Prokop und die Perser

Eine Untersuchung des Perserbildes des Prokop von Caesarea aus der Zeit der Spätantike


Seminararbeit, 2009

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung:

I Faktoren für Prokops Perserbild
I.1 Historizität
I.2 Griechische Tradition
I.3 Rolle des Christentums

II Notio über „den Perser“
II.1 Volk und Individuum
II.2 Herrscher
III Fazit

Quellen:

Literatur:

Einleitung:

Prokopius von Caesarea war einer der wichtigsten spätantiken Historiker des 6. Jahrhunderts[1]. Er versuchte, die Geschehnisse seiner Umwelt in der umbruchsreichen Zeit der Herrschaft Justinians I. „dem Großen“ (527–565) literarisch festzuhalten. In der heutigen historiographischen Debatte herrscht selbstverständlich Konsens darüber, dass Prokop und andere spätantike Geschichtsschreiber kein objektives Bild ihrer zeitgenössischen Welt zeichnen konnten. Dass es also gewisse Einflüsse gegeben haben muss, welche die antike Historiografie beeinflussten, kann somit vorausgesetzt werden.

Aufzuweisen, welche Faktoren die Geschichtsschreibung des Prokop beeinflusst haben, soll das Ziel dieser Arbeit sein, wobei die Herausarbeitung an dem Beispiel der prokopischen Beschreibung des römisch-griechischen Rivalen, dem Sassanidenreich erfolgt. Um dieses Fremdenbild richtig einordnen, und somit die gesuchten Faktoren finden zu können, wird neben einer selektiven, gleichwohl aber repräsentativen Betrachtung römischer Sachkenntnis über das Perserreich, auch der Autor selbst Gegenstand der Untersuchung werden. Im Zuge dessen, wird immer wieder auf die Herkunft des potenziellen Einflussfaktors des Barbaren topos zurückzukommen sein: Bereits Herodot, der oft als „Vater der Geschichtsschreibung“[2] tituliert wurde, prägte es schon im fünften Jahrhundert v. Chr. Es werden also zunächst die wichtigsten Faktoren für das prokopische Perserbild dargelegt. Mit diesem Vorwissen soll im Anschluss auf das imago selbst eingegangen werden, um schlussendlich grundlegende Aussagen machen, und es in einen historischen Kontext einordnen zu können.

Diese Arbeit hat einen historiographischen Schwerpunkt. Sie kann zwar aufgrund der hier beschränkten Möglichkeiten nicht ganzheitlich auf das Perserbild Prokops eingehen, gleichwohl wird sie aber auf die Frage nach seinen Gründen und seinen novitas antworten. Auch kann die Orientalismusdebatte[3], welche dieses antike Thema in moderner Zeit rückwirkend betrifft, nur am Rande miteinbezogen werden. Eine ernsthafte Einordnung der Fragestellung in diesen Bereich, würde eine zu komplexe Darlegung des Diskurses voraussetzen und weit über das Thema des prokopischen Perserbildes hinausgehen. Es ist dennoch eine durchaus wichtige Perspektive, die auch in dieser Arbeit nicht unbeachtet bleiben sollte.

Der Forschungsstand zum Thema des prokopischen Perserbildes ist relativ heterogen. Während zum Thema des griechischen Barbarentopos eine Vielzahl von Literatur vorliegt, sind Ausarbeitungen zum prokopischen Pondon, also zu einem Perserbild der Spätantike, eher rar gesät. Dieser Text rekrutiert sich dementsprechend zum Teil aus persönlichen Schlussfolgerungen oder wendet allgemeingültige Gedanken, welche in nicht-spezifischer Literatur zu finden sind, auf seinen Gegenstand an. Dabei wurde selbstverständlich darauf geachtet, dass die selbstständige Argumentation immer in sich geschlossen und dem historischen Kontext zuzuordnen ist. Dieser Umstand ergibt sich schon daraus, dass spätantike Zustände omnipräsent im Argumentationszusammenhang dieser Arbeit stehen. Die Argumentation wird sich natürlich mit der Aufstellung von gegebenenfalls neuen Denkanstößen und einem Beitrag zum Diskurs zufriedengeben, und nicht das ihr zustehende Interpretationsspektrum übertreffen.

I Faktoren für Prokops Perserbild

I.1 Historizität

Prokop von Caesarea kann keineswegs als neutraler Beobachter gedeutet werden. Zu viele persönliche Faktoren spielen bei seiner Geschichtsschreibung eine Rolle. Dies ist nicht allzu verwunderlich, zumal gänzliche Objektivität in der neuzeitlichen Geschichtsschreibung allgemein als nicht erreichbar gilt[4]. Deswegen ist Prokops Subjektivität zwar bei jeder seiner Beurteilungen zu berücksichtigen, eine generelle Abwertung seines Werkes in Bezug auf die Fragestellung bedeutet es jedoch nicht.

Allgemein bekannt ist heute, dass Historiografen wissentlich oder unwissentlich Aspekte erwähnen und wegfallen lassen können, um ein bestimmtes Bild literarisch zu zeichnen. Auch bei Prokop muss und kann davon ausgegangen werden, dass dieser Tatbestand vorliegt.

Zwar äußert Prokop seinen Wahrheitsanspruch gleich am Anfang seiner „Perserkriege“[5], trotz dieser Intention muss aber, was den Wahrheitsgehalt der prokopischen Erzählungen angeht, äußerste Vorsicht gewahrt werden. Denn in der Zeit des absoluten Kaisertums der Spätantike musste gerade ein Historiograf mit viel Achtsamkeit arbeiten, und konnte keineswegs ohne Gefahr objektiv über den Kaisers berichten. Sein Handlungsspielraum ist jedoch in seinen „Werken“ wesentlich größer, als z.B. in den „Bauten“, da es sich hierbei um opi handelt, in denen er sich nicht mehr zu einer Panegyrik gezwungen sieht, sondern nun vielmehr einem schmähenden psogos verfällt. Diese zwei Extreme bilden zwar – relativ gesehen - einen Wertungsausgleich, jedoch tragen sie meiner Meinung nach nicht zur Objektivität bei, da hier recht klar eine reziproke Evokation vorliegt. Das eine Extrem ruft also das Andere hervor, sodass uns schlussendlich überhaupt keine neutrale Meinung vorliegt. Wir finden also hier einen kontextverpflichteten Wahrheitsanspruch Prokops vor. Dieser ist aber einzuordnen, und somit interpretierbar.

Weiterhin ist sich Prokop darüber bewusst, dass er aufgrund seiner direkten Erfahrungen für die Berichterstattung sehr geeignet sei[6]. Tatsächlich war Prokop wahrscheinlich für vier Jahre – nie in Friedenszeiten - in Begleitung des Feldherren Belisars an der syrischen Grenze. Er hatte also eine gewisse Einsicht gehabt, die wenige gebildete Römer vor ihm gehabt haben dürften. Da er diese auch noch niedergeschrieben hat, lässt sich schließen, dass es sich bei den vorliegenden Werken zwar nicht immer um sehr neutrale, aber dafür um meist gut recherchierte handelt. Viele Aussagen Prokops stimmen durchaus heute noch mit dem Wissen, welches wir über das antike Persien haben überein[7]. Das Verfahren der Interpretation von Selbsterfahrung, kurz: das Anwenden von „Autopsie“, stellt Prokop übrigens in eine Reihe antiker Autoren, welche dieses Prinzip ebenso anwendeten.

I.2 Griechische Tradition

Prokop ist generell einer Reihe klassischer Geschichtsschreiber zuzuordnen, welche er teilweise sogar selbst explizit erwähnt[8]. Weitere Beispiele sind Homer, Xenophon, Arian und Andere. Im Laufe dieser Arbeit wird aber bei der Ursprungssuche meist auf die zwei von Prokop genannten Autoren, Herodot und Aischylos eingegangen werden, weil gerade diese sich besonders mit ihrem jeweiligen „Osten“ beschäftigten. Da ein großer Teil der antiken Geschichtsschreibung auf der mimesis beruhte, stellen diese Autoren einen wichtigen Einflussfaktor für Prokop dar. Es sind zum aller größten Teil griechische Autoren, auf die Prokop sich bezieht, und deren Archetypen er trotz deren vermeidlichem Neutralitäts-Ethos übernimmt[9].

Zum Einen ist die Übernahme des griechischen Tyrannentopos zu nennen. Stefan Borzsák erklärte 1987 in seinem Artikel[10] sehr anschaulich, dass das Bild des orientalischen Gewaltherrschers eine „Sensationshistorie“ sei. Durch griechische Tragödien – auch hier sei wieder auf Aischylos verwiesen – sei der Topos in Rom zu einem „rhetocial tyrant“ geworden. Ein recht eindeutiger Beweis für die römische Übernahme griechischer Topi. Auf dieses Thema wird auch im Abschnitt III.II nochmals eingegangen werden.

[...]


[1] Vorwort des Agathias. Vgl. Veh, Otto: Zur Geschichtsschreibung und Weltauffassung d. Prokop von Caesarea. T.1., Bayreuth 1951, S. 8.

[2] Bereits Cicero bezeichnete Herodot als „ pater historiae“ (De leg. 1,5) . Auch der ihm gewidmete Artikel der sog. „Realencyclopädie“ erhebt Herodot im buchstäblichen Sinne zum Vater der Geschichtsschreibung. Vgl.: Pauly & Wissowa: Paulys Realencyclopädie der klassischen Altertumswissenschaft, Supplement I.II., Stuttgart 1903.

[3] Der kleine Pauly. Lexikon der Antike, hg. v. K. Ziegler, W. Sontheimer, Stuttgart 1964, Bd. 4, Orientalismus.

[4] Zur Wertfreiheit und Objektivität der Zeitgeschichte vgl. Rothfels, Hans: Zeitgeschichte als Aufgabe; in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 1/ 1958, S. 1 – 8.

[5] Prok. I, 1, 4.

[6] Prok. I, 1, 3.

[7] Börm, Henning: Prokop und die Perser, Untersuchungen zu den römisch-sassanidischen Kontakten in der ausgehenden Spätantike, Stuttgart 2007, S. 110.

[8] Prok. VIII, 6, 14.

[9] Rosivach, V.: The Romans´ view of the Persians. In: The Classical World 78/1 (1984).

[10] Borzsák, Stefan: Persertum und griechisch-römische Antike. Zur Ausgestaltung des klassischen Tyrannenbildes, in: Gymnasium 94 (1987).

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Details

Titel
Prokop und die Perser
Untertitel
Eine Untersuchung des Perserbildes des Prokop von Caesarea aus der Zeit der Spätantike
Hochschule
Universität Bremen
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V144570
ISBN (eBook)
9783640559312
ISBN (Buch)
9783640559107
Dateigröße
524 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prokop, Procopius, Perser, Orientalismus
Arbeit zitieren
Patrick Jost (Autor:in), 2009, Prokop und die Perser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144570

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