Der Israelisch-Ägyptische Frieden und dessen Einfluss auf die Narrative beider Länder


Seminararbeit, 2009

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Entstehung des Konfliktes und der Narrative
1.1 Konflikt
1.2 Narrative

2. Friedensprozess zwischen Israel und Ägypten
2.1 Die Lage in Israel und Ägypten nach dem Jom-Kippur Krieg
2.2 Sadat besucht Jerusalem
2.3 Friedensgipfel in Camp David

3. Änderung der Narrative
3.1 Ägyptische Narrative
3.2 Israelische Narrative

Aktuelle Lage

Einleitung

Im Jahre 1979, ein paar Tage nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen Ägypten und Israel, flog der israelische Journalist Amos Elon nach Ägypten und schrieb seine Erfahrungen die er hier gemacht hatte nieder. Er schrieb unter anderem darüber, wie er sich zu Beginn seines Besuchs mit einem Kollegen aus dem Hotel in dem sie sich befanden entfernte, was schon aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt war, um in die Innenstadt von Kairo zu gelangen. Im Bus Richtung Zentrum geschah dann etwas Unerwartetes: Sie wurden als Israelis identifiziert und als solche herzlich begrüBt. Es fielen Sätze wie: „Willkommen! Israel sehr gut. Agypten sehr gut. Frieden sehr gut!".1 Einige Tage zuvor hätte man an so einen Dialog zwischen einem Israeli und einem Ägypter in einem Bus in Kairo nicht denken können. Zu festgesetzt war das Bild des Feindes. Ein Feind mit dem man Jahrzehnte keinen Kontakt und keine richtige Kommunikation aufbauen konnte. So kam es dazu, dass man den „Feind" nur aus den Erzählungen kannte, die in eigenen Kreisen entstanden. Doch mit dem Friedensvertrag von Camp David 1979 hatte sich in beiden Ländern etwas verändert, die Narrative schienen sich von einem Tag auf den anderen zu etwas Neuen zu morphieren. Hier stellt sich die Frage, was sich hier in diesem Prozess genau verändert hat. Um auf ein Ergebnis zu kommen, wäre es sinnvoll die vorliegende Arbeit chronologisch aufzubauen. Ich werde etwas zurückblicken um die Entstehung des Konfliktes und die Narrativen, welche sich zwischen diesen beiden Ländern entwickelt haben, darstellen zu können. Danach mache ich einen Sprung auf die Haupteinflussquelle der Narrativänderungen: Dem Friedensprozess zwischen Ägypten und Israel, welches mit dem Vertrag von Camp David endet. Nun kann ich zu meiner wie bereits oben schon angegebener Fragestellung gelangen und die Veränderungen der gegenseitigen Wahrnehmung des nun „alten" Feindes in beiden Ländern erörtern und vergleichen. Für diesen etwas „verschwommenen" Untersuchungsgegenstand ist es, im Gegensatz zu historischen Fakten, recht schwierig geeignete Literatur zu finden. Dennoch möchte ich das Werk „Righteous Victims „(1999) von Benny Morris sowie Angelika Timms „Israel. Geschichte des Staates seit seiner Gründung" (1998) an dieser Stelle hervorheben, besonders im historischen Kontext waren beide Bücher sehr hilfreich und ausgesprochen übersichtlich.

1. Entstehung der Narrative und des Konfliktes

1.1. Konflikt

Den Begriff Konflikt kann man in drei Bereiche unterteilen, welche sich aus sozialpsychologischen, semantischen und soziologischen Aspekten bilden. Ersteres entsteht durch die Außenablenkung innerer Spannungen, während bei den semantischen ein Konflikt durch ein Missverständnis in der Kommunikation entsteht .2 Diese Arbeit würde die Definition des soziologischen Konfliktes aufnehmen, da es, wie wir es bald herausfinden werden, zwischen Ägypten und Israel um ein Konflikt aus Unvereinbarkeit von Zielen, Zwecken oder Werten handelt. Es ist schwierig einen genauen Zeitpunkt für die Entstehung des Konfliktes dieser beiden Länder zu setzten. Obwohl schon vor dem zweiten Weltkrieg Konfliktpotenzial durch den steigenden Nationalismus auf beiden Seiten bestand3, entscheide ich mich für den Eingriff Ägyptens im ersten arabischen Krieg nach der Unabhängigkeitserklärung Israels für den eigentlichen Konfliktstart zwischen Israel und Ägypten. Im jahrzehntelangen Kampf zwischen Israel und Ägypten ging es hauptsächlich um territoriale Ansprüche. Während es für die Ägypter im ersten arabischen Krieg um die Befreiung Palästinas von der israelischer Hand ging, waren die nächsten Kriege auch durch eigene territoriale Ansprüche motiviert (siehe Sinai-Halbinsel).

1.2 Narrative

Jedes Volk, jede Kultur hat seine eigene Geschichte die sie erzählt. In diesen Erzählungen (Narrative) geht es größtenteils um vergangene Geschehnisse, entstehen also aus einem historischen Kontext. So haben auch die Ägypter, Israelis, Palästinenser und alle anderen Völker Ihre eigenen ]narrativen Sammlungen, mit denen Sie ihre Vergangenheit in Erinnerung behalten4. Diese Erzählungen müssen nicht identisch sein und in vielen Fällen sind sie es auch nicht. Wie beispielsweise die Narrative der Palästinenser und der Israeliten. Am einfachsten wäre der Unterschied zwischen beiden Narrativen erklärt, wenn man die Bezeichnung für das Kriegsende von 1948 nimmt, bei dem es um einen unabhängigen Staat Israel ging. Während dieser Tag bei den Israelis als Unabhängigkeitstag gefeiert wird, bezeichnen die Araber diesen Tag als „ Naqba"5, die Katastrophe. Nach einer kontroversen Arbeit des Studenten Theodor Katz, in dem er behauptete, dass Zeugenaussagen ein Massaker bewiesen, das am 22./23. Mai 1948 von Israelis in Tantura an 200 unbewaffneten Einwohnern durchgeführt wurde, spalteten sich die israelischen Historiker in zwei Reihen. Trotz einer Widerlegung der aufgestellten Beschuldigungen von Katz, sahen einige Historiker eine neue Quelle der Geschichtsschreibung: Die Erzählung. Sie wollten nicht mehr nur niedergeschriebenes bearbeiten, sondern auch die Narrativen beider Völker vergleichen und übereinstimmende Fakten herausfiltern6. Deshalb sind die Narrativen für den Historiker wichtig.

In dieser Arbeit geht es jedoch nicht um Übereinstimmungen der Narrative, ganz im Gegenteil, es geht um die verschiedenen Blickweisen zwischen Ägypten und Israel auf Ihren „Feind". Wie schon in der Einleitung erwähnt werde ich versuchen, die Unterschiede in den Narrativen vor und nach dem Friedensvertrag zwischen diesen beiden Ländern herausfinden. Man kann sagen, dass mit dem Konflikt auch die Narrativen begannen.

2. Der Friedensprozess zwischen Israel und Ägypten

2.1 Die Lage in Israel und Ägypten nach dem Jom Kippur Krieg

Das Ende des Yom-Kippur-Krieges 1973 begann mit einer Einsicht. Sowohl der israelischen, als auch der arabische Seite wurde klar, dass der Nahostkonflikt durch Krieg und Gewalt nicht zu einem Ende kommen konnte und deswegen ein anderer Weg eingeschlagen werden musste7. Unter dem Strich gewann Israel zwar diesen Krieg, doch die Öffentlichkeit erkannte, dass man die israelische Armee schwächen konnte, somit verschwand das Unbesiegbarkeitsmythos der Israelischen Armee. Dieser kleine Erfolg der ägyptischen Armee reichte aus, um das arabische Ehrgefühl wieder herzustellen, welches nach dem Sechs-Tage- Krieg von 1967 zerrüttet wurde8. Dennoch wussten auch sie, dass es keinen Ausweg aus dieser Lage gab. Doch für ein Gespräch wollten weder die Israelis, noch die Araber den ersten Schritt wagen, zu groß waren das Misstrauen und das Ehrgefühl auf beiden Seiten.

Groß war auch der Unmut in der Israelischen Bevölkerung nach dieser Einsicht. Durch die Tatsache, dass ihre Armee geschwächt, ja sogar geschlagen werden konnte suchten sie einen Schuldigen für diese Misere. Es wurde die Regierung, das Militär und der Geheimdienst beschuldigt. Man warf ihnen vor in ihrem Handeln versagt zu haben, selbst unter diesen drei Beschuldigten Stellen warf man sich gegenseitig den Ball zu. So beschuldigte beispielsweise die Armee den Geheimdienst und andersherum. Erst nach der Veröffentlichung der Agranat-Kommission9, welche von der damaligen Premierministerin Golda Meir ins Leben gerufen wurde um den tatsächlichen Schuldigen herauszufiltern, wurde der Generalstabschef und die Kommandanten des Südabschnitts der israelischen Armee offiziell beschuldigt.

Ein weiteres Problem für Israel kam mit der Wirtschaftskrise nach dem Krieg: Der Oktoberkrieg verringerte das Bruttosozialprodukt in Israel von 10% auf durchschnittlich 2,6%.10 Dies wurde durch die hohen Militärkosten und die gestiegenen Erdölpreise begünstigt. Diese Faktoren hatten auch eine direkte Auswirkung auf die Wahlen und das Staatsleben. Kurz vor den Wahlen hatten sich die Mitte-Rechts-Kräfte zu einem neuen Parteizusammenschluss (Likud) geeinigt. Trotz der Folgen des Krieges wurde die Wahl von der Maarach gewonnen, stärkte jedoch die Mitte-Rechts-Kräfte um Begin, der 1977 tatsächlich einen Regierungswechsel erreichte.11

Der Yom-Kippur-Krieg hatte auch seinen Einfluss auf die Meinung der israelischen Öffentlichkeit gegenüber der Außenpolitik ihres Landes. Die Bevölkerung spaltete sich in zwei Meinungsgruppen. Während die eine nach dem Krieg einsah, dass die Sicherheit des Staates Israel nur mit einem Frieden zu ihren arabischen Nachbarn und dem damit verknüpften Abzug der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten zu erreichen wäre, vertrat die andere Gruppe die Meinung, dass nur eine Präsenz ihrer Armee Sicherheit bedeuten würde, also Sicherheit durch Stärke12.

Die erste Friedensinitiative nach dem Krieg ging von dem israelischen Außenminister Yigael Allon aus, welche auch als „Allon-Initiative" bekannt wurde. Hier galt das Angebot einer Autonomieregelung für die palästinensische Befreiungsorganisation PLO. Die Verantwortung sollte Vertretern aus den besetzten Gebieten überlassen werden, welche Wahlen zu einer Selbstverwaltungsbehörde in den Gebieten organisieren sollten. Nach einer Übergangsperiode von 5 Jahren sollten diese dann mit Israel über den dauerhaften Statust des Westjordanlandes und des Gazadistriktes verhandeln. Doch durch den Ausschluss der PLO als größte und einflussreichste säkulare Bewegung der besetzten Gebiete konnte es zu keinen wahren Frieden kommen13.

Als wäre dieser Konflikt nicht schon kompliziert genug, erschwerte auch der Kampf zwischen Ost und West, Russland und Amerika die Lage. Russland unterstützte Ägypten in seinem Kampf gegen die mit den Kapitalisten kooperierenden Israelis, unter anderem mit Waffen. Dennoch war dieser Krisenherd im Nahen Osten für beide Großmächte ein Dorn im Auge14. Beide Seiten waren an einem Frieden in dieser Region interessiert. Der US-Außenminister Henry Kissinger bewies sich als guter Krisenmanager, als er durch seine „Pendeldiplomatie" unter anderem nach Moskau reiste und den Weg für Friedensgespräche unter Anwesenheit beider Großmächte ebnete. Israel und Ägypten waren zu jener Zeit von den Großmächten abhängig. Ägypten bezog seine Waffen von den Russen, währen die Israelis gleiches von den Amerikanern bekamen. Zudem bekamen sie finanzielle Unterstützung. Andererseits waren beide Länder waren ebenfalls an Friedensgesprächen interessiert, so kam es Ihnen genauer betrachtet auch entgegen. Die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen den beiden Supermächten wurde dem Sicherheitsrat vorgelegt und am 22. Oktober 1973 einstimmig angenommen, worin es um die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten zwischen Israel und Ägypten ging. So trat die Resolution 33815 in Kraft. In der Resolution werden drei Punkte angesprochen:

Der Sicherheitsrat,

1. Fordert alle an den gegenwärtigen Kampfhandlungen beteiligten auf, sofort, spätestens 12 Stunden nach dem Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Beschlusses, in denen von ihnen jetzt besetzten Stellungen jedes Feuer einzustellen und jede militärische Aktivität zu beenden.
2. Fordert die beteiligten Parteien auf, sofort nach Einstellung des Feuers damit zu beginnen, die Resolution 242 des UN-Rates (1967) in allen ihren Teilen durchzuführen.
3. Beschließt, dass sofort und gleichzeitig mit den Feuereinstellungen Verhandlungen zwischen den beteiligten Parteien unter geeigneter Schirmherrschaft mit dem Ziel aufgenommen werden, einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten herzustellen

Kissingers Strategie, die arabischen Staaten zu überzeugen dass Verhandlungen mit Israel nur unter amerikanischer Schirmherrschaft möglich wären, ging auf und Ägypten begann sich von der Sowjetunion zu distanzieren, auch Probleme bei der Waffenlieferung16 während des Krieges spielten hier eine Rolle. Man kann sagen, dass aus der Nixon/Kissinger Periode der Grundstein für die weiteren Verhandlungen zwischen Ägypten und Israel gelegt wurde. Später sollte Präsident Carter auf diesen Grundlagen seine Friedenslösung aufbauen17. Sein erstes Treffen mit dem ebenfalls neugewählten israelischen Ministerpräsidenten Mechalem Begin war am 19. Juli 1977 und verlief aus friedenspolitischer Sicht positiv, da Begin sich mit der UN-Resolution 242 als Basis für Friedensgespräche als einverstanden zeigte. Hier erfuhr man ebenso seine Bereitschaft für ein Treffen mit Anwar as-Sadat18.

In Ägypten war man nach dem Krieg trotz des moralischen Sieges gegen die Israelis in Unruhen verwickelt. Diese Unruhen waren eher innenpolitisch, welche sich von den gestiegenen Brotpreisen ableiten ließen. Es kam zu Demonstrationen und Protestkundgebungen, der Frieden wurde für Ägypten eine Notwendigkeit, auch aus wirtschaftlicher Sicht19. Dazu kam aber noch der Konflikt mit Libyen an der libysch-ägyptischen Grenze was Präsident Sadat in Zugzwang geraten ließ. Sein Regime fing an unter diesen Umständen einen Prestigeverlust zu erleiden, weshalb er politischen Erfolg benötigte, am besten einen außenpolitischen. Er wandte sich also wieder Israel zu20.

[...]


1 Amos Elon, S. 72

2 Florian Pfeil http://www.politik.uni-trier.de/mitarbeiter/pfeil/ss05/pro_11.pdf S.1

3 Gudrun Krämer S. 147 ff.

4 Yoav Gelber S. 45

5 Margret Johannsen S. 22-24

6 Yoav Gelber S. 43-45

7 Stefan Laube S. 49

8 Arnold Hottinger S. 87

9 Michael Krupp S. 111ff

10 Michael Krupp S. 116

11 Angelika Timm S. 191-192

12 Michael Krupp S. 122

13 Stefan Laube S. 49 ff.

14 Gert Krell S. 23 ff.

15 http://www.un.org/depts/german/sr/sr_67u73/sr338-73.pdf

16 Arnold Hottinger S. 83

17 Gert Krell S. 25

18 Benny Morris S. 446

19 Walter Hofer S. 190

20 Angelika Timm S. 194

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Israelisch-Ägyptische Frieden und dessen Einfluss auf die Narrative beider Länder
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Geschichte des israelisch-arabischen Konfliktes seit 1948
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
16
Katalognummer
V143928
ISBN (eBook)
9783640546381
ISBN (Buch)
9783640546084
Dateigröße
564 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Israel, Ägypten, Narrative;, Friedensvertrag, Camp David, Menachem Begin, Sadat, Nahost, Konflikt
Arbeit zitieren
Cagdas Cicek (Autor:in), 2009, Der Israelisch-Ägyptische Frieden und dessen Einfluss auf die Narrative beider Länder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143928

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