Friedrich II.: Mit dem roi philosophe zum aufgeklärten Staat?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die europäische Aufklärung im 18. Jahrhundert
2.1 Christian Thomasius, Christian Wolff und das ältere Naturrecht
2.2 Immanuel Kant, Jean-Jacques Rousseau und die Enzyklopädisten

3 Preußen im 17. und 18. Jahrhundert

4 Friedrich, Kronprinz von Preußen – aufgeklärte Ideen im Antimachiavell

5 Friedrich II., König von Preußen – die Umsetzung aufgeklärter Ideen
5.1 Bildungsreform
5.2 Justizreform

6 Friedrich II. – ein aufgeklärter Staatsmann?

7 Mit Friedrich II. zum aufgeklärten Staat?

8 Schluss

9 Bibliografie
9.1 Quellen
9.2 Literatur

1 Einleitung

Friedrich II. von Preußen galt bei seinem Regierungsantritt bei vielen Zeitgenossen als aufgeklärter Herrscher und es wurden viele Erwartungen in ihn gesetzt, seinen Staat im aufgeklärten Sinne zu demokratisieren. Vor seinem Machtantritt 1740, während der Rheinsberger Jahre (1736-1740) veröffentlichte er den Antimachiavell, schrieb Gedichte, komponierte Flötenkonzerte und diskutierte mit den bedeutendsten Wissenschaftlern unterschiedlichster Disziplinen seiner Zeit.

Kurz nach seinem Regierungsantritt holte er den Philosophen Christian Wolff zurück an die „Berliner Akademie“ zurück, deren Aufbau und Arbeit er viel Zeit und Interesse widmete. Er korrespondierte mit Voltaire und beschäftigte in Berlin namenhafte Wissenschaftler wie Pierre Louis Moreau de Maupertuis, Leonhard Euler, Joseph-Louis Lagrange, Julien Offray de La Mettrie und Jean-Baptiste de Boyer Marquis d'Argens.

Wie konnte es dennoch dazu kommen, dass Jean-Jacques Rousseau in Bezug auf Friedrich II. von einem „[…] Mensch ohne Prinzipien, der jedes Menschenrecht mit Füßen tritt, der nicht an die Tugend glaubt, sondern sie als Köder betrachtet, mit dem die Dummen täuscht und der seinen Machiavellismus begann, indem er Machiavelli widerlegte[1] “ sprach?

Um diesem Vorwurf auf den Grund zu gehen, muss zuerst die Aufklärungsbewegung in Europa des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts näher betrachtet werden. Anschließend wird im Kapitel drei der Blick auf die Entwicklung Preußens im 17. und 18. Jahrhundert gerichtet. In den darauffolgenden Kapiteln wird näher auf Friedrich II. eingegangen, sowohl als Kronprinz als auch als König. In den Kapiteln sechs und sieben wird der Bezug zwischen Friedrich II. und der Aufklärung sowie seiner Gestaltung eines aufgeklärten Staates hergestellt.

Die leitende Problemstellung der Seminararbeit soll sein, ob Friedrich II. als aufgeklärter Staatsmann es auch schaffte, einen aufgeklärten Staat zu schaffen.

2 Die europäische Aufklärung im 18. Jahrhundert

Will man Friedrich II. mit der europäischen Aufklärung in Verbindung bringen, so genügt es keinesfalls, die europäische Aufklärungsbewegung auf Immanuel Kant und seinen Aufsatz „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit[2] “ zu reduzieren. Als dieser sein Werk 1784[3] veröffentlichte, hatte Friedrich II. längst einen Großteil seiner Schriften veröffentlicht und galt bereits bei vielen seiner Zeitgenossen als aufgeklärter Herrscher. Auch Jean-Jacques Rousseau und Denis Diderot haben nur wenig Einfluss auf die aufgeklärten Ideen von Friedrich II. gehabt. Eine viel wichtigere Rolle spielten die Vorstellungen des älteren Naturrechts (siehe Punkt 2.1) von Christian Thomasius und Christian Wolff. Die für die Regentschaft Friedrichs II. wichtigsten Punkte daraus und eine Abgrenzung zu den Vorstellungen des neueren Naturrechts (siehe Punkt 2.2) von Immanuel Kant, Jean-Jacques Rousseau und den Enzyklopädisten nun im Folgenden.

2.1 Christian Thomasius, Christian Wolff und das ältere Naturrecht

Die Grundsätze der Aufklärung fanden Eingang in die Regierungsmaximen von Friedrich II. und ließen sie in ihrer westeuropäischen Ausprägung in der europäischen Kulturlandschaft die dominierende Geistesbewegung werden.[4]

Der erste bedeutende Begründer der deutschen Aufklärung war Christian Thomasius. Ebenalls einflussreich war Christian Wolff, welcher später in Halle lehrte und von dort durch einen Befehl von Friedrichs Vater vertrieben wurde, 1740 aber von König Friedrich II. an die Berliner Akademie zurückberufen wurde.

Christian Thomasius sprach sich vehement gegen die scholastische Philosophie und das

– seiner Meinung nach – tote Latein aus. Als vorbildliche Kultur betrachtete er das Französische und empfahl sogar die Nachahmung der Franzosen.[5] Auch Christian Wolff hatte einen großen Einfluss auf die Frühaufklärung. Er entwickelte einen Katalog von natürlichen Rechten[6] und stellte die Obrigkeit in die Pflicht, für das Wohl des Volkes zu sorgen und die Sicherheit zu erhalten. Genau hier findet sich eine der wichtigsten Aussagen für Friedrich II. und seinen Absolutismus: Wie für das Wohl des Volkes und deren Sicherheit zu sorgen ist, sei nicht Aufgabe des Volkes selbst, sondern die eines Herrschers. Die Untertanen könnten nicht wissen, was das Beste für das ganze Volk sei, diese Theorie vergleicht das Volk mit Kindern, die eine väterliche Obrigkeit benötigten.[7]

Dieses ältere Naturrecht entsprach den Interessen Friedrichs II. mit ihm konnte er die vorhandene absolutistische Ordnung welche schon von seinen vorhergehenden Herrschern als vorherrschende Staatsform aufgebaut und gefestigt wurde, beibehalten.[8]

2.2 Immanuel Kant, Jean-Jacques Rousseau und die Enzyklopädisten

In den Jahren zwischen 1740 und 1760 befand sich die Wolff‘sche Philosophie an den preußischen Universitäten in der Blütezeit, danach erreichte die Aufklärung nach den in Punkt 2.1 genannten Leitzätzen einen Wendepunkt. Sie radikalisierte sich sowohl in religiöser, als auch in philosophischer und politischer Hinsicht.[9]

Zum einen sorgte Immanuel Kant in Deutschland für eine veränderte Sicht auf die Aufklärung. Bei ihm gab es zur damaligen Zeit keine Verbindung zwischen dem Absolutismus einerseits und der Aufklärung andererseits („Was aber nicht einmal ein Volk über sich selbst beschließen darf, das darf noch weniger ein Monarch über das Volk beschließen […]“[10] ). Wesentlich stärker trat hier liberales und demokratisches Ideengut in den Vordergrund. Die Aufklärung wurde nicht mehr nur auf die Regierung und den absoluten Herrscher, sondern viel mehr auf alle Menschen im Volk bezogen. Der Unterwerfungsvertrag (siehe Punkt 4) galt damit für ihn als nichtig.

Ebenso gegensätzlich zum älteren Naturrecht entwickelte sich die französische Aufklärung. Die Enzyklopädisten, unter ihnen Denis Diderot und Jean Baptiste le Rond d’Alembert („Encyclopédie“[11] ) sahen im aufgeklärten Absolutismus einen Gegner und bevorzugten eine demokratische Version des naturrechtlichen Denkens, bei der ebenfalls die Vernunft jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschaft im Kontrast zum aufgeklärten Absolutismus stand.[12] Der Staat wurde der Gesellschaft untergeordnet. Man sprach immer verstärkter von einer Vereinheitlichung des Rechtswesens, der Humanisierung des Strafrechts und des Strafvollzuges, vom Abbau der Standesschranken und der Ausübung religiöser Toleranz und der grundlegenden Reformierung des Bildungswesens.[13]

3 Preußen im 17. und 18. Jahrhundert

Der erste König von Preußen, Friedrich I., ließ sich 1701 zu diesem krönen. Unter ihm fanden viele Reformen statt, er gab der Kulturpolitik einen hohen Stellenwert, hinterließ aber auch einen finanziell ruinierten Staat mit hohen Schulden.[14] Sein Sohn und der Vorgänger Friedrichs II., Friedrich Wilhelm I., schuf die Spezifik der preußischen Verwaltung, mit der auch Friedrich II. später arbeitete. Sie zeichnete sich laut Johannes Kunisch durch beispiellose Energie, unerbittliche Sparsamkeit und strenge Pflichterfüllung[15] aus. Der Staat hatte eine hochabsolutistische Prägung. Unter Friedrich Wilhelm I. konnte so eine umfassende Heeres-, Finanz- und Verwaltungsreform durchgeführt werden. Er verstärkte die Armee auf bis zu 76000 Soldaten und unterhielt sie mit geschicktem Wirtschaften. Aufgeklärten Ideen waren allerdings weit. Graf Ernst Christof von Manteuffel schrieb an Christian Wolff, dass „Jeder Untertan in diesem Land [..] als geborener Sklave betrachtet [wird].[16] “ Folter und ein unmenschlicher Umgang mit der Armee wurden ihm nachgesagt. Das Herrschaftsverständnis beruhte auf religiöser Tradition, Friedrich Wilhelm I. sah sich selbst als Amtsmann Gottes auf Erden.[17] Christopher Duffy widerspricht dennoch dem Vorwurf, dass Preußen unter der Regierung Friedrich Wilhelms I. besonders rückständig gewesen sein soll und führt an, dass zum Beispiel Angehörige der Armee eine ordnungsgemäße Erziehung erhalten hätten.[18] Ebenfalls, so Johannes Kunisch, gab es durch die umfangreichen und tiefgreifenden Reformen große Fortschritte auf vielen Gebieten des staatlichen Handelns.[19] Am Ende seiner Regierungszeit war die Schuldenlast getilgt, verpfändete Güter konnten zurückgekauft werden und ein Staatsschatz von acht Millionen Talern war vorhanden.[20]

[...]


[1] Jean Jacques Rousseau: Correspondance complète, hg. v. Ralph Alexander Leigh, 52 Bde., Genève 1967, Bd.5, 247f., die Übersetzung ist entnommen aus Fontius, Martin: „Der Ort des Roi philosophe in der Aufklärung“, in: Fontius, Martin (Hg.): Friedrich II. und die europäische Aufklärung, Berlin 1999, S. 15. Im Folgenden: Fontius: „Der Ort des Roi Philosophe“.

[2] Kant, Immanuel.: Was ist Aufklärung?Ausgewählte kleine Schriften, Hamburg 1999, S.20. Im Folgenden: Kant: Was ist Aufklärung?

[3] Kant, Immanuel: „Beantwortung der Frage: was ist Aufklärung?“, in: Berlinische Monatszeitschrift, Bd.4, 1784, S.481-494.

[4] Vgl.: Baumgart, Peter: „Friedrich der Große als europäische Gestalt“, in: Kunisch, Johannes u.a. (Hg.): Analecta Fridericiana (Zeitschrift für historische Forschung), Berlin 1987, S.13 f. Im Folgenden: Baumgart: „Friedrich als europäische Gestalt“.

[5] Die Orientierung an der französischen Kultur hatte zur damaligen Zeit einen rationalen Kern. Zum einen war das Französische die Sprache sowie der Diplomatie als auch der kulturellen Kommunikation. So gehörte die Auseinandersetzung mit der französischen Sprache und der französischen Literatur zur standesgemäßen Erziehung eines Thronfolgers, vgl.: Fontius: „Der Ort des Roi Philosophe“, S.13.

[6] Die natürlichen Rechte eines Menschen bezogen sich laut Christian Wolff auf das Rechte auf Leben, Unverletzlichkeit, Nahrung, Kleidung, Wohnung, Arbeit und Erziehung, vgl. Ziechmann, Jürgen: Panorama der Fridericianischen Zeit: Friedrich der Große und seine Epoche. Ein Handbuch, Bremen 1985, S.25. Im Folgenden: Ziechmann: Friedrich und seine Epoche.

[7] Vgl.: Ziechmann: Friedrich und seine Epoche, S.20 ff.

[8] Eine wichtige Neuerung bei dem Herrschaftsverständnis von Friedrich II. war die Abwendung der theologischen Herrschaftsbegründung, durch welche noch sein Vater, Friedrich Wilhelm I., seine Herrschaft legitimierte. Siehe dazu auch Punkt 4, vgl.: Fontius: „Der Ort des Roi Philosophe“, S.16 f.

[9] Vgl.: Möller, Horst: „Friedrich der Große und der Geist seiner Zeit“, in: Kunisch, Johannes u.a. (Hg.): Analecta Fridericiana (Zeitschrift für historische Forschung), Berlin 1987, S.65. Im Folgenden: Möller: „Friedrich und der Geist seiner Zeit“.

[10] Kant: Was ist Aufklärung? , S.25.

[11] Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers. Mis en ordre & publié par M. Diderot, de l’Académie Royale & des Belles-Lettres de prusse; & quant à la Partie Mathematique, par M. d’Alembert, de l’Academie Royale des Sciences de Paris, de celle de Prusse, & de la Societé Royale de Londres, tome premier. Paris 1751-1765.

[12] Vgl.: Fontius: „Der Ort des Roi Philosophe“, S.16 f.

[13] Vgl.: Möller, Horst: „Wie aufgeklärt war Preußen?“, in: Puhle, Hans-Jürgen (Hg.): Preußen im Rückblick (Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaften, Sonderheft 6), Göttingen 1980, S.194f.; Erbe, Michael: Deutsche Geschichte 1713-1790: Dualismus und aufgeklärter Absolutismus, Stuttgart 1985, S.57, 60. Im Folgenden: Erbe: Deutsche Geschichte; Vierhaus, Rudolf: Deutschland im Zeitalter des Absolutismus (Deutsche Geschichte6), Göttingen 21984, S.110, 149. Im Folgenden: Vierhaus: Zeitalter des Absolutismus.

[14] Vgl.: Duffy, Christopher: Friedrich der Große und seine Armee , übers. v. Jochen Peiper, Stuttgart 1978, S.12. Im Folgenden: Duffy: Friedrich und seine Armee.

[15] Vgl.: Kunisch, Johannes: „Friedrich der Große“, in: Kunisch, Johannes u.a. (Hg.): Analecta Fridericiana (Zeitschrift für historische Forschung), Berlin 1987, S.36. Im Folgenden: Kunisch: „Friedrich der Große“.

[16] Brief von Ernst Christoph von Matnteuffel an Christain Wolff, Zitat entnommen aus: Augstein, Rudolf: Preußens Friedrich und die Deutschen, Frankfurt a.M. 1969. Im Folgenden: Augstein: „Der unaufgeklärte Staat“. Auslassung, Einfügung: Annegret Jahn

[17] Vgl.: Baumgart: „Friedrich als europäische Gestalt“, S.10-12.

[18] Vgl.: Duffy: Friedrich und seine Armee, S.13.

[19] Vgl.: Kunisch: „Friedrich der Große“, S.37.

[20] Vgl.: ebd., S.37.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Friedrich II.: Mit dem roi philosophe zum aufgeklärten Staat?
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Der 30-jährige Krieg
Note
2,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V143230
ISBN (eBook)
9783640523726
ISBN (Buch)
9783640524426
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Friedrich II. von Preußen galt bei seinem Regierungsantritt bei vielen Zeitgenossen als aufgeklärter Herrscher und es wurden viele Erwartungen in ihn gesetzt, seinen Staat im aufgeklärten Sinne zu demokratisieren. Die leitende Problemstellung der Seminararbeit soll sein, ob Friedrich II. als aufgeklärter Staatsmann es auch schaffte, einen aufgeklärten Staat zu schaffen.
Schlagworte
Friedrich, Staat
Arbeit zitieren
Annegret Jahn (Autor:in), 2009, Friedrich II.: Mit dem roi philosophe zum aufgeklärten Staat?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143230

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