Die intermediale Beobachtung des Schönen?

Zur Problematik eines autonomen Literatursystems in der Kunst


Bachelorarbeit, 2009

54 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Die (erfolglose) Suche nach dem Literatursystem

2. Systemtheoretische Grundlagen

3. Literatur als soziales System?
3.1. Die Ausgangslage: Luhmanns Ausführungen zur Kunst
3.2. Symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium
3.3. Binäre Codierung
3.4. Funktion und Leistung
3.5. Zwischenfazit: Literatur als intermedialer Bestandteil des Kunstsystems?

4. Literatur als Vollzug des symbolisch generalisierten Kommunikations-mediums
„Kunstwerk“ im Mehrebenenmodell des Kunstsystems
4.1. Literatur als intermedialer Bestandteil des Kunstsystems
4.2. Exkurs: Goethes „Werther“ als literarische Spezialkommunikation im Kunstsystem

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Die (erfolglose) Suche nach dem Literatursystem

Als sogenannte „Supertheorie“[1] hat die Systemtheorie Niklas Luhmanns wie kaum eine andere soziologische Theorie die Geistes- und Sozialwissenschaften der letzten 30 Jahre geprägt. Auch die Literaturwissenschaft hat seit Anfang der 1980er Jahre mit einiger Anstrengung versucht, sich dem Phänomen der Literatur auf systemtheoretischem Wege zu nähern – mit mäßigem Erfolg. So konstatierte Oliver Sill im Jahr 2001, dass die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung im Zeichen der Systemtheorie knapp zwei Jahrzehnte später „kaum über das Anfangsstadium hinaus gelangt war“ und „im Dschungel systemtheoretischer Konzepte“ den eigenen Gegenstandstandsbereich, nämlich „Literatur bzw. literarisches Handeln“ aus den Augen zu verlieren drohte.[2] An dieser Feststellung hat sich bis zum heutigen Tage nicht viel geändert. Trotz zahlreicher Beiträge, Sammelbände (u. a. Schmidt 1993, de Berg/Prangel 1997, Fohrmann/Müller 1996) und diverser theoretischer Ausdifferenzierungen hat die systemtheoretische Literaturwissenschaft in den letzten Jahren stark an Attraktivität und Relevanz eingebüßt.[3] Dies liegt nicht zuletzt an dem hohen Abstraktionsmoment der Theorie sozialer Systeme, die eine Applizierbarkeit systemtheoretischen Denkens auf literarische Texte als Form kommunikativen Handelns nicht ohne Schwierigkeiten zulässt. Die einstige Hoffnung systemtheoretischer Literaturwissenschaftler, mit der Systemtheorie ein Konzept vorzufinden, welches die Auflösung der Literaturwissenschaft in eine allgemeine Kulturtheorie aufzuhalten vermag und ein Begriffs-Setting bereitstellt, das es einerseits ermöglicht, universell die Möglichkeitsbedingungen für Literatur zu definieren und andererseits spezifisch genug ist, um Literatur und literarische Texte integrierend einzubinden[4], scheint begraben. Allein die kontrovers geführte Diskussion um eine adäquate Codierung und eine schlüssige funktionale Analyse[5] des Literatursystems zeigt, dass in der systemtheoretisch orientierten Forschung bis heute nur eines sicher ist: „dass nichts sicher ist“.[6]

Lediglich in einem Punkt scheinen sich die unterschiedlichen systemtheoretischen Strömungen einig zu sein – dass es sich bei Literatur um ein autopoietisches Sozialsystem handelt.[7] Demnach muss Literatur als ein „selbstreferentielles System“ verstanden werden, „das sich in Differenz zu einer Umwelt“[8] konstituiert und mithilfe interner Operationsregeln eine gesellschaftliche Funktion übernimmt, die von keinem anderen System derselben Weise ausgefüllt wird. Eine These, die im Allgemeinen im Zirkel der systemtheoretischen Literaturwissenschaftler anerkannt ist[9], bei genauerem Hinsehen jedoch äußerst fraglich und voraussetzungsvoll erscheint. Nicht ohne Grund hatte Luhmann in diversen Schriften davon Abstand genommen, Kunst als Sozialsystem weiter auszudifferenzieren.[10] Deshalb stellt sich 25 Jahre nach dem Erscheinen von Luhmanns Hauptwerk „Soziale Systeme“ immer noch die Frage, ob Literatur wirklich als autopoietisches Sozialsystem mit eigener Funktionalität und binärer Codierung bezeichnet werden kann.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, einen Schritt hinter den Gemeinplatz von Literatur als Sozialsystem zurückzutreten und die grundsätzliche Frage nach dem Systemcharakter von Literatur neu zu stellen. Dabei soll in einem ersten Schritt Luhmanns Theorie sozialer Systeme mit Blick auf die Bedingungen und Merkmale eines Sozialsystems skizziert werden, um darauffolgend den bisherigen Forschungsstand der systemtheoretischen Literaturwissenschaft auf diese Merkmalsbedingungen hin zu untersuchen. Es wird sich zeigen, dass es der systemtheoretischen Literaturwissenschaft bisher weder gelungen ist, die funktionale Autonomie der Literatur stichhaltig nachzuweisen, noch eine treffende binäre Codierung als Identitäts- bzw. Differenzmuster zu definieren. Für dieses Dilemma gibt es zwei potentielle Gründe: Entweder stecken die Diskurse und theoretischen Applikationsversuche der systemtheoretischen Literaturwissenschaft nach knapp drei Jahrzehnten immer noch in den Kinderschuhen, oder die Annahme, dass sich Literatur im Zuge der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung zu einem eigenen Funktionssystem entwickelt hat[11], erweist sich als lang geglaubter Fehlschluss. Sollte dies der Fall sein, stellt sich die Frage, wie sich das Verhältnis von Literatur als soziales, kommunikatives und produktives Phänomen in Luhmanns Theorie sozialer Systeme einpflegen lässt. Hierfür bietet Luhmann selbst einen Denkanstoß – die Medium/Form-Beziehung innerhalb des Kunstsystems:

„Kunstwerke sind nicht einfach Spuren, die menschliche Tätigkeit in der wahrnehmbaren Welt hinterläßt. [...] Sie dienen, um auf ein minimales Abgrenzungskriterium abzustellen, der Übermittlung von Sinn. Das erfordert ein Medium, in dem (oder durch das) die Übermittlung stattfindet. Die folgenden Überlegungen versuchen, etwas über dieses Medium der Kunst herauszufinden. <<Das>> Medium <<der>> Kunst – wir sehen bewußt von einer Unterscheidung verschiedener Kunstarten ab in der Annahme, daß man gerade mit Hilfe dieser Frage nach dem Medium etwas Gemeinsames beobachten und beschreiben kann.“[12]

Was Luhmann in diesem Aufsatz vorsichtig andeutet, läuft auf die These hinaus, dass sich das Kunstsystem nicht weiter in verschiedene autonome und funktional unterschiedene Subsysteme (Literatur, Malerei, Musik etc.) ausdifferenziert hat, sondern lediglich Unterschiede in der Medium/Form-Beziehung zwischen den einzelnen Kunstarten bestehen. Demnach ließe sich Literatur einerseits als eine mögliche Form des symbolisch generalisierten Kommunikationsmediums der Kunst (= Kunstwerk) bezeichnen, andererseits als Medium (Sprache), in welchem Formen (Drama, Gedicht, Roman etc.) nach autopoietischen Regeln produziert und kommuniziert werden. Entscheidend und von besonderer Relevanz für die systemtheoretische Literaturwissenschaft ist dabei der Fakt, dass. diesem Gedankengang folgend, Literatur zwar in ihrer Medium/Form-Beziehung von den anderen Kunstarten zu unterscheiden wäre, in ihrer Funktionalität und Codierung dennoch dem Kunstsystem zugrunde läge. Mit anderen Worten: Literatur bildet kein eigenes Funktionssystem aus, sondern ließe sich, unter Zuhilfenahme des Medium/Form-Konzeptes, als sprachlich-artifizieller Vollzug im Kunstsystem neu verorten. Diese Erkenntnis hätte eine Neujustierung der systemorientierten Literaturwissenschaft zur Folge, die zur heilsamen Regeneration des Diskurses um die theoretischen Implikationen und Neuerungen der Systemtheorie führen könnte, zeigt sich doch, dass die Leistungsfähigkeit der Systemtheorie als Erklärungsansatz für literaturwissenschaftliche bzw. literatursoziologische Fragestellungen nur von begrenzter Reichweite sein kann. Womöglich würde sich der Fokus der (systemorientierten) Literaturwissenschaft dann, wie so oft gefordert[13], wieder verstärkt auf Beschreibungsansätze richten, welche stärker in der Lage sind, textimmanente Komponenten bzw. Textstrukturen zu erklären, anstatt fortlaufend selbstreferentiell um soziologische Beschreibungs- und Argumentationsweisen von Literatur als ausdifferenziertes und autopoietisches Teilsystem der Gesellschaft zu kreisen. Ebenfalls ließe sich, unter dem Gesichtspunkt einer systemtheoretischen Medientheorie, das Verhältnis der verschiedenen Kunstarten, ihrer Anknüpfungspunkte, Differenzen und Analogien produktiv aufgreifen, um Literatur darin als intermedialen Bestandteil (kunst-) soziologisch weitreichend zu erfassen. Intention der vorliegenden Arbeit ist es daher, solchen Gedankengebäuden einen argumentativen Unterbau zur Verfügung zu stellen.

2. Systemtheoretische Grundlagen

Luhmanns Systemtheorie ist innerhalb der Literaturwissenschaft ausführlich und detailliert dargestellt, erläutert und nachgezeichnet worden[14], sodass es an dieser Stelle müßig wäre, nochmals die gesamte Theorie sozialer Systeme zu referieren. Daher geht es in den folgenden Ausführungen vor allem darum, den Fokus verstärkt auf die konstitutiven Merkmale eines Sozialsystems zu richten, um diesen Merkmalskatalog im Kontext der Erkenntnisse systemtheoretischer Literaturwissenschaft auf seine Gültigkeit für das „Literatursystem“ zu prüfen.[15] Dennoch ist es unablässig, zumindest kurz die wichtigsten Implikationen und Inhalte der Systemtheorie vorzustellen.

Sich Niklas Luhmanns Systemtheorie zu nähern und zu verdichten, führt zu einigen Schwierigkeiten, da die Theorie nicht nur einen hohen Abstraktionsgrad aufweist, sondern auch durch das stetige Experimentieren Luhmanns mit theoretischen Innovationen bisweilen Konsistenz und manchmal gar Plausibilität vermissen lässt.[16] Wie bereits erwähnt handelt es sich bei der Systemtheorie um eine Supertheorie, also um eine Theorie, die den Anspruch hat, universelle Aussagen treffen zu können. Luhmann beschränkt den Rahmen seiner Theorie jedoch insoweit, dass Systemtheorie nicht die Widerspiegelung der kompletten Realität für sich reklamiert, sondern als soziologische Theorie lediglich „alles Soziale behandelt“[17]. Gegenstandsbereich der Systemtheorie sind somit alle sozialen Phänomene und Prozesse - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Neben sozialen Systemen gibt es ebenso andere Systeme wie Maschinen, Organismen oder psychische Systeme (vgl. ebd.: S. 16). Soziale Systeme unterteilt Luhmann nochmals in Organisationen, Interaktionen und Gesellschaft. Trotz dieser Differenzierung kann die Theorie sozialer Systeme nur mit Rekurs auf alle drei Typen erklärt werden[18], während die Abgrenzung zu den anderen Systemarten ein eindeutiges Charakteristikum der Luhmannschen Systemtheorie darstellt. Bemerkenswert und seiner Zeit ein Affront gegen die Geistes- und Sozialwissenschaften ist die „Verbannung“ des Subjektes bzw. des Individuums aus der Luhmannschen Systemtheorie.[19] Nicht der Mensch an sich, sondern die von ihm getätigte Kommunikation erweist sich als konstitutiv für soziale Prozesse. Bewusstseinsbegabte Menschen bilden zwar die Grundlage sozialer Systeme, dennoch sind sie nicht Teil dieser Systeme. Soziale Systeme entstehen nicht dort, wo zwei Menschen aufeinandertreffen, sondern dort, wo ein Gedanke kommunikativ mitgeteilt wird. Psychische Systeme (= Menschen) prozessieren Sinn durch Gedanken, soziale Systeme mittels Kommunikation.[20] Unter Sinn(-dimensionen) versteht Luhmann dabei Überschüsse an „Verweisungen auf weitere Möglichkeiten des Erlebens und Handelns“, welche die Erzeugung aller sozialen und psychischen Systeme ermöglichen.[21] Sinn appräsentiert die unendliche Weltkomplexität und ordnet dadurch die Operationen (u.a. Selbstreferenz, Komplexitätsaufbau, Kommunikation) psychischer und sozialer Systeme.

Psychische und soziale Systeme sind mittels Interpenetration[22] auf dem Wege der Co-Evolution entstanden. Beide Systemarten bilden eine notwendige Umwelt für die jeweils andere. Oft wurde die Systemtheorie aufgrund dessen als technokratisch und antihumanistisch bezeichnet – zu Unrecht:

„Anders als die humanistische Tradition, an die die Soziologie vorwiegend anschließt und die den Menschen als etwas Ganzes ansieht (als Einheit von psychischem und organischem System), als das nicht weiter auslösbare Letztelement der Gesellschaft betrachtet, verortet die Theorie sozialer Systeme den Menschen außerhalb des sozialen Systems (dessen Letztelemente Kommunikationen sind): in seiner Umwelt. Diese Entscheidung bedeutet allerdings keine Abwertung der Relevanz des Menschen für die Gesellschaft [...].“[23]

In der Systemtheorie verkommt der Mensch somit nicht zur Fußnote gesellschaftlicher Entwicklungen, vielmehr verschiebt sich die Perspektive. Kommunikation und nicht Gedanken sind die spezifische Operation, derer sich soziale Systeme bedienen, und das Letztelement, aus denen sie bestehen.

Unter Kommunikation versteht Luhmann die dreistellige Einheit der Selektionen aus Information, Mitteilung und Verstehen.[24] Kommunikation kann als geglückt bezeichnet werden, wenn Verstehen durch die „Unterscheidung der Information von ihrer Mitteilung“ zustande kommt und somit die Voraussetzung für die Anschlussfähigkeit einer Kommunikation an weitere Kommunikation bereitstellt. Diese Anschlussfähigkeit kommunkativer Handlungen ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, da die Selektivität der sinnkonstituierenden Systeme (psychische und soziale Systeme) immer kontingent, d.h. nicht eindeutig bestimmbar, ist. Aristoteles zufolge ist unter Kontingenz etwas zu verstehen, „was weder notwendig noch unmöglich ist; was also so, wie es ist (war, sein wird), sein kann aber auch anders möglich ist“ (ebd.: S. 152). Es geht also um die Möglichkeit von Alternativversionen der jedermann geläufigen Realität. Mit Blick auf die Interpenetration zwischen psychischem und sozialem System ergibt sich das Phänomen der „doppelten Kontingenz“, da jede Selektion von Kommunikations- und Denkmöglichkeit sowohl von Ego als auch von Alter abhängt. Anders ausgedrückt: Ego und Alter bilden jeweils selbstreferentielle psychische Systeme, die für den jeweils anderen nicht zugänglich sind. Glaubt man nicht an Telepathie oder Gedankenübertragung, so heißt dies, dass Ego und Alter sich jeweils nur mittels Kommunikation über ihre Gedanken austauschen können. Dies setzt voraus, dass beide die gleichen Selektionprozesse (Information, Mitteilung, Verstehen) vornehmen und darin die Perspektive ihres Gegenüber miteinschließen :

„Für jedes Alter ist Ego ein Alter Ego, dessen Verhalten unvoraussagbar und variationsfähig ist. [...] Aufgrund dieser Voraussetzung bedeutet doppelte Kontingenz [...] eine spezifisch soziale Qualität von Kontingenz: Sie bedeutet, daß der Aufbau der sozialen Welt durch einen doppelten Perspektivenhorizont (Egos und Alters Perspektiven) entsteht. [...] Sowohl Ego als auch Alter erfahren doppelte Kontingenz; sie schließen die Perspektive des anderen in die eigene ein und müssen sie dann berücksichtigen.“[25]

Diese Problematik eines kontingenten Weltzuganges ist die Grundlage für die Autokatalyse sozialer Systeme.[26] Soziale Systeme reduzieren Unsicherheiten und erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer anschlussfähigen Kommunikation. Dies erfolgt durch Beobachtung und Kommunikation von Sinngrenzen bzw. Differenzen zwischen den einzelnen Systemen. In seiner Medientheorie definiert Luhmann drei verschiedene, interdependente Medien[27], die Kommunikation und somit Sinnsetzung ermöglichen – Sprache, Verbreitungsmedien (Schrift, Druck, Funk/Fernsehen, digitale Medien) und generalisierte Kommunikationsmedien (vgl. ebd.: S. 220). Die Erwartungsstrukturen werden dabei vor allem mithilfe symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien stabilisiert, die die Wahrscheinlichkeit gelingender Kommunikation erhöhen und die Struktur der sozialen Systeme vorprägen. Außerhalb sozialer Systeme gibt es keine Kommunikation (vgl. ebd.: S. 61).

Die Systemtheorie konstituiert sich als Differenztheorie. Im Falle sozialer Systeme, ist Sinn das Differenzkriterium, das jedem System die Elemente zuordnet aus denen es besteht und die es reproduziert. Die basale Unterscheidung der Systemtheorie ist die Leitdifferenz zwischen System und Umwelt (vgl. ebd.: S. 22 und 242 ff.). Entgegen älterer Konzeptionen[28] ist ein System in der modernen Systemtheorie nicht mehr die strukturierte Einheit seiner Elemente, sondern vielmehr eine positionsabhängige Identitätskonstruktion auf Basis eines Differenzkriteriums. Demnach können Systeme ohne eine Umwelt, von der sie sich abgrenzen können, nicht bestehen. Die Weltkomplexität und Kontingenz wird also vom System auf eine Umwelt reduziert, welche anhand eines Differenzmerkmals vom System abgegrenzt wird. Außerhalb dieser Grenzen kann das System nicht operieren. Zwischen System und Umwelt besteht somit ein Komplexitätsgefälle. Für ein System gehört alles, was nicht Teil des Systems ist, zur Umwelt – die dann je nach System variiert.[29] Innerhalb eines Systems kann es im Zuge evolutionärer Ausdifferenzierung zur Bildung weiterer Teilsysteme kommen. Dies führt zu einer der größten Neuerungen der Luhmannschen Systemtheorie: der Autopoiesis-Konzeption.

Der Autopoiesis-Begriff stammt aus der Biologie und wurde dort von den chilenischen Biologen Humberto Mantura und Francisco Varela verwendet, um die Organisationsweise von Organismen zu beschreiben. Umgemünzt auf die Theorie sozialer Systeme bezeichnet Autopoiesis „operativ geschlossene Systeme, die sich [...] selbst reproduzieren, indem sie in einer bestimmten räumlichen Einheit die Elemente, aus denen sie bestehen, in einem Produktionsnetzwerk wiederum mit Hilfe der Elemente herstellen, aus denen sie bestehen“[30]. Die operative Schließung sozialer Systeme kennzeichnet die Tatsache, dass Operationen innerhalb des Systems nur als Folgeprozesse von bereits erfolgten Operationen möglich sind. Diese Schließung ist die Grundlage für die Autonomie und Identitätskonstruktion des Systems gegenüber der Umwelt. Autopoiesis als Prozess selbstorganisierender Komplexität bzw. Strukturierung des Systems inkludiert die Selbstreferentalität des Systems.[31] Systeme prozessieren und strukturieren sich nicht nur autonom und selbständig, sie beziehen sich mit ihren Beobachtungen und Handlungen auch auf die eigene Systemwelt.

Es ist jedoch festzuhalten, dass sich die operative Geschlossenheit und Selbstbezüglichkeit eines Systems nur auf die interne Strukturierung und Reproduktion bezieht und soziale Systeme somit nicht grundsätzlich abgekoppelt sind von Umweltbeziehungen. „Unter der Bedingung operativer Geschlossenheit ist das System umweltoffen; jedes der Umwelt entnommene ‚Element’ wird bei seinem Eintritt ins System neu codiert und so zu einem Element systemischer Kommunikation“[32]. So kann beispielsweise ein Banküberfall von verschiedenen Systemen unterschiedlich beobachtet werden. Beobachtung ist neben Kommunikation somit zentral für Konstitution von Selbst- und Fremdreferenz eines (sozialen und psychischen) Systems. Dabei ermöglicht jedes System jeweils nur die Beobachtung unter einem Blickwinkel bzw. einer bestimmten Perspektive. Was die jeweilige Beobachtung aufgrund ihrer systeminternen Unterscheidung nicht beobachten kann, bezeichnet Luhmann als „blinden Fleck“ der Beobachtung, weil eine Beobachtung sich nicht gleichzeitig selbst beobachten kann.[33] Erst eine Reflektion auf Ebene einer Beobachtung zweiter Ordnung ermöglicht, die beobachtungsleitende Unterscheidung des Beobachters erster Ordnung zu erkennen. So kann das Rechtssystem zwar zwischen „Recht“ und „Unrecht“ unterscheiden, ob das gesprochene Urteil jedoch wirklich „gerecht“ ist bzw. wie „Recht“ definiert wird, erfolgt erst durch eine Beobachtung zweiter Ordnung - beispielsweise durch die Rechtswissenschaft. Ebenso weitet die Beobachtung zweiter Ordnung die Beobachtungsperspektive. So lässt sich ein Raubüberfall oder Mord nicht nur durch die „Brillengläser“ des Rechtssystems, sondern ebenso aus Perspektive anderer Systeme (Kunstsystem, Mediensystem etc.) beobachten – wenn auch nur mit Einschränkungen, da jeder Beobachter an die eigene beobachtungsleitende Unterscheidung gebunden ist. Daher gelangen Beobachter zweiter Ordnung, in dem Bewusstsein, dass es eine Vielzahl an möglichen Unterscheidungen gibt, die von keinem „archimedischen Beobachtungspunkt“ bzw. der „richtigen Sicht der Dinge“ erfasst werden können, zu einem polykontexturalen Weltverständnis (vgl. ebd.: S. 52). Hierin zeigt sich das konstruktivistische Fundament der Systemtheorie[34]. Ein System trifft Aussagen über die Wirklichkeit (= System & System/Umwelt) aus sich heraus, gewissermaßen systemimmanent. Wirklichkeit ist somit nur eine konstruierte System-Wirklichkeit, die keine allgemeingültigen Aussagen über die Realität zulässt. Diese systemische Realitäts- bzw. Selbstkonstruktion erfolgt, wie bereits erläutert, durch die Differenzierung anhand von Sinn-Schemata.[35]

Kennzeichnend für sinngeleitete Anschlussoperationen ist die fortwährende Unterscheidung zwischen Aktualität und Möglichkeit. Sinnsysteme sind daher durch „basale Instabilität“ geprägt (vgl. ebd.: S. 99). Das die Anschlusskommunikation dennoch nicht ins Leere läuft, hängt mit der symbolischen Generalisierung von Kommunikationsmedien[36] innerhalb der einzelnen Sozialsysteme zusammen. Sie symbolisieren mittels Generalisierung den Zusammenhang von Selektion und Motivation und konditionieren somit Kommunikation in den sozialen Systemen insoweit, dass „sie zugleich als Motivationsmittel wirken, also die Befolgung des Selektionsvorschlages hinreichend sicherstellen“ (vgl. ebd.: S. 222).

Die wichtigste strukturelle Eigenschaft symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien ist die binäre Schematisierung des Mediums durch einen Code. Die binäre Codierung eines Sozialsystems ermöglicht durch Disjunktion eine höhere Spezifizierung der Kommunikation und damit die Erfolgswahrscheinlichkeit der Anschlusskommunikation. Es handelt sich somit wiederum um eine kommunikative Leitdifferenz, welche den Funktionsbereichen (= sozialen Systemen) des Gesamtsystems Gesellschaft dazu dient, ein Instrument zu installieren, um zu entscheiden, was zum System gehört und was nicht. Die Binärität des Codes lässt nur eine der beiden Möglichkeiten zu – Ablehnung oder Zustimmung des Codes. Dabei tritt die Leitdifferenz (binäre Codierung) meist in doppelter Hinsicht auf.[37] Einerseits kommuniziert die Codierung, was überhaupt zum System gehört und was nicht, andererseits prozessiert diesselbe Codierung die Zuweisung des sozialen Phänomens nach Logik der systeminternen Kommunikation. Beispiele für Arten solcher binären Oppositionen sind u.a. „Recht vs. Unrecht“ für das Rechtssystem, „Haben vs. Nichthaben“ für das Wirtschaftssystem, „wahr vs. unwahr“ für das Wissenschaftssystem. Diese „Spezialsemantik“ der einzelnen Codierungen hat jedoch nicht zur Folge, dass es zu einer Absonderung der selbstreferentiellen Sozialsysteme von gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang kommt, in dem Sinne, dass im Rechtssystem nur Recht oder im Wirtschaftssystem nur Geld thematisiert wird. Vielmehr ist die Qualität der Kommunikation durch die Art der systemischen Bezugnahme vordefiniert.[38] Rechts- Wissenschafts- und Wirtschaftssystem können dieselben gesellschaftlichen bzw. sozialen Phänomene beobachten, jedoch nur unter Bezugnahme auf ihre systemspezifische Codierung („Haben vs. Nichthaben“, „Recht vs. Unrecht“, „wahr vs. unwahr“ etc.) und das betroffene Kommunikationsmedium (Geld, Recht, Wahrheit etc.). Wie kommt es jedoch überhaupt zur Ausbildung von verschiedenen sozialen Systemen?

Der Luhmannschen Systemtheorie zufolge kann man die Ausdifferenzierung des Gesellschaftssystems grob in drei Stufen (segmentäre, stratifikatorische und funktionale Differenzierung) unterteilen. Am Anfang der systemischen Evolution steht die segmentäre Differenzierung: In archaischen Gesellschaften erfolgen die Differenzierungen auf Basis von Verwandtschaft (Clans, Großfamilien, Stämmen etc.) und begrenzter Lokalität. In stratifikatorisch organisierten Gesellschaften, wie sie für die asiatischen, amerikanischen und europäischen Hochkulturen bis zur europäischen Vormoderne kennzeichnend war, strukturiert sich die Differenzierung hierarchisch gemäß der Unterscheidung „oben/unten“. Diese stratifikatorische, hierarchisch geordnete, schichtenmäßig spezifizierte Gesellschaft ist maßgeblich durch seine Repräsentanten (z. B. Adel, Bürgertum, Bauern) geprägt.[39] Beiden Differenzierungstypen ist gemeinsam, dass Personen in den Einheiten, die sie differenzieren (Clans, Schichten, Kasten etc.), einen festen Platz besitzen, der ihre Biografie vorprägt. Im Unterschied zu den segmentären Gesellschaften, welche Rangfolgen noch nicht ausdifferenziert haben, bilden stratifikatorische Gesellschaften Rangunterschiede zwischen den sozialen Einheiten aus, innerhalb der Einheiten herrscht jedoch Gleichheit vor.[40]

Im Zuge der Modernisierung und ausgehend von Europa differenziert sich die Gesellschaft im 18. Jahrhundert zunehmend in verschiedene Funktionssysteme aus. Innerhalb dieser funktionalen Ordnung sind Personen (nicht als Teil dieser Systeme, aber als Umwelten[41]) nur in dem Maße in die verschiedenen Sozialsysteme verwickelt, in dem sie problemorientiert die Spezialkommunikation des Funktionssystems artikulieren – der Künstler ist Käufer, der Kaufmann Wähler und der Politiker Teil des Publikums. In einer funktional ausdifferenzierten Gesellschaft gibt es keine „Funktionsredundanz“ und keine „äquifunktionalen Teilsysteme“, d.h. die Funktion des Sozialsystems Politik kann nicht durch das System Wissenschaft, Religion nicht durch Wirtschaft etc. ersetzt oder übernommen werden (vgl. ebd.: S. 46). Die evolutionäre Ausdifferenzierung des Gesellschaftssystems in funktionale Teil- und Subsysteme ist dabei das Resultat anfallender gesellschaftlicher Komplexität. Im Gegensatz zu den Vorstufen gesellschaftlicher Evolution bilden die Funktionssysteme in modernen Gesellschaften keine Hierachien aus. Kein System ist bedeutender für die Gesellschaft oder besitzt größeren Einfluss auf andere Systeme. Hier greifen die bereits dargestellten Mechanismen der Luhmannschen Systemtheorie. Die Funktionssysteme können, trotz ihrer Umweltoffenheit, nur autopoietisch und selbstreferentiell die Elemente ihrer spezifisch codierten Kommunikation reproduzieren.[42]

Betrachtet man nun Literatur aus systemtheoretischer Perspektive und vertritt dabei die These, dass es sich bei Literatur um ein funktionsspezifisches, autonomes Subsystem der modernen Gesellschaft handelt[43], so wäre, den bisherigen Darstellungen der Luhmannschen Systemtheorie folgend, zu untersuchen, ob das „Literatursystem“ alle Merkmale eines Sozial- bzw. Funktionssystems besitzt. In Anlehnung an Gerhard Plumpe, sind die Minimalbedingungen für die Konstitution eines ausdifferenzierten, autonomen Sozialsystems durch folgende Merkmale gekennzeichnet:[44]

- ein symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium
- eine eindeutig zurechenbare binäre Codierung
- eine funktionale Analyse bezüglich Struktur/Leistung/Reflexionspotential innerhalb der modernen Gesellschaft

Diese Merkmale bilden die Grundbedingungen für die Suche nach einem potentiellen „Literatursystem“. Dabei kommt es darauf an, herauszufinden, ob und mit welcher Differenz (= Codierung) sich Literatur von ihren möglichen Umwelten unterscheidet bzw. operiert und welches Problem Literatur im gesellschaftlichen Zusammenhang betreut bzw. zu lösen im Stande ist (= Funktion). Zudem stellt sich die Frage nach der Struktur und dem Kommunikationsarsenal (= symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium) des Systems. Liegen diese Bedingungen für den „Bereich“ Literatur vor, so ließe sich behaupten, dass es sich bei Literatur um einen eigenes System handle, welches durch Ausbildung eigener Institutionen, Funktionsweisen und Regeln von anderen Systemen, wie etwa von Religion, Recht oder Kunst unterscheidbar ist.[45] Im Folgenden sollen nun die bisherigen Bemühungen und Ergebnisse der systemtheoretischen Literaturwissenschaft kurz skizziert, analysiert und diskutiert werden. Trotz des kognitiven Zugewinns und einigen verheißungsvollen Ansätzen konnte die Systemtheorie in der Literaturwissenschaft nur mäßig Fuß fassen. Nicht zuletzt das problematische Verhältnis von Kunst und Literatur sowie die Verortung eines möglichen Teilsystems Literatur in Abgrenzung zum Kunstsystem sind Fragen, auf die die bisherige Forschung keine wirklichen Antworten parat hält (vgl. ebd.: S. 91 f.). Womöglich erlaubt ein etwas anderer Blickwinkel und das Abrücken von der starren Position eines autonomen Literatursystems neue Erkenntnisse.

3. Literatur als soziales System?

3.1. Die Ausgangslage: Luhmanns Ausführungen zur Kunst

„Ist Literatur codierbar?“ – Unter dieser Fragestellung läuft der immer noch andauernde literaturwissenschaftliche Diskurs um die Systemqualität von Literatur. Eine eindeutige Antwort scheint bisher nicht gefunden. Luhmann selbst hatte es in seinen theoretischen Schriften zur Kunst und Literatur weitestgehend unterlassen, detaillierter auf die möglichen Ausdifferenzierungsprozesse innerhalb der Kunst bzw. die Systemqualität von Literatur als Funktionssystem einzugehen[46]. Mehr noch, Luhmann äußerte sogar Zweifel an der Systemqualität von Kunst:

„Die erzielten Ergebnisse führen uns nicht schon zu einem sicheren Urteil über die Lage der Kunst in der modernen Gesellschaft. Sie lassen noch weitgehend offen, ob und wie weit das Sozialsystem Kunst als ein eigenständiges, sich autopoietisch reproduzierendes Funktionssystem ausdifferenziert werden kann.“[47]

[...]


[1] Vgl. Luhmann 1988: S. 19.

[2] Sill 2001: S. 58 f.

[3] Vgl. Becker 2007: S. 89 ff. Trotz dieser durchaus richtigen Feststellung darf nicht vergessen werden, dass die systemtheoretischen Ansätze in der Literaturwissenschaft dazu führten, historische, soziokulturelle und literatursoziologische Voraussetzung von Literatur bzw. literaturspezifische Abgrenzungen zu anderen gesellschaftlichen Bereichen anhand gewisser Theorieelemente („Autopoiesis“, „Autonomie der Literatur“ etc.) besser erklärbar machen zu können.

[4] Vgl. Werber 1992: S. 13 f.

[5] Vgl. Ort 2002: S. 203.

[6] Kramanschki 1993: S. 101.

[7] Vgl. Ort 1993: S. 272.

[8] Baraldi/Corsi/Esposito 1997: S. 176 ff.

[9] Auffallend ist dabei die unscharfe Verwendung des Systembegriffs für Literatur sowie die fehlende Abgrenzung zum Kunstsystem. So reicht die Bezeichnung des Literatursystems wahlweise von „Subsystem der Kunst“ (vgl. Plumpe/Werber 1993: S. 22) über „ausdifferenziertes Teilsystem der Gesellschaft“ (vgl. Plumpe/Werber 1995: S. 9) bis hin zu „funktionsspezifisch differenziertes Sozialsystem“ (Ort 1993: S. 271).

[10] Siehe hierzu u. a Niklas Luhmann: „Das Medium der Kunst“ (1986), „Das Kunstwerk und die Selbstproduktion der Kunst“ (1986) und „Weltkunst“ (1990).

[11] Vgl. Schmidt 1989: S. 19 ff.

[12] Luhmann 2008a: S. 123.

[13] U. a. Nils Werber: „Die bisher zum Thema Systemtheorie und Literaturwissenschaft publizierte Literatur hat es weitestgehend unterlassen, auf die Ebene von Texten durchzugreifen. Man begnügte sich gemeinhin damit, die von Luhmann angebotene Theorie zu repetieren, auszuschmücken oder geringfügig zu korrigieren. Applikationen fehlen auf dem Gebiet der deutschen Literaturwissenschaft fast völlig.“ (Werber 1992: S. 103).

[14] Siehe dazu u. a. Schmidt 1989, Werber 1992, Werber/Plumpe 1993, Plumpe 1995, Sill 2001.

[15] Dieser Versuch der Komplexitätsreduzierung geht zwangsläufig einher mit einer Simplifizierung der Systemtheorie, die zwar nicht wünschenswert und unter wissenschaftstheoretischen Gesichtspunkten zu kritisieren ist, sich für den thematischen Rahmen der Arbeit jedoch als sinnvoll erweist. Um dennoch der Komplexität der Luhmannschen Systemtheorie Rechnung zu tragen, wird bei passender Gelegenheit auf Quer- und Literaturverweise zu ausführlicheren Darstellungen der einzelnen Theorieaspekte hingewiesen.

[16] Vgl. Werber 2008: S. 465.

[17] Luhmann 1988: S. 9.

[18] Siehe hierzu die Stichwörter „Interaktion“, „Organisation“, „Gesellschaft“ und „soziales System“ in Baraldi/Corsi/Esposito 1997.

[19] Vgl. Ort 2002: S. 199.

[20] Giegel 1987: S. 212 ff.

[21] Luhmann 1988: S. 93, ebenso Baraldi/Corsi/Esposito 1997 (Stichwörter „Sinn“ und „Sinndimension“) sowie Willke 1991: S. 29 ff.

[22] „Unter Interpenetration wird eine spezifische Weise der strukturellen Kopplung [...] von Systemen verstanden, die sich in wechselseitiger Ko-Evolution entwickeln. Keines dieser Systeme kann in diesem Fall ohne das andere existieren.“ (Baraldi/Corsi/Esposito 1997: S. 85) Paradebeispiel der Interpenetration ist das Verhältnis von psychischen und sozialen Systemen. Zwar bilden beide Systeme unterschiedliche autopoietische Bereiche, dennoch sind sie füreinander notwendige Umwelten. Ohne Bewusstseinssysteme (Individuen) gibt es keine Kommunikation, ohne Kommunikation gibt es keine Entwicklung des Bewusstseins. Beiden Systemen gemein ist die Verwendung des Differenzschemas „Sinn“; diese erfolgt jedoch nach unterschiedlicher Selektivität und unterschiedlicher Anschlussfähigkeit (vgl. Luhmann 1988: S. 293).

[23] Baraldi/Corsi/Esposito 1997: S.85 f.

[24] Vgl. Luhmann 1988: S. 194 ff.

[25] Baraldi/Corsi/Esposito 1997: S. 38 f.

[26] Vgl. Luhmann 1988: S. 154.

[27] Eine detaillierte Auseinandersetzung mit Luhmanns Medien-Begriff erfolgt in den Kapiteln 3 und 4. An dieser Stelle sei nur erwähnt, dass mithilfe eines Mediums Eigenschaften von Objekten übertragen werden, ohne diese zu verändern. Demnach sind Medien formlos. Für die Theorie sozialer Systeme sind vor allem die sogenannten Kommunikationsmedien von großer Bedeutung.

[28] U. a. die „Allgemeine Systemtheorie“ Karl Ludwig von Bertalanffys oder der „strukturell-funktionale Ansatz“ (Handlungstheorie) von Talcott Parsons.

[29] Vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1997: S. 196.

[30] Willke 1991: S. 42.

[31] Die Bedeutung, Beziehung und Rolle von Strukturen und Prozessen für die Konstitution sozialer Systeme bzw. die Anschlussfähigkeit von Kommunikations- bzw. Selektionshandlungen kann hier nicht weiter expliziert werden. Siehe dazu u.a. Willke 1991: S. 108 ff.

[32] Plumpe 1995: S. 47.

[33] vgl. Sill 2001: S. 50 ff.

[34] Der Konstruktivismus ist eine der wichtigsten wissenschaftstheoretischen Positionen. Das konstruktivistische Paradigma lautet (stark verkürzt), dass Erkenntnis nicht auf der Übereinstimmung mit einer externen Realität beruht, sondern auf den Konstruktionen eines Beobachters. Damit wird nicht negiert, dass es eine „reale“ Realität geben könne, allein ist sie dem Menschen nicht zugänglich, da er immer nur gefiltert (u. a. durch kognitive und physische Konstitution) zu Urteilen über die Welt, seine Mitmenschen etc. kommen kann. Vgl. dazu Kimmich/Renner/Stiegler 2003: S. 362 ff.

[35] vgl. Luhmann 1988: S. 95 ff.

[36] „Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien sind spezielle Strukturen, die der Kommunikation Erfolgswahrscheinlichkeit sichern, weil sie die Unwahrscheinlichkeit in Wahrscheinlichkeit transformieren [...]“ (Baraldi/Corsi/Esposito 1997: S. 189). Zu den wichtigsten symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien in modernen Gesellschaften gehören u. a. Wahrheit, Liebe, Geld, Macht und Recht, aber auch Glaube und Kunst.

[37] Vgl. Ort 2002: S. 201.

[38] Vgl. Willke 1991: S. 47.

[39] Vgl. Müller 1990: S. 208.

[40] Vgl. Plumpe 1995: S. 44.

[41] Vgl. hierzu Schwanitz 1990: S. 52 f.

[42] „Die verschiedenen Teilsysteme besitzen mit Blick auf die Gesellschaft als Gesamtsystem eine spezifische Funktion bei der Bewältigung anfallender Komplexität. Zugleich erbringen sie Leistungen für andere Teilsysteme.“ (Sill 2001: S. 55).

[43] Dass der Großteil der systemtheoretisch arbeitenden Literatur-, Medien- und Kulturwissenschaftler/innen dies annimmt, wurde bereits in der Einleitung angedeutet und wird im Folgenden nochmals aufgegriffen und diskutiert.

[44] vgl. Plumpe 1995: S. 48.

[45] vgl. Becker 2007: S. 89.

[46] Eine umfassende Darstellung zu Luhmanns Verständnis von Kunst- und Kunstarten im Kontext der Systemtheorie bietet sein Werk „Die Kunst der Gesellschaft“ von 1995. Hier thematisiert Luhmann ausführlich das Verhältnis der einzelnen Kunstarten zueinander sowie die Ausdifferenzierungspotentiale/-prozesse des Kunstsystems. Eine ebenfalls gewinnbringende Lektüre ist die von Niels Werber herausgegebene Aufsatzsammlung „Schriften zur Kunst und Literatur“ (2008), die nahezu alle wichtigen Aufsätze Luhmanns zu diesem Thema enthält.

[47] Luhmann 2008b: S. 185 f.

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Die intermediale Beobachtung des Schönen?
Untertitel
Zur Problematik eines autonomen Literatursystems in der Kunst
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Germanistisches Insitut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
54
Katalognummer
V142884
ISBN (eBook)
9783640531585
ISBN (Buch)
9783640532025
Dateigröße
1019 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
luhmann, systemtheorie, literaturtheorie, kunst, intermedialität
Arbeit zitieren
Torben Fischer (Autor:in), 2009, Die intermediale Beobachtung des Schönen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142884

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