Die Auseinandersetzung der SPD mit dem Nationalsozialismus


Seminararbeit, 2000

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

A. Einleitung

B. Die SPD in der Weimarer Republik
I. Struktur und Wesen der Weimarer SPD
II. Probleme der Weimarer SPD

C. Die SPD und ihre Beurteilung des Nationalsozialismus
I. Wesen und Funktion des Nationalsozialismus
II. Der Nationalsozialismus und die Machteroberung

D. Die politische Auseinandersetzung mit der NSDAP
I. Bekämpfung der NSDAP in den Parlamenten
II. Bekämpfung durch den staatlichen Machtapparat
III. Bekämpfung durch Agitation

E. Resümee

F. Literaturverzeichnis

A. Einleitung

Das Scheitern der Weimarer Republik und die „Machtübernahme“ durch die Nationalsozialisten werfen die Frage nach der politischen Hauptschuld für das Versagen der noch jungen deutschen Demokratie auf. Dabei ist es von Bedeutung, sich damit zu beschäftigen, wie die NSDAP von einer kleinen „Splitterorganisation“ zur stärksten Partei der ersten deutschen Republik avancieren konnte. In diesem Zusammenhang steht die Untersuchung, inwieweit und wodurch die übrigen Parteien der Weimarer Republik im Vorfeld hierzu beigetragen haben. Es bleibt zu fragen, in welcher Weise die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus überhaupt stattgefunden hat und ob die NSDAP von den politischen Kräften unterschätzt wurde.

Die nachfolgende Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Wahrnehmung der NSDAP durch die traditionsreichste deutsche Partei auf der politischen Linken, der SPD. In vier Kapiteln wird analysiert, ob und wie sich die SPD mit der NSDAP beschäftigt hat und wie ihr politisches Handeln gegenüber dem Nationalsozialismus ausgesehen hat. In Kapitel B wird die SPD als Partei einleitend vorgestellt. Nachfolgend wird ein Überblick über das Selbstverständnis und die Programmatik dieser Partei in der Weimarer Republik gegeben. Kapitel C befasst sich dann mit der sozialdemokratischen Analyse des Nationalsozialismus/Faschismus. Dabei werden zum einen die grundlegenden Aussagen und Meinungen der SPD über die NSDAP aufgezeigt. Zum anderen wird der Leser über die Chancen auf die Übernahme der Staatsführung, die die Sozialdemokraten der NS-Bewegung im Grundsatz eingeräumt hatten, informiert. In Kapitel D werden die politischen Handlungsalternativen, mit denen die SPD versuchte, den Nationalsozialismus aktiv zu bekämpfen, dargelegt. In Kapitel E werden schließlich die Ergebnisse dieser Seminararbeit kurz zusammengefasst.

B. Die SPD in der Weimarer Republik

Die SPD ist eine der ältesten Parteien Deutschlands. Ihre Vorläuferorganisationen, der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, gründeten sich bereits 1863 respektive 1869. 1875 erfolgte die Vereinigung zur Sozialistischen Arbeiterpartei. Während der Jahre 1878 bis 1890 kämpfte die Sozialdemokratie gegen ihre politische Unterdrückung durch das „Sozialistengesetz“. Nach dessen Aufhebung erfolgte noch im gleichen Jahr die Neugründung als Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) auf der Basis des marxistischen Erfurter Parteiprogramms.

Die Sozialdemokratie beheimatete unterschiedliche sozialistische Strömungen, von den gemäßigten Gewerkschaftern (Revisionisten) bis hin zu den revolutionär eingestellten Marxisten. Diese Flügel brachen mit Beginn des 1.Weltkriegs und der Annahme der Kriegskredite im Reichstag auf. Im April 1917 spaltete sich die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD) ab. In den Revolutionswirren gründete sich Neujahr 1918/19 die KPD als Zusammenschluß der extremen, revolutionären Linken. Die politische Anerkennung erhielt die SPD erst mit dem für das Deutsche Reich zunehmend aussichtsloser werdenden Kriegsverlauf. Mit Friedrich Ebert stellte die SPD den letzten Reichskanzler des Kaiserreichs. Dieser nahm im Rat der Volksbeauftragten während und nach der Revolution von 1918/19 darüber hinaus die entscheidenden Weichenstellungen für die Weimarer Republik vor. Die SPD kann somit als Gründungspartei der ersten demokratischen Staatsordnung in Deutschland bezeichnet werden.

I. Struktur und Wesen der Weimarer SPD

Die SPD war die erste Massenpartei im Weber’schen Sinn: Sie verfügte bereits seit dem Kaiserreich über einen straffen und gut gegliederten Funktionärsapparat, der das Parteileben auch zwischen den Wahlperioden organisierte[1]. Die Fluktuation der Mitglieder war gering. Im Durchschnitt waren etwa 50% der Sozialdemokraten länger als fünf Jahre in der Partei[2].

Durch die Übernahme der Verantwortung für den Staat nach dem 1.Weltkrieg wurde die SPD zur Verfassungspartei und zunächst auch zur Regierungspartei (Beteiligung an den Koalitionen im Reich und in den Ländern)[3]. Sie handelte verantwortlich für den Staat ein und setzte auf innen- wie außenpolitische Reformen, die die Lage des deutschen Volkes nach dem verlorenen 1.Weltkrieg verbessern sollten[4]. Seit 1930 war sie dann zunehmend die einzige Partei, die vorbehaltlos für die Weimarer Republik und deren demokratische Werte eintrat[5].

Innerhalb der Partei bildeten die gewerkschaftsnahen Kräfte eine starke und oftmals ausschlaggebende Lobby bei politischen Entscheidungen[6].

Stark mit ihren Traditionen verwurzelt, sah sich die Sozialdemokratie nach wie vor als eine Klassenpartei, die in erster Linie die Interessen der Arbeiterschaft wahrzunehmen hatte. Allerdings gehörten bereits in der Vorkriegszeit rund 10% der Mitglieder nicht der Arbeitnehmerschaft an. 1930 setzte sich die Partei zu 60% aus Arbeitern, zu 10% aus Angestellten, zu 3% aus Beamten und zu rund 17% aus Hausfrauen zusammen. Auch die sozialdemokratische Wählerschaft bestand nicht ausschließlich aus Arbeitern. Bereits zu Beginn der dreißiger Jahre generierte sich ein erheblicher Teil der Stimmen aus dem bürgerlichen Lager. Die Partei konnte somit also nur in einem weiten Sinne als „Arbeiterpartei“ gelten. Gleichzeitig lässt sich feststellen, daß die SPD für die jüngere Generation keine attraktive Partei war: 1930 waren weniger als 10% der Parteimitglieder unter 25Jahre alt.[7]

II. Probleme der Weimarer SPD

Obwohl sie in Deutschland die Demokratie erkämpft hatte und sich diesem Ziel verpflichtet fühlte, entzogen die Bürger der Partei von Wahl zu Wahl mehr das Vertrauen: Ihr Stimmenanteil bei den Reichstagswahlen fiel von 37,9% im Januar 1919 auf 20,4% im November 1932. Diese Einbußen sind nicht nur auf ein allgemein nachlassendes Interesse an den häufigen Wahlen zurückzuführen, sondern vielmehr auch Ausdruck für die problematische Lage, in der sich die SPD am Ende der Weimarer Republik befand.

Das Hauptproblem der Sozialdemokratie bestand im Auseinanderfallen zwischen dem theoretischen Anspruch des Parteiprogramms und der tatsächlichen, tagespolitischen Handlungsweise der verantwortlichen Politiker[8]. War das Programm noch von klaren marxistischen Dogmen mit der Hoffnung auf die Revolution des Proletariats geprägt, so konzentrierte sich das konkrete Handeln auf das jeweilig politisch Machbare. Dazu gehörte auch die Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Lager und die Anerkennung der kapitalistischen Wirtschaftsform. Der Organisationsapparat der SPD erwies sich als träges Instrument, das nur langsam auf die einsetzenden Wandlungs- und Umorientierungsprozesse in der Parteiideologie reagierte[9]. In den Augen vieler Wähler und Mitglieder büßte die Sozialdemokratie mit dieser „doppelgleisigen“ Strategie zwischen Tradition und Anpassung ihre Glaubwürdigkeit ein.

Die realpolitische Grundhaltung der sozialdemokratischen Politiker führte innerhalb der Partei zu einer „politischen Erstarrung“: Es fehlte an gestalterischem Weitblick und dem Wunsch, größere Veränderungen im Staatswesen vorzunehmen. Stattdessen begnügte man sich mit kleinen Erfolgen und überschätzte den Widerstand des Gegners bei der Durchsetzung eigener Ziele[10]. Die Überzeugungskraft der Partei wurde durch diese Haltung eingeschränkt.

Zudem hatte die Partei keine charismatische, jüngere Führungspersönlichkeit. Die politische Elite der SPD wurde als sehr nüchtern und bieder empfunden[11]. Die Sozialdemokratie war zu sehr den Traditionen der Aufklärung verpflichtet, um den neuen „Trend der Zeit“ für politisches Pathos und Ausstrahlungskraft zu erkennen.

Hinzu kam, daß die SPD in der Bevölkerung als „Vollstrecker der Niederlage“[12] des 1.Weltkriegs angesehen wurde. Nicht wenige ihrer führenden Politiker, darunter auch der langjährige Parteivorsitzende und erste Reichspräsident Friedrich Ebert, wurden in massiver Weise persönlich angegriffen und verunglimpft. Der SPD gelang es im Gegenzug nicht, die wieder lautstark agierenden nationalen Kräfte des gestürzten monarchischen Systems als Schuldige an der Misere zu entlarven[13].

C. Die SPD und ihre Beurteilung des Nationalsozialismus’

Die deutsche Sozialdemokratie hat sich intensiver als jede andere politische Gruppierung mit dem Faschismus/Nationalsozialismus auseinandergesetzt[14].

Eine anfängliche Betrachtung begann für die SPD bereits mit dem Aufstieg Mussolinis in Italien. Die ausgedehntere Untersuchung des Nationalsozialismus, seiner Chancen und seiner Ziele, setzte dann spätestens mit dem Wahlsieg der NSDAP bei den Reichstagswahlen vom 14.09.1930 ein. In diesen sog. „Erbitterungswahlen“ erreichte die NSDAP bei einer hohen Wahlbeteiligung von rund 82% einen Stimmenanteil von 18,3%. Sie verbesserte damit ihr Ergebnis gegenüber der letzten Reichstagswahl (20.05.1928) um etwa 16 Prozentpunkte und wurde zweitstärkste Fraktion. Die SPD verlor fünf Prozentpunkte, blieb mit 24% aber stärkste Fraktion, die KPD erreichte einen Zuwachs von fast drei Prozentpunkten auf 13,1%.

[...]


[1] Neumann, Sigmund (Parteien der Weimarer Republik, Stuttgart et al. 2 1970), S. 34

[2] Neumann (Parteien, 1970), S. 35

[3] Grebing, Helga (Die deutsche Arbeiterbewegung, Mannheim 1993), S. 39

[4] Neumann (Parteien, 1970), S. 30

[5] Grebing (Arbeiterbewegung, 1993), S. 47

[6] Neumann (Parteien, 1970), S. 36

[7] Neumann (Parteien, 1970), S. 32, 33, 36

[8] Neumann (Parteien, 1970), S. 31 u. 39

[9] Grebing, Helga (Sozialdemokratische Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus 1924 - 1933, Essen 1990), S. 244

[10] Neumann (Parteien, 1970), S. 32

[11] Neumann (Parteien, 1970), S. 35

[12] Winkler, Heinrich August (Der Weg in die Katastrophe. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1930–1933, Berlin/Bonn 1987), S. 206

[13] Grebing (Arbeiterbewegung, 1993), S. 40

[14] Grebing (Nationalsozialismus, 1990), S. 242

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Auseinandersetzung der SPD mit dem Nationalsozialismus
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Historisches Institut)
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V14387
ISBN (eBook)
9783638198035
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auseinandersetzung, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
Monika Goerke (Autor:in), 2000, Die Auseinandersetzung der SPD mit dem Nationalsozialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14387

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