Unterrichtsstörungen. Formen, Ursachen, Handlungsperspektiven

Trainingsraum


Examensarbeit, 2009

157 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Thematische Relevanz und Zielsetzungen
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretischer Teil
2.1 Theoretische Fundierung von Unterrichtsstörungen
2.l.l Unterschiedliches Verständnis von Unterrichtsstörungen
2.l.2 Der Begriff „Unterrichtsstörung“
2.l.3 Die Schulgeschichte und der heutige Diskussionsstand
2.2 Formen von Unterrichtsstörungen
2.2.l Durch Schüler verursachte Arten
2.2.l.l Aktive Unterrichtsstörungen
2.2.l.2 Passive Unterrichtsstörungen
2.2.l.3 Interaktionen zwischen Schülern
2.2.2 Durch Lehrer verursachte Arten
2.2.2.l Persönlichkeit
2.2.2.2 Unterrichtsgestaltung
2.2.3 Durch das Umfeld verursachte Arten
2.2.3.l Schulart
2.2.3.2 Gemeindegröße der Schulorte und Wohngebiete der Schüler
2.2.3.3 Schulische Bedingungen
2.3 Gründe von Unterrichtsstörungen
2.3.l Schülerbezogene Ursachen
2.3.l.l Der einzelne Schüler
2.3.l.2 Die Zusammensetzung der Klasse
2.3.l.3 Ermittlung von Ursachen durch Lehrer- und Schülerbefragungen
2.3.2 Lehrerbezogene Ursachen
2.3.2.l Persönlichkeit
2.3.2.2 Unterrichtsgestaltung
2.3.2.3 Ermittlung von Ursachen durch Lehrer- und Schülerbefragungen
2.3.3 Äußere Bedingungen
2.3.3.l Familie
2.3.3.2 Schule
2.3.3.3 Sozioökonomische Verhältnisse
2.3.3.4 Gesellschaftsstruktur
2.3.3.5 Lehrervariablen
2.4 Handlungsspektrum
2.4.1 Eine Umfrage unter Lehrkräften
2.4.2 Prävention bei Konflikten
2.4.2.l Jacob Kounins Befunde
2.4.2.2 Regeln und Organisation
2.4.2.3 Breite Aktivierung
2.4.2.4 Unterrichtsfluss
2.4.2.5 Präsenz- und Stoppsignale
2.4.3 Intervention bei Konflikten
2.4.3.l Lehrerzentrierte Strategien
2.4.3.2 Kooperative Strategien
2.5 Eigenes Verständnis zu Unterrichtsstörungen

3 Praktischer Teil
3.1 Trainingsraummethode
3.l.l Ursprung
3.l.2 Ziel
3.l.3 Einführung
3.l.4 Verwirklichung des Programms
3.l.5 Umsetzung im Trainingsraum
3.2 Evaluationsergebnisse
3.2.l Wirksamkeit in der Praxisl
3.2.2 Befunde von Umfragenll
3.3 Umsetzung in der Schule
3.3.l Ziele der Dr.Albert-Liebmann-Schule und der Tagesstätte
3.3.2 Methoden der Bekämpfung von Unterrichtsstörungenll
3.3.3 Die Realisierung des Trainingsraumprogramms
3.4 Fazit
3.4.l Kritische Aspekte
3.4.2 Positive Effektel
3.5 Reflexion der Trainingsraummethode

4 Ausblick
4.1 Verbesserung des Lehramtstudiums
4.2 Weiterentwicklung von Schulen

5 Literaturverzeichnis

6 Abbildungsverzeichnis

7 Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Thematische Relevanz und Zielsetzungen

Problematik des Lehrerberufs

Viele Referendare und Referendarinnen beginnen ihren Beruf voller Enthusiasmus. Sie freuen sich mit Kindern arbeiten zu dürfen und ihnen Wissen vermitteln zu können, doch häufig werden sie auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die meisten hoffen ein freundschaftliches Verhältnis mit der Klasse aufbauen können und möchten die Schüler und Schülerinnen vom Unterrichtsstoff begeistern. Wie man aber von vielen Erzählungen und Berichten hört, gelingt dies in den seltensten Fällen nur mit Liebe, Verständnis und Freiheit. Die Kinder brauchen Regeln und Vorbilder, an denen sie sich orientieren. Viele Referendare und Referendarinnen, wie auch Lehrer und Lehrerinnen haben Bedenken, dass sie bei ihrer Klasse nicht gut ankommen, wenn sie streng sind. Natürlich ist eine autoritäre Erziehung keine Lösung, da die Schüler und Schülerinnen sich nur anständig benehmen, weil sie Angst vor Konsequenzen haben aber nicht weil sie einsichtig sind. Die Klasse braucht jedoch eine Lehrkraft die sich durchsetzen kann und konsequent ist und konsequent eine Beeinträchtigung des Unterrichts nicht toleriert. Häufig stecken Lehrkräfte viel Arbeits- und Kraftaufwand in die Vorbereitung der Unterrichtsstunden hinein und trotz dieser Mühen sind die Resultate meist enttäuschend und demotivierend. Es gibt einige Handlungen, die den Unterricht unterbrechen können, wie Unkonzentriertheit, Ungenauigkeit, Faulheit, motorische Unruhe, mangelndes Interesse, verbale und physische Aggressionen, mangelndes Selbstvertrauen, Ungehorsamkeit, Kontaktprobleme, unterrichtsfremde Tätigkeiten, Überempfindlichkeit, Clownerien, Wutanfälle, übertriebener Ehrgeiz, Schulangst, psychosomatische Störungen, Beschädigung von Eigentum anderer Personen oder Gegenständen, starke Abhängigkeit, Depressivität, Druck auf Mitschüler und Mitschülerinnen, unregelmäßiger Schulbesuch, Provokation des Lehrers bzw. der Lehrerin, Stehlen, Alokoholmissbrauch, sexuelle Auffälligkeiten, Drohungen mit Selbstmord, Drogenmissbrauch, Selbstmordversuche. (vgl. Bach 2002, S.58) Unzufriedenheit, Enttäuschung, Frust und Resignation bei Lehrern und Lehrerinnen können die Folge sein.

Meine Erfahrungen

Ich habe mir lange überlegt über welches Thema ich meine Zulassungsarbeit schreiben möchte und habe mich schließlich für das Thema „Unterrichtsstörungen“ entschieden. Meine Motivation, mich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen, war, dass ich Lehramt auf Hauptschule studiere und von Familie und Freunden immer wieder zu hören bekam, ob ich mir das antun möchte. Auch von den Medien werden die Schüler und Schülerinnen der Hauptschule häufig ins schlechte Bild gerückt. Einige Leute meinen, dass die Kinder schlicht dumm sind, kein Interesse für die Schule haben und kein Benehmen zeigen. Die äußeren Umstände werden aber meist nicht beachtet. Als ich meine Praktika in den Schulen absolviert habe, kamen öfters erfahrene Lehrer und Lehrerinnen zu mir und fragten mich ob ich mir sicher sei diesen Beruf ausüben zu wollen. Zum Glück gab es aber auch engagierte Lehrpersonen, die mir meine Bedenken nahmen. Sie mögen ihren Beruf, auch wenn er manchmal stressig und nervenaufreibend ist. Es stellt sich die Frage, was die Ursachen für solche verschiedene Meinungen sind. Liegt dies an der Persönlichkeit der Lehrkräfte, der Unterrichtsgestaltung oder den subjektiven Einstellungen?

Ein Großteil meines Bekanntenkreises hat selbst die Hauptschule besucht und mir immer wieder erzählt, wie sie Lehrkräfte geärgert und sogar zur Verzweiflung getrieben haben. Nach ihren Aussagen kam es öfters vor, dass Lehrkräfte, überwiegend Frauen, weinend aus den Klassenzimmern gerannt sind. Die Schüler und Schülerinnen bewarfen die Lehrkraft beispielsweise mit Papierkügelchen, liefen im Klassenzimmer umher oder beleidigten sie. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass manche Lehrkräfte in die Verzweiflung getrieben werden und die Motivation verlieren, die Klasse freundlich und mit Engagement zu unterrichten.

Als ich meine Bekannten fragte was die Ursache war, dass sie Lehrer und Lehrerinnen provoziert haben, bakam ich zur Antwort , dass ihnen langweilig war und sie die Lehrkräfte nicht ernst nahmen. Sie unterstellten den Lehrkräften, dass sie unfaire Methoden anwandten und die Schüler und Schülerinnen nicht gleich behandelten. Meine Bekannten räumten jedoch ein, dass sie nicht alle Lehrer und Lehrerinnen ärgerten. Es gab in ihrer Schulzeit auch Lehrkräfte, die sie geachtet und geschätzt haben.

Meine Ziele

Mein Ziel dieser Zulassungsarbeit ist es herauszufinden, welche Eigenschaften eine Lehrkraft haben muss, um ein gutes Verhältnis zu den Schülern und Schülerinnen aufbauen zu können und einen motivierenden Unterricht zu ermöglichen. Auch ist mir wichtig welche äußeren Eigenschaften, wie Familie, Schule und Gesellschaft sich auf das Verhalten der Kinder auswirken kann. Gründe von Unterrichtsstörungen sind jedoch auch beim Schüler bzw. der Schülerin selbst zu finden. Es ist wichtig zu wissen, wodurch die Unterrichtsstörungen entstehen, um mit Präventions- und Interventionsmaßnahmen entgegen steuern zu können. Die Lehrkräfte sollten nicht gleich verzweifeln, wenn nicht alles so klappt wie sie es sich vorgestellt haben. Vor allem unerfahrene Lehrer und Lehrerinnen brauchen erst Übung in ihrem Beruf, um erfolgreich zu sein. Sie müssen jedoch bereit sein an dieser Situation etwas ändern zu wollen, denn nur dann sind sie in der Lage mit den hohen Anforderungen und der Vielseitigkeit des Berufes zurecht zu kommen. Die Lehrkräfte müssen lernen, wie sie mit Unterrichtsstörungen umgehen können. Es gibt zahlreiche pädagogische Maßnahmen, um mit den Problemen in der Klasse klar zu kommen. Das Trainingsraumprogramm ist ein Beispiel für eine erfolgreiche Einbindung des Schülers und der Schülerin in den Klassenverband. Die Idee ist, dass Schüler und Schülerinnen welche stören, nach der zweiten Ermahnung in einen Trainingsraum geschickt werden, um dort über ihr Verhalten nachzudenken. Falls sie dort erneut auffallen, können sie sogar nach Hause geschickt werden. Ich habe mich entschieden dieses Projekt ausführlich vorzustellen, da ich mich interessiere, wie diese Idee in der Praxis umsetzbar ist. Es stellte sich bei mir die Frage, ob die Schüler und Schülerinnen nicht froh sind aus dem Klassenzimmer oder sogar nach Hause geschickt zu werden. Außerdem fand ich es aufschlussreich, wie man Kinder zu einem eigenverantwortlichen Denken und Handeln anregen kann.

Ich erhoffe mir durch diese Zulassungsarbeit Informationen zu gewinnen, die ich in meiner Referendariatszeit und im Lehrerberuf bei Unterrichtsstörungen selbst anwenden kann um Unterrichtsstörungen von vornherein zu verhindern bzw. wirksam entgegen treten zu können. Ich denke, dass viele Referendare und Referendarinnen Probleme haben, wenn sie das erste Mal vor der Klasse stehen. Wie sollen sie sich verhalten? Welche Konsequenzen sind effektiv? Sind sie verantwortlich für die Beeinträchtigungen im Unterricht? Wie können sie Unterrichtsstörungen bekämpfen?

Ich würde mich freuen, wenn diese Arbeit auch anderen Studenten und Studentinnen, Referendaren und Referendarinnen sowie Lehrern und Lehrerinnen eine Hilfestellung, bei der Bewältigung ihrer Probleme, sein kann. Ich denke, dass sie auf jeden Fall eine Hilfestellung sein kann, um das Problem von Beeinträchtigungen des Unterrichts erkennen und bekämpfen zu können.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Zulassungsarbeit gliedert sich in zwei Teile, und zwar dem theoretischen und dem praktischen Teil.

Im theoretischen Teil werde ich zunächst in „Kapitel 2.l“ auf theoretische Fundierungen von Unterrichtsstörungen eingehen. Mir ist wichtig, dass das Verständnis von Unterrichtsbeeinträchtigungen erkennbar wird, welches von Person zu Person verschieden sein kann. Vertieft werde ich auf die Wünsche, Vorstellungen und subjektive Empfindungen eingehen. Anschließend werde ich einige Definitionen von Unterrichtsstörungen wiedergeben und veranschaulichen, dass es keine einheitlichen Merkmale gibt, ab wann der Unterricht gestört wird. Außerdem werde ich berichten, wie sich Unterrichtsstörungen im Laufe der Zeit entwickelt und verändert haben.

Um über Unterrichtsstörungen sprechen zu können, muss klar sein welche Typen es gibt. Ich möchte in „Kapitel 2.2“ deutlich machen, dass Störungen sowohl vom Schüler und von den Schülerinnen, den Lehrkräften als auch den äußeren Bedingungen verursacht werden können.

Bevor man nach Möglichkeiten sucht, diese Störungen zu bekämpfen, muss klar sein, wodurch sie verursacht werden. Gründe dafür kann man hier ebenso bei den Schülern und Schülerinnen, den Lehrern und Lehrerinnen und den äußeren Bedingungen finden, diese Ursachen beschreibe ich in „Kapitel 2.3“

Die vorangegangenen Kapitel sind entscheidend um effektiv gegen die Unterrichtsbeeinträchtigungen ankämpfen zu können. Um Störungen erst gar nicht aufkommen zu lassen, sind Präventionen von Bedeutung. Falls jedoch bereits Beeinträchtigungen des Unterrichts statt finden, ist eine Intervention wichtig. Diese Handlungsperspektiven habe ich in „Kapitel 2.4“ ausführlich dargestellt.

Schließlich möchte ich in „Kapitel 2.5“ über mein gewonnenes Verständnis von Unterrichtsstörungen berichten. Anhand dieser Erkenntnisse werde ich beurteilen, ob der Trainingsraum, welchen ich im praktischen Teil vorstelle, wirksam ist.

Im praktischen Teil werde ich, wie bereits erwähnt, den Trainingsraum konkretisieren. Es ist für mich bedeutungsvoll, dass man die Ziele und die Umsetzung dieses Projekts versteht, worauf ich in „Kapitel 3.l“ eingehen werde.

Schließlich werde ich in „Kapitel 3.2“ Evaluationsergebnisse anführen, um in der Praxis die Wirksamkeit der Trainingsraummethode zu veranschaulichen.

Da ich mir ein eigenes Bild dieses Konzepts machen wollte, machte ich eine Woche lang ein Praktikum in der Dr.-Albert- Liebmann Schule in Kleinostheim, welche dieses Programm erfolgreich, wenn auch etwas abgeändert, umsetzt. In Kapitel „3.3“ werde ich zunächst allgemein auf die Schule eingehen, anschließend andere Methoden der Bekämpfung von Unterrichtsstörungen vorstellen und letztlich auf die Realisierung des Programms in der Dr.Albert-Liebmann-Schule eingehen.

In „Kapitel 3.4“ werde ich schließlich positive, wie auch negative Aspekte des Trainingsraumprogramms anführen. Mein Ziel ist es, dass der Leser oder die Leserin sich ein eigenes Urteil bilden kann und nicht wie in den Büchern das Thema verherrlicht wird.

In „Kapitel 3.5“ werde ich die Trainingsraummethode reflektieren und bewerten, wie effektiv ich diese in der Theorie und der Realisierung finde. Hierzu ziehe ich Informationen aus Büchern und aus Erfahrungen meines Praktikums heran.

Im Schlussteil, „Kapitel 4“ möchte ich meine Arbeit reflektieren und beurteilen. Ich werde einige Vorschläge anführen, wie sich Schulen weiterentwickelt und gegen die Unterbrechungen des Unterrichts angehen können.

2 Theoretischer Teil

2.1 Theoretische Fundierung von Unterrichts- störungen

2.1.1 Unterschiedliches Verständnis von Unterrichtsstörungen

Um die Problematik im Unterricht durch die Störungen zu verstehen, müssen zunächst die Wünsche und Vorstellungen der Lehrer und Lehrerinnen und der Schüler und Schülerinnen betrachtet werden sowohl die Lehrer und Lehrerinnen als auch die Schüler und Schülerinnen erleben einen Unterricht als angenehm, wenn dieser effektiv, befriedigend, eindrucksvoll und abwechslungsreich ist. Diese Vorstellungen werden meist durch methodische und didaktische Umsetzungen erreicht. Es ist wünschenswert, dass der Schulalltag gut strukturiert ist, offene und freundliche Umgangsformen sowohl unter den Schülern und Schülerinnen selbst als auch mit den Lehrkräften existieren und alle gemeinsam kooperieren. Es sollen klare Regeln, Grenzen und Rituale gelten, Minderheiten sollen beispielsweise geschützt werden.

Störungen sind auf subjektive Empfindungen zurückzuführen und stellen Interpretationen von Schülern und Schülerinnen und von Lehrern und Lehrerinnen dar, wobei sie sich inter- und intraindividuell unterscheiden können. Was der eine Lehrer als Störung wahrnimmt stört den Kollegen nicht, und was ein Lehrer an einem Tag als störend empfindet, nimmt er am nächsten Tag mit Humor auf oder erst gar nicht wahr. Dies hängt häufig von der

Stimmung, der Tagesform, der Müdigkeit und der Gelassenheit ab. Die Störungsempfindlichkeit ist zudem durch die Arbeitsform bedingt, bei Gruppenarbeit und offenem Unterricht liegt die Toleranzgrenze deutlich höher als beim Frontalunterricht und bei Schülerreferaten. Darüber hinaus kann das Unterrichtsfach auch ausschlaggebend sein, in manchen Fächern ist die Klasse interessierter und konzentrierter und folgt dem Unterrichtsgeschehen aufmerksamer als in anderen Fächern. Die unterschiedliche Auffassung von Unterrichtstörungen gilt ebenso für die Schüler und die Schülerinnen.

Wenn sie selbst involviert sind, empfinden sie die Störungen anderst als wenn sie nicht beteiligt sind. Wenn sie als Täter oder Mitläufer fungieren finden sie die Situation meist amüsant, im Gegensatz zu den Opfern, welche darunter leiden. Lehrer und Lehrerinnen haben oftmals den Eindruck, dass die Schüler und die Schülerinnen Störungen gleichgültig hinnehmen, es hat sich jedoch im Gegensatz heraus gestellt, dass sie sich dadurch belästigt fühlen und ein Durchgreifen der Lehrkräfte fordern. (vgl. Bründel, Simon 2007, S.l3ff., 37ff.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Der negative Interaktionskreislauf (entnommen aus: Bründel, Simon 2003, S.28)

Müller-Fohrbrodt sieht dennoch einen negativen Interaktionskreislauf , ohne Beachtung dieser Toleranzunterschiede, als Ursache von Unterrichtsstörungen an. (siehe Abb.2) Der Lehrer oder die Lehrerin bewertet Störungen als nicht akzeptabel und reagiert daraufhin mit Ermahnungen und Bestrafungen. der Störer oder die Störerin ärgert sich darüber und ist nicht bereit das Verhalten zu ändern, woraufhin er/sie wieder stört und der Kreislauf von vorne beginnt. Müller-Fohrbrodt

empfindet es als wichtig, dass die Lehrer und die Lehrerinnen diesen Kreislauf durchbrechen und sich einer offenen Ursachenannahme zuwenden. Sie sollen den Störer oder die Störerin nicht in seiner Persönlichkeit kränken, sondern akzeptieren, dass sein Benehmen einen Grund hat, auch wenn dieser zu diesem Zeitpunkt nicht nachvollziehbar ist. Der Schüler oder die Schülerin hat Wünsche und Ziele, die er/sie verwirklichen will.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Offene Ursachenannahme (entnommen aus: Bründel, Simon 2003, S.30)

Im Gegensatz zum negativem Interaktionskreislauf versucht die Lehrperson bei der offenen Ursachenannahme herauszufinden, welches Motiv der Schüler oder die Schülerin hatte, den Unterricht zu beeinträchtigen. (siehe Abb.3) Störungen sind offene und verdeckte Botschaften, welche der Lehrer oder die Lehrerin und der Störer oder die Störerin bestmöglichst gemeinsam aufklären und Wege zur Vermeidung der Störungen finden sollen. Der Schüler oder die Schülerin soll das Gefühl übermittelt bekommen, dass er bzw. sie verstanden und ernst genommen wird, wodurch er selbst bereit wird, seine Handlungen zu kontrollieren und die störenden Verhaltensweisen aufzugeben. (Müller-Fohrbrodt l999, S.93 zit. n. Bründel, Simon 2003, S.28 ff.)

2.1.2 Der Begriff „Unterrichtsstörung“

In der heutigen Zeit hat der Begriff „Unterrichtsstörung“ an Bedeutung in der Schule gewonnen. Die Unterrichtsstörung stellt die größte Blockade dar, um guten Unterricht zu verwirklichen und respektvolles Verhalten bei den Schülern und Schülerinnen untereinander und gegenüber der Lehrkraft zu erzielen. Konflikte können bis zu 60 Prozent einer Unterrichtsstunde ausmachen, wobei nicht nur die Störungen der Schüler oder der Schülerinnen sondern auch die Reaktionen der Lehrpersonen inbegriffen sind. Die Maßnahmen sind von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich und vielfältig. Ab wann von einem störenden Verhalten gesprochen wird ist nicht eindeutig festgelegt, meist hängt es vom subjektiven Befinden ab. (vgl. Bründel, Simon 2007, S.l3) Es lassen sich dennoch Kriterien für die Definition von Störungen nennen. Im folgendem werde ich einige Begriffserklärungen von verschiedenen Autoren wiedergeben.

Winkel (2005)

“Eine Unterrichtsstörung liegt dann vor, wenn der Unterricht gestört ist, d.h. wenn das Lehren und Lernen stockt, aufhört, pervertiert, unerträglich oder inhuman wird.” (Winkel l996, S. 3l)

Ortner (2000)

“Eine konkrete oder potentielle Unterrichtsstörung umfasst alles, was dazu führt oder führen kann, den Prozess oder die Beziehungsgefüge von Unterrichtssituationen zu unterbrechen (vgl. Biller l98l, S.28). Auf das Verhalten eines Schülers bezogen betrifft Stören des Unterrichts alle Aktionen und Reaktionen, mit denen dieser sich bewusst über schulische Normen und Regeln hinwegsetzt. Das Störverhalten richtet sich dabei gegen den Lehrer, die Mitschüler oder gegen den Unterrichtsverlauf.” (Ortner 2000, S.200)

Nolting (2007)

Normative Definition: „Unterrichtsstörungen sind Handlungen von Schülern, die gegen Regeln für das Verhalten im Unterricht verstoßen. Ob eine Störung vorliegt oder nicht, hängt hier letztlich von der Lehrkraft ab; sie bestimmt die Regeln und bewertet das Verhalten. Was Lehrer X als „unruhig“ bezeichnet, nennt seine Kollegin Y vielleicht

„lebhaft“.“

Funktionale Definition: „Unterrichtsstörungen sind Handlungen, welche die von einer Lehrkraft beabsichtigte Unterrichtsdurchführung behindern , und zwar (a) indem sie andere Personen, nämlich die Lehrkraft oder die Mitschüler, in ihren aufgabenbezogenen Aktivitäten beeinträchtigen, und/oder (b) indem sie die eigene aufgabenbezogene Aufmerksamkeit und Mitarbeit beeinträchtigen.“ (vgl. Nolting 2007, S.l3)

Lohmann (2007)

„Unterrichtsstörungen sind Ereignisse, die den Lehr-Lern-Prozess beeinträchtigen, unterbrechen oder unmöglich machen, indem sie die Voraussetzungen, unter denen Lehren und Lernen erst stattfinden kann, teilweise oder ganz außer Kraft setzen. Zu den Voraussetzungen zählen äußere und innere, das Lernen ermöglichende Bedingungen, wie

z.B. physische und psychische Sicherheit, Ruhe, Aufmerksamkeit, Konzentration. Die Störungen können von Schülern und Lehrern verursacht oder von außen hereingetragen werden, z.B. laute Zwischenrufe, verbale oder physische Attacken, Herumlaufen von Schülern; Hektik, Herumbrüllen oder Sarkasmus von Lehrern; Durchsagen, Baustellenlärm, Tiefflieger, plötzlicher Schneefall usw.” (Lohmann 2007, S.l2)

Bei den Definitionen, wobei hier nur ein kleiner Bruchteil aufgezählt ist, wird deutlich, dass die Autoren den Begriff „Unterrichtsstörung“ auf unterschiedliche Weise bestimmen.

Winkel bezieht sich nur auf die Beeinträchtigung des Unterrichts, seiner Meinung nach liegt dies vor, wenn das Lehren und Lernen unterbrochen wird. Er gibt keine Auskunft über den Auslöser der Geschehnisse.

Nolting und Ortner halten ebenso fest, dass der Unterricht unterbrochen wird, gehen jedoch in ihrer Definition weiter, und sehen die Ursache im Schülerverhalten. Ortner erklärt, dass die Störungen sich gegen Lehrer bzw. Lehrerinnen, Mitschüler bzw. Mitschülerinnen und gegen Unterrichtsverläufe richten. Nolting bekennt, dass die Unterbrechungen auch Folgen für den Störer selbst haben können. Nolting räumt des weiteren ein, dass der Begriff personenabhängig ist, manche Lehrkräfte sehen eine Handlung bereits als Unterrichtsstörung an, wo ein anderer Lehrer bzw. Lehrerin nur der Meinung ist, dass die Klasse lebhaft ist.

Lohmann definiert Unterrichtsstörungen als Beeinträchtigung des Lehr-Lern-Prozesses. Im Gegensatz zu den anderen genannten Autoren sieht er die Auslöser in mehreren Faktoren, sowohl im Schülerverhalten, als auch im Lehrerverhalten, als auch in den äußeren Bedingungen. Neben den Ursachen von Unterrichtsstörungen bezieht sich Lohmann auch auf Voraussetzungen, die für das Lehren und Lernen gegeben sein müssen.

Meiner Meinung nach ist die Definition von Lohmann am besten, da er verschiedene Gründe nennt, die Beeinträchtigungen des Unterrichts auslösen. Er erwähnt, dass sowohl Schüler und Schülerinnen, Lehrkräfte, wie auch äußere Bedingungen sich störend auf das Lehren und Lernen auswirken können und gibt hierfür sogar Beispiele an, welche die Geschehnisse überzeugend darstellen. Bei dieser Definition fehlt allerdings der Aspekt, dass es Präventions- und Interventionsmaßnahmen gibt, diese sind jedoch nicht unbedingt notwendig, um den Begriff „Unterrichtsstörung“ lediglich zu beschreiben.

2.1.3 Die Schulgeschichte und der heutige Diskussionsstand

Wer denkt, dass es früher keine Unterrichtsstörungen gab und diese ein Phänomen der heutigen Zeit sind, liegt falsch. Schon seit dem Schüler und Schülerinnen gelehrt werden, ist der Unterricht auf verschiedene Art und Weise Disziplinproblemen ausgesetzt. Früher gab es sogar manchmal so gravierende Erscheinungen, dass man sich diese heute gar nicht mehr vorstellen kann.

Ein Beispiel hierfür ist das 16. und 17. Jahrhundert , in welcher Zeit Schülerstreik und Vandalismus herrschte. Im l6. Jahrhundert, welches man auch Grobeanismus nennt, spürte man die schwer schwerwiegendsten Beeinträchtigungen. Die Schüler und Schülerinnen verweigerten den Besuch der Schule, man hörte häufig auch den Vorwurf, dass sie die Schule nicht pflegten und verwüstet hinterlassen haben. Die Störungen des Unterrichts waren manchmal so drastisch, dass die Folge war, dass Tage lang kein Schulunterricht statt fand. Neben dem Ausfall von Unterricht muss auch noch erwähnt werden, dass die Ausbildung und Qualifikation der Lehrkräfte mangelhaft war und dies Gründe für die Störungen sein konnten. Man kann die Schule von damals keineswegs mit der Schule von heute vergleichen, die Standards waren viel tiefer und fast jeder Idiot konnte Lehrer werden. Vor allem der 30jährige Krieg von l6l8 bis l648 hatte extreme Formen der Unterrichtsstörung, viele Teile des Landes wurden vernichtet und und ca. ein Drittel der Bevölkerung starb. (vgl. Conrad, Ludwig l999, S.l6 f.)

Seit etwa 200 Jahren werden in der Schule mehrere Schüler und Schülerinnen gleichzeitig gelehrt, es wurden nicht mehr länger einzelne Schüler bzw. Schülerinnen unterrichtet. Es stellte sich am Anfang die Frage wie man dies durchsetzen könnte. Es wurden Unterrichtsmethoden entwickelt, die es möglich machten mehrere Schüler und Schülerinnen gemeinsam zu unterrichten. In dieser Zeit verstand man unter Disziplin einen Zustand, bei dem eine „Lehr-Lernsituation“ möglich war und sowohl die Mitschüler und Mitschülerinnen als auch die Lehrer und Lehrerinnen mit Respekt behandelt wurden. Die Erwartungen und die Durchsetzung von Disziplin haben sich im Laufe der Zeit in der Schule verändert. Disziplin ist somit nicht nur abhängig von den Lerninhalten und den

Lernumständen, sie wird ebenso historisch-gesellschaftlich bestimmt. Die Vorstellung und Umsetzung von Disziplin lässt einige Erkenntnisse der jeweiligen Zeit zu. Welche Struktur besteht zu dieser Zeit, welche Ziele werden verfolgt, welche Absichten haben die Schulen, welche fachliche und pädagogische Fähigkeiten sind vorhanden, welchen Stellenwert hat der Lehrer bzw. die Lehrerin in der Gesellschaft.(vgl. Sandfuchs 2002, S. 44 f.)

Im 18. und 19. Jahrhundert setzten sich die Elementarschulen durch, hier wurde die arme Bevölkerung unterrichtet. Die Lehrkräfte waren kein Fachpersonal, sie kamen meist aus dem Handwerk oder waren einst Soldaten. Als Lehrer verdiente man nur wenig, weshalb die Bevölkerung den Beruf Lehrer als Nebenverdienst ansahen und nicht so ernst nahmen. Die Klassenzimmer waren miserabel ausgestattet, die materielle Ausstattung war armselig, wodurch entsetzliche räumliche Umstände vorhanden waren. (vgl Conrad, Ludwig, S.l7) Neben der katastrophalen Ausstattung waren die Klassen überfüllt, es waren l00 und mehr Kinder mit unterschiedlichem Alter und Wissenstand in einer Klasse, hier war es ein Ding der Unmöglichkeit, dass eine einzelne Lehrkraft die Schüler und Schülerinnen unter Kontrolle halten konnte. Vermittlung von fachlichem Wissen war nur in einem geringen Maße möglich. (vgl. Sandfuchs 2002, S. 44 f.) Obengenannte Gründe hatten negative Verhaltensweisen zur Folge, es treten Gewalttätigkeiten, Heucheleien, Tücken und Bösheit auf. Natürlich ist nicht nur die Schule dafür verantwortlich, sondern auch die Natur des Menschen, die Erziehung durch das Elternhaus, das soziale Umfeld usw. (vgl. Conrad, Ludwig, S.l7) Im l9. Jahrhundert hatte sich die Schwarze Pädagogik in der Erziehung durchgesetzt. Zucht und Sitten wurde durch physische, wie auch psychische Sanktionen erzielt. (vgl. Jetter 2002, S.30)

Als sich l87l das Deutsche Kaiserreich gründete, begann in der Schule eine Untertanenerziehung , autoritäre Gewalt und Disziplin waren angesagt. Der Unterricht war leer und langweilig, das Verhältnis zwischen den Lehrkräften und den Schülern und Schülerinnen war gestört. (vgl. Conrad, Ludwig, S.l7 f.) Die Schule wurde als

„bürokratische Schreckensanstalt“ bezeichnet, eine Strafpädagogik, bei welcher der Rohrstock als Bestrafung angewandt wurde, war Alltag. Die Lehrer und Lehrerinnen wurden zu dieser Zeit aber nicht gehasst, die meisten Schüler und Schülerinnen waren sogar stolz auf ihre Lehrkraft. Dies war das Ziel der Untertanenerziehung, die Kinder unterwarfen sich ohne Zweifel den Lehrpersonen. Häufig wurde sogar Gehirnwäsche vollzogen, die Kinder fühlten sich nicht mehr gezwungen nach den Vorstellungen des

Lehrers bzw. der Lehrerin zu handeln, es wurde ihr eigener Wille.

Nach Beendigung des 1. Weltkriegs 1918 wurde die Vorstellung von Disziplin und deren Umsetzung grundlegend geändert. Von einem zum anderen Tag wurden die Methoden eines Jahrhunderts fest gelegt. Man konnte von einer Schulrevolution reden, welche unter der Führung der Lehrer und Lehrerinnen statt fand. Die Schüler und Schülerinnen konnten machen was sie wollten, sie konnten in die Schule kommen wann sie wollten, zu Hause bleiben, im Klassenzimmer herumlaufen usw. Die Schule war plötzlich ein Paradies für die Kinder, sie fühlten sich nicht mehr unterdrückt. Durch das Chaos musste erst wieder durch Auseinandersetzungen und schwere Kämpfe Ordnung entstehen. Durch die neuen Methoden in der Schule wird ein pädagogisches Verhältnis zwischen den Lehrkräften und den Schülern und Schülerinnen aufgebaut. Dem Lehrer bzw. der Lehrerin kann Vertrauen entgegengebracht werden, es besteht eine freundschaftliche Beziehung. Durch das gegenseitige Miteinander kann Disziplin ohne Zwang wachsen, Berichte von damals können dies belegen. (vgl. Sandfuchs 2002, S. 45f.)

1930 stand die Schule dann schließlich im Dienste des Nationalsozialismus . Adolf Hitler entwickelte einen Plan, nach dem die Erziehung in der Schule zum fanatischen Nationalsozialisten angestrebt wird. Die Lehrkräfte sollen von den marxistischen- demokratischen Verhaltensweisen abgekehrt werden und den Lehrplan an das nationalsozialistische Handeln und Denken anpassen. (vgl. Conrad, Ludwig, S.20ff.)

In den letzten Jahrzehnten erfährt die Schule eine gegenläufige Entwicklung zu ihren Anfängen. Nicht die Schüler und Schülerinnen haben Angst vor den Lehrkräften, sondern häufig ist dies umgekehrt der Fall. Es gehört neuerdings Mut dazu den Lehrerberuf auszuüben, viele Lehrer und Lehrerinnen klagen über Ängste, Hilflosigkeit und Verunsicherungen. Einige Lehrkräfte sind entmutigt und resignieren, sie sind nicht mehr bereit ihre Kraft für die Schule zu opfern. Leider kommt es immer öfter zu der Diagnose, dass einige Lehrkräfte an dem Burnout Syndrom leiden und nicht mehr unterrichten können. Sie sind durch den störanfälligen Unterricht und durch die undisziplinierten Schüler und Schülerinnen erschöpft und sehen keinen Erfolg in ihrem Tun. Neben den Problemen mit den Schülern und Schülerinnen kommt noch die Tatsache hinzu, dass die Presse und die Politiker die Lehrkräfte beschuldigen, dass sie nur Halbtagsarbeiter sind und nichts tun, sie sollen sich nicht so anstellen. Außen stehende Personen können die Herausforderung und Probleme des Schulalltags oftmals nicht nachvollziehen. Häufig wird die Pluralisierung und Individualisierung, wie auch die 68er Bewegung und die antiautoritäre Erziehung, als Auslöser dafür angesehen, diese Konflikte gibt es allerdings schon länger.

In der DDR gab es keine Bedenken über die strenge Erziehung in der Schule, wenigstens nicht offiziell. Leute, die an der Schulpädagogik zweifelten, wurden erst gar keine Lehrkräfte, wechselten den Beruf oder widersetzten sich lautlos. Der Lehrer bzw. die Lehrerin führte die Klasse an, die Regeln wurden nicht hinterfragt und die strenge Disziplinierung und der Frontalunterricht waren unantastbar. Im Vordergrund des Unterrichts stand die Zucht der Schüler und Schülerinnen, der eigentliche Sinn des Lehrens wurde zweitrangig. Bei den Vorstellungen der Schule, die Kinder durch strenge Zucht zu erziehen, wurden äußere Einflussfaktoren, wie die Familie, der Freundeskreis und Massenkommunikationsmittel etc. nicht beachtet. Die Unterdrückung der Schüler und Schülerinnen hatte in den meisten Fällen zur Folge, dass die Schüler und Schülerinnen ihre Persönlichkeit nicht frei entfalten konnten und es an Selbstbewusstsein, Individualität und Kreativität mangelte. (vgl. Sandfuchs 2002, S. 44 ff.)

Seit den letzten 30 Jahren wird auf autoritäre Erziehung ausgewischen. Dies ist kein Vorwurf, jedoch brauchen die Kinder Halt, Orientierung, Hilfen, Aufmerksamkeit, Regeln und vor allem auch Grenzen. (vgl. Kreter 2002, S.l0 ff.) Heute besteht das Problem, dass sich zwei Erziehungsvorstellungen, nämlich die Autoritäre und die Demokratische gegenüber stehen. Die zwei Begriffe erleichtern die Erklärung der beiden Auffassungen, allerdings ist das Spektrum und der Grad der Erziehung sehr vereinfacht dargestellt und zur genauen Analyse und Bewertung nicht ausreichend. Wenn man nun aber denkt, dass die unterschiedlichen Erziehungsstile nur bei verschiedenen Menschen auftreten, irrt man sich. Meist sind beide gegensätzlichen Verhaltensweisen in einer Person verankert, was zu kritischen Umständen führen kann. Die Lehrer bzw. Lehrerinnen getrauen sich heutzutage nicht mehr autoritär zu erziehen und ein demokratisches Benehmen wird häufig missverstanden oder falsch umgesetzt. (vgl. Roth l955, S.7f. zit. n. Sandfuchs 2002, S.47)

Erwachsene, die schon länger nicht mehr die Schule besucht haben, haben die Vorstellung, dass dort Disziplin und Ordnung herrscht. Jedoch irren sie sich da, die heutigen Schüler und Schülerinnen sind selbstbewusst, impulsiv und frech , sie kennen keine Tabus. Normalerweise ist das Betreten des Klassenzimmers durch die Lehrkraft ein Signal, dass der Unterricht beginnt, heutzutage brauchen die Schüler und Schülerinnen jedoch eine eigene Aufforderung, bevor sie an ihren Platz gehen und sich still verhalten. Sie achten nicht auf Ordnung und Sauberkeit, da sie ihrer Meinung nach dafür nicht zuständig sind. Auf den Erhalt von Büchern achten sie ebenso nicht, da es nicht ihre eigenen sind. Dies sind nur ein paar Beispiele, um aufzuzeigen, dass heute nicht mehr das selbe Bewusstsein von Benehmen herrscht.

Die Vorstellungen von Schulen korrelieren nicht mehr mit denen der Lehrer und Lehrerinnen, der Schüler und Schülerinnen und der Eltern. Die Schüler und Schülerinnen stützen sich bei Ermahnungen und Bestrafungen auf die Hilfe ihrer Eltern. Die Lehrpersonen beschweren sich , dass sie sich alles bieten lassen müssen und die Ausübung ihres Berufs gestört wird und keiner etwas dagegen tut. Keiner will Verantwortung für die Beeinträchtigungen des Schulalltags übernehmen , nicht die Schüler und Schülerinnen, nicht die Eltern, und ebenso wenig die Lehrkräfte und die Schulleitung.

Bis weit in die 70er Jahre hatte die Schule noch nicht so gravierende Disziplinprobleme. Sie konnte sich darauf verlassen, dass die Eltern bei Nichteinhaltung der Regeln die Verantwortung für die Erziehung der Kinder übernahmen und Konsequenzen aus ihrem Benehmen zogen. Der Lehrer bzw. die Lehrerin waren nicht auf sich alleine gestellt um pädagogische Ziele im Unterricht zu verwirklichen. Heutzutage sind die Lehrkräfte meist auf sich allein gestellt, die Eltern von heute übernehmen keine Verantwortung mehr für das Verhalten ihrer Kinder. Sie kommen mit Aussagen, wie, dass die Lehrperson den Vorfall nicht so ernst nehmen soll oder dass sie den Lehrer bzw. die Lehrerin ja bereits vor ihrem Kind gewarnt haben. Wenn man die Aussagen der Eltern betrachtet, ist es nicht verwunderlich, dass die Kinder heutzutage nicht wissen welches Verhalten richtig oder falsch ist. Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass die Schüler und Schülerinnen mit Wohlverhalten und Sozialkompetenzen ausgestattet sind und für ihr Handeln Verantwortung übernehmen. Bevor sie in die Schule kommen, orientieren sie sich an den Eltern und übernehmen dessen Verhaltensweisen. Die Kinder sind nicht böswilliger als früher, sie sind sich nur häufig nicht bewusst welches Benehmen angebracht ist. (vgl. Kreter 2002, S.l0 ff.)

Die Schwierigkeiten des effektiven Lehrens in der Schule wird immer drastischer. Häufig bestehen schlechte soziokulturelle Bedingungen im Bezirk der Schule, welche sich in den letzten Jahren oftmals noch verschlechtert haben. Der Anteil von Schülern, welche in sozial benachteiligten Familien leben, sonderpädagogisch beeinträchtigt sind und einen Migrationshintergrund haben nimmt ständig zu.

Die Lehrkräfte bekommen heutzutage zusätzlich familientypische Aufgaben zugeteilt, wie gesunde Ernährung, soziale Bindung und Vermittlung von Regeln. Durch die Zusammenkunft von den unterschiedlich abstammenden und disziplinierten Schülern und Schülerinnen besteht eine heterogene Verteilung. Durch die hohen Anforderungen an die Lehrer und Lehrerinnen fühlen diese sich häufig überlastet und ausgelaugt. Sie können meist nicht mehr objektiv in das Unterrichtsgeschehen gehen, da die Konflikte subjektive Empfindungen auslösen, womit oftmals kein sachliches unterrichten möglich ist. (vgl. Pawollek 2009, S.99)

Häufig resignieren die Lehrer und Lehrerinnen , da sie keinen Erfolg in ihrem Handeln sehen. Sie sind nicht bereit an Fortbildungen teil zu nehmen, ihre Unterrichtsmethoden zu ändern oder didaktische Verbesserungen zu erzielen. Einige Lehrkräfte versuchen leider gar nicht mehr zu präventionieren oder zu intervenieren, sie warten nur noch auf ihre Pensionierung und bemitleiden die angehenden Lehrer und Lehrerinnen. Dieses Phänomen wird in vielen Fällen Lehramtsanwärtern und-wärterrinnen bewusst, wenn sie Kommentare von langjährigen Lehrpersonen hören, welche die Frage stellen, ob sie sich diesen Beruf wirklich antun wollen. (vgl. Kreter 2002, S.l0 ff.)

Heutzutage wird das Thema in den Medien oftmals diskutiert. Man sucht Gründe in den Schulen, Lehrern und Schülern und auch in unserer Gesellschaft, wobei oft die Schlagwörter „Wohlstandsgesellschaft“, „Reizüberflutung“, „Fernsehen“, „Stress“ auftauchen. (vgl. Nolting 2007, S.l6) In den letzten Jahren ist aber auch die Tendenz sichtbar, dass die Ursachen häufig auf die Schüler und Schülerinnen geschoben werden. Es wird von krankhaften, körperlichen und genetischen Defiziten gesprochen. Man liest und hört immer öfter in den Medien die Begriffe Legasthenie, ADS, Hyperaktivität, Impulsivität usw. Der Vorteil ist, dass keine Person schuldig für das Versagen der Kinder ist, nicht die Eltern, die Lehrer und Lehrerinnen, die Gesellschaft oder die Schüler und Schülerinnen. Das Problem hierbei ist jedoch, dass wenig Möglichkeiten bestehen diese Schüler zu präventionieren oder intervenieren. (vgl. Lohmann 2003, S.l5)

Mit Hilfe von Fragebögen werden bei der PISA Studie Hintergrundmerkmale von Schülern und Schülerinnen, sowie Schulen erhoben. Es werden Zusammenhänge zwischen Leistung und Merkmalen von den Schülern und Schulen untersucht. Das Verständnis über solche Korrelationen können die Leistungsfähigkeit schulischer Systeme klären. Bei der PISA Studie vom Jahr 2000 kam heraus, dass l2,3 Prozent der Menschen in Deutschland der Meinung sind, dass die Varianz der Leistung der Schüler und Schülerinnen von dem schüler- und der schülerinabhängigem Schullklima abhängt. Dies ist der dritt meist genannteste Grund. Bei Umfragen von Schulleitern wurden Ursachen gesucht, welche das Klima beeinflussen. Dabei kam heraus, dass die häufige Abwesenheit von Schülern und Schülerinnen, Störungen des Unterrichts durch Schüler und Schülerinnen, Schwänzen des Unterrichts, fehlender Respekt der Schüler und Schülerinnen vor den Lehrkräften, Konsum von Alkohol oder illegalen Drogen, Einschüchtern oder Schikanieren von Schülern und Schülerinnen durch Mitschüler Auslöser für ein schlechtes Klassenklima und somit den Mißerfolg.

Lehrkräftebezogene Faktoren für das Schulklima wurden nur mit l,2 Prozent und die Schuldisziplin nur mit l,l Prozent in Deutschland genannt. Bei der PISA Studie kommt somit der Eindruck herüber, dass vorwiegend das Verhalten der Schüler und Schülerinnen für den Erfolg ausschlaggebend ist und nicht die der Lehrkräfte oder der Schule. (vgl. http://www.trainingsraum.de/Pisa_und_Disziplinprobleme/PISA_erkl_rte_Varianz_der_Sc h_lerleistung.pdf)

2.2 Formen von Unterrichtsstörungen

2.2.1 Durch Schüler verursachte Arten

2.2.1.1. Aktive Unterrichtsstörungen

Bei aktiven Unterrichtsstörungen besteht ein Übermaß an unerwünschten Tätigkeiten , welche auffällig und störend sind. Oftmals entsteht dadurch ein Gefühl von Unruhe und Unaufmerksamkeit der Klasse. Die Schüler und Schülerinnen führen beispielsweise Privatgespräche, reden ohne sich zu melden, laufen unaufgefordert durch das Klassenzimmer und lachen über Beiträge von Mitschülern.(vgl. Nolting 2007, S.l2) Sie sehen keine Verpflichtung zur Ordnung und Sauberkeit des Schulhofes, Schulgebäudes und des Klassenzimmers, sie sind der Meinung, dass der Hausmeister oder die Putzfrau dafür zuständig ist. Mit Büchern brauchen sie nicht sorgsam umzugehen, da sie nicht dafür aufkommen müssen. Über schwache, ausgeschlossene Mitschüler lachen sie, sie sind ja nicht für ihre Dummheit verantwortlich. (vgl. Kreter 2002, S.l0)

Bei einer Untersuchung von l984, in Rheinland-Pfalz, wurden Lehrkräfte aller Schularten über Verhaltensauffälligkeiten befragt. In der Untersuchung wird unter anderem auf die Art und die Häufigkeit von Störungen eingegangen. Auffällig ist, dass die am meist genannten Arten häufig passiv ablaufen und die aktiven Typen zwar auch häufig vorkommen, aber auch das Schlusslicht der meist aufgezählten Arten bilden. Allerdings sind diese Typen von Unterrichtsstörungen auch die schwerwiegendsten, wie beispielsweise der Selbstmordversuch, dieser kommt nur bei 0,0002 Prozent der Schüler und Schülerinnen vor. Drohungen mit Selbstmord und Drogenmissbrauch werden mit 0,00l Prozent angegeben und sexuelle Auffälligkeiten mit 0,003 Prozent. Alkoholmissbrauch wird bei 0,2 Prozent, Stehlen bei 0,5 Prozent und Provokation des Lehrers oder der Lehrerin bei 0,6 Prozent der Schüler und Schülerinnen sichtbar. Gewalt gegen Schuleigentum, Druck auf Mitschüler und Mitschülerinnen, Beschädigung von Mitschülereigentum, Wutanfälle, Clownerie und unterrichtsfremde Tätigkeiten werden bei l bis 5 Prozent der Schüler und Schülerinnen genannt und sind nicht mehr so gravierend wie die vorangegangenen Verhaltensauffälligkeiten, sie sind jedoch auch keine Lapalien. Mit 5,6 Prozent wurden physische und mit 9,l Prozent verbale Aggressionen aufgezählt, beide kommen ziemlich häufig vor und können negative Gefühle bei den Opfern hervorrufen. Bei den aktiven Unterrichtsstörungen wurden am häufigsten die motorischen Unruhen genannt, diese tauchen jedoch nicht absichtlich ,gegen den Willen der Lehrkraft, auf. (vgl. Bach l987, S.56 f.)

2.2.1.2 Passive Unterrichtsstörungen

Beim zweiten Typ, den passiven Unterrichtsstörungen, besteht hingegen ein Mangel an erwünschten Handlungen . Die Schüler und Schülerinnen vergessen häufig ihre Hausaufgaben, arbeiten nicht am Unterrichtsgeschehen mit, beteiligen sich nicht an Unterrichtsgesprächen. Man spricht hier seltener von Unterrichtsstörungen, dennoch ist das Lehren und Lernen offensichtlich gestört. (vgl. Nolting 2007, S.l2)

Bei der Untersuchung in Rheinland-Pfalz wurden auch passive Unterrichtsstörungen genannt, die drei häufigsten Angaben fallen unter diese Typen. Den Lehrkräften fiel bei den Schülern auf, dass 22,4 Prozent unter Unkonzentriertheit, 2l,8 Prozent unter Ungenauigkeit und l6,3 Prozent an Faulheit leiden. Alle drei Arten wirken sich schädigend auf den Unterricht und den Lernerfolg aus, sie sind jedoch keine Angriffe gegenüber anderen Personen oder Gegenständen, sie haben einen größeren Schaden für den Schüler bzw. die Schülerin selbst. Mit l4,7 Prozent wird das mangelnde Interesse und mit 8,6 Prozent das mangelnde Selbstvertrauen aufgezählt. Diese Unterrichtsstörungen haben wie die zuvor erwähnten Auffälligkeiten negative Auswirkungen auf den Schüler bzw. die Schülerin selbst, wie aber auch auf den Unterricht. Ungehorsamkeit wurde bei 5,5 Prozent der Schüler und Schülerinnen angegeben, diese Störung kann den Unterricht beeinflussen und somit auch die Mitschüler und Mitschülerinnen schädigen. Zwischen l und 5 Prozent der Schüler und Schülerinnen sollen unter Kontaktproblemen, Überempfindlichkeit, Pedanterie, Schulangst etc. leiden und unregelmäßig die Schule besuchen. Die passiven Unterrichtsstörungen werden nicht weniger als bei l,4 von l00 Schülern und Schülerinnen beklagt, die selten genanntesten und die gravierendsten Störungen sind, wie bereits im letzten Abschnitt erwähnt, nur durch aktive Typen gekennzeichnet. (vgl. Bach l987, S.56 f.)

2.2.1.3 Interaktionen zwischen Schülern

Bei Interaktionen zwischen Schülern und Schülerinnen können feindselige Geschehnisse auftreten. Häufig sind dies Antipathien zwischen Gruppen einer Klasse, wie beispielsweise zwischen Jungen und Mädchen, es können jedoch auch Angriffe gegen einzelne Schüler bzw. Schülerinnen sein.

Eine ausgeprägte Form von Verhaltensstörungen sind Aggressionen, welche sich stark von den üblichen Unterrichtsstörungen, wie Unaufmerksamkeiten, Unpünktlichkeit und fehlende Hausaufgaben, unterscheiden. Die Schüler und Schülerinnen beabsichtigen jemandem absichtlich wehzutun und richten somit ihr aggressives Verhalten gegen Mitschüler und Mitschülerinnen, Schüler und Schülerinnen aus anderen Klassen und Lehrkräfte. Eine weitere Diskrepanz zu üblichen Unterrichtsstörungen ist, dass aggressive Handlungen meist außerhalb des Klassenzimmers ausgetragen werden. Typische Situationen sind Orte ohne Beaufsichtigung, wie Pausen auf dem Schulhof, Wartezeiten vor und im Klassenzimmer und Heimwege. Diese Handlungen haben vorwiegend negative Auswirkungen auf die Klasse und die Schule, es ist jedoch nicht außer Acht zu lassen, dass diese Umstände auch Einfluss auf den Unterrichtserfolg des aggressiven Schülers oder der aggressiven Schülerin haben. (vgl. Nolting 2007, S.l3 f., S.l44 ff.)

Aggressives Verhalten tritt in verschiedenen Ausprägungen auf, Ortner & Ortner unterscheiden zwischen körperlichen, verbalen, expressiven, verdeckten Aggressionen, Aggressionen gegen Objekte, Aggressionen gegen die eigene Person und Gruppenaggressionen. Körperliche Aggressionen richten sich gegen Personen und können durch verschiedene Formen, wie Schlagen, Beißen, Stoßen, Treten, Spucken auftreten. Die Erscheinungsformen von v erbalen Aggressionen sind beispielsweise Ironie, Beschuldigungen, Beschimpfungen, Widerworte. Des weiteren gibt es noch expressive Aggressionen, welche meist durch verbale Aggressionen begleitet werden. Hierzu zählen Gestik, Gebärde, Mimik und Sprechstimme, Erscheinungsformen sind zum Beispiel Spucken, Fäusteballen, Vogelzeigen, Zunge herausstrecken und Drohgebärden. Alle drei genannten Typen sind offene Handlungsweisen. Es gibt auch Arten von Aggressionen, die sich verdeckt abspielen. Hierbei werden aggressive Gedanken nicht offenbart, die Kinder verhalten sich liebevoll und freundlich vorne herum, lästern jedoch hinter dem Rücken. Häufig leben sie ihre Aggressionen in einer Phantasiewelt, zum Beispiel bei PC-Spielen, aus, es ist jedoch umstritten ob diese Form zu echten Aggressionen zählt. Die bereits erwähnten Aggressionsformen richten sich gegen andere Personen, es gibt jedoch auch aggressive Handlungen, die sich gegen Objekte richten. Hierbei gehen die Täter gegen wehrlose Objekte, wobei ein Erfolg gesichert ist und der innere Druck entlastet wird. Wenn die Aggressionen aufgrund von Widerständen, gesellschaftlichen Forderungen und zwecks sozialer Anpassungen nicht ausgelebt werden können, können sie sich gegen die eigene Person richten. Dies wird dadurch sichtbar, dass die betroffenen Personen an ihren Nägeln beißen, Haare ausreißen, Wunden aufkratzen und sogar schlimmstenfalls sich selbst umbringen. Bei Gruppenaggressionen lernt ein Individuum Handlungsweisen und Aggressionsformen, welche von den Normen der jeweiligen Gruppe abhängig sind. Diese Form von Aggression wird für Kriege verantwortlich gemacht. (vgl. Ortner & Ortner 2000, S.l68 f.)

Eine große Mehrheit der Schüler und Schülerinnen weisen dieses aggressive Verhalten jedoch nicht auf, sie sind in der Regel sozial und gewaltlos. Somit zählen aggressive Störungen zu Minderheitsproblemen. Jedoch haben einige besonders angriffslustige, offensive Schüler und Schülerinnen den Drang, wiederholt andere Leute anzugreifen. Diese Art von Angriffen wird Mobbing oder Bullying genannt. Diese notorischen Angreifer werden meist von Mitschülern unterstützt und von Zuschauern animiert, womit nicht allein der einzelne Schüler oder die Schülerin Grund für die Handlungen ist.

Von Gewalt wird gesprochen wenn die Vorkommnisse stark ausgeprägt auftreten und eigennützig sind. In der Schule wird öfters von Gewalt, als von Aggressionen gesprochen, vermutlich weil die Lehrkräfte diese Vorkommnisse gravierender bemerken und sie dieses Problem intensiver beschäftigt. (vgl. Nolting 2007, S.l3 f., S.l44 ff.)

Die typischen Opfer sind meistens ängstlich, unsicher, mutlos und körperlich schwach. Sie sind erfahrungsgemäß Außenseiter und verhalten sich passiv, sie geben somit keinen Grund für die Attacken. Neben den ruhigen Opfern, gibt es auch Opfer, welche die Angriffe provozieren. Oftmals sind diese gleichzeitig Opfer und Täter. Zumeist besteht das Hauptproblem darin, dass die Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlich starken Schülern und Schülerinnen statt finden. (Olweus l995, S.22 f., 42ff., 60ff)

2.2.2 Durch Lehrer verursachte Arten

Nicht nur die Schüler und Schülerinnen zeigen Formen von Unterrichtsstörungen, Lehrkräfte beeinträchtigen ebenso den Unterricht. Das Verhalten des Lehrers bzw. der Lehrerin kann der Grund dafür sein, dass die Schüler und Schülerinnen anders reagieren wie gewollt und den Unterricht unterbrechen. Leider schieben die Lehrkräfte jedoch all zu oft die Schuld auf die Klasse und sehen keine eigenen Fehler ein. Um die Störungen im Unterricht bekämpfen zu können, müssen sie jedoch erkennen, dass sie auch Einfluss darauf haben und ihr Verhalten ändern müssen, um einen optimalen Unterricht anbieten zu können. Sie müssen die Chance erkennen, dass es leichter ist eigene Verhaltensweisen zu ändern, als die der Schüler und Schülerinnen. (vgl. Eikenbusch 2009, S.6 ff.)

2.2.2.1 Persönlichkeit

Formen von Beeinträchtigungen des Unterrichts sind beispielsweise ungerechtes und differenziertes Verhalten gegenüber den Schüler und Schülerinnen. Unfaire, ironische, unangebrachte und sarkastische Kommentare greifen den Schüler oder die Schülerin als Person an und nicht die Handlungen.

Viele Lehrkräfte haben Vorurteile gegenüber den Schülern und Schülerinnen. (vgl. http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html) Sie haben keine gewünschte neutrale Haltung, dies kann sich negativ auf die Beziehung zur Klasse auswirken. Die Lehrer und Lehrerinnen suchen die Gründe der Störungen nicht im Zusammenhang, sondern in individuellen Eigenschaften.

Das Schüler-Lehrer-Verhältnis kann dadurch Schaden nehmen, dass die Lehrkräfte Handlungen der Klasse persönlich aufnehmen und sich angegriffen fühlen. In den meisten Fällen sind die Unterrichtsstörungen nicht bewusst oder gar nicht gegen den Lehrer oder die Lehrerin gerichtet.

Bei Regelverstößen verhalten sich leider manche Lehrpersonen inkonsequent , an einem Tag bewerten sie Handlungen anders als an einem anderen Tag und ergreifen keine einheitlichen und stabilen Maßnahmen. Die Schüler und Schülerinnen bemerken sofort, wenn der Lehrer bzw. die Lehrerin zuviel durchgehen lässt und nutzen dies aus.

Kleine Unterrichtsstörungen werden dramatisiert und langwierig diskutiert. Dadurch geht zum einen Unterrichtszeit verloren und zum anderen können die Schüler und Schülerinnen meistens nicht mehr unterscheiden, wann ihr Benehmen angemessen, beeinträchtigend oder als unentschuldbar zu bewerten ist. Wenn die Lehrpersonen zu häufig ermahnen, nimmt die Klasse die Vorwürfe und den Lehrer bzw. die Lehrerin nicht mehr ernst. (http://nibis.ni.schule.de/~sts-ler/pdf/umgang-mit-schuelern.pdf)

Häufig sind die Arbeitsanweisungen unklar , wodurch Unruhe im Klassenzimmer entsteht, die Schüler und Schülerinnen fragen die Nachbarn wie die Aufgabenstellung zu verstehen ist oder schalten gleich ganz ab und unterhalten sich mit Klassenkameraden. Häufig ist einfach auch nur die Aussprache unverständlich, wie durch leises Sprechen, Nuscheln oder Dialekt.

Einige Lehrpersonen haben eine unruhige Art und stecken die Klasse damit an. Sie können den Unterrichtsstoff nicht klar und nachvollziehbar lehren. (vgl. http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html) Häufig verhalten sie sich ungeduldig und uninteressiert. Wenn dies für die Klasse spürbar wird, braucht der Lehrer bzw. die Lehrerin sich nicht zu wundern, dass die Klasse ähnliche Züge annimmt. (vgl. http://nibis.ni.schule.de/~sts-ler/pdf/umgang-mit-schuelern.pdf)

Oft fühlt sich die Lehrkraft vor der Klasse unsicher und hat Angst etwas falsches zu machen und die Klasse nicht unter Kontrolle zu haben. Diese Befürchtungen tauchen vor allem in der Referendariatzeit und in den ersten Jahren des Lehrerberufs auf.

Nicht selten ist bereits die Kleidung des Lehrers bzw. der Lehrerin unpassend und sorgt für Gesprächsstoff. Kindern fällt es bereits auf wenn die Lehrkraft zwei Tage die selben Klamotten trägt oder der Stil altmodisch ist. (vgl. http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html)

2.2.2.2 Unterrichtsgestaltung

Zum anderen können die Lehrpersonen den Unterricht unvorteilhaft gestalten und dadurch Unterrichtsstörungen verursachen. Ein Beispiel hierfür ist ein uninteressanter und monotoner Unterricht , bei welchem die Schüler und Schülerinnen nicht motiviert werden mitzuarbeiten. Einige Lehrkräfte haben falsche Vorstellungen, was einen erfolgreichen Unterricht charakterisiert.

Viele Lehrkräfte bereiten sich ungenügend oder gar nicht auf den Unterricht vor , wodurch keine klare Struktur erkennbar ist. Häufig erklären sie auch einfach schlecht. In beiden Fällen kann passieren, dass die Schüler und Schülerinnen den Unterrichtsstoff nicht verstehen, dem Unterrichtsgeschehen nicht mehr folgen und den Unterricht beeinträchtigen.( http://nibis.ni.schule.de/~sts-ler/pdf/umgang-mit-schuelern.pdf)

Es ist zwar in vielen Situationen ratsam aus dem eigenen Leben zu erzählen um die Themen interessanter und nachvollziehbarer zu machen, es sollten jedoch keine persönliche Gespräche statt finden. Diese wirken sich störend auf den Unterricht aus, da der Rest der Klasse nicht aktiv am Unterrichtsgeschehen teil haben kann, und abschaltet.

Häufig haben Lehrkräfte Verspätungen , wodurch sie Unruhe in der Klasse verursachen. Sie stellen die Regeln als nicht allgemein gültig hin, da sie sich selbst nicht daran halten. (vgl. http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html)

2.2.3 Durch Umfeld verursachte Arten

2.2.3.1 Schulart

Bei den verschiedenen Schularten sind einige ausgeprägte Unterschiede erkennbar. Bei den Schülern und Schülerinnen der Sonderschule treten die Verhaltensauffälligkeiten am häufigsten auf. Aggressionssymptome, wie verbale und physische Aggressionen, Wutausbrüche und Ungehorsamkeit gegen die Lehrkräfte sind hier überproportional vertreten. Mangelndes Selbstvertrauen, Kontaktprobleme und Überempfindlichkeit werden ebenso viel häufiger in der Sonderschule bemerkt als in den anderen Schularten.

In der Grundschule gibt es zum Vergleich mit den anderen Schularten keine Unterrichtsstörungen, die häufiger vorkommen und besonders ausgeprägt sind. Dies ist leicht nachvollziehbar, da in der Grundschule noch keine Aufteilung der Klassen nach dem Leistungsniveau statt findet und alle Kinder zusammen in eine Klasse gehen. Trotzdem kommen auch in dieser Schulart Unterrichtsstörungen vor, häufig vertreten sind Ungenauigkeit, Faulheit, unterrichtsfremde Aktivitäten und Gewalt am Schuleigentum.

Die Nennung von Faulheit taucht in der Hauptschule am meisten auf, Ungenauigkeit, Interessenmangel, Unkonzentriertheit, verbale Aggressionen und Ungehorsamkeit gegen den Lehrer bzw. die Lehrerin fallen bei den anderen Schularten, außer der Sonderschule, auf und stören den Unterricht.

Für das Gymnasium werden am wenigsten Beeinträchtigungen des Unterrichts festgestellt, vor allem Aggressionssymptome sind eher selten. Die am häufigsten genannten Auffälligkeiten bei allen Schularten sind auch im Gymnasium am meisten vertreten. Hierzu zählen Ungenauigkeit, motorische Unruhe, Interessenmangel, Unkonzentriertheit und Faulheit, die Verbreitung ist jedoch merklich geringer. Die größten Verbreitungen sind im Gymnasium Ehrgeiz, Schulangst, übertriebende Anpassung und Kontaktprobleme. (Bach l987, S.58 f.)

2.2.3.2 Gemeindegröße der Schulorte und Wohngebiete der Schüler

Wenn man die Verhaltensauffälligkeiten bei Schulen von verschiedener Gemeindegrößen vergleicht, erkennt man, dass dort die Art und Häufigkeit von Unterrichtsstörungen variiert.

Vor allem in Grundschulen werden extreme Unterschiede deutlich. Wenn die Schulorte unter l00.000 Einwohner haben, kommen verbale Aggressionen zu l,4 Prozent vor, bei Schulorten über l00.000 Einwohner reagieren gleich ll,9 Prozent der Schüler und Schülerinnen verbal aggressiv. Physische Aggressivität steigt von 5,8 Prozent auf 9,6 Prozent und Ungehorsamkeit gegen den Lehrer von 3,2 Prozent auf 5,9 Prozent.

In der Hauptschule sind auch wesentliche Differenzen fühlbar. Aggressionssymptome steigen von 2,5 Prozent bei Schulorten unter l00.000 Einwohner, auf 8,9 Prozent bei Schulorten über l00.000 Einwohner. Beim regelmäßigen Schulbesuch sieht man auch Abweichungen, bei kleinen Schulorten fehlen im Schnitt l,3 Prozent der Schüler und Schülerinnen, bei großen Schulorten sind es 3,3 Prozent.

Wie anhand der Beispiele aus der Grundschule und Hauptschule offensichtlich wird, sind eindeutige Unterschiede bei den Verhaltensauffälligkeiten erkennbar, wenn man die Größen der Gemeinden vergleicht.

In den anderen Schularten Gymnasium, Realschule und Sonderschule sind keine Abweichungen feststellbar, dies könnte aber auch daran liegen, dass diese Schulen sich meist in größeren Gemeinden befinden.

Bei den Wohngebieten der Schüler bzw. Schülerinnen fällt auf, dass physische Aggressionen, verbale Aggressionen und Ungehorsamkeit in den Grundschulen verhäuft auftreten, wenn die Kinder aus Wohnblocksiedlungen am Ortsrand stammen.

Bei Klassen mit hohem Anteil von Kindern aus Obdachlosensiedlungen und sozialen Brennpunkten kommen verstärkt physische Aggressionen, unregelmäßige Schulbesuche und Druck auf Mitschüler und Mitschülerinnen vor.

Bei Sonderschulen ist auffallend, dass Klassen mit Schülern und Schülerinnen aus Wohnblocksiedlungen am Ortsrand und aus Obdachlosensiedlungen bzw. sozialen Brennpunkten unverhältnismäßig stark vertreten sind. l6,5 Prozent der Kinder kommen im Durchschnitt aus Wohnblocksiedlungen und l2,2 Prozent aus sozialen Brennpunkten, dies sind beachtliche Zahlen. (vgl. Bach l987, S.60)

2.2.3.3 Schulische Bedingungen

Bei Anwesenheit von ausländischen Schülern und Schülerinnen in der Grund-, Haupt- und Sonderschule, wie auch in der Realschule sind verhäuft Unterrichtsstörungen vorzufinden. Überwiegend sind physische Aggressionen, Disziplinverletzungen und Beschädigungsverhalten. In der Realschule ist auffällig, dass in Klassen mit ausschließlich deutschen Schülern und Schülerinnen, Faulheit und Ungehorsamkeit öfters vorkommen als in Klassen mit ausländischen Kindern. In den Sonderschulen wird kaum ein Unterschied zwischen Klassen mit hohem bzw. niedrigem Ausländeranteil festgestellt.

Neben den ausländischen Schülern und Schülerinnen lässt sich auch ein Zusammenhang erkennen, wenn Repetenten in der Klasse sind. Vor allem in der Grund-, Haupt- und Realschule sind dann viele Verhaltensauffälligkeiten häufiger vorhanden, die Ursachen für diese Korrelationen sind jedoch nicht eindeutig.

Bei zu großen Schulen und zu kleinen Klassenzimmern können vermehrt Probleme auftreten, vor allem Aggressionssymptome und Kontaktstörungen sind dort häufig vertreten. Wenn eine schlechte Klassenatmosphäre besteht, wirkt sich dies häufig auf das Selbstvertrauen, die Kontaktprobleme, die Ungenauigkeit, den Interessenmangel, die Unkonzentriertheit und die Faulheit aus. Die Klasse muss die Möglichkeit haben das Klassenzimmer selbst mitzugestalten. Durch solche Projekte können die Mängel an Interessen, Unkonzentriertheit, Aggressionen und Ungehorsamkeit bekämpft werden. In der Sonderschule und der Hauptschule wurden eindeutige Verbesserungen festgestellt. (vgl. Bach l987, S.60 f.)

2.3 Gründe von Unterrichtsstörungen

Bevor man Präventions- oder Interventionsmaßnahmen anwenden kann, muss zunächst geklärt werden welche Ursachen die Verhaltensauffälligkeiten haben. Bevor Fehler bei der Beurteilung auftreten, sollten am besten mehrere Beurteilungen verschiedener Lehrkräfte verglichen werden. Es lässt sich dadurch ermitteln, ob der Auslöser der Unterrichtsstörungen wirklich auf der Seite der Schüler und Schülerinnen liegt, oder ob das Verhalten und der Beurteilungsmaßstab der Lehrperson die Beeinträchtigungen verursachen. (vgl. Bach l987, S.56)

Regelwidriges Verhalten ist nicht wirklich von einer Person abhängig, sondern von dem Verhältnis verschiedener Personen. Der Beurteiler kann völlig unterschiedliche Vorstellungen von einem richtigen Benehmen haben, als die Beurteilten selbst. Umso strenger die Lehrkraft beurteilt, umso öfter werden Auffälligkeiten von ihm gesehen und beklagt. Je niedriger die Wertvorstellungen und höher die Bedürfnisse der Schüler bzw. Schülerinnen sind, desto mehr Störungen werden auftreten. Äußere Bedingungen haben großen Einfluss auf die Wertvorstellungen und Wünsche der Schüler und Schülerinnen.(vgl. Bach l987, S. 56 ff.)

Wenn man Lehrer und Lehrerinnen fragt welche Gründe für die Unterrichtsstörungen verantwortlich sind suchen sie meist Lösungen im Verhalten der Schüler und Schülerinnen. Aus verschiedenen Erfahrungen, Beobachtungen und Untersuchungen wird deutlich, dass die Schüler und Schülerinnen einen großen Einfluss auf den Unterrichtsablauf haben (Kap.2.3.l.), sie sind jedoch nicht allein für die Beeinträchtigungen im Unterricht verantwortlich. Die Lehrkräfte können eigene Störungen im Unterricht verursachen oder falsch mit ihnen umgehen (Kap.2.3.2.), wodurch die Klasse die Situation ausnutzt und noch größere Schäden entstehen. Das äußere Umfeld, wie Familienmitglieder, Freunde, Gesellschaft, Sportvereine etc. (vgl. Kapitel 2.3.3) können die Schüler und Schülerinnen auch in ihren Bedürfnissen, Wertvorstellungen und Verhalten prägen. (vgl. Hilgers l987, S.50ff.)

2.3.1 Schülerbezogene Ursachen

Die Lehrer und die Lehrerinnen haben natürlich einen großen Einfluss auf das Verhalten der Klasse, dennoch darf man nicht außer Acht lassen, dass die Schüler und Schülerinnen persönliche Gründe für ihr Benehmen haben. Inwieweit diese Gründe vom Schüler bzw. der Schülerin ausgehen und wie sehr er sich selbst zur Rechenschaft zieht ist ein kompliziertes und vielschichtiges Thema. (vgl.Gerspach l998, S.l3 ff.)

2.3.1.1 Der einzelne Schüler

Störungen von einzelnen Schülern sind fast überall vorhanden und können durch unterschiedliche Gründen verursacht werden. Meist ist es ein individuelles, psychisch bedingtes Problem , was dadurch sichtbar wird, dass die Schüler diskrepant und unterschiedlich oft stören. (vgl. Nolting 2007, S.l7 f.)

Unterrichtsstörungen, vonseiten der Schüler und der Schülerinnen, werden durch ihre individuellen Interessen, Erwartungen, Wünsche, Meinungen und Emotionen gelenkt. Jedoch verfolgen sie nicht nur ihre Ziele, sondern wägen auch die Konsequenzen ab, mit denen sie zu rechnen haben, wenn sie gegen Regeln verstoßen und Grenzen überschreiten. Durch die Folgen, andere störende Umstände, Motivationsverlust und veränderte Absichten können die Handlungen beschränkt oder gar aufgegeben werden. Die Schüler und die Schülerinnen stören nicht willkürlich, sie wollen einen Gewinn oder Nutzen daraus ziehen. (vgl. Brandstädter 200l, S.30ff.) Andere typische Gründe für Unterrichtsstörungen sind mangelnde Achtung und Konzentration der Schüler und Schülerinnen und der Lehrkräfte. Vor allem pubertierende Jugendliche haben wenig Bewusstsein für diese Werte. Die sozialen Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen sind meist ungenügend ausgebaut. Besonders Kindern aus sozial schwachen Familien werden diese Werte nur geringfügig gelehrt. Sie kennen es nicht, verbindlich zu handeln und die Konsequenzen dafür zu tragen. Ihnen mangelt es an Reflexionsvermögen des eigenen Benehmens. Einige Schüler und Schülerinnen leiden an gestörter Eigen- und Fremdwahrnehmung und sind gefährdet als Außenseiter abgestempelt zu werden. Des weiteren fehlen den Schülern und Schülerinnen häufig Lernkompetenzen, Konzentrationsfähigkeiten, Durchhaltevermögen und Lernstrategien , diese müssen häufig erst in der Schule erlernt und gefestigt werden. Eine andere Ursache von Unterrichtsstörungen kann die Tatsache sein, dass die Schüler und Schülerinnen sich nicht ernst genommen fühlen . Der Grund dafür liegt meist daran, dass eine klare Struktur in der Schule bzw. der Klasse fehlt und die Folgen ihres Verhaltens vonseiten der Lehrpersonen nicht konsequent umgesetzt werden. (vgl. Stagge 2002, S.2l) Ein anderer Grund für die Nichteinhaltung der Regeln ist, dass die Schüler und Schülerinnen kein Gefühl mehr dafür haben was richtig oder falsch ist. Sie kennen häufig nicht die gesellschaftlichen Vorschriften , welche für ein Zusammenleben wichtig sind. Dazu zählen beispielsweise höfliche Begrüßungen, Esssitten, anlassbezogene Kleidung und respektvolle,nicht vulgäre, Sprache. (vgl. Kreter 2002, S.l0 f.)

In den letzten Jahren werden immer öfters Ursachen im Schüler gesucht. Die Begriffe Affektkontrollprobleme, Hyperaktivität, ADS usw. rücken immer mehr in den Vordergrund. Der Vorteil hierbei ist, dass weder die Schule, noch der Lehrer bzw. die Lehrerin, noch die Eltern und auch nicht die äußeren Bedingungen für das Fehlverhalten verantwortlich gemacht werden können. Wenn die Ursachen allein auf den Schüler oder die Schülerin bezogen werden, entsteht das Problem, dass das Umfeld wenig Einfluss auf die Entwicklung und das Verhalten des Schülers bzw. der Schülerin hat. Wenn ein Lehrer beispielsweise eine problematische Klasse hat, wird der Lehrer und die Lehrerin es nicht mehr als Herausforderung ansehen, diese zu erziehen, sondern als Pech diese bekommen zu haben, da kein Eingreifen realisierbar ist.(vgl. Lohmann 2005, S.l5)

Eine ausgeprägte, antisoziale Störung ist das a ggressive Verhalten , welches bereits in Kapitel 2.2. erläutert wurde. Im folgenden sollen nützliche Erklärungen gefunden werden, um Ursachen vonseiten der einzelnen Schüler zu finden. (vgl. Nolting 2007, S.l44 ff.) Man unterscheidet zwischen Vergeltungsaggression, Abwehraggression, Erlangungsaggression und Lust-Aggression. Bei der Vergeltungsaggression reagiert ein Schüler aggressiv, auf Grund einer vorangegangenen, reizenden Belästigung. Bei der Abwehraggression wird der Schutzmechanismus hervorgerufen, Schüler und Schülerinnen wehren sich gegen Angriffe und Belästigungen. Bei der Erlangungsaggression haben die Gewalttätigen die Absicht, Vorteile für sich zu erlangen, wie Macht, Anerkennung und Güter. Bei der Lust- Aggression haben Schüler und Schülerinnen einfach nur Lust sich aggressiv zu verhalten, es müssen keine Provokationen vorangegangen sein und kein eigener Nutzen erkennbar sein. Diese Art von Aggression kommt am häufigsten in der Schule vor, viele Schüler und Schülerinnen quälen andere Personen nur aus Vergnügen. (vgl. Olweus l995, S.44 ff.)

2.3.1.2 Die Zusammensetzung der Klasse

Neben der Suche nach Ursachen von Unterrichtsstörungen bei einzelnen Schüler kann die Zusammensetzung der Klasse ein wichtiger Einflussfaktor sein, da in unterschiedlichen Klassen verschieden viele Mitschüler den Täter unterstützen oder als Zuschauer ermutigen. Mögliche Gründe für Disziplinschwierigkeiten in der Klasse können die Anzahl der Schüler und Schülerinnen, schwache Lernvoraussetzungen und geringe soziale Kompetenzen sein.

Häufig treten Unterrichtsstörungen vermehrt in sozialen Brennpunkten auf, wobei die Schüler und Schülerinnen von der Gesellschaft negativ geprägt werden können und durch die Benachteiligung den Forderungen der Schule nicht stand halten können und dies durch Widerstände und Reibungen ausdrücken. Man muss jedoch darauf achten, dieses Thema nicht zu vereinfachen, da es auch häufig sozial schwache Einzugsgebiete gibt, wo die Schule durch Engagement die Schulbedingungen verbessern kann. Beispiele dafür sind diverse Schulprojekte. Außerdem können Lehrer bzw. Lehrerinnen und Schüler bzw. Schülerinnen mit den gegebenen Bedingungen unterschiedlich zurechtkommen und eindeutige Unterschiede im Unterricht aufzeigen. (vgl. Nolting 2007, S. l7 ff.)

Helmke und Renkl untersuchten in einer vierjährigen Studie welche Gewichtung die Zusammensetzung der Klasse zum Schülerverhalten hat. Hierbei ist aufgefallen, dass lediglich der Anteil der Schüler und Schülerinnen, welche Deutsch als Fremdsprache haben, eine wichtige Rolle spielt. Die Klassengröße, die Geschlechterverteilung, das kognitive Eingangsniveau und die kognitive Unterschiedlichkeit haben nach seinen Studien wenig Einfluss. (vgl. Helmke & Renkl l993, S.l85 ff.)

[...]

Ende der Leseprobe aus 157 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsstörungen. Formen, Ursachen, Handlungsperspektiven
Untertitel
Trainingsraum
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
1
Autor
Jahr
2009
Seiten
157
Katalognummer
V142800
ISBN (eBook)
9783640531530
ISBN (Buch)
9783640531981
Dateigröße
7565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterrichtsstörungen, Formen, Ursachen, Handlungsperspektiven, Trainingsraum
Arbeit zitieren
Claudia Weber (Autor:in), 2009, Unterrichtsstörungen. Formen, Ursachen, Handlungsperspektiven, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142800

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