Roschs Prototypentheorie vs. Putnams Stereotypensemantik


Seminararbeit, 2009

13 Seiten, Note: 3,0

Yasmin Tosun (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Roschs Prototypentheorie

2. Putnams Stereotypensemantik

3. Parallelen zwischen Putnam und Rosch

4. Unterschiede zwischen Putnam und Rosch

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Sagt der Arbeiter zu seinem Kollegen: „Alle Zebrastreifen sollen gestrichen werden.“

Sagt der Kollege: „Mann, da haben die im Zoo aber viel zu tun!“

Um diesen Witz begreifen zu können, ist es selbstverständlich, dass man beide Bedeutungen von Zebrastreifen kennt. Ab wann kann man den Zebrastreifen als ein tierisches Merkmal, und ab wann kann man es als Verkehrszeichen sehen? Gibt es klare Grenzen zwischen beiden? Wenn ja, wie kann es dann sein, dass es dennoch zu Unstimmigkeiten kommt wie bei diesem Witz?

In Scherzfragen und Witzen werden derartige Mehrdeutigkeiten eines Wortes genutzt und gezielt angewendet, jedoch ist es nicht selten, dass uns Ähnliches auch in Wirklichkeit begegnet. Analoge Situationen passieren einem ständig, denn auch wenn man dieselbe Sprache spricht, geschieht es sehr oft, dass man missverstanden wird. Das hängt damit zusammen, dass wir die Wörter unterschiedlich kategorisieren. Wir sagen zwar dasselbe, in der Hoffnung der Gegenüber versteht es so, wie wir es meinen, aber es passieren dennoch Missverständnisse. Nicht nur der Ton spielt hier eine Rolle, da nicht selten derartige Verwechslungen auch im schriftlichen Bereich geschehen, wie beispielsweise beim Briefverkehr. Anscheinend ist die Fehldeutung auf das Wort selber zurück zu führen. Dieses Phänomen der Missdeutung ist uns allen geläufig, denn es ist alltäglich und normal. Und gerade wegen der Häufigkeit und Dauerhaftigkeit verdient es näher betrachtet und erforscht zu werden.

Das menschliche Einordnen in Kategorien ist für die Sprachforschung - insbesondere für die Semantik von wichtiger Bedeutung, da sprachliche und kognitive Kategorisierungsmethoden eng zusammenhängen.

Aus diesem Anlass wird in dieser Hausarbeit der Blick auf die Prototypentheorie von Rosch und die Stereotypensemantik von Putnam gerichtet, wobei der Fokus auf den Parallelen und Unterschieden liegen soll. Begonnen wird mit Roschs Theorie, da diese vorher entstand.

1. Roschs Prototypentheorie

Roschs Prototypentheorie besagt, dass jeder von uns in der Lage ist, egal zu welcher Kultur er gehört, die „Struktur einer Vielzahl von Kategorien, zu denen es in der Regel auch sprachliche Äquivalente in Form von Lexemen gibt, zu bestimmen“[1]. Dieses macht sich dadurch bemerkbar, dass wir unterschiedliche „Repräsentanten einer jeweiligen Kategorie festlegen und benennen können“[2].

Diese Repräsentanten bezeichnet man in der Prototypentheorie als Prototyp, welches das beste Beispiel darstellt, und als Peripheri, welches ein weniger gutes Beispiel verkörpert.[3] Den Prototypen erkennt man daran, dass er „möglichst viele oder möglichst wichtige Eigenschaften“[4] hat, „die viele andere Elemente der Kategorie nur teilweise haben“[5]. Als Beispiel wird der Pinguin gezeigt, welcher für manche einen Vogel darstellt, für andere hingegen ist er jedoch „untypisch für einen Vogel“[6]. Durch Ausdrücke wie ‚irgendwie’, ‚eine Art’ oder ‚etwas wie’ kann man den Vogel kategorisieren. Solche Begriffe werden als „Schärfe- und Unschärfeindikatoren“[7] bezeichnet, welche die Funktion haben wörtlich genommen zu werden (Schärfeindikatoren) oder nicht wörtlich genommen zu werden (Unschärfeindikatoren).[8] Müller beschreibt die Begriffe als „’indizierte Et-cetera-Annahme’“[9], welche sich auf die Unschärfeindikatoren bezieht, und als „’Par-excellence-Annahme’“[10], die Bezug auf die Schärfeindikatoren nimmt.

Eine weitere Ansicht von Roschs Prototypentheorie besagt, dass „ein Ähnlichkeitsprinzip […] an Familienähnlichkeiten […] über die Zugehörigkeit der Mitglieder zu einer bestimmten Kategorie entscheidet“[11]. Dabei ist anzumerken, dass die Merkmale nicht hundertprozentig zutreffen müssen, „sondern auch ‚zum Teil’ oder ‚nur etwas’“[12] passen. Welche Eigenschaft nun wichtiger ist, als die andere, wird durch die Sprachgemeinschaft festgelegt.[13] Rosch beschreibt diese Konzeptionalisierung als grading, welcher „das Phänomen des Gewichtens“[14] und „Gradierens“[15] beschreibt. Insgesamt kann man sagen, dass Prototypen eine große Bedeutung für die Eigenschaftsstruktur haben, „da sie entweder über sehr viele Eigenschaften (quantitatives Maß) oder“[16] über sehr „wichtige Eigenschaften (qualitatives Maß)“[17] verfügen.

Roschs Annahme widmet sich des Weiteren der Unterscheidung zwischen „scharf und eindeutig abgrenzbaren Kategorien“[18]. Laut Rosch ist die „Unsicherheit bezüglich der Zuordnung“ eines „Mitglieds zur einen oder zur anderen Kategorie höher“, „je weiter ein Kategorienmitglied vom Zentrum einer entsprechenden Kategorie entfernt ist“[19]. Der Grund dafür ist nach Schwarz/Chur, dass „’manche Exemplare’“[20] Grenzfälle von Kategorien seien, wie beispielsweise der Wal, welcher zwar aussieht wie ein Fisch und sich auch im Wasser befindet, dennoch aber ein Säugetier ist.[21] Deshalb sind Merkmalslisten genau dann unzureichend, wenn „schlechte Vertreter einer Kategorie klassifiziert“[22] werden sollen.

Diese bis hierhin erläuterten Thesen bezeichnet man als „horizontale Dimension der Kategorien“[23]. Rosch geht darüber hinaus auf die vertikale Dimension der Kategorien ein, indem sie ein „dreigliedriges System mit einer zentralen Abstraktionsebene in der Mitte“[24] erstellt, wobei „generalisierende Prozesse ‚nach oben’ und konkretisierende Prozesse ‚nach unten’ stattfinden“[25]. Wenn man als Beispiel den Hund nimmt, befindet sich dieser in der Basisebene, die Kategorie Tier befindet sich auf der übergeordneten Ebene und der Schäferhund ist auf der untergeordneten Ebene angesiedelt.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß sich die beiden Kriterien ‚Vertrautheit‘ und ‚Besitz typischer Attribute‘ in den […] Repräsentativsskalen oft überlagern (sowohl bei den übergeordneten Kategorien wie bei den Basiskategorien). Dies erfordert eine entsprechende Interpretation der Ergebnisse, was jedoch nicht immer geschieht.[26]

Im Klartext heißt das, dass der Chinesische Schopfhund später genannt wird, als der Boxer oder Chihuahua.

[...]


[1] Martina Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. Dargestellt am Beispiel von Frauenkategorisierungen. Peter Lang GmbH. Frankfurt am Main. 2000. S. 92

[2] Ebd.

[3] Vgl. Ebd.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. S. 93

[7] Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. S. 94

[8] Vgl. Ebd.

[9] Ebd.

[10] Ebd.

[11] Ebd.

[12] Ebd.

[13] Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. S. 95

[14] Ebd.

[15] Ebd.

[16] Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. S. 96

[17] Ebd.

[18] Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. S. 97

[19] Ebd.

[20] Ebd.

[21] Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. S. 98

[22] Ebd.

[23] Ebd.

[24] Mangasser-Wahl: Von der Prototypentheorie zur empirischen Semantik. S. 99

[25] Ebd.

[26] Georges Kleiber: Prototypensemantik. Eine Einführung. 2. überarb. Aufl. Narr Verlag. Tübingen 1998. S. 99

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Roschs Prototypentheorie vs. Putnams Stereotypensemantik
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Veranstaltung
Kognitive Semantik
Note
3,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
13
Katalognummer
V144220
ISBN (eBook)
9783640534449
ISBN (Buch)
9783640534227
Dateigröße
383 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prototyp, Theorie, Rosch, Putnam, Kognitiv, Semantik, Prototypentheorie
Arbeit zitieren
Yasmin Tosun (Autor:in), 2009, Roschs Prototypentheorie vs. Putnams Stereotypensemantik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144220

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