Atomenergie und Klimawandel

Eine philosophische Untersuchung


Seminararbeit, 2009

15 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


1. Einleitung

Der fundamentale Konflikt um die Atomenergie ist fast so alt wie ihre kommerzielle Nutzung. Die globale Erwärmung ist eine der gröBten Bedrohungen des 21. Jahrhunderts. Die umfangreichen Forschungen auf diesem Gebiet zeigen immer deutlicher, dass erhebliche Emissionsreduktionen notwendig sind, wenn die Auswirkungen dieser Klimaveränderung auf ein noch tolerierbares MaB begrenzt werden sollen.

Für eine ambitionierte Klimapolitik ist vor allem der Energiesektor von groBer Bedeutung. Die Klimaerwärmung und die Endlichkeit fossiler Brennstoffe können die groBen Sicherheitsprobleme der Kernenergie jedoch nicht verdrängen. Der Diskurs umfasst das Problem unterschiedlicher Risikostrukturen und die Frage nach deren Auswirkungen für die menschliche Gesundheit und die Okosysteme.

In dieser Arbeit wird das Konfliktfeld, Klimawandel und Atomenergie, aus einer moralphilosophischen Sichtweise beleuchtet. Zunächst wird der Begriff Ethik eingeordnet und abgegrenzt, sowie im Folgenden die sich daraus ergebenen Konzepte einer Umweltethik vorgestellt. Welche spezifischen Sicherheitsprobleme sind mit Atomkraftwerken verbunden? Wie geht die Politik mit diesen Risikostrukturen um? Welche Konzepte gibt es diese zu Kategorisieren? Welche Konzepte gibt es für die Endlagerung radioaktiver Abfälle? Diese Fragen sollen darauf abzielen, inwieweit die Atomenergie eine Antwort auf die Herausforderungen des Klimaschutzes bietet und das AusmaB und deren Folgen für künftige Generationen zu begrenzen.

Um einen Einblick in das sehr Komplexe Feld der Atomenergie zu gewinnen, wird der Schwerpunkt dieser Arbeit auf die Sicherheitsfaktoren, den Umgang mit diesen Risikostrukturen und dem groBen Konfliktfeld der Endlagerung radioaktiver Abfälle gesetzt.

2.Zum Gegenstand der Ethik

Für die folgende Arbeit ist eine Unterscheidung der Begriffe der Moral, Ethos und Ethik zunächst von grundlegender Bedeutung.

2.1 Moral, Ethos und Ethik

Der Begriff Moral (lat. mores: Sitten) bezeichnet was von der Gesellschaft als richtiges Handeln angesehen wird. Gemeint sind hier geltende Positionen einer Gemeinschaft gegenüber einem Individuum, einer Gruppe oder auch ganzer Kulturkreise, die das Verhalten der jeweiligen Menschen zu deren Mitmenschen und der Natur betreffen. Die Positionen beinhalten zusätzlich zu den Erwartungen auch Forderungen die erfüllt oder auch enttäuscht werden können. Die Moral des Menschen wird vermittelt durch das „Aufwachsen in der entsprechenden Gruppe, durch Vor- und Nachmachen" (Höffe 2008, S. 211), sowie durch die Festigung persönlicher Haltungen entsprechend der Billigung und Missbilligung anderer Personen. Höffe sieht hier eine Gefahr in der eigenen Moral in Abgrenzung der Moral zu anderen Kulturkreisen (vgl. Höffe 2008, S. 211).

Der Ausdruck Ethos (gr. ethos: Eigenart, Gewohnheit) bezeichnet die dem einzelnen prägende Lebensgewohnheit. Laut Bernhard Irrgang bezeichnet Ethos die Haltung einer Person bei der die sozialethische Lebensform und Wertehaltung im Mittelpunkt steht. Ethos wird durch Vernunft, Gewohnheit und Anpassung ausgebildet und gefestigt (vgl. Irrgang 1992, S. 10).

Die durch Sprache vollzogene, wissenschaftliche Reflexion von Moral und Ethos „mit dem Ziel, Verhaltensvorschriften, sittliche Verpflichtungen und Handlungsregeln für Entscheidungen argumentativ auszuweisen und zu rechtfertigen" (Irrgang 1992, S. 11), ist die Ethik. Die Ethik als philosophische Disziplin findet seine Ansätze bereits in der Antike. Geprägt wurde der Begriff von Aristoteles:

Er bezeichnet mit dem Wort 'ethische Theorie', kurz mit 'Ethik' die Wissenschaft, die das Problem reflektiert, welches von Sokrates und Platon in der Auseinandersetzung mit der Sophistik aufgeworfen wurde. Es besteht darin, da die Legitimierung der Sitte und die Rechtfertigung der Institutionen der griechischen Polis durch die Herkunft von den Vätern, also durch Tradition, nicht mehr trägt bzw. befolgt wird und fragwürdig geworden ist.

(Irrgang 1992, S.11)

Gegenstand der Ethik ist daher die Herausarbeitung von Normen und Werten, mit dem Ziel diesen den Status von Allgemeingültigkeit zu verleihen. Die Ethik als eine philosophische Disziplin stellt Fragen wie in speziellen Situationen gehandelt werden soll. Mit Hilfe einer sprachlichen Reflexion unter Einbezug der Umstände und aller möglichen Aus wirkungen soll dem Menschen geholfen werden, sich in bestimmten Situationen richtig zu verhalten. Es gibt allerdings keine allgemeingültigen Prinzipien, da die jeweiligen spezifischen Faktoren unterschiedliche Folgen haben können. So nehmen empirische Untersuchungen einen zentralen Platz in der Moralphilosophie ein.

Moralisches Verhalten ist unbewusstes Verhalten und wirkt sich als regulierende Instanz bereits im vorsprachlichen Alter auf unser Verhalten aus, woraus sich der Unterschied zur Ethik ergibt, da diese ein durch Sprache vollzogener Reflexionsprozess ist (vgl. Gebauer 2008).

3. Konzepte der Umweltethik

Es werden verschiedene Disziplinen der Ethik unterschieden, wie beispielsweise die Umweltethik. Die Umweltethik beschäftigt sich mit den menschlichen Handlungen, die den gemeinschaftlichen Bereich der Natur und der Umwelt betreffen. Otfried Höffe sieht den philosophischen Schwerpunkt von aktuellen Umweltproblemen folgendermaßen:

[...] neben der mit ihnen verbundenen Beeinträchtigung unmittelbar Betroffener ihre räumlichen u. zeitlichen Fernwirkungen ebenso wie ihre teils sichere, teils mögliche Irreversibilität; zum zweiten die Entwicklung u. Rechtfertigung von Verfahren vernünftiger Bewertung von Techniken mit hohen Umweltrisiken (nach Gesichtspunkten des Schadenspotentials, der Eintrittswahrscheinlichkeit, der psychologischen Wirkung des Bestehens von Katastrophenrisiken etc.); schließlich die Frage nach der geeigneten institutionellen Form politisch u. moralisch akzeptabler Entscheidungsfindungen.

(Höffe 2008, S. 321)

Innerhalb der Ethik und in ihrer jeweiligen Anwendung kann man in unterschiedliche Konzepte unterscheiden. In der Umweltethik findet man die anthropozentrischen, pathozentrischen, biozentrischen und physiozentrischen Konzepte.

3.1 Anthropzentrische Konzepte

Die anthropozentrischen Konzepte sehen den Menschen nur sich selbst gegenüber moralisch verpflichtet. Diese teilt sich auf zum einen in die prinziporientierte Anthropozentrik deren Hauptargument es ist, dass der Mensch sich durch anthropologische Merkmale von der Natur divergent wahrnimmt. Hierzu zählen etwa Fähigkeiten wie Empathie und Reflexion, die den Menschen dazu befähigen durch sprachliche Reflexion und Abwägungen frei zu handeln. Eine Verantwortung als Pflicht der Natur gegenüber ergibt sich aus dem Gefühl des eigenen physischen Bewusstseins. Den zweiten Teil stellt die situationsorientierte Anthropozentrik, in denen der Mensch als handelndes Objekt stets in bestimmten Situationen auftritt. Der Mensch erkennt das Ausma? seiner Handlungen woraus sich eine moralische Verantwortung gegenüber folgenden Generationen ergibt (vgl. Gebauer 2008). Im Besonderen der Aspekt einer utilitaristischen Bewertung ist hier zu berücksichtigen. So stehen vor allem Zukunftsaspekte im Zentrum dieser Ethik, wobei eine zukünftige Grenze der Verantwortung gegenüber den Generationen schwer zu bestimmen sei (vgl. Irrgang 2002, S. 70).

3.2 Pathozentrische Konzepte

Die pathozentrischen Konzepte entstehen aus den moralischen Pflichten des Menschen allen Leid beziehungsweise Schmerz empfindenden Lebewesen gegenüber. Sie sieht demnach den Menschen gegenüber den Tieren zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet.

Der angeführte Grund ist hierfür, dass alle Schmerz empfindenden Lebewesen ein Recht darauf haben, ohne Schmerz und ohne Leid zu leben. Das moralische Gefühl erwachst aus der Pflicht zur Gleichbehandlung aller Schmerz empfindenden Lebewesen (Gebauer 2008, S. 1). Das Problem dieser Ethik ist es, dass wir Gefühle und Verhaltensweisen von anderen Menschen aufgrund unserer subjektiven Erfahrungen nachempfinden können. Wir können hingegen Leid und Schmerz bei Tieren feststellen und wahrnehmen, jedoch treten Falle auf, „[...], dass sie in manchen Fallen trotz körperlicher Verletzungen nicht leiden." (Irrgang 2002, S. 73). Bernhard Irrgang beschreibt das Problem in der mangelnden Kompetenz, Signale die Schmerz, Leid und auch Lust ausstrahlen richtig zu interpretieren (vgl. Irrgang 2002, S.73).

Kritik die sich zudem ergibt, ist das die Zuschreibung von Rechten die Wahrnehmung von diesen, sowie die Obernahme von Verantwortung voraussetzt. Nach diesem Grundsatz müssten Tiere wie auch Menschen für ihre Handlung Verantwortung übernehmen (vgl. Gebauer 2008).

3.3 Biozentrische Konzepte

Vertreter der Biozentrik hingegen verpflichten sich moralisch gegenüber der gesamten belebten Natur. Diese Sichtweis]e erwachst aus dem Grundsatz der Gleichheit aller Lebewesen und daraus folgend aus der völligen Gleichbehandlung. Diese Strömung nimmt Rücksicht auf alle Formen des Lebens ohne diese nach Stellenwert einzuteilen und demnach den Lebewesen unterschiedliche Rechte und Pflichten einzuraumen (vgl. Gebauer 2008). Das Kriterium dieser Sichtweise beinhaltet, dass „bei Saugetieren ein relativ komplexes Bewusstseinsleben anzunehmen" (Irrgang 2002, S.72) sei. Der Unterschied im Bewusstseinsleben der Lebensformen von Mensch und Tier sei nicht essenziell (vgl. Irrgang 2002, S. 72). Auch Lebensnotwendige Bedürfnisse des Menschen aufiern sich in diesem Konzept, so seien Pflanzen dem Tier als Nahrung vorzuziehen, denn „deren Tötung sei sittlich nur erlaubt, wenn dies für unser Uberleben notwendig sei". (Irrgang 2002, S. 73). Das Konzept kann jedoch keine Begründung einer Ethik sein, da die oben beschriebene Kongruenz der Lebewesen vom Menschen vollzogen wird. Aus dieser Voraussetzung ergibt sich jedoch bereits eine Asymmetrie der Lebewesen, woraus sich ein Widerspruch ableiten lasst (Gebauer 2009, S. 2). Das hier im Zentrum stehende Gefühl der Ehrfurcht, „ist zudem eigentlich eine religiöse, zumindest keine spezifisch sittliche Grundhaltung." (Irrgang 2002, S. 73) .

3.4 Physiozentrische Konzepte

Den umfangreichsten Schutz der Natur bietet das physiozentrische Konzept, da es den Menschen zu moralischen Verpflichtungen der gesamten Natur gegenüber verpflichtet. Der Mensch erfahrt die Natur nicht nur als ihn umgebene Welt, sondern als Teil der eigenen. Hieraus ergibt sich, dass die Natur kein Opfer von Ausbeutung und industrieller Nutzung sein darf.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Atomenergie und Klimawandel
Untertitel
Eine philosophische Untersuchung
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Philosophie)
Veranstaltung
Umweltethik
Note
1.3
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V143464
ISBN (eBook)
9783640543878
ISBN (Buch)
9783640544394
Dateigröße
551 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Atomenergie, Klimawandel, Eine, Untersuchung
Arbeit zitieren
Thimo Gawlik (Autor:in), 2009, Atomenergie und Klimawandel , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143464

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