„Die Heilung eines Besessenen in der Synagoge von Kafarnaum“

Eine semiotische Proseminararbeit zu Mk 1,21-28


Seminararbeit, 2008

43 Seiten, Note: 14 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Textkritik
2.1 Mk 1, 21
2.1.1 Problembeschreibung
2.1.2 Äußere Textkritik
2.1.3 Innere Textkritik
2.1.4 Gesamturteil
2.1.5 Gegenprobe
2.2 Mk 1, 25
2.2.1 Problembeschreibung
2.2.2 Äußere Textkritik
2.2.3 Innere Textkritik
2.2.4 Gesamturteil
2.2.5 Gegenprobe
2.3 Mk 1, 26
2.3.1 Problembeschreibung
2.3.2 Äußere Textkritik
2.3.3 Innere Textkritik
2.3.4 Gesamturteil
2.3.5 Gegenprobe
2.4 Mk 1, 27
2.4.1 Problembeschreibung
2.4.2 Äußere Textkritik
2.4.3 Innere Textkritik
2.4.4 Gesamturteil
2.4.5 Gegenprobe

3. Intratextuelle Analyse
3.1 Textpartitur
3.1.1 Auswertung
3.2 Syntagmatische Analyse
3.2.1 Syntagmatik des Mikrotextes
3.2.2 Syntagmatik des Makrotextes
3.2.3 Ergebnis der syntagmatischen Analyse
3.3 Semantik
3.3.1 Semantik des Mikrotextes
3.3.2 Semantik unter Berücksichtigung des Makrotextes
3.3.3 Enzyklopädische Semantik
3.4 Pragmatik
3.4.1 Reflexion zu den bisherigen Arbeitsschritten
3.4.2 Die Ideologie des Textes
3.4.3 Evaluation des Textes

4. Zusammenfassende Interpretation des Textes

5. Übersetzung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Eine semiotische Lektüre beruht auf einer ethischen Entscheidung: sie möchte die

Andersheit des Anderen respektieren. Ein Text ist ein Gegenüber, das ich nicht

selbst bin. Positiv formuliert beruht eine semiotische Lektüre auf der Erwartung,

dass ein Text etwas sagen kann, was ich mir nicht selbst sagen kann. Der Respekt vor

dem Anderen weckt das Begehren nach seiner Botschaft.“[1]

Für diese exegetische Proseminararbeit habe ich mich für die Methode der semiotischen Exegese entschieden. In einem anderen bibelwissenschaftlichen Seminar hatte ich diese Methode bereits in einigen ihrer Teilbereiche kennen lernen dürfen und war sehr erfreut als ich erfuhr, dass ich auch in diesem Seminar mit ihr würde arbeiten können. Ich finde es spannend meine eigenen Erfahrungen mit einem Text machen zu dürfen. Die Suche danach, was der Autor eigentlich mit seinem Text sagen wollte, halte ich persönlich für wenig sinnvoll, da ich niemals mit endgültiger Sicherheit sagen könnte, was die Intentionen des Autors waren. Gerade was die exegetische Arbeit mit der Bibel anbelangt, ist oftmals noch nicht einmal geklärt, wer denn nun überhaupt der Autor war, wie sollte ich also wissen, was er im Sinn hatte, als er den Text schrieb.

In der semiotischen Exegese zählt auch mein Interpretationsansatz beziehungsweise die Konstruktion, die ich mit den verschiedenen Methodenschritten schaffe. Ich stehe nicht „außerhalb des Textes, sondern gehöre zu den Zeichenprozessen unhintergehbar dazu“[2]. Hier gibt es nicht nur ein Wirklichkeitsverständnis, das es für mich zu „erraten“ oder exakt zu rekonstruieren gilt. Mir gefällt die Idee, den Text als Konstruktion einer fremden Welt und Wirklichkeit anzusehen, ihn auf seine Besonderheiten hin zu untersuchen und schließlich auch so zu verstehen und zu deuten.

Ich habe mich bewusst für eine Perikope[3] entschieden, in der es um Wunder oder besser gesagt um eine Wundertat Jesu geht. Wunder kennen wir in unserer alltäglichen Welt nicht oder sind sehr selten bereit daran zu glauben. Will man sich nun also auf eine Erzählung aus einer vergangenen Zeit einlassen, eignet sich eine Wundergeschichte meines Erachtens nach am ehesten. Denn hier bin ich von der Handlung her schon darauf angewiesen zu vergessen was ich (über naturwissenschaftliche Gesetze) gelernt habe und damit trete ich der Geschichte einen Schritt entgegen und öffne mich ihr. Dies ist die Grundlage für die semiotische Exegese.

Gerade für mich als angehende Religionslehrerin ist die semiotische Exegese ein möglicher und aussichtsreicher Weg, meine zukünftigen Schüler für die Thematik zu begeistern. Ich kann den Schülern zeigen, dass es in der Bibel nicht nur ein Wirklichkeitsverständnis gibt.

Antike Bibelerfahrungen haben mit den aktuellen Schülererfahrungen und -bedürfnissen nichts mehr zu tun. Wenn die Schüler aber die Möglichkeit haben, in diese fremden Welten einzutauchen und sie selbst zu ergründen und zu erfahren, kann ihr Interesse langfristig geweckt werden. Denn umso mehr sie in der Bibel lesen, desto mehr machen sie sich mit dieser ihnen fremden Welt vertraut. Dadurch hört der Prozess des Lernens nicht auf und kann sie wie ein roter Faden durch ihre ganze Schulzeit (oder wünschenswerterweise auch durch ihr ganzes Leben) begleiten. Ihr Wissensstand wird sich auf diese Weise in den Jahren verändern und erweitern, so dass sie sich die gleichen Texte aus verschiedenen Perspektiven immer wieder neu aneignen können.

2. Textkritik

In einer exegetischen Arbeit bildet die textkritische Analyse der Perikope den Ausgangspunkt. Theologisch muss bei einer solchen Arbeit bedacht werden, dass das griechische Neue Testament ein Forschungskonstrukt ist und nicht als vollständig überlieferte Version betrachtet werden kann und darf. Es bezieht seinen Inhalt aus Abschriften späterer Überlieferungen, den so genannten Textzeugen. Diese sind zum Beispiel Papyri, Majuskeln, Minuskeln, Lektionarien, Übersetzungen und Kirchenväter. Diese Überlieferungen sind erst viele Jahre/Jahrhunderte nach Entstehung des Originaltextes erschienen[4], weshalb ihnen, in der Regel nach Entstehungsdatum, verschiedene Gewichtungen beigemessen werden.

„Textkritik hat also die Aufgabe, die im Verlauf der Textgeschichte unterlaufenen Fehler und Veränderungen ausfindig zu machen, um nach Möglichkeit den ursprünglichen Text zu rekonstruieren.“[5] Es ist die Aufgabe des Exegeten an dieser Stelle herauszufinden, was dem Wortlaut und der Schreibweise des Ursprungstexts entsprechen könnte.

Dabei folgt er verschiedenen Methodenschritten. Zunächst wird das Problem beschrieben, welches daraus entsteht, dass es unter den Textzeugen verschiedene Varianten einer Textstelle gibt. Diese werden hier benannt. Im nächsten Schritt folgt die äußere Textkritik. An dieser Stelle wird der textkritische Apparat aufgelöst[6] und dabei die „Qualität“ und die Anzahl der Zeugen untersucht und eine erste Schlussfolgerung gezogen. Daran schließt sich der Schritt der inneren Textkritik an, in dem geklärt werden soll, woher die Abweichungen kommen könnten[7] oder welche der Varianten an dieser Stelle am plausibelsten erscheint. Hier folgt der Exeget nicht zwingend, aber häufig der Grundregel: Die kürzeste Lesart ist die bessere Lesart („lectio brevior“) oder die schwierigere Lesart ist die bessere („lectio difficilior“). Nach diesem Schritt wird auch hier wieder eine kurze Schlussfolgerung gezogen. Im Folgenden wird ein Gesamturteil gefällt, in welchem die Schlussfolgerungen einander gegenübergestellt und abgewogen werden. Weicht das Urteil der beiden voneinander ab, muss der Exeget entscheiden, welchem Urteil er einen höheren Wert beimisst. Hier gilt der Grundsatz, dass das Ergebnis der äußeren Textkritik höher gewichtet wird, als das der inneren. Zum Abschluss wird eine Gegenprobe durchgeführt, in der versucht wird zu klären, wie die unwahrscheinlichere Lesart aus der wahrscheinlicheren beziehungsweise ursprünglichen entstanden sein könnte.

Im Anschluss werden nun vier textkritische Probleme der Bibelstelle Mk 1,21-28 aufgezeigt und bearbeitet.

2.1 Mk 1, 21

Kai. eisporeúvontai eij Kafarnaoúm kai. eúqùj toij sabbasin eivselqw.n eivj th.n sunagwgh.n evdi,dasken)

2.1.1 Problembeschreibung

Lesart (a) nach Nestle/Aland[8]: eivselqw.n eivj th.n sunagwgh.n evdi,dasken

Übersetzung: Er ging in die Synagoge hinein und begann zu

lehren

Für diese Stelle gibt es weitere Lesarten, nämlich:

Lesart (b): eivselqw.n evdi,dasken eivj th.n sunagwgh.n

Übersetzung: Hineinkommend lehrte er in die Synagoge

Lesart (c): eivs th.n sunagwgh.n auvtw/n evdi,dasken

In ihrer Synagoge lehrte er

2.1.2 Äußere Textkritik

Textzeugen für Lesart a sind:

Majuskel A (02) (Codex Alexandrinus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie III, 5. Jhd.)[9] Majuskel B (03) (Codex Vaticanus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 4. Jhd.)

Majuskel W (032) (Codex Freerianus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie III, 5. Jhd.) Minuskelgruppe f1 (Lake-Gruppe, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie III, 10./11. Jhd.) Minuskel 2427 (ständiger Zeuge erster Ordnung, Kat I, 14. (?) Jhd.)

Mehreitstext

t (alte Übersetzung des Neuen Testaments, 5./.6. Jhd.)

syh (Bearbeitung des syrischen Textes durch Thomas von Harkel)

Textzeugen für Lesart b sind:

Majuskel א (01) (Codex Sinaiticus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 4 Jhd.)

Majuskel L (019) (Codex Regius, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie II, 8. Jhd.)

Minuskelgruppe f13 (Ferrar-Gruppe, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie III, 10./11.Jhd.)

Minuskel 28 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 11. Jhd.)

Minuskel 565 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 9. Jhd.)

pc (wenige andere Handschriften), sams (zwei oder mehr sahidische Handschriften)

Or (Kirchenvater Origenes † 254)

Textzeugen für Lesart c:

Majuskel D (037) (Codex Sangallensis, ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 9. Jhd.).

Da Lesart a durch die Majuskelkodizes Vaticanus und Alexandrinus, die der alexandrinischen Textfamilie angehören, bezeugt werden und diese unter allen Textzeugen für diese Stelle qualitativ am höchsten zu bewerten sind, scheint Lesart a nach einer ersten äußeren Textkritik die wahrscheinlichste der Lesarten zu sein, da ihr die älteste bezeugte Quelle zugrunde liegt.

2.1.3 Innere Textkritik

Eine beträchtliche Änderung des Sinngehaltes von Mk 1,21 entstünde durch Lesart b.

Hier wird das Verb evdi,dasken vor den Präpositionalausdruck eis th.n sunagogh.n gestellt.

Die syntagmatischen und grammatikalischen Mängel lassen sich aber dadurch erklären, dass die Präposition eivj in Verbindung mit einem Akkusativ immer einen Lokalsatz nach sich zieht, also eine Antwort auf die Frage „wohin“ gibt.

Ein möglicher Grund für diese abweichende Lesart könnte ein schlichter Fehler beim Abschreiben des Textes gewesen sein, wie das in der Textgeschichte über die Jahrhunderte immer wieder vorgekommen ist. Damit wäre die Veränderung unbeabsichtigt.

Der Sinngehalt der Lesart nach Nestle/Aland wird bei Lesart c hingegen kaum verändert. Hier fand eine Auslassung des Partizips eivseltw.n statt und das Pronomen auvtw/n wurde hinzugefügt. Im Gegensatz zu Lesart a wird hier nicht beschrieben, wie Jesus ihre Synagoge betritt („lectio brevior“). In Lesart a wird hingegen dargestellt, wie Jesus in die Synagoge kommt, bevor er anfängt zu lehren („lectio difficilior“).

Bei Lesart c liegt also das Hauptaugenmerk auf dem Lehren und es wird explizit darauf hingewiesen, dass es ihre Synagoge war. Damit kommt Jesus eine Außenseiterrolle zu was einen stilistischen Grund haben könnte. So wird für den Leser klargestellt, dass Jesus die Synagoge gerade erst betreten hat. Dies lässt die Vermutung zu, dass die Gemeinde bereits versammelt war und Jesus erst später dazu kam und dann anfing zu lehren. Auch ein theologisch motivierter Grund ist hier denkbar. Jesus kommt in diese Synagoge, um in einer fremden Gemeinde zu lehren. Hier steht nicht im Vordergrund, dass er die Synagoge betritt, sondern dass er das Wort Gottes den Menschen dort näher bringen möchte.

Aber auch eine unbeabsichtigte Veränderung wäre hier denkbar. Es könnte sich, so wie in Lesart b, auch hier um einen Fehler handeln, so wäre hier anstelle von „eivselqw.n“ „auvtw/n“ geschrieben worden.

Nach der inneren Textkritik, kann keine eindeutige Schlussfolgerung darüber gezogen werden, welche der Lesarten a und c wahrscheinlicher die Ursprüngliche ist.

2.1.4 Gesamturteil

An dieser Stelle findet die Regelung Anwendung, dass die äußere Textkritik mehr Gewicht hat als die Innere. Die innere Textkritik konnte zu keinem klaren Urteil darüber kommen, welche der Lesarten die ursprüngliche war. Deshalb wird hier der äußeren Textkritik Vorrang gegeben und Lesart a als die wahrscheinlichste betrachtet.

2.1.5 Gegenprobe

Lesart b scheint auf Grund eines Fehlers in der Abschrift entstanden zu sein und damit unbeabsichtigt von Leasart a abzuweichen. Für Lesart c lässt sich nicht endgültig klären, ob die Veränderung stilistisch und/oder theologisch begründet werden kann oder ob es sich auch hier um einen Schreibfehler handelt. Beide Begründungen schließen aber nicht aus, dass Lesart a die ursprüngliche ist und Lesart c aus ihr entstanden ist.

2.2 Mk 1, 25

Kai. evpetimhsen auvtw/ ~o vIhsou/j le,gwn fimw,qhti kai. e;xelqe evx auvtou/)

2.2.1 Problembeschreibung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.2 Äußere Textkritik

Textzeugen für Lesart a sind:

Majuskel א (01) (Codex Sinaiticus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 4 Jhd.)

Majuskel A (02) (Codex Alexandrinus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie III, 5. Jhd.) Majuskel B (03) (Codex Vaticanus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 4. Jhd.)

Majuskel C (04) (Codex Ephraemi rescriptus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie II, 5. Jhd.)

Minuskelgruppen f1.13 (Kategorie III, 10./11. Jhd.)

Koine und Or (den Kirchenvater Origenes († 254)).

Textzeugen für Lesart b:

Majuskel-Teilhandschrift D (05) (Codex Bezae Cantabrigiensis, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie (IV/I)[10], 5. Jhd.)

Majuskel W (032) (Codex Freerianus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie III, 5. Jhd.)

it (mehrere altlateinische Handschriften) und vgmss (einzelne abweichende Vulgatahandschriften)

Textzeugen für Lesart c:

Majuskel L (019) (Codex Regius – ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie II, 8. Jhd.)

Minuskel 33 (ständiger Zeuge erster Ordnung, Kateorie II, 9. Jhd.)

Minuskel 565 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 9. Jhd.)

Minuskel 579 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 13. Jhd.)

Minuskel 700 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 11. Jhd.)

Minuskel 892 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie II, 9. Jhd.)

Minuskel 1424 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 9./10. Jhd.)

Minuskel 2427 (ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 14. (?) Jhd.)

Minuskellektionar l 211 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, 10. Jhd.)

al (andere) und durch f (alte Übersetzungen des Neuen Testaments).

Obwohl die dritte Lesart durch seine hohe Anzahl von Textzeugen stärker bezeugt scheint, lässt sich durch die äußere Textkritik jedoch festhalten, dass Lesart a die wahrscheinlichere ist, da die Qualität der Zeugen höher anzusehen ist. Sie wird von wichtigeren Majuskelkodizes bezeugt. Bei der äußeren Textkritik ist es wichtig, die Zeugen abzuwägen und sie nicht anhand der Quantität zu bemessen.[11]

2.2.3 Innere Textkritik

In Lesart b wird der Besessene noch einmal genauer erwähnt, indem der Verfasser das Personalpronomen auvtou/ durch die längere Beschreibung tou/ avnqropou/ pneu/ma avka,qarton ersetzt. Dies kann aber als redundant betrachtet werden, da der Besessene mit a;nqrwpoj evn pneu,mati avkaqa,rtw bereits eingeführt wurde. Hier wäre eine theologische Motivation denkbar. Man kann in diesem Fall aber von einer „lectio difficilior“ sprechen, wenn man ihn mit den anderen beiden Lesarten vergleicht.

In Lesart c wurde lediglich eine kleine Veränderung vorgenommen. Die Präposition evx wurde durch avpV ersetzt. Hier scheinen stilistische Motive die Begründung für die Veränderung zu sein, denn so wird die Dopplung der Präposition evx in dem Satz vermieden.

Lesarten b und c können aufgrund der inneren Textkritik als die ursprünglicheren ausgeschlossen werden.

2.2.4 Gesamturteil

An dieser Stelle kommen äußere und innere Textkritik zu dem gleichen Urteil, dass die Lesart nach Nestle/Aland die ursprünglichere ist.

2.2.5 Gegenprobe

Es ist davon auszugehen, dass Lesart a die ursprünglichere ist, da Lesart b beabsichtigt aus stilistischen Gründen verändert wurde. Der Verfasser scheint seinen Schwerpunkt in diesem Satz noch einmal auf den Besessenen richten zu wollen. Auch Lesart c scheint aus stilistischen Gründen verändert worden zu sein.

2.3 Mk 1, 26

Kai. spara,xan auvto.n to. pneu/ma to. avka,qarton kai. Fwnh/san fonh// mega,lh evxh/lqen evx auvtou)

2.3.1 Problembeschreibung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3.2 Äußere Textkritik

Textzeugen für Lesart a:

Majuskel א (01) (Codex Sinaiticus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 4 Jhd.)

Majuskel B (03) (Codex Vaticanus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 4. Jhd.)

Majuskel L (019) (Codex Regius, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie II, 8. Jhd.)

Minuskel 33 (ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie II 9. Jhd.)

Minuskel 892 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie II, 9. Jhd.)

Minuskel 1241 (ständiger Zeuge zweiter Ordnung, Kategorie III, 12. Jhd.)

Minuskel 2427 (ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie I, 14. (?) Jhd.),

pauci (wenige andere Handschriften) und Or (dem Kirchenvater Origenes († 254)).

Textzeugen für Lesart b:

Majuskel A (02) (Codex Alexandrinus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie III, 5. Jhd.) Majuskel C (04) (Codex Ephraemi rescriptus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie II, 5. Jhd.) Majuskel Q ( 038) (Codex Coridethianus, ständiger Zeuge erster Ordnung, Kategorie II, 9.Jhd.) Minuskelgruppen f1.13 (Kategorie III, 10./11. Jhd.)

Mehrheitstext

Da Lesart a sowohl quantitativ als auch qualitativ am stärksten bezeugt wird[12], kann diese als die ältere und damit die ursprünglichere Lesart gesehen werden.

2.3.3 Innere Textkritik

In Lesart a kommt es zu einer Dopplung des Sinngehaltes, da der Verfasser fqnV/ megalV/ und fwnh/san schreibt. Es handelt sich hierbei also um eine Art von Tautologie. Bei Lesart b wird diese Dopplung weggelassen, indem das Verb fwnh/san durch kra/xan ersetzt wird. Hier scheint der Verdacht nahe zu liegen, dass es sich dabei um beabsichtigte stilistische Veränderungen handelt. Doch könnte es auch so gewesen sein, dass Lesart a aus Lesart b entstanden ist und der Verfasser von Lesart a sich bewusst dazu entschieden hat, hier eine Tautologie zu verwenden.

Durch die innere Textkritik ist es nicht möglich zu einem klaren Ergebnis darüber zu kommen, welche Lesart die ältere ist.

2.3.4 Gesamturteil

Da die äußere Textkritik zu dem Urteil kommt, dass Lesart a die wahrscheinlichere ist und nach der inneren Textkritik kein eindeutiges Urteil gefällt werden kann, ist Lesart a als die ursprünglichere anzusehen, da die äußere Textkritik in solch einem Fall stärker zu gewichten ist.

2.3.5 Gegenprobe

Lesart a scheint aus stilistischen Gründen in Lesart b verändert worden zu sein. Der Verfasser von Lesart b mag im Sinn gehabt haben, die Tautologie auszulassen und hat deswegen das Verb kravxan eingesetzt. Das Ergebnis dieser Vermutung stimmt auch mit dem Ergebnis der äußeren Textkritik überein, weshalb die Lesart nach Nestle/Aland als die wahrscheinlichere angesehen werden kann.

2.4 Mk 1, 27

Kai. evqambh,qhsan a[pavntej w[ste suzhtei/n pro.s e``autou.j le,gontaj ti, evstin tou/to* didach. kainh. kat’ evxousi,an kai. toi/j pneu,masi toi/j avkaqa,rtoij evpita,ssei( kai. u``pakou,ousin auvtw/)

[...]


[1] Alkier, S., Hinrichtungen und Befreiungen: Wahn-Vision-Wirklichkeit in Apg 12. Skizzen eines semiotischen Lektüreverfahrens und seiner theoretischen Grundlagen, in: S. Alkier/ R. Brucker (Hg.), Exegese und Methodendiskussion, TANZ 23, Tübingen/Basel 1998, S. 118.

[2] Ebd. S. 131

[3] Mk 1,21-28

[4] Das älteste ist Papyri 52 und entstammt dem 2. Jahrhundert (vgl. dazu Fenske, Wolfgang: Arbeitsbuch zur Exegese des Neuen Testaments – ein Proseminar (1999), S. 72).

[5] Ebd. S.77

[6] Als Hilfsmittel wird Das Neue Testament von Nestle/Aland, Griechisch und Deutsch, 27. Auflg verwendet

[7] Handelt es sich hierbei um beabsichtigte oder unbeabsichtigte Modifikationen

[8] Aland, Kurt und Nestle, Aland Neues Testament - Griechisch und Deutsch 27. Auflage, Stuttgart, 1984.

[9] Die Kategorie- und Codexangaben entstammen Aland, Kurt und Barbara, Der Text des Neuen

Testaments - Einführung in die wissenschaftliche Ausgaben und in die Theorie wie Praxis der modernen Textkritik, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1989.

[10] Dem Text nach Kategorie IV, der textkritischen Bedeutung nach Kategorie I

[11] Vgl. Aland, Der Text des Neuen Testaments. S. 284.

[12] Sie wird sowohl von der wichtigsten Majuskel dem Codex Sinaiticus als auch der Minuskel 33, der Königin der Minuskeln bezeugt, die Majuskel B sehr nahe steht.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
„Die Heilung eines Besessenen in der Synagoge von Kafarnaum“
Untertitel
Eine semiotische Proseminararbeit zu Mk 1,21-28
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
14 Punkte
Autor
Jahr
2008
Seiten
43
Katalognummer
V143455
ISBN (eBook)
9783640527373
ISBN (Buch)
9783640527298
Dateigröße
680 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Intratextuelle Analyse, Syntagmatik, Jesus, Vollmacht, Schriftgelehrte, Semantik (Mikro- und Makrotext), Enzyklopädische Semantik, Pragmatik, Textkritik (äußere und innere), Textpartitur, Modell narrativer Grammatik von Vladimir Propp, Motifem, Pneuma / Geist, unreiner Geist, Altgriechisch, Markusevangelium, Markus, Evangelium, Semiotik, Markus 1.21-28, Neues Testament, Exegese, Semiotische, Semiotische Exegese von Mk 1.21-28, Bibel
Arbeit zitieren
Sarah McCarty (Autor:in), 2008, „Die Heilung eines Besessenen in der Synagoge von Kafarnaum“ , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143455

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