Fahrradtourismus auf dem Donau-Radweg in der Region obere Donau in Baden-Württemberg

Akteure, Infrastruktur und Perspektiven aus dem Vergleich von 1997 und 2009


Diplomarbeit, 2009

127 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Zielsetzung

2 Räumliche Rahmenbedingungen
2.1 Untersuchungsregion Naturpark Obere Donau
2.1.1 Physiogeographischer und kulturräumlicher Rahmen
2.1.2 Touristische Potentiale, Angebot und Erschließung
2.2 Tourismus und Fahrradtourismus in Baden-Württemberg und Deutschland
2.2.1 Tourismus in Baden-Württemberg und im Naturpark Obere Donau
2.2.2 Bedeutung des Fahrradtourismus in Deutschland
2.2.3 Radfernwege von nationaler Bedeutung in Deutschland
2.2.4 Stellung Baden-Württembergs und des Donauradwegs im Fahrradtourismus
2.3 Kurze Angebotsanalyse: Der Donau-Radweg in Baden-Württemberg

3 Empirische Untersuchungen zur touristischen Nachfrage
3.1 Befragungsrahmen und -methodik
3.1.1 Zeitlicher und quantitativer Rahmen
3.1.2 Konzeption des Fragebogens
3.1.3 Auswahl der Befragten
3.2 Einteilung der Radfahrer nach Tourismusform
3.2.1 Klassifikation nach der Dauer des Aufenthalts
3.2.2 Gründe für die Klassifizierung
3.2.3 Mountainbike-Tourismus als Sonderfall
3.3 Entwicklung der Radfahrerzahlen auf dem Donauradweg seit 1997
3.4 Arten des Aufenthalts am Erholungsort und Herkunftsorte der Radfahrer
3.5 Zur Demographie: Gruppengröße, Alter und Bildungsstand
3.5.1 Gruppen und Einzelfahrer
3.5.2 Altersstruktur
3.5.3 Bildungsniveau
3.6 Anreise, Mobilität vor Ort und Unterkunftsklassen
3.6.1 Verkehrsmittelwahl für die Anreise
3.6.2 Nutzung des Naturpark-Express
3.6.3 Ansprüche an die Unterkünfte
3.7 Wiederholte Besuche und zurückgelegte Distanzen
3.7.1 Wiederholer und Wiederholungswünsche
3.7.2 Fahrtrichtung, Etappenpläne und Zielorte
3.8 Motive und Präferenzen in der Urlaubsregion
3.8.1 Persönliche Motive der Radfahrer
3.8.2 Merkmale des Erholungsgebietes
3.9 Erlangung der Aufmerksamkeit und Wege der Vorbereitung
3.10 Kritik und Verbesserungsvorschläge zum Angebot seitens der Radfahrer

4 Handlungsempfehlungen in Verknüpfung mit Theorie und empirischen Ergebnissen

5 Fazit

6 Literatur- und Quellenverzeichnis
6.1 Abbildungsverzeichnis

7 Anhang
7.1 Fragebogen des Geländepraktikums des Jahres 1997
7.2 Fragebogen für die eigenen Befragungen im Jahr 2009

1 Einleitung und Zielsetzung

Die Idee, die recht spezielle Richtung des Fahrradtourismus’ auf einem Abschnitt eines internationalen Radwanderweges geographisch mittels Befragungen zu untersuchen, mögliche Nachfrage-Veränderungen des vergangenen Jahrzehnts durch Vergleiche mit anderen Befragungen herauszufinden und im Hinblick auf Handlungsempfehlungen zu beschreiben, ist neben persönlichen Interessen des Autors das Ergebnis von Überlegungen, in welchem Raum und auf welchen Wegen am effektivsten Wandel und Bedürfnisse des wachsenden Zweiges des Fahrradtourismus’ im Rahmen einer Diplomarbeit Rechnung getragen werden kann.

Neben der Tatsache, dass geographische Befragungen aus dem Jahr 1997 als Grundlage für Vergleiche vorlagen, bietet der Donau-Radwanderweg durch Oberschwaben und insbesondere im Bereich des Naturparks Obere Donau verschiedene Vorzüge für eine solche Untersuchung. So sind Radwanderwege auf längeren, steigungsarmen Strecken entlang von Flüssen logischerweise Magnete für Langstrecken-Radler aller Art, seien es jene, die die anspruchsvolleren Wege in den Mittelgebirgen Süddeutschlands nicht fahren möchten, oder jene, die die Flusswanderwege als „Transit-Achsen“ auf dem Weg zu anderen Zielregionen nutzen. Hier sei insbesondere der schluchtartige Charakter des Donaudurchbruchstals zwischen Tuttlingen und Sigmaringen genannt, der selbst in Nord-Süd-Richtung querende Radreisende abschnittsweise in das Tal zwingt und so den Durchgangscharakter des Radweges betont. Gleichwohl trifft man an flussbegleitenden Radwegen insbesondere an Wochenenden stets konzentriert radelnde Einzelpersonen, Familien, Gruppen und Paare jeden Alters auf Tagesausflügen an, was in Naherholungsgebieten wie dem Naturpark Obere Donau durch die landschaftliche Attraktivität noch wesentlich stärker der Fall ist als anderswo. Nach Osten wurde das Befragungsgebiet geringfügig über die Naturparkgrenzen hinaus bis nach Riedlingen erweitert, wo noch einmal andere Besuchergruppen erwartet werden können, deren Interessen sich möglicherweise mehr auf die kulturellen Sehenswürdigkeiten Oberschwabens richten. So werden in der Region obere Donau, welche hier grob als der Raum zwischen Tuttlingen und Riedlingen angesprochen werden soll und durch eigene Befragungen in Beuron, Sigmaringen und Riedlingen an verschiedenen Schwerpunkten untersucht wurde, ganz unterschiedliche Arten von Besuchern angetroffen.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, durch Befragung einer Stichprobe dieser bunten und erwünschterweise heterogenen Mischung von Radfahrern in diesem ausgewählten Abschnitt des Donauradweges den Aufenthaltscharakter der Gäste, die von ihnen festgestellten Stärken und Mängel der Urlaubsregion, ihre Wünsche, Demographie sowie ihre quantitativ ermittelbaren Auswirkungen auf den betroffenen Raum festzustellen und sowohl mit den aus der Befragung von 1997 erhaltenen Daten als auch untereinander nach den regionalen Schwerpunkten sowie nach sozialen Gesichtspunkten zu vergleichen. Neben der somit ermittelten Nachfrageseite im Tourismus der Region soll die Angebotsseite ansatzweise mittels Zahlen zum Übernachtungsaufkommen und der Ermittlung primärer touristischer Vermarktungswege aufgezeigt werden, was teilweise durch gezielte Fragen in der Erhebung des Jahres 2009 und entsprechende Sekundärliteratur möglich ist. Im zuvor auszuführenden Kontext des allgemeinen Wandels im Reiseverhalten der Deutschen im letzten Jahrzehnt und dem Wandel im Fahrradtourismus im Speziellen können so Handlungsempfehlungen zur Optimierung des touristischen Angebots abgeleitet werden.

In den folgenden Unterkapiteln werden im Sinne einer Vorstellung der natur- und kulturräumlichen Rahmenbedingungen des Raumes und der Potentiale für den Fahrradtourismus im Allgemeinen zunächst der Naturpark Obere Donau (Kapitel 2.1), die Entwicklung des Tourismus in Baden-Württemberg und des Fahrradtourismus in Deutschland (Kap. 2.2) sowie der baden-württembergische Teil des Donauradwegs (Kap. 2.3) als Angebotsseite dargestellt. Der Naturpark Obere Donau wird hier schwerpunkthaft behandelt, obgleich ein Teil der Befragungsergebnisse außerhalb seiner Grenzen in Riedlingen gewonnen wurde. Riedlingen stellte dabei einen geeigneten und gut besuchten regionalen Hot Spot dar, weshalb nicht beispielsweise die benachbarte, innerhalb des Naturparkgebiets liegende Stadt Mengen als Befragungsstandort verwendet wurde. Wenn im Folgenden vom Naturpark Obere Donau die Rede ist, ist damit immer die im Titel verwendete, nicht scharf abzugrenzende Region obere Donau gemeint, die sich nach der freien Definition dieser Arbeit entlang der Donau zwischen Tuttlingen und Riedlingen erstreckt.

Im darauf folgenden empirischen und auf die Nachfrageseite ausgerichteten Teil der Arbeit (Kap. 3) werden zunächst die Datenlage und Befragungs- sowie Auswertungsmethodik (Kap 3.1) beschrieben, bevor zur Vorbereitung für die Auswertungen selbst eine detaillierte Klassifizierung der Fahrradtouristen (Kap 3.2) vorgenommen wird. In den Kap. 3.3 bis 3.10 werden, beginnend mit einer Abschätzung des eigentlichen Radfahreraufkommens auf dem Radweg, die verschiedenen Teile der Fragebögen der Jahre 1997, 2009 und einzelner weiterer vorliegender Befragungsergebnisse ausgewertet. Die abschließende Zusammenfassung im Sinne von Handlungsempfehlungen (Kap. 4) resümiert die erhaltenen Informationen und leitet Gedanken zur weiteren Optimierung des touristischen Angebots für Radfahrer ab, was in einem Fazit (Kap. 5) bewertet wird.

2 Räumliche Rahmenbedingungen

Das folgende Kapitel legt eine Basis für das Grundverständnis der weiteren Auswertungen im dritten Kapitel an. Neben der Beschreibung des Naturraums und Angebots der Region obere Donau wird im Rückblick auf die Entwicklung des Fahrradtourismus und des Tourismus’ in Baden-Württemberg und Gesamtdeutschland auf den Status Quo des Donautalradweges als europäischem Radfernweg mit seinen Stärken und Schwächen übergeleitet.

2.1 Untersuchungsregion Naturpark Obere Donau

2.1.1 Physiogeographischer und kulturräumlicher Rahmen

Das Untersuchungsgebiet liegt eingebettet in den Naturpark Obere Donau, der sich zwischen Immendingen im Westen und Herbertingen im Osten, Schömberg und Gammertingen im Norden und Messkirch im Süden auf einer Fläche von 135.019 ha erstreckt (Müller 2007, S. 14), sowie in das unmittelbar östliche Nachbargebiet der Stadt Riedlingen. Neben dem eigentlichen Donautal, das mit seinen Flanken selbst bei großzügiger Definition zu beiden Seiten des Flusses nicht mehr als einige Kilometer in die Landschaften der Schwäbischen Alb und Oberschwabens herein reicht und daher eher in Ost-West-Richtung gestreckt erscheint, erstreckt sich der Naturpark auch auf benachbarte Räume. Dies sind die Einzugsgebiete der linken Zuflüsse Bära, die bei Fridingen in die Donau mündet, und der Lauchert, die bei Sigmaringendorf mündet, sowie das südliche Gebiet bis und um Messkirch, so dass der Naturpark einen wichtigen Teil der Hochfläche der Schwäbischen Alb mit ihren höchsten Gipfeln wie dem Lemberg (1015 m ü. NN) und ein Stück der typischen Landschaften Oberschwabens an der Südabdachung der Alb und um die Stadt Mengen mit abdeckt.

Einzige Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern im Naturparkgebiet sind die Kreisstädte Tuttlingen (34.700 Ew.[1] ) und Sigmaringen (16.500 Ew.) sowie Spaichingen (12.400 Ew.), Meßstetten (10.800 Ew.) und Mengen (10.100 Ew.), nächstgrößere Orte mit über 5000 Einwohnern sind Messkirch (8400 Ew.), Gammertingen und Winterlingen (je 6700 Ew.), Immendingen (5900 Ew.) und Krauchenwies (5100 Ew.). Touristisches und Verwaltungszentrum bildet Beuron mit nur 730 Einwohnern. Die vier vom Naturpark berührten Landkreise Tuttlingen, Sigmaringen, Biberach und Zollernalbkreis, die alle nur zu Teilen im Naturpark liegen, haben eine durchschnittliche Einwohnerdichte von 152 Personen pro Quadratkilometer und liegen damit deutlich sowohl unter dem baden-württembergischen Durchschnitt (301) als auch unter dem der Regierungsbezirke Tübingen und Freiburg (203 bzw. 235 Ew. pro Quadratkilometer), in deren Administrationsbereichen der Park liegt.

Juristisch wurde der Naturpark Obere Donau am 5. Dezember 1980 auf Schloss Wildenstein gegründet und im Jahr 2005 in seiner Ausdehnung erweitert, so dass er nun flächenmäßig nach den beiden Schwarzwald-Naturparken an dritter Stelle in Baden-Württemberg steht (Müller 2007, S. 14). Der unmittelbare Untersuchungsbereich um das Donautal herum hat eine Höhenlage von 536 bis 780 m über NN, erhält jährlich etwa 800 mm Niederschlag und hat eine jährliche Durchschnittstemperatur von rund 6,5 Grad Celsius im Bereich der Talsohle (Ziegler 1993, S. 7). Vor der Vergrößerung im Jahr 2005 war rund ein Drittel der Fläche des Naturparks war als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen; mit mindestens 900 nachgewiesenen Pflanzenarten gilt der Naturpark als artenreichstes Florengebiet in Baden-Württemberg (Buck 2004, S. 11).

2.1.2 Touristische Potentiale, Angebot und Erschließung

Der Naturpark Obere Donau wird wie die anderen Naturparke im Land nicht staatlich verwaltet, sondern von einem Trägerverein, der seinen Sitz seit 1996 im Haus der Natur im alten Bahnhofsgebäude in Beuron hat (Müller 2007, S. 15). Dort befindet sich ebenso das Naturschutzzentrum mit Dauerausstellung, es gibt diverse Angebote zur Umweltbildung für alle Altersklassen und Vermarktung lokal hergestellter Lebensmittel (Ebd., S. 17).

Neben der Attraktivität für Wanderer und Radfahrer durch Wander- und Radwege zahlreicher Schwierigkeitsgrade[2] und teilweise mit thematischem oder Bildungsbezug gibt es im Naturpark Angebote für Kletterer, Drachen- und Segelflieger und verschiedene Arten von Bootstourismus. Mit dem Prinzengarten in Sigmaringen und dem Inzigkofer Park stehen den vergleichsweise wilden Landschaften des Naturparks auch gepflegte Parks entgegen, die in Verknüpfung mit kulturellen Sehenswürdigkeiten wie dem Schloss Sigmaringen Anziehungspunkte für kulturell Interessierte und damit Ausgangspunkte für Besuche des Naturparks sind (Ebd., S. 68f.). Neben den historischen Ortsbildern ist das Freilichtmuseum in Neuhausen ob Eck ein weiträumig ausstrahlender Anziehungspunkt für architektonisch und historisch Interessierte. Es ist eins der sieben sich untereinander thematisch und mit Ausstellungen koordinierenden Freilichtmuseen in Baden-Württemberg, die gemeinsam unter dem Namen „Die sieben im Süden“ auftreten[3]. Dieses geschickte Kooperations- anstelle von Konkurrenzdenken sichert den Besuchern die Möglichkeit, in jedem Freilichtmuseum neue Schwerpunkte zu entdecken, selbst wenn sie bereits andere Freilichtmuseen des Landes besucht haben. Daher besuchen die meisten Naturpark-Urlauber während ihres Aufenthalts in der Region auch einmal das Freilichtmuseum in Neuhausen ob Eck; während des Sommerhalbjahrs werden dort monatlich über 11.000 Besucher gezählt (Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck 2009).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Der Donau-Durchbruch bei Beuron. Quelle: eigenes Foto 2009.

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Abb. 2: Brückenheiliger bei Hausen im Tal.

Quelle: eigenes Foto 2008.

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Abb. 3: Durchschlag des Rad- und Wanderweges durch einen Fels bei Gutenstein.

Quelle: eigenes Foto 2008.

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Abb. 4: Rad- und Wandererbrücke bei Gutenstein.

Quelle: eigenes Foto 2007.

Abb. 1 bis Abb. 4 zeigen an Beispielen den von Touristen am meisten Bereich des oberen Donautals um den Donaudurchbruch. Abb. 5 stellt die Dimensionen und Höhenlagen des Naturparks, die touristischen Hot-Spots sowie die größten Orte im Naturpark-Gebiet schematisch dar. Aus Abb. 6 wird die relative Lage des Naturpark-Gebiets entlang des baden-württembergischen Abschnitts der Donau ersichtlich. Auf die Darstellung des Donauradwegs wurde in Abb. 5 und Abb. 6 bewusst verzichtet, da er im gewählten Maßstab zumeist fast deckungsgleich mit dem Verlauf der Donau selbst gewesen wäre.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Schematische Karte des Naturparks Obere Donau mit Verlauf der Donau, größeren Gemeinden und Verteilung touristischer Hot-Spots. Auswahl kultureller Sehenswürdigkeiten nach Naturpark Obere Donau e.V. 2009. Alle dort genannten Natur-Sehenswürdigkeiten (Felsen, Aussichtspunkte) befinden sich innerhalb des ovalen rosa Bereichs um Beuron und wurden hier nicht aufgenommen.

Quelle: eigene Kartographie auf Grundlage von Landesvermessungsamt Baden-Württemberg 1991 und Naturpark Obere Donau e.V. 2009.

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Abb. 6: Lage des Naturparks Obere Donau (gelb) am baden-württembergischen Teil der Donau (Donaueschingen bis Ulm), Übersichtskarte mit Auswahl wichtiger Orte am Fluss.

Quelle: eigene Kartographie auf Grundlage von Landesvermessungsamt Baden-Württemberg 1991.

Die Vermarktung der Region um den Naturpark erfolgt seit einiger Zeit durch die Donaubergland GmbH. Diese bietet in Prospekten und auf ihrer Homepage zahlreiche Informationen für alle Zielgruppen an und wirbt insbesondere mit dem Begriff der „Region der 10 Tausender“, womit die Südwestalb gemeint ist, sowie dem Donaubergland als Wanderparadies. Auch Bildungsangebote mit Informationen zur Entstehung der Schwäbischen Alb und des Donaudurchbruchs finden sich im Angebot. Der „Donauberglandweg“ und der „Donau-Zollernalb-Weg“ werden als vom Deutschen Wanderverband zertifizierte Wanderwege um den Naturpark besonders hervorgehoben (siehe Abb. 7). Neben den Wanderinformationen gibt es auch einiges Material für Radfahrer und Kletterer, doch mangelt es an direkt verfügbarem Kartenmaterial oder Prospekten, die bestellt oder im Internet abgerufen werden können. Hier wird zumeist auf den Schwäbischen Albverein und die Tourismus Marketing Baden-Württemberg verwiesen.

Ein Blick auf die gemeindescharfe Karte der Tourismusintensität im baden-württembergischen Vergleich (siehe Abb. 8) lässt den Naturpark-Bereich zwar insgesamt recht schwach erscheinen, doch leuchten im Gegensatz zur nordwestlich liegenden und durchweg schwach besuchten Baar-Hochfläche einzelne Flecken auf. Relativ zur Einwohnerzahl sehr hohe Übernachtungszahlen von mehr als zehn Übernachtungen pro Einwohner weisen insbesondere Beuron und Leibertingen auf, wobei der Wert in Leibertingen auf die Jugendherberge in der Burg Wildenstein und die geringe Einwohnerzahl des Ortes selbst, die bei 2300 Personen liegt, zurückzuführen sein dürfte.

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Abb. 7: Der „Qualitäts-Rundwanderweg“ (braune Linie) durch das Naturparkgebiet (geschlossene Grünfläche stellt Ausdehnung vor 2005 dar), bestehend aus zwei vom Deutschen Wanderverband zertifizierten Einzelwegen.

Quelle: GPS-Tour.info 2009.

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Abb. 8: Tourismusintensität in den Gemeinden des südlichen Baden-Württembergs 1998. Mit Kürzeln markiert sind einige Gemeinden entlang der oberen Donau.

Quelle: Deckarm 1999, S. 141, verändert und ergänzt.

Die Kreisstädte Tuttlingen und Sigmaringen liegen bei Werten zwischen einer und fünf Übernachtungen pro Einwohner; lediglich die 2300 Einwohner zählende Gemeinde Altheim an der Donau oberhalb Riedlingens weist noch Werte zwischen fünf und zehn Übernachtungen pro Einwohner auf. Im „Schatten“ der benachbarten Urlaubsregionen Südschwarzwald, Bodensee, ja selbst der Orte Pfronstetten und Hayingen auf der Schwäbischen Alb nördlich von Riedlingen und der oberschwäbischen Bäderorte, liegen die Gemeinden des Naturparks Obere Donau also in einer touristisch relativ gering in Anspruch genommenen Region.

Die Anwendung des geographischen Begriffs eines „Fremdenverkehrsgebietes“ (oder mit dem moderneren Begriff eines „Tourismusgebietes“) nach der Definition von Bartl, Eck u.a. (1994, S. 112) ist deshalb nur begrenzt möglich. Die Definition beinhaltet die tatsächlich gegebene „attraktive natürliche Lage“ sowie die – in der Realität immerhin ausreichend an den Bedarf angepasste – „gut ausgebaute Fremdenverkehrsinfrastruktur“, jedoch auch die daraus resultierende Zugehörigkeit zu den „bevorzugten Gebieten des Fremdenverkehrs“ und die starke Prägung der Wirtschafts- und Erwerbsstruktur des Gebietes durch den Tourismus. Erstere Voraussetzung ist insbesondere aufgrund der Lage zwischen den genannten, touristisch wesentlich stärker ausgebauten Nachbarregionen mit ihren höheren Gästezahlen nur bedingt gegeben, letztere höchstens in einzelnen Gemeinden wie Beuron, die deshalb als „Fremdenverkehrsgemeinden“ („von Fremdenverkehrsströmen bevorzugte Gemeinden“ nach Bartl, Eck u.a. 1994, S. 112) außerhalb eines oder in einem sich entwickelnden Fremdenverkehrsgebiet bezeichnet werden können. Es kann aber konstatiert werden, dass für den ländlich geprägten Naturpark-Bereich trotz der derzeit bestehenden Benachteiligungen die von Pachner (1995, S. 1) getroffene Aussage gilt, dass der Fremdenverkehr „von großer und zukunftsträchtiger Bedeutung für die [Raum-]Entwicklung“ ist.

Die Erschließung des Naturparks für den öffentlichen Nahverkehr erfolgt insbesondere über die Donautalbahn, die zwischen den Bahnhöfen Tuttlingen und Riedlingen sowie weiter nach Ulm dem Verlauf der Donau folgt. Anschlüsse zur Donautalbahn bestehen in Tuttlingen aus Richtung Stuttgart, Singen und Donaueschingen, in Sigmaringen aus Richtung Tübingen und Hechingen und in Herbertingen aus Richtung Aulendorf sowie über Riedlingen nach Ulm. Die Linie wird im Naturparkbereich werktags westlich von Sigmaringen im Zweistunden-, östlich etwa im Stundentakt bedient (Naturpark Obere Donau 2009). Der zentrale Teil des Donaudurchbruchs ist damit an Werktagen relativ schlecht und ausschließlich über die weit auseinander liegenden Bahnhöfe Sigmaringen, Beuron und Tuttlingen erschlossen; einige dazwischen liegende Haltepunkte wie etwa Fridingen werden lediglich von einzelnen Zügen in Tagesrandlagen angefahren. Auch das der dünnen Besiedlung angepasste Busnetz orientiert sich lediglich am normalen Verkehrsaufkommen des Gebiets und verkehrt auf keinerlei touristisch relevanten Routen.

An Wochenenden und Feiertagen im Sommerhalbjahr verkehrt zur Verbesserung des touristischen ÖPNV-Angebots auf der Donautalbahn zusätzlich der Naturpark-Express von Sigmaringen nach Tuttlingen und weiter donauaufwärts zeitweise bis nach Blumberg und verdichtet so das Zugangebot auf eine etwa stündliche Bedienung (Müller 2007, S. 17). Durch zusätzliche Halte an sonst kaum angefahrenen Haltepunkten wie Hausen im Tal und Thiergarten ermöglicht er zudem Wanderern die abschnittsweise Begehung von Tal-abschnitten oder das bessere Erreichen von Ausgangs- oder Zielpunkten von Wanderungen; durch einen zusätzlich mitgeführten Fahrradwagen können bis zu 100 Fahrräder kostenlos transportiert werden (Naturpark Obere Donau 2009). Die Nutzung des Naturpark-Express durch Radfahrer wird im Kap. 3.6.2 genauer untersucht.

Im Bereich des Naturparks begleitet die Landesstraße L277 den Fluss für den motorisierten Individualverkehr, die östlich von Sigmaringen als Bundesstraße B32 weitergeführt wird. Zusätzliche Nord-Süd-Achsen wie die B313 im Bereich von Sigmaringen oder die L440 von Balingen nach Fridingen sowie eine Anzahl kleinerer Straßen ermöglichen den Zugang zu jedem Punkt des Naturparks mit dem eigenen PKW. Anschluss von der Autobahn her besteht lediglich über die A81, die 15 km westlich von Tuttlingen in Nord-Süd-Richtung verläuft.

2.2 Tourismus und Fahrradtourismus in Baden-Württemberg und Deutschland

2.2.1 Tourismus in Baden-Württemberg und im Naturpark Obere Donau

Anhand der Übernachtungszahlen für Baden-Württemberg seit 1990 lässt sich anschaulich ein allgemeiner Trend im Reiseverhalten nachweisen: einem konstanten Anstieg der Zahl der Ankünfte steht ein schwächeres und stärker schwankendes Wachstum der Übernachtungszahlen gegenüber (siehe Abb. 9). Kamen in Baden-Württemberg 1990 noch rund 11,96 Mio. Gäste bei Ihren Gastgebern an und verbrachten dort 41,6 Mio. Nächte, waren für 43,6 Mio. Übernachtungen im Jahr 2008 schon 16,5 Mio. Ankünfte nötig (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009, S. 2). Zwangsläufig ergibt sich daraus eine sinkende Aufenthaltsdauer, die in der gleichen Zeit von 3,5 auf 2,6 Nächte pro Aufenthalt gesunken ist. Die Tatsache, dass das Statistische Landesamt Baden-Württemberg nur Gastgeber mit neun oder mehr Betten in die Statistik einbezieht, dürfte auf die Feststellung dieses Gesamttrends keine nennenswerte Auswirkung haben.

Während Aufenthalte dieser Dauer eher in die Kategorie der Kurzurlaube fallen, zeigt sich der Trend zu mehr kürzeren Reisen auch in bundesweiten Umfrageergebnissen, die sich um Urlaubsreisen ab fünf Tagen drehen. So gaben 2008 17,3% der von der privat getragenen Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. befragten Personen an, im vergangenen Jahr mehr als eine Urlaubsreise gemacht zu haben (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen E.V. 2009). Dieser Wert für Urlaubsreisen ist aktuell jedoch in keinem weiteren Wachstum, sondern in einer Stagnations- bzw. geringen Schrumpfungsphase be-griffen. Noch für das Jahr 2004 gibt die gleiche Statistik an, dass 19,4% der Befragten mehr als eine Urlaubsreise hinter sich hatten. Das von den Touristen unternommene Mehr an Reisen besteht hauptsächlich aus Kurzreisen, die dank dem Wachstum des Luftverkehrs und des Aufkommens der Billigflieger zwar theoretisch sogar ins Ausland möglich sind, jedoch zu einem Teil auch dem Binnentourismus zu Gute kommen, wie das folgende Kapitel erläutern wird.

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Abb. 9: Veränderungen der Gäste- und Aufenthaltszahlen in Baden-Württemberg im Zeitraum 1990-2008.

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009, S. 2.

Baden-Württemberg belegte im Jahr 2008 unter den deutschen Bundesländern den fünften Platz unter den Reisedestinationen, gerechnet nach dem Anteil aller Urlaubsreisen, die dorthin unternommen wurden (Ebd.). Lässt man bei dieser Bewertung die drei Flächenländer an der Küste weg, da sie das völlig andere Klientel der Badegäste bedienen, liegt Baden-Württemberg hinter Bayern sogar auf dem zweiten Platz. Im Jahr 2008 wurden 2,8% aller Urlaubsreisen der Deutschen in Baden-Württemberg verbracht. Unter allen Urlaubsreisen der Deutschen, die sie nicht über die Staatsgrenzen hinweg führten, betrug der Anteil sogar 8,9%.

Für das Untersuchungsgebiet im Bereich des Naturparks Obere Donau gibt es in Ermangelung einer staatlichen Verwaltung keine exakten Übernachtungs-Statistiken. Die aufschlussreichsten Zahlen liefert das Statistische Landesamt, in dessen Statistiken jedoch nur Beherbergungsbetriebe auftauchen, deren Bettenzahl bei neun oder höher liegt. Da solche Betriebsgrößen jedoch in einer dünn besiedelten und abseits der primären Touristenmagneten Bodensee, Schwarzwald, Oberschwäbische Bäder und Allgäu liegenden Region nicht den Gros ausmachen dürften, sind die folgenden Zahlen nur als Anhaltspunkte zu bewerten.

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Abb. 10: Veränderungen der Übernachtungszahlen nach Landkreisen 2005-2008.

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009, S. 21, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2008, S. 21 und Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2007, S. 20.

So zeigen die landkreisscharfen Nächtigungszahlen für die vier am Naturpark Obere Donau beteiligten Landkreise Sigmaringen, Tuttlingen, Biberach und Zollernalbkreis ein verhaltenes Wachstum zwischen 2005 und 2008 auf, das in der Summe dieser vier Jahre zwischen 9,1% (Landkreis Biberach) und 14,4% (Landkreis Tuttlingen) lag (siehe Abb. 10), jedoch ausgerechnet in den beiden genannten Landkreisen am ehesten auf außerhalb des Naturparks liegende Gemeinden (Bäder im Landkreis Biberach) oder Geschäftsreisen im Zusammenhang mit lokaler Industrie (Medizintechnik im Landkreis Tuttlingen) zurückzuführen sein kann (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009, S. 21; Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2008, S. 21; Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2007, S. 20).

Ein Blick auf die nur teilweise vorliegenden Übernachtungszahlen nach Gemeinden gibt hier genaueren Aufschluss. So liegt die Gemeinde Beuron mit ihren 730 Einwohnern und knapp 48.000 Übernachtungen im Jahr 2008 allein in den Betrieben ab neun Betten noch vor der Kreisstadt Sigmaringen mit ihren knapp 43.000 Übernachtungen (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009, S. 8-17 und 21). Zusammen hatten beide einen Anteil von lediglich rund 18% an allen Übernachtungen im Landkreis Sigmaringen, was auf eine breite Verteilung der Gastgebergemeinden auf das Landkreisgebiet hinweist (siehe Abb. 11).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11: Übernachtungszahlen ausgewählter Gemeinden entlang der Donau und Anteile an allen Übernachtungen im jeweiligen Landkreis im Jahr 2008.

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009, S. 8-17 und 21.

Der Vergleich zum Landkreis Tuttlingen führt die dort gänzlich andere Beherbergungsstruktur vor Augen: die etwa 62.500 Nächtigungen in der Kreisstadt Tuttlingen selbst machten 2008 bereits 32% des Übernachtungsaufkommens im ganzen Landkreis aus, obwohl sie höchstwahrscheinlich zum großen Teil auf die medizintechnische Industrie der Stadt zurückzuführen sind. Die Stadt Fridingen kann so mit 12.800 Übernachtungen bereits weitere 6,5% des Übernachtungsaufkommens im Landkreis ausmachen. Wieder anders verhält sich der Wert für die Stadt Riedlingen, die mit 11.400 Übernachtungen lediglich 1,8% des durch verschiedene Kurorte geprägten Landkreises Biberach ausmacht. Die Zahlen weisen jedoch vor allem deutlich auf die kleinbetriebliche Struktur im Gastgewerbe der ländlichen Region entlang der Donau unterhalb Tuttlingens hin, da Städte wie Sigmaringen als wichtiger Verkehrsknoten und auch als illustrer Etappenzielort für Fahrradreisende sicherlich über ein großes Potential an kleineren Privatvermietern und Gasthöfen verfügen.

Nach Angaben des Landesverbands der Campingplatzunternehmer in Baden-Württemberg e.V. (2009) existiert als Ergänzung zum Bettenangebot in der gesamten Region Obere Donau nur ein einziger Campingplatz in Sigmaringen. Die Zahl der Campingplätze ist deshalb interessant, weil Campingplätze für Radfahrer, insbesondere für jene mit Langstrecken-Ambitionen, ein zentrales Element bei der Wahl von Übernachtungsmöglichkeiten und damit auch bei der Planung von Tagesetappen darstellen, was in Kap. 3.6.3 genauer ausgeführt werden wird.

2.2.2 Bedeutung des Fahrradtourismus in Deutschland

Die oben genannte Tatsache, dass 17,3% der Deutschen im Jahr 2008 mehr als eine Urlaubsreise unternahmen, wirkt ebenso begünstigend für den Fahrradtourismus wie der hohe Anteil an Urlauben im Inland, der 2008 bei 31,2% aller Urlaubsreisen lag, und der ebenfalls hohe Anteil von nicht an Stränden orientierten Reisen ins nahe europäische Ausland (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen E.V. 2009). Letzterer lag im Jahr 2008 für die Staaten Großbritannien, Irland, Frankreich (ohne Mittelmeerküste), Niederlande, Schweiz, Österreich, Ungarn, Tschechien, Polen, die GUS-Staaten, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland zusammen bei 23,7%. Die meisten dieser Staaten können von Deutschland aus, je nach Wohnort, sowohl im Rahmen einer längeren grenzüberschreitenden Fahrradreise als auch mittels Fahrradtransport per PKW oder Bahn erreicht werden. Bei einer Studie des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), die im Jahr 2009 veröffentlicht wurde, gaben 47% der zufällig ausgewählten Befragten in Deutschland an, dass sie sich vorstellen können, einmal eine Radreise mit Übernachtung zu machen (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club 2009, S. 6). Die genannten Staaten würden neben Deutschland selbst dabei wohl am meisten profitieren.

In der gleichen Umfrage des ADFC wurde auch ermittelt, dass 21% der Deutschen schon einmal eine Reise mit dem Fahrrad unternommen haben, die mindestens eine Übernachtung einschloss und bei der das Radfahren im Mittelpunkt stand. 65% haben zudem schon einmal einen mindestens zweistündigen Ausflug mit dem Fahrrad unternommen und stellen somit so etwas wie das längerfristig einzuwerbende Potential dar. In absoluten Zahlen ausgedrückt haben im Jahr 2007 folglich 5,6 Mio. Deutsche einen Radurlaub gemacht, hinzu kamen 35 Mio. Radausflügler, die eine Tagestour unternommen haben. Der ADFC nennt in diesem Zusammenhang, dass 10% der gesamttouristischen Wertschöpfung im Inland auf den Fahrradtourismus entfallen.

6% aller Fahrradreisen im Inland und 19% aller Auslands-Fahrradreisen seien bereits Pauschalreisen, die von professionellen Reiseveranstaltern durchgeführt würden (Ebd., S. 19). Nach Fischer (2006, S. 2f) liegt der Jahresumsatz der etwa 150 Radreiseveranstalter in Deutschland bei ca. 390 Mio. Euro. Weitere 90 Mio. Euro werden durch den Fahrradverleih erwirtschaftet. Der Fahrrad-Einzelhandel setzt jährlich ca. 3,5 Mrd. Euro um. Das vom ADFC entwickelte Siegel für fahrradfreundliche Beherbergungsbetriebe „Bett & Bike“ (siehe Abb. 12) war bis März 2009 bereits an 4808 Betriebe verliehen worden, darunter auch zahlreiche Betriebe in der Region obere Donau (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club 2009, S. 13). Das Siegel begegnet Reisenden inzwischen an Unterkünften aller Klassen, und macht damit auch gegenüber jenen Gästen Werbung für das Reisen mit dem Fahrrad, die in gänzlich anderem Zusammenhang die betreffende Unterkunft aufsuchen.

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Abb. 12: Das Logo von Bett & Bike, wie es gelegentlich im Eingangsbereich von Unterkünften angebracht ist, um bereits aus der Ferne die Radfahrerfreundlichkeit des Betriebes zu signalisieren.

Quelle: Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Baden-Württemberg 2009.

Die Deutsche Bahn, welche sowohl für viele Radreisende als auch für Radausflügler ein wichtiges Fortbewegungsmittel zum Ausgangs- oder vom Zielort zurück darstellt, transportierte allein im reservierungspflichtigen Fernverkehr im Jahr 2008 261.000 Fahrräder (Ebd., S. 27). Trotz stetigem Abbau von InterCity-Verbindungen zugunsten von nicht reservierungspflichtigen Nahverkehrsverbindungen oder ICE-Strecken, auf denen grundsätzlich keine Fahrräder mitgeführt werden dürfen, stagniert die Zahl der im Fernverkehr transportierten Fahrräder seit dem Jahr 2003 zwischen 250.000 und 270.000 Stück, was in der Gesamtbetrachtung sogar als wachsende Inanspruchnahme des Angebots der Fahrradmitnahme zu deuten ist.

Im Nahverkehr ist in vielen Verkehrsverbünden wie dem Verkehrsverbund Stuttgart die Fahrradmitnahme kostenlos. Auf verbundüberschreitenden Fahrten ist sie zwar oft kostenpflichtig, aber immer ohne Reservierung möglich. Mangels Reservierungspflicht entstehende Stellplatz-Engpässe in den Zügen, die an Wochenenden, Brückentagen und überwiegend an den Verkehrsachsen in die Urlaubsregionen entstehen, begegnet die Deutsche Bahn inzwischen mit Sonderzügen oder eigenen Fahrradtransportwagen an den Regelzügen, an denen Bahnmitarbeiter sogar beim Ein- und Ausladen der Fahrräder behilflich sind[4]. Ein Beispiel dafür ist die Südbahn zwischen Ulm und Friedrichshafen bzw. Lindau (siehe Abb. 13).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 13: Wagen für den Fahrradtransport an einem Zug in Lindau Hbf.

Quelle: Eigenes Foto 2009.

2.2.3 Radfernwege von nationaler Bedeutung in Deutschland

Nach Fischer (2006, S. 2f) verlaufen durch Deutschland neben einer unüberschaubaren Anzahl von regionalen Radwanderwegen über 200 Radfernwege, wobei die Definition von Radfernwegen nicht ganz klar ist. Es ist anzunehmen, dass Wege ab mindestens 100 km Länge, wie z.B. der Neckartalradweg mit seinen 410 km Länge oder das hessische Radwegenetz mit Transitfunktionen für Radwanderer als Radfernwege einzustufen sind, während lokale Wege z.B. kleinen Flüssen folgen („Filstalroute“ mit 67 km, „Tour de Murg“ mit 95 km) oder bestimmten Themen gewidmet sind („Radlthon“ mit 83 km rund um Stuttgart).

Es existiert derzeit kein zentrales Verzeichnis aller Radfern- oder -lokalwege in Deutschland. Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit seinem Online-Radroutenplaner und einer 2008 beendeten Ausschilderungskampagne einen zentralisierten Versuch unternommen, alle landesweit existierenden und offiziell beschilderten Routen in eine Datenbank aufzunehmen und den Radlern kostenlos eine Routensuche und -planung in diesem Netz anzubieten[5]. Mit der Zeit folgten die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz[6] sowie zahlreiche lokale Radroutenplaner-Programme im Internet wie jenes von Bremen oder dem Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) für die Region Stuttgart[7]. Der ADFC bietet darüber hinaus in seinem Internetportal einen kostenpflichtigen Zugang zu einem Wegenetz von 135.000 km Länge durch ganz Deutschland, das abschnittsweise auch auf ein lokales Navigationsgerät heruntergeladen werden kann (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club 2009, S. 2. Das Portal ist erreichbar unter www.adfc.de). Jedoch erhebt auch das Netz des ADFC keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 14: Das D-Netz der Radfernwege durch Deutschland.

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2009.

Ein hoffnungsvolles Projekt ist der nationale Radverkehrsplan, der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung seit 2002 mit einer Laufzeit bis 2012 umgesetzt wird. Er sieht unter anderem die durchgehende Ausweisung und Beschilderung von zwölf nationalen Radfernwegen vor, die zusammen das so genannte D-Netz der Radrouten bilden (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2009). Drei der Routen führen auch durch Baden-Württemberg (siehe Abb. 14); dies sind der Rheintal-Radweg (D-Netz-Route 8) von Mannheim über Basel nach Friedrichshafen, der Donautal-Radweg (D-Netz-Route 6) von Basel über Donaueschingen nach Ulm, und die D-Netz-Route 9, die von Würzburg bis Aalen etwa der östlichen Landesgrenze folgt und dann in Richtung Augsburg nach Osten abzweigt. Der Donautal-Radweg besitzt seit einiger Zeit eine neue Beschilderung, auf der auch die D-Netz-Hinweise enthalten sind.

Ein Teil der D-Netz-Routen verläuft darüber hinaus auf den so genannten EuroVelo-Routen. EuroVelo ist ein gemeinsames Projekt der europäischen Fahrradverbände unter dem Namen European Cyclists’ Federation, an dem auch der deutsche ADFC beteiligt ist, und das sich die Ausweisung und Beschilderung von zwölf Europa querenden Fernradwegen zum Ziel hat (European Cyclists' Federation 2009). Da es sich bei den Trägern um Nichtregierungsorganisationen handelt, sind Fortschritte jedoch nur sehr langsam zu erwarten. Deutschland wird dank seiner zentralen Lage von sieben EuroVelo-Routen berührt, die alle auch Teile des D-Netzes sind. Die EuroVelo-Route 6, die vom französischen Atlantik in Nantes bis nach Constanta an der rumänischen Donaumündung über 3653 km Länge verläuft, berührt daher zwischen Basel und Ulm auch Baden-Württemberg. Die Beschilderung der Route ist entlang des Donauradweges bereits mit Hinweisen auf den übergeordneten EuroVelo-Weg versehen (siehe Abb. 15).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 15: Zwischenwegweiser am Donauradweg mit Hinweis auf das Routenthema (unten rechts „Deutsche Donau“, die Routennummer im D-Netz (unten mittig) und die EuroVelo-Routen-Nummer (unten links).

Quelle: eigenes Foto 2009.

2.2.4 Stellung Baden-Württembergs und des Donauradwegs im Fahrradtourismus

Mit ersten Sitzungen des „Runden Tisches Radverkehr“ mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft tat das Land Baden-Württemberg ab November 2006 wichtige Schritte in die Richtung des später formulierten Ziels, zum deutschen „Fahrradland Nr. 1“ zu werden (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2008). Der Runde Tisch Radverkehr schlug die Gründung eines Landesbündnisses „ProRad“ aus Wirtschaftsvertretern und Politik sowie die Berufung eines „Fahrradmanagers Baden-Württemberg“ vor. Letztere Stelle wäre nach Aussage des ADFC Baden-Württemberg eine bundesweit einmalige und beispielhafte Institution. Neben der allgemeinen Verbesserung des Fahrradklimas soll der Radverkehrsanteil am Gesamt-Verkehrsaufkommen in absehbarer Zeit verdoppelt werden (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. Landesverband Baden-Württemberg 2009). Mit einem Internetportal soll eine Freizeitplattform für alle Interessierten eingerichtet werden, deren zentraler Bestandteil ein landesweiter Radroutenplaner nach dem Vorbild des Landes Nordrhein-Westfalen ist. Im Juni 2009 fanden in Stuttgart weitere Beratungen zur verwendeten Software statt sowie zu dem Vorschlag, vorhandene Radroutenplaner, die in Teilen des Landes von diversen Betreibern bereits als Inselbetriebe aufgebaut worden waren, im Rahmen des Ausbaus auf ein landesweites Netz zu erweitern, anstatt eine völlig neue Lösung zu beginnen[8].

Mit Blick auf das Netz nationaler Fernradwege kann anhand der Radreiseanalyse des ADFC aus dem Jahr 2009 allerdings festgehalten werden, dass das Land Baden-Württemberg in den Favoritenlisten der schönsten oder meistgefahrenen Fernradwege der Deutschen relativ weit hinter einigen anderen Bundesländern liegt (siehe Abb. 16). Demnach fuhren im Jahr 2008 8,4% aller Befragten Radreisenden auf dem Elberadweg, gefolgt von Main-, Weser- und Rhein-Radweg mit 5,3%, 5,2% und 4,6% Anteil an allen Radreisenden (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club 2009, S. 21). Geht man davon aus, dass ein größerer Teil der Nennungen des Rhein-Radweges auf die dichter besiedelten und landschaftlich berühmteren Regionen um das Rheinische Schiefergebirge und den Niederrhein entfällt, taucht Baden-Württemberg mit dem Donau-Radweg, auf dem 3,7% der Befragten im Jahr 2008 fuhren, erst an fünfter Stelle auf. Auch dieser Wert ist nicht gänzlich auf Baden-Württemberg zu beziehen, verläuft doch der größere Teil des Donauradwegs durch bayerisches Gebiet. Der Neckartal-Radweg, der mit 2,7% der Nennungen auf Platz acht der bundesweit meistgefahrenen Fernradwege des Jahres 2008 landete, nimmt schließlich den größten Teil der Radreisenden in Baden-Württemberg auf.

Die Frage, welchen Radweg sie als ihren Lieblings-Radfernweg bezeichnen würden, beantworteten wiederum 13,4% der Befragten mit dem Elbe-Radweg (Ebd., S. 23). Nach Main und Weser mit 8,6 und 8,5% taucht als einziger durch Baden-Württemberg verlaufender Radfernweg unter den meistgenannten Zehn der Donauradweg mit 5,6% der Nennungen auf, wovon erneut ein guter Teil auf Bayern entfallen dürfte. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei hier erwähnt, dass der ebenfalls genannte Bodensee-Königssee-Radweg von Lindau beginnend nach Osten zum Königssee bei Berchtesgaden verläuft und damit kein baden-württembergisches Territorium berührt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 16: Die jeweils meistgenannten Zehn der im Jahr 2008 gefahrenen und allgemein als Lieblings-Radfernweg bezeichneten Wege in Deutschland.

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club 2009, S. 21 u. 23

(n = 695 bzw. 709 Befragte).

Auch die Frage, welche Reiseregion in Deutschland den deutschen Radreisenden die liebste ist, wirft bislang kein allzu gutes Licht auf Baden-Württemberg. Nach Bayern und Franken mit jeweils über 8% der Nennungen folgen Mecklenburg-Vorpommern (7,3%), Brandenburg (5,1%) und das Münsterland (4%) vor der Bodensee-Region auf dem sechsten Platz mit 3,5% (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club 2009, S. 25). Auf dem siebten Platz folgt das Allgäu, das von 3% der Befragten als Lieblingsregion genannt wurde, jedoch nur zu einem kleinen und – gemessen am Anteil aller Allgäu-Touristen – relativ unbedeutenden Teil in Baden-Württemberg liegt. Die weiteren Plätze liegen ebenfalls in anderen Teilen der Republik. Die großen Ambitionen des Landes Baden-Württemberg sind also dringend notwendiger Ehrgeiz, um die vielen landschaftlichen Potentiale bei den deutschen Reiseradlern bekannter und beliebter zu machen und das Land so in den Top 10 der einzelnen Umfragebereiche weiter nach oben zu katapultieren.

2.3 Kurze Angebotsanalyse: Der Donau-Radweg in Baden-Württemberg

Begibt man sich im Buchhandel oder im Internet auf die Suche nach dem baden-württembergischen Abschnitt des Donau-Radweges, so wird schnell klar, dass dessen Präsentation und Vermarktung im Schatten des bayerischen und insbesondere des österreichischen Wegabschnittes steht. In Ermangelung einer offiziellen Internetpräsenz des gesamten Weges oder auch nur eines größeren Teils davon, wie wir sie bei anderen internationalen Routen wie dem Rhein-Radweg, dem Elbe-Radweg oder dem Bodensee-Königssee-Radweg schnell finden, tauchen unter den ersten Suchergebnissen in Google beispielsweise Reiseveranstalter für den österreichischen Abschnitt, eine Präsenz des österreichischen Donauradweges selbst und nur begrenzt präzise Beschreibungen des deutschen Abschnitts in der freien Enzyklopädie Wikipedia auf.

Seit dem Jahr 2007 hat sich der Esterbauer-Verlag unter dem Synonym bikeline-Tourenverlag der uneinheitlichen und oft unvollständigen Beschreibung vieler Radwanderwege angenommen und so u.a. auch den Donau-Radweg in insgesamt vier Führern beschrieben, die sich jeweils einem Abschnitt widmen. Andere Verlage folgten mit Teilabschnitts-Führern. Auch hier wird der deutsche Teil nur gemeinsam mit Bayern als „von Donaueschingen nach Passau“ (Authried u.a. 2007) behandelt, so dass eine detaillierte Fokussierung auf die Attraktionen im baden-württembergischen Abschnitt schwer fällt. Die folgende kurze Zusammenfassung der Fakten spiegelt hierbei auch die geringe Verfügbarkeit von offiziellen Informationen zu diesem Radweg wider.

Der Radweg beginnt an der Donauquelle in Donaueschingen und verläuft über eine Distanz von 194,5 km (Authried u.a. 2007, S. 6) bzw. 198,5 km (Schuwerk 2009) bis nach Ulm. Landschaftlich durchquert er zunächst die Baar von Donaueschingen bis etwa Tuttlingen, anschließend das Durchbruchstal der Donau durch die Schwäbische Alb bis etwa Sigmaringen, und auf den verbleibenden rund 110 km bis Ulm dann die Schnittstelle zwischen dem nördlichen Oberschwaben und der südlichen Schwäbischen Alb, wobei zwischen Sigmaringen und Mengen noch eine relativ enge Talmorphologie als Übergangsbereich dominiert, während sich die Talsohle ab Mengen dann endgültig in eine weite Ebene verwandelt. Im weiteren Verlauf durch Bayern wird die Länge des Radwegs zwischen Ulm und Passau mit 401 km (Authried u.a. 2007, S. 7) bzw. 432,5 km (Schuwerk 2009) angegeben, von Passau bis Wien reicht die Spanne von 320 bis 340 km (Esterbauer-Verlag 2009a). Ab Wien ist die Beschilderung nach Schuwerk (2009) nicht mehr durchgängig vorhanden, was sich im weiteren Verlauf unterhalb von Budapest weiter verschlechtert und auf dem Gebiet von Serbien und Rumänien schließlich darin mündet, dass es kaum noch Straßen gibt, die den Strom überhaupt annähernd begleiten. Durch die dennoch bestehende Nachfrage einiger Radtouristen wird dem weiteren Verlauf trotzdem ein Führer des Esterbauer-Verlags gewidmet, worin Möglichkeiten zum Begleiten des Flusses an möglichst nahen Straßen beschrieben werden. Um das Jahr 2006 herum hat zudem eine Gruppe von Fahrradtourismusexperten, der unter anderem Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs angehörten, unter Förderung durch die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), diesen östlichen Teil des Donauradwegs neu vermessen und zusammen mit Informationen zu Reparaturwerkstätten, Sehenswürdigkeiten und einigen Übernachtungsmöglichkeiten in Karten eingetragen, die seitdem von Kartographie Huber München für insgesamt rund 20 Euro vertrieben werden (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2006). Sie bilden seitdem das einzige zusammenhänge Kartenmaterial zum kompletten Donauradweg, enthalten jedoch keine tieferen Informationen wie die Reiseführer. Nach den Führern des Esterbauer-Verlags beträgt die Strecke von Wien nach Budapest 306 km (Esterbauer-Verlag 2009b) und von Budapest bis zur Mündung im rumänischen Tulcea rund 1600 km (Esterbauer-Verlag 2009c). Die Gesamtlänge des Donauradwegs liegt somit zwischen 2821,5 und 2877 km, wovon sich der baden-württembergische Abschnitt mit einem Anteil von 6,9% relativ klein ausnimmt. Auch wenn man lediglich den touristisch stark befahrenen Teil zwischen Donaueschingen und Wien betrachtet, liegt der Anteil Baden-Württembergs bei nur 20,4%.

Im Abschnitt zwischen Donaueschingen und Ulm geht es auf dem Radweg nicht durchgängig bergab, sondern schlängelt sich entlang vorhandener, nicht immer ausschließlich am Fluss verlaufender Wirtschaftswege teilweise auch sanft an Hängen entlang. So beziffert der ADFC den zu überwindenden Gesamtanstieg bei Fahrtrichtung flussabwärts allein zwischen Tuttlingen und Ulm mit 1171 Höhenmetern bergauf (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Tourenportal 2009). Auch sind mehrere Abschnitte nicht asphaltiert, sondern verlaufen auf geschotterten Wirtschaftswegen, so etwa ein kurzes Verbindungsstück zwischen Fridingen und Beuron im Naturpark Obere Donau, welches gleichwohl von einigen Befragten gerade wegen seiner Abgeschiedenheit von Verkehrsströmen als einer der schönsten Abschnitte bewertet wurde.

Im Gegensatz zum Rhein-Radweg und anderen großen Flussradwegen verläuft der Donau-Radweg zumindest im deutschen Teil immer lediglich auf einer Seite des Flusses, überquert ihn dabei aber relativ häufig (Schuwerk 2009). Diese Tatsache hat objektiv keine Nachteile für Radreisende, da nur die wenigsten den Fluss auf einer Seite herunter- und auf der anderen Seite herauffahren möchten. Für Tagesausflügler kann es allerdings durchaus interessant sein, einen Flussabschnitt, z.B. zwischen zwei weit auseinander liegenden Brücken, als Runde beidseitig befahren zu können. Dieser „Nachteil“ dürfte im Bereich der oberen Donau aber durch die geringe Breite des Flusses und die Attraktivität der Landschaft aufgehoben werden.

Im Vorausgriff auf die Befragungsergebnisse des empirischen Teils (Kap. 3) ist es auffällig, dass die Befragten stets nur wenige, ähnliche und zumeist westlich von Sigmaringen liegende Punkte nennen, die sie als kleine Attraktionen bzw. Höhepunkte entlang ihres Weges im Kopf behalten haben. Hierzu zählen v.a. die Donauquelle in Donaueschingen, die Donauversickerung bei Immendingen, der eigentliche Donaudurchbruch hinter Fridingen, das Kloster Beuron, die St. Maurus-Kapelle, die Burg Wildenstein, die Hausener Brücke und Felskulisse, Schloss Sigmaringen, der Riedlinger Marktplatz, das Kloster Obermarchtal und das Ulmer Münster (siehe Abb. 17, einige Beispiele siehe Abb. 18 bis Abb. 20). Die Dichte der genannten Sehenswürdigkeiten schwankt je nach Interessen der Radler, kann jedoch im Vergleich zur Länge des Radweges als ungleich verteilt und insbesondere im östlichen Teil zwischen Sigmaringen und Ulm als eher dünn bezeichnet werden. Eine größere Anzahl an Informationstafeln, die auch entferntere landschaftliche oder kulturräumliche Sehenswürdigkeiten wie z.B. den südlichen Albtrauf oder eiszeitliche Moränenzüge „an den Weg holen“ und über sie informieren, wären hier im Sinne des Donau-Radwegs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 17: Verteilung der mehrfach genannten Sehenswürdigkeiten am Donauradweg.

Quelle: eigene Kartographie auf Grundlage von Landesvermessungsamt Baden-Württemberg 1991.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 18: Fachwerkhäuser am Riedlinger Marktplatz.

Quelle: eigenes Foto 2009.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 19: Das Römermuseum in Mengen-Ennetach. Quelle: eigenes Foto 2009.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 20: Die Mengener Ortsdurchfahrt.

Quelle: eigenes Foto 2009.

Wichtiges Element des touristischen Angebots stellen die kommerziellen Hinweisschilder am Weg dar, mit denen Radler insbesondere auf Unterkünfte aufmerksam gemacht werden. Sie wurden oft geschickterweise entweder an der zentralen Radwegekreuzung eines Ortes positioniert, an denen Radler zwecks Orientierung häufiger anhalten, oder an Ortseingängen, um die Gäste auf lokale Übernachtungs- und gleichzeitig auf Besichtigungsmöglichkeiten hinzuweisen (siehe Beispiele aus Riedlingen in Abb. 21 und Abb. 22). Insbesondere die Übernachtungsinformationen finden sich jedoch auch dezentral am Weg ohne direkten Zusammenhang zu Siedlungen. Die Schilder wirken oft, als seien sie von den Gastgebern persönlich erstellt und angebracht worden (siehe Abb. 23 und Abb. 24).

Die Kombination der zentralen Kreuzung beim oder nahe dem Ortskern mit den größeren Radwegweisern, die auch Distanzen anzeigen, stellt für die Radfahrer auch eine Konditionierung auf Sehenswürdigkeiten dar, da sie so an Orten, an denen solche Radwegweiser aufgestellt sind, auch automatisch weitere Informationen zum Ort selbst und seinem Angebot erwarten. Diesem Umstand wurde stellenweise durch parallel ausgehängte Ortspläne und dergleichen Rechnung getragen, so dass an einigen Stellen tatsächlich kleine Informations-Zentralen entstanden sind, an denen Radler detaillierte Entscheidungsgrundlagen für oder gegen den Besuch eines Ortes vorfinden (siehe Abb. 25 und insbesondere die Informationssammlung am Ortseingang von Hundersingen in Abb. 26).

[...]


[1] Quelle sämtlicher Einwohner- und Flächenzahlen dieses Absatzes: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009. Der letzte verfügbare Stand dieser Zahlen ist aus dem Jahr 2007.

[2] neben dem in dieser Arbeit thematisierten Donauradweg sind natürlich zahlreiche Rundkurse möglich, die auch z.B. in Fahrradzeitschriften durch die Albaufstiege als Strecken mit „hohem Schwierigkeitsgrad“ beschrieben werden (siehe z.B. Netzwerk Oberschwaben GmbH 2009). Hinzu kommen Querverbindungen zu Orten, die abseits der Donau liegen. All diese Varianten finden in dieser Arbeit jedoch keine weitere Beachtung, da sie – bedingt v.a. durch die Topographie – im Vergleich zum Aufkommen auf dem Donauradweg ein geringes Radfahreraufkommen haben, welches quantitativ zudem sehr schwierig zu erfassen sein dürfte.

[3] s.a. „Die sieben im Süden. Freilichtmuseen in Baden-Württemberg“ unter www.landmuseen.de

[4] vgl. Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg 2009; Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau 2009.

[5] Der Radroutenplaner NRW ist erreichbar unter www.radroutenplaner.nrw.de.

[6] Der Radroutenplaner Hessen ist erreichbar unter www.radroutenplaner.hessen.de, jener von Rheinland-Pfalz unter www.routenplaner.rlp.de.

[7] Der Radroutenplaner Bremen ist erreichbar unter www.radroutenplaner-bremen.de, jener des VVS unter www.radroutenplaner.vvs.de

[8] Quelle: eigene Informationen aus Gesprächen im Rahmen meiner Tätigkeit für den VVS in Stuttgart.

Ende der Leseprobe aus 127 Seiten

Details

Titel
Fahrradtourismus auf dem Donau-Radweg in der Region obere Donau in Baden-Württemberg
Untertitel
Akteure, Infrastruktur und Perspektiven aus dem Vergleich von 1997 und 2009
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Geographisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
127
Katalognummer
V143362
ISBN (eBook)
9783640538836
ISBN (Buch)
9783640539703
Dateigröße
41541 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Tourismus, Radtourismus, Fahrrad, Sporttourismus, Aktivtourismus, Tourismusgeographie, Verkehrsgeographie, Geographie, Oberschwaben, Schwäbische Alb, Donau, Donauradweg, Naturpark Obere Donau
Arbeit zitieren
Dipl.-Geogr. Benjamin Pape (Autor:in), 2009, Fahrradtourismus auf dem Donau-Radweg in der Region obere Donau in Baden-Württemberg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143362

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