschiede hervorgehoben. Eine Reihe von Faktoren, die einen Paradigmenwechsel von einer geschlossenen hin zu einer offenen Innovationsstrategie bewirken können, werden zur Nachvollziehbarkeit der Gründe für einen Wandel verargumentiert. Als Beispiel für die praxisorientierte Anwendung werden Unternehmen, die eine offene Innovationsstra- tegie verfolgen, aufgeführt. Auch werden unternehmensinterne Widerstände, denen im Open Innovation Ansatz aufgrund ihrer Kritikalität für den Innovationserfolg eine hohe Bedeutung beigemessen wird, diskutiert.

Der zweite Teil der theoretischen Grundlagen bezieht sich auf den motivationstheoreti- schen Baustein der Arbeit und rundet die Erläuterung notwendiger theoretischer Grund- lagen ab.

Kapitel 4 dient als theoretischer Bezugsrahmen zur Einordnung der Arbeit. Zur Orientierung des Lesers in der Themenlandschaft wird ein Überblick über die Kernprozesse des Open Innovation Ansatzes gegeben. Diese beinhalten neben der Beschreibung unterschiedlicher Kanäle auch die in der Literatur beschriebenen Methoden zur internen und externen Wissensverwertung im Sinne eines offenen Innovationsprozesses.

Im fünften Kapitel werden die in der Motivationsforschung eine besondere Rolle spielen- den Theorien von Maslow (1943), Correll (2006), McGregor (1960), Herzberg et al. (1959) und Reiss (2000) beschrieben. Ausgehend von der Darstellung der einzelnen Theorien werden die jeweiligen, für die Zielsetzung der Arbeit wichtigen motivatorischen Erkenntnisse extrahiert.

Im sechsten Kapitel folgt nach einer Erklärung der Auswahlkriterien eine vertiefende Darstellung von vier Studien, die für diese Arbeit analysiert wurden. Untersucht wurden dabei jeweils eine Studie für die Bereiche B2B und B2C und zwei Studien aus dem unternehmensinternen Bereich.

Basierend auf den Einzelergebnissen der analysierten Arbeiten und den aus der Motiva- tionsforschung gewonnenen Ergebnisse wird in Kapitel 7 eine Klassifizierung der identi- fizierten Arten der Motivation vorgenommen. Die aus den vorangehenden Abschnitten gewonnenen Erkenntnisse werden abschliessend zusammengefasst und das Ergebnis dar- aus abgeleitet.

Die Gesamtstruktur der Arbeit ist in Abbildung 1.3 dargestellt.

2 Stand der Forschung

2.1 Kundeneinbeziehung

Innovationen durch den Einbezug Externer zu erzielen, ist kein neues Thema. Den Auftakt liefert Hippel bereits in den späten 1970er-Jahren durch die Aufstellung des Active Paradigm“. Er plädierte als Erster explizit für die Einbindung von ”Customer ”Usern“inden Ideenentstehungsprozess. Hakansson (1982) prägte den Begriff ”CustomerIntegration“ in den frühen 80ern. Eine Reihe von Studien folgte mit Untersuchungen über die Ein- bindung des Kunden über die Ideenentstehungsphase hinaus bis in sämtliche Phasen der Produktentwicklung; der Fokus der Arbeiten liegt dabei auf der Verwertung bestehenden Wissens, einzelnen Phänomenen und Methoden der Kundenintegration (Shaw (1985); Hakansson (1987); Biemans (1991); Lengnick-Hall (1996); Brockhoff (1998); Gruner/Homburg (2000); Homburg (2000); Lüthje (2000); Brockhoff (2003)). Die Generierung und Evaluation verschiedener Produktkonzepte oder Präferenzenäuße- rung ist ebenfalls Gegenstand vieler Veröffentlichungen (Möller (2006)).

Die Signifikanz der Kundeneinbeziehung für eine erfolgreiche Produktentwicklung wird in mehreren Arbeiten nachgewiesen (Hakansson (1987); Ciccantelli/Magidson (1993); Reichart (2002); Ford et al. (2003); Callahan/Lasry (2004); Lettl (2004)).

Betrachtet man die Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Kundeneinbindung der ver- gangenen zehn Jahre, fallen zwei Trendentwicklungen in diesem Forschungsfeld auf: Zum einen stellt sich die Frage der Innovationsfähigkeit des Kunden - daraus entsteht die Über- legung, ob es von Vorteil ist, den Kunden wirklich früh und intensiv zu involvieren (z.B. Campbell/Cooper (1999); Kohn/Niethammer (2002); Ulwick (2002)). Zum ande- ren bieten sich den Unternehmen aufgrund neuer, technologischer Möglichkeiten immer einfachere technische Möglichkeiten der Einbeziehung des Kunden. Neuere Ansätze stel- len Methoden vor, wie Kunden auch für sehr neuartige Produkte und Services innovativ eingesetzt werden können (Möller (2006); Piller et al. (2007); Ramge (2007)). Die Entwicklung neuer Instrumente zur virtuellen Integration, sogenannte Tool-Kits11, tre- ten immer häufiger in den Vordergrund (vgl. Paustian (2001); Dahan/Hauser (2002); Hippel/Katz (2002); Nambisan (2002)).

2.2 Kundenmotivation

Während frühere Forschungsarbeiten sich mit der Wirkung extrinsischer Anreize auf die intrinsische Motivation beschäftigen (Calder/Staw (1975b); Kruglanski et al. (1975); Amabile et al. (1976); Karniol/Ross (1977); Wimperis/Farr (1979); Leptien (1996); Wiskow (1999)), setzen sich neuere Untersuchungen mit Anreizsystemen für spezifische Gruppen auseinander. Die Identifikation geeigneter Anreize zur Steigerung der Leistungsmotivation der Mitarbeiter aus FuE steht dabei im Mittelpunkt der empirischen Untersuchungen (Wiskow (1999); Leach/Westbrook (2000); Weber (2003)). Eine Übersicht über Studien, die Anreizvariablen (im deutschen Raum) ermittelt haben, lässt sich bei Leptien finden (Leptien (1996), S.49).

Neben der Motivation des FuE-Personals wird in der Literatur auch die Motivation der Mitarbeiter hinsichtlich der Beteiligung an Ideenmanagementsystemen betrachtet. Die Gewinnung pragmatischer Erkenntnisse für die Ausgestaltung von Anreizsystemen steht auch hier im Vordergrund (vgl. hierzu Fleig (2006)).

Als Ansatzpunkt zur Erklärung der intrinsischen Motivation der Kunden werden oftmals Erkenntnisse aus der Open-Source-Softwareentwicklung herangezogen (Gassmann (2001); Achtenhagen et al. (2003); Krogh (2003); Krogh/Hippel (2003)). Es existieren in der Literatur bislang keine übergreifenden Untersuchungen, die (allgemeine) Erkenntnisse zum Phänomen der Kundenmotivation liefern.

Tabelle 2.112 gibt eine chronologische Übersicht über den Stand der Forschung zu Untersuchungen über Motivationsfaktoren zur Teilnahme an Innovationstätigkeiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.1: Übersicht über 33 existierende Studien zu Untersuchungen über Motivationsfaktoren zur Teilnahme an Innovationstätigkeiten.

Quelle: Eigene Darstellung.

3 Theoretische Grundlagen

3.1 Geschlossen versus Offen

3.1.1 Geschlossene vs. Offene Innovation

Wenn man annimmt, dass Erfindungen oder Neuerungen, die zu wirksamen Innovationen führen, ihren Ursprung im Unternehmen selbst haben sollten, verwechselt man Weg und Ziel. Das Ziel ist die Fähigkeit, innovative Produkte und Dienstleistungen, die besser sind als die der Konkurrenz, im richtigen Moment hervorzubringen (vgl. Getz/Robinson (2003), S. 160f).

Der von Henry Chesbrough als ”ClosedInnovationModel“bezeichneteklassischeIn- novationsprozess, in welchem Erfindungen und Neuerungen im Unternehmen selbst kreiert werden, ist nur einer der Wege, dieses Ziel zu erreichen. Unternehmen, die ihre Produk- tideen selber generieren, sie bis zur Marktreife entwickeln und fertigen und anschließend durch eigene oder durch von ihnen kontrollierte Vertriebskanäle vertreiben, verlassen sich auf ihre eigene Kompetenz und folgen dem Motto ”Ifyouwantsomethingdoneright,

you’ve got to do it yourself.“ (vgl. Chesbrough (2003a)). Durch Investitionen in die eigene Forschung und Entwicklung gelang es Unternehmen in der Vergangenheit, rentable Entwicklungen zu generieren und als erste am Markt gewinnbringend umzusetzen. Die Unternehmen hatten daher großes Interesse daran, ihr eigenes, geistiges Eigentum gegen Einblicke der Wettbewerber zu schützen. Zudem konnte weder der Zugang zu Technologi- en Dritter noch deren ausreichende Qualität gewährleistet werden. Es etablierte sich die Annahme, erfolgreiche Innovationen bedürften Kontrolle13. Aus dieser autarken Sichtweise lassen sich für den Closed Innovation Ansatz folgende, implizite Regeln14 ableiten:

- Die besten und kompetentesten Leute befinden sich im Unternehmen, bzw. sollten durch das Unternehmen eingestellt werden.
- Alle neuen Technologien, die durch das Unternehmen auf den Markt gebracht werden, stammen aus der eigenen FuE.
- Als Erster auf dem Markt zu sein setzt voraus, dass die Entwicklungen aus der Forschung innerhalb der eigenen Firma entstehen.
- Wer die Innovation als Erster auf den Markt bringt, streicht in der Regel die meisten Profite ein.
- Das Unternehmen mit der größten FuE-Abteilung entwickelt die meisten Innovationen und dominiert auf dem Markt.
- Ein restriktives IP Management hindert andere Unternehmen daran, von den Ideen und Technologien des eigenen Unternehmens zu profitieren.

Herzog (2007) folgert hieraus, dass Innovationsprojekte (1) nur zu Beginn des Innova- tionsprozesses eingeführt werden können, (2) nur unter Verwendung eigener Ressourcen und Kompetenzen entwickelt werden können, und (3) den Prozess lediglich durch ei- ne Kommerzialisierung über die firmeneigenen Distributionskanäle verlassen können. Die Konsequenz eines derart nach innen gerichteten Innovationsansatzes ist, dass viele erfolgs- versprechende Geschäftsideen und Technologien eventuell nicht zum Zuge kommen. Wol- pert (2002) begründet dieses Verhalten anhand von zwei Aspekten: Erstens, befürchten Firmen ihr geistiges Eigentum an andere Firmen oder Organisationen zu verlieren. Zwei- tens, es gibt so gut wie keine Firma, die weiß, was mit jedem neuen Forschungsergebnis anzufangen ist oder die die notwendigen Ressourcen hat, all diese Opportunitäten aus- zuführen15.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Closed Innovation Model.

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehung an Chesbrough (2006).)

Abbildung 3.1 veranschaulicht die klassische Sichtweise, in der Forschungsprojekte einen Filterprozess innerhalb der Unternehmensgrenzen durchlaufen. Ideen und / oder Entwick- lungsprojekte kommen nicht von außen, sondern werden in-house erforscht und entwickelt, nach unternehmensspezifischen Kriterien auf ihre Erfolgswirksamkeit hin geprüft bis sie zur Markteinführung gelangen. Nicht erfolgsversprechende Projekte werden gänzlich ver- worfen und / oder innerhalb eines Ideenmanagementsystems gespeichert. Es erfolgt keine Verwertung dieser Projekte außerhalb des Unternehmens (Gaul/Gastes (2007)).

Andere Wege für das Innovieren sind unter anderem das Outsourcing und der Kauf von Innovationen und innovativen Unternehmen. Angesichts immer kürzer werdenden Inno- vationszyklen, steigenden industriellen FuE-Kosten und anhaltender Verknappung der Ressourcen werden die großen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen immer weniger relevant. Es zählt nicht mehr die Größe, sondern vielmehr, möglichst viele Chancen zu generieren und erfolgreich zu nutzen. Die Flexibilität und mehrfache Verwertbarkeit von Vermögenswerten erlangt eine immer gewichtigere Bedeutung. Heute sind Unternehmer, Start-ups und Forscher ”vernetzt“undUnternehmensuchenneueWegeaußerhalbdesge- genwärtigen Geschäfts, um ihre Ideen auf den Markt zu bringen (vgl. Getz/Robinson (2003), S. 160f; Gassmann/Enkel (2006)). Die Erkenntnis, dass die Quelle der Wis- senskreation nicht zwingend der Innovationsquelle entsprechen muss und dass Wissen und Innovationen ebenfalls nicht notwendigerweise innerhalb desselben Unternehmens entspringen müssen (vgl. Gassmann/Enkel (2006)), leitet sich aus dem Open Innova- tion Paradigma ab. Unter dem ”OpenInnovationModel“wirddieZusammenarbeitzwischenUnterneh- men und Kunden verstanden, die sich auf Wertschöpfungsaktivitäten im Innovationsprozess bezieht und auf die Entwicklung neuer Produkte für einen größeren Abnehmerkreis abzielt (Reichwald/Piller (2006), S. 95). Hierbei dominiert die wertschöpfende Information, gewonnen aus dem Innovations- und Kreativitätspotenzial der Kunden. Chesbrough (2006), auf welchen das Paradigma des Open Innovation zurückzuführen ist, definiert diesen Ansatz wie folgt:

”OpenInnovationistheuseofpurposiveinflowsandoutflowsofknowledgetoaccelerate internal innovation, and expand the markets for external use of innovation, respectively.

Open Innovation is a paradigm that assumes that firms can and should use external ideas as well as internal ideas, and internal and external paths to market, as they look to advance their technology.“

Im Gegensatz zum klassischen Innovationsansatz werden nun die undurchlässigen Un- ternehmensgrenzen zu semi-permeablen Membranen, welche Wissen gezielt und bewusst für Dritte zugänglich machen und externes Wissen in den Innovationsprozess integrieren (siehe Abbildung 3.2). Das Ziel ist nicht, die interne FuE zu ersetzen. Vielmehr steht im Vordergrund zum einen die Risikoreduktion von Innovationstätigkeiten und zum anderen die systematische Vermarktung intern brachliegender Technologien16.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2: Open Innovation Model.

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehung an Chesbrough (2006).)

Der Open Innovation Ansatz kann demnach Anwendung in allen drei Phasen des Innovationsprozesses finden:

- In der Frühphase können Firmen extern nach Problemlösungen suchen.
- Während der Ideenrealisierungs- und Entwicklungsphase können Firmen außerbetriebliches, geistiges Eigentum lizenzieren oder außerbetriebliche Innovationen akquirieren. Darüber hinaus können sie eigene Technologien an Dritte lizenzieren und somit zusätzliche Erträge generieren.
- Während der Kommerzialisierungsphase können Firmen ihre Technologien über Spin-Offs ausgliedern.

[...]


1 Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer Gesellschaft

2 Vor allem das Zusammenwachsen verschiedener Wissensgebiete, wie z.B. Mechanik und Elektro- nik zu Mechatronik, zwingt Unternehmen, ihre Technologie-Kompetenzen auszuweiten (Bullin- ger/Auernhammer (2003)) und komplementäres Wissen auch außerhalb der eigenen Branche zu su-chen.

3 Herstatt/Verworn (2002) erklären die große Spannbreite der Flopraten aufgrund unterschiedlicher Definitionen von Misserfolg in der Literatur. Unterschiedliche Erhebungsmethoden, die Betrachtung unterschiedlicher Branchen oder Innovationen von unterschiedlichem Neuheitsgrad ergeben ebenfalls Differenzen. Vgl. hierzu Herstatt/Verworn (2002), S. 5; Robertson (1971), S.17; Kotzbauer (1992), S. 2; Booz-Allen (1982), S. 7; Moore/Pessemier (1993), S. 89.

4 Bedeutsam ist hier nicht nur die Bedürfnisinformation sondern vor allem auch die Lösungsinformation.

5 Bei bestimmten Integrationsmethoden, wie z.B. bei dem von Hippel (1986) beschriebenen Lead-User- Ansatz, entfällt die Selbstselektion des Kunden. Die sogenannten Lead User werden meist nach unter- nehmensspezifischen Kriterien ausgewählt und zur Teilnahme an Innovationsaktivitäten eingeladen. Die Bedeutung der Motivation ist jedoch auch hier aufgrund der Freiwilligkeit der Teilnahme nach wie vor gegeben.

6 Die Frühphase verursacht nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten der Neuproduktentwicklung, bestimmt aber den Grossteil der Herstellkosten und der späteren Marktakzeptanz des Produktes (Eversheim et al. (1989); Droz (1992); nach Wecht (2005), S. 2)

7 ”[W]ennmandavonabsieht,dasseineUnternehmungProzessinnovationenamMarktverwertet.Bei Dienstleistungsinnovationen fallen Produkt- und Prozessinnovation zusammen.“ (Hauschildt (1997), S.9

8 Hauschildt (1997) gibt einen Überblick über ausgewählte definitorische Ansätze zum Innovationsbegriff seit den 50ern. Die semantische Vielfalt, die hinter dem Innovationsbegriff steckt, wird dabei deutlich (vgl. Hauschildt (1997), S. 4ff).

9 ”EntwederwerdendieZweckeneugesetztoderneueMittelzurErfüllungderZweckeangebotenoder beides.“ (Hauschildt (1997), S. 7)

10 Unter subjektiven Faktoren werden beispielsweise Wertvorstellungen, Meinungen, Motive, Normen etc. verstanden.

11 Sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft hat beispielsweise der Ansatz des ”UserToolkitsfor Innovation“ von Eric von Hippel sehr hohen Anklang gefunden (vgl. Hippel (2001), Hippel/Katz (2002), Möller (2006).)

12 Anreizsysteme i.w.S. / i.e.S. werden in Kapitel 3.4.2 näher erläutert.

13 ”Successfulinnovationrequirescontrol“(vgl.Chesbrough(2003c))

14 Vgl. Chesbrough (2003a)

15 Dieses Phänomen wird als ”AbsorptiveCapacity“bezeichnet- ”[...]derFähigkeitvonOrganisationen, Wissen und Informationen zu beurteilen, zu assimilieren und zu nutzen“ (Schuster (2006)). Als weiterführende Literatur sei an dieser Stelle auf Schuster (2006) hingewiesen. Er behandelt in seiner Arbeit die Wissensabsorption und Innovativität aus organisationstheoretischer Sicht und zeigt auf, wie das Konstrukt der Absorptive Capacity um die Anreizperspektive erweitert werden kann.

16 Chesbrough spricht hier von sogenannten ”Falsenegatives“.DiesefalschenNietensinderfolgsverspre- chende Ideen, die im Unternehmen entstehen, aber nicht selbst genutzt werden (können). Sei es, weil sie nicht in die strategische Ausrichtung passen oder weil schlichtweg die finanziellen Ressourcen und / oder der Marktzugang selbst für deren Vermarktung fehlen. Zum Teil werden die Ideen hinsichtlich ihres Erfolgspotenzials falsch beurteilt. Eine systematische Kommerzialisierung gemäss dem Inside-Out Prozess würde nicht nur das Engagement der an der Entwicklung beteiligten Mitarbeiter erhalten, sondern auch das Unternehmen von den Ergebnissen finanziell profitieren lassen.

Ende der Leseprobe aus 117 Seiten

Details

Titel
Motivation potentieller Partner zur Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Entscheidungstheorie und Unternehmensforschung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
117
Katalognummer
V144847
ISBN (eBook)
9783640545582
ISBN (Buch)
9783640545360
Dateigröße
1532 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Open Innovation, Closed Innovation, Innovationsmanagement, Herstellerinitiierte Innovationstätigkeiten, Motivation, Anreizsysteme, NIH Syndrom, Outside In Prozess, Inside Out Prozess, Coupled Prozess, Motivationstheorie
Arbeit zitieren
Elmas Yigitbay (Autor:in), 2009, Motivation potentieller Partner zur Teilnahme an herstellerinitiierten Innovationstätigkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144847

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