Kann Suchtprävention in der Grundschule schon etwas bewirken?


Term Paper, 2010

13 Pages


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffserklärung
2.1 Genuss, Missbrauch und Abhängigkeit
2.2 Suchtprävention

3. Klassifikationssysteme suchtpräventiver Maßnahmen
3.1 Primäre, sekundäre und tertiäre Prävention
3.2 Universelle, selektive und indizierte Prävention

4. Arbeitsauftrag der Suchtprävention
4.1 Ziele
4.2 Zielgruppen
4.3 Aktionsfelder

5. Suchtprävention in der Grundschule
5.1 Kompetenzen fördern
5.1.1 Förderung der Selbstkompetenz
5.1.2 Förderung der Sozialkompetenz
5.1.3 Förderung der Sachkompetenz
5.2 Hinweise zur Elternarbeit

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Störungen durch den Gebrauch psychoaktiver Substanzen wie Alkohol, illegale Drogen, Medikamente und Tabak spielen in unserer Gesellschaft eine große Rolle. Man schätzt die Zahl der Kinder und Jugendlichen aus alkoholbelasteten Familien auf 2,65 Millionen und etwa 30.000 bis 40.000 leben mit drogenabhängigen Eltern zusammen. Es werden jährlich etwa 2.200 alkoholgeschädigte Babys in Deutschland aufgrund von Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft geboren und 5-7 Millionen Angehörige sind durch die Alkoholabhängigkeit eines Familienmitgliedes betroffen (vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. 2009, S.185). Das Durchschnittsalter des ersten Alkoholkonsums ist gesunken und liegt derzeit zwischen 12,8 und 14 Jahren. Diese Zahlen sind erschreckend hoch, zumal sie den Alkoholkonsum deren ausdrücken, die nach dem Jugendschutzgesetz noch keinen Alkohol erwerben oder konsumieren dürfen. Frühzeitiger Konsum steigert zudem die Gefahr generell Abhängigkeiten zu entwickeln (vgl. Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Bayern e.V. 2007, S.6ff.). Diese aus unterschiedlichen Untersuchungen stammenden Zahlen lassen folglich den berechtigten Schluss zu, dass rund 5 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 15-25 Jahren suchtgefährdet sind und es ist davon auszugehen, dass 1 Millionen dieser Menschen schädlichen Suchtmittelkonsum betreibt oder bereits abhängig geworden ist. Deshalb machen auch Einrichtungen der Suchthilfe zunehmend vor allem mehr präventive Angebote für junge Menschen (vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. 2009, S.185). Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Kinder und Jugendliche widerstandsfähig gegenüber Suchtmittelkonsum werden und mit den Risiken des Suchtmittelkonsums umgehen können, sind während des Heranwachsens neben den Eltern unter anderem Institutionen wie KIGA, Schule oder Vereine damit befasst, Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln, Orientierungen zu geben und eine Vorstellung von gesellschaftlichen Normen auszubilden (vgl. Aktion Jugendschutz, Landesstelle Bayern e.V. 2007, S.12).

Die folgende Arbeit beschäftigt sich damit, ob es effektiv und adäquat ist, bereits in der Grundschule mit suchtpräventiven Maßnahmen zu beginnen und welche Wirkungen diese Maßnahmen auf die Kinder erzielen sollten. Um das Thema zu bearbeiten, werden zu Beginn die Begriffe der verschiedenen Konsumphasen „Genuss, Missbrauch und Anhängigkeit“, sowie die „Suchtprävention“ erläutert. Anschließend werden die beiden Klassifikationssystem suchtpräventiver Maßnahmen in „primäre, sekundäre und tertiäre Prävention“ und die neuere Einordnung in „universelle, selektive und indizierte Prävention“ vorgestellt. Um den Arbeitsauftrag der Suchtprävention zu erläutern, werden die Ziele, Zielgruppen und Aktionsfelder der Suchtprävention ein weiteres Kapitel einnehmen. Das folgende Kapitel wird sich mit den Aufgaben der Institution Grundschule im Kontext der Suchtprävention befassen, was primär die Förderung der Lebenskompetenzen beinhaltet, um so die Kinder widerstandsfähig gegen die „Versuchungen“ des Lebens zu erziehen. Dieser Abschnitt wird mit Hinweisen zur Elternarbeit ergänzt. Im Fazit der Arbeit wird abschließend versucht, die anfangs aufgestellte Frage zu beantworten und zusammenfassende Ergebnisse zu präsentieren.

2. Begriffserklärung

2.1. Genuss, Missbrauch und Abhängigkeit

Der sukzessive Übergang des experimentellen Konsums zur Sucht, sowie die nachfolgende Diagnose der Abhängigkeit, gilt gleichermaßen für legale und illegale Substanzen, zum Beispiel Nikotin und Cannabis (vgl. ebd., S.17). Experimenteller Konsum erfolgt aus Neugierde, dem Wunsch nach neuen Erfahrungen, zur Nachahmung Erwachsener und oftmals bedauerlicherweise durch Gruppendruck (vgl. ebd., S.16). Gelegentliche Konsumenten haben keine festen Konsumgelegenheiten. Sie konsumieren bei Festen, Feiern und in günstigen Augenblicken. In dieser Phase prägen sich erste Wirkerfahrungen ein und man trinkt z.B. aus Spaß oder Genuss. Nach der Steigerung zum regelmäßigen Konsum erinnert man sich an die angenehme Seite des Konsums und eigene, sowie äußere Erwartungen (zum Beispiel der Peers) führen dazu, Situationen und Orte aufzusuchen, in denen regelmäßig konsumiert wird. Wenn sich erst einmal der missbräuchliche Konsum entwickelt hat, tritt die negative Seite des übermäßigen Konsums verstärkt in Erscheinung. In dieser Phase sind erste negative Konsequenzen des Konsums wie zum Beispiel Ärger mit den Eltern, nachlassende Schulleistungen, Beziehungsprobleme oder Gesetzesverstöße zu erwarten. Nach der „Internationalen Klassifikation psychischer Störungen“ ICD 10 wird letztlich die Diagnose „Abhängigkeit“ gestellt, wenn während des letzen Jahres drei oder mehr der folgenden acht Kriterien auftreten: 1. ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, Substanzen zu konsumieren; 2. verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Substanzkonsums; 3. Substanzgebrauch mit dem Ziel, Entzugssymptome zu mildern und der entsprechenden positiven Erfahrung; 4. ein körperliches Entzugssymptom; 5. Nachweis einer Toleranz, also um die ursprüngliche durch niedrige Dosen erreichten Wirkungen der Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich; 6. ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit der Substanz; 7. fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums; 8. anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher körperlicher, sozialer oder psychischer Folgen (vgl. ebd., S.17).

2.2. Suchtprävention

Prävention meint der Wortbedeutung nach „zuvorkommen, vorbeugen oder verhindern“, ergo „vorbeugendes Eingreifen“. Es lassen sich zweierlei Ansätze in der Suchtprävention differenzieren: Einerseits die auf das Verhalten von Menschen ausgerichtete Suchtprävention und andererseits die auf die Beeinflussung gesellschaftlicher Strukturen abzielende Suchtprävention. Erfolgreiche suchtpräventive Maßnahmen verbinden jedoch beide Ansätze miteinander. Denn Maßnahmen, die ausschließlich auf die Beeinflussung von Verhalten setzen und sich nicht an den Lebensumstände der Personen orientieren, die sie beeinflussen wollen, werden sich nicht etablieren können (vgl. Hallmann/ Holterhoff-Schulte/ Merfert-Diete 2007, S.4). Suchtprävention impliziert dementsprechend alle verhältnis- und verhaltensbezogenen Maßnahmen, die auf die Verhütung von Gesundheitsstörungen zielen, die durch den schädlichen Gebrauch von Suchtmitteln produziert werden.

3. Klassifikationssysteme suchtpräventiver Maßnahmen

Derzeit bestehen im Wesentlichen zwei Klassifikationssysteme suchtpräventiver Maßnahmen.

3.1. Primäre, sekundäre und tertiäre Prävention

Zum einen die aus der Psychiatrie stammende und in der Suchtprävention üblich gebräuchliche Kategorisierung in Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Diese Einteilung orientiert sich am Stadium der Sucht beziehungsweise Abhängigkeitsentwicklung und bezieht sich sowohl auf den Zeitpunkt der jeweiligen Präventionsmaßnahmen, als auch auf deren Zielrichtung. Die Primärprävention umfasst alle Maßnahmen, die vor der Entstehung eines Problems umgesetzt werden und wendet sich an die allgemeine Bevölkerung, sowie an spezielle Zielgruppen, die nicht als Risikogruppen klassifiziert sind. Die primäre Prävention umfasst also jene Maßnahmen, die davon abhalten sollen Suchtmittel überhaupt zu versuchen. Die Sekundärprävention richtet sich an eine definierte Risikogruppe (Gruppen mit erhöhter Suchtgefährdung), sowie an einzelne Personen im Anfangsstadium einer Suchterkrankung. Die sekundäre Prävention versucht insbesondere das Fortschreiten von gewohnheitsmäßigem zu krankhaftem Suchtmittelkonsum zu verhindern. Die Tertiärprävention richtet sich an jene Konsumenten, die bereits Probleme im Umgang mit Suchtmitteln haben, ohne aber eigentlich abhängig zu sein. Tertiäre Prävention will also das Fortschreiten einer Krankheit verhindern und die bereits entstandenen Schäden begrenzen (vgl. Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt 2009, S.3/ vgl. Bern 2000, S.114/ vgl. Böllert 2005, S.1394).

3.2. Universelle, selektive und indizierte Prävention

Zunehmend wird jedoch das Klassifikationssystem des US Institute of Medicine, in universelle, selektive und indizierte Prävention genutzt. Diese Einteilung orientiert sich an den Zielgruppen und erfasst alle Maßnahmen, die vor der vollen Ausprägung der Suchterkrankung einsetzen (vgl. Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt 2009, S.3). Als universelle Prävention definiert wird jede Maßnahme, die sich an die Allgemeinbevölkerung oder Teilgruppen der Bevölkerung wendet, um künftigen Probleme entgegenzuwirken. Dazu gehören etwa Schulprogramme zur Förderung von Lebenskompetenzen, massenmediale Kampagnen, Maßnahmen auf Gemeindeebene, sowie am Arbeitsplatz (vgl. Hallmann/ Holterhoff-Schulte/ Merfert-Diete 2007, S.3). Die selektive Prävention richtet sich an spezifische Risikoträger in Bezug auf eine spätere Suchtproblematik, beispielsweise seien hier genannt Jugendliche mit Schulproblemen, sowie das Aufwachsen in suchtbelasteten Familien. Die selektiven Präventionen zielen auf die Verhinderung des Suchtmittelkonsums. Dazu dienen Maßnahmen, die präventiv die Stärkung von Schutzfaktoren wie Selbstwertgefühl und Problemlösungskompetenz zum Ziel haben, sowie den verantwortlichen Umgang mit Risikofaktoren, beispielsweise einem Umfeld, in dem Drogen konsumiert werden (vgl. ebd., S.3f.). Die indizierte Prävention richtet sich letztendlich an Personen, die bereits ein manifestes und riskantes Verhalten verinnerlicht haben und ein erhöhtes Suchtpotenzial aufweisen, aber noch keine Abhängigkeitssymptome zeigen. Solche Personen wären etwa Jugendliche und junge Erwachsene, die am Wochenende wiederholt exzessiv Alkohol trinken (vgl. ebd., S.4).

4. Arbeitsauftrag der Suchtprävention

4.1. Ziele

Suchtprävention zielt darauf ab, den mit schädlichem Gebrauch von illegalen und legalen Substanzen verbundenen sozialen und persönlichen Schäden vorzubeugen, sowie vorzeitige Todesfälle zu verhindern. Suchtprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe und bedient sich sowohl personalkommunikativer, als auch an den gesellschaftlichen Strukturen ansetzender Konzepte. Suchtprävention zielt also auf eine positive Beeinflussung der Lebenszusammenhänge von Kindern und Jugendlichen (Familie, Schule, Freizeit, KIGA) und Erwachsener (beispielsweise im Rahmen betrieblicher Suchtprävention), auf die Stärkung der individuellen Kompetenzen und auf die Fort- und Weiterbildung der Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen. Aus diesen Aufgaben ergibt sich für die Mitwirkenden der Suchtprävention die Notwendigkeit, sich in allen wesentlichen gesellschaftlichen Institutionen zu personifizieren. Suchtprävention muss deshalb auf Vernetzung und Kooperation setzen und in den verschiedenen Handlungsfeldern unter anderem Multiplikatoren gewinnen (vgl. Hallmann/ Holterhoff-Schulte/ Merfert-Diete 2007, S.6).

4.2. Zielgruppen

Primär im Tätigkeitsfeld der Suchtprävention stehen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Um die Erreichbarkeit der zentralen Zielgruppen zu gewährleisten und die Maßnahmenerfolge zu steigern, ist die Befähigung von Systemen und Settings zum Umgang mit Suchtmittelkonsum und Suchtgefährdung unumgänglich. Daher liegt der Schwerpunkt der Aufgaben bei der Zusammenarbeit mit unmittelbaren und mittelbaren Bezugspersonen. Dementsprechend sollen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsen, unmittelbare Bezugspersonen aus den Bereichen Familie, Schule, Kinder- und Jugendhilfe, Sport, Freizeit sowie mittelbare Bezugspersonen wie z.B. Entscheidungsträger in den jeweiligen Settings sensibilisiert werden (vgl. Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt 2009, S.5). Suchtprävention arbeitet zielorientiert und zielgruppenspezifisch, dass heißt, dass bei der Definition der Ziele und der Wahl geeigneter Maßnahmen zu derer Erreichung sehr genau die Situation und die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe berücksichtigt werden müssen (vgl. Hallmann/ Holterhoff-Schulte/ Merfert-Diete 2007, S.6).

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Details

Title
Kann Suchtprävention in der Grundschule schon etwas bewirken?
College
Johannes Gutenberg University Mainz  (Erziehungswissenschaften)
Course
Interventionen der Sozialpädagogik
Author
Year
2010
Pages
13
Catalog Number
V144454
ISBN (eBook)
9783640555703
ISBN (Book)
9783640555550
File size
451 KB
Language
German
Keywords
Kann, Suchtprävention, Grundschule
Quote paper
Stephanie Engel (Author), 2010, Kann Suchtprävention in der Grundschule schon etwas bewirken?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144454

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