Steuersystem und Rechtssprechung in der Provinz Ägypten unter besonderer Berücksichtigung des Romanisierungsgedankens


Seminararbeit, 2009

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sinn und Zweck von Verwaltung im römischen Kaiserreich

3. Verwaltung in Ägypten
3.1 Der Statthalter Ägyptens
3.2 Verwaltungsalltag in Ägypten

4. Die Bedeutung der Finanzen im römischen Kaiserreich
4.1 Steuern in Ägypten
4.2 Romanisierende Faktoren

5. Recht im Kaiserreich
5.1 Die Rechtssprechung des ägyptischen Statthalters
5.2 Romanisierende Faktoren

6. Schlussbetrachtung

7. Quellenverzeichnis

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ein funktionierender Rechtsstaat und ein kontrollierbares Finanzsystem scheinen gerade in der heutigen Zeit ein unabdingbarer Kitt für die Gemeinwesen der Welt zu sein. Ebenso waren zu römischer Zeit die Rechtssprechung und das Finanzwesen Kernelemente der Politik und somit wichtige Faktoren für eine mögliche Romanisierung der Provinzen. Von besonderem Interesse sind hierbei diese Bausteine im antiken Ägypten, das aufgrund seiner pharaonischen Vergangenheit gern als Sonderfall bezeichnet wurde. Diese Diktion scheint heute jedoch, zumindest laut Peter Eich überholt.[1] Jedoch ist anzumerken, dass die Frage nach der Sonderstellung Ägyptens wohl besser nach der jeweiligen Betrachtungsweise zu beantworten ist.

Ziel dieser Arbeit wird es also sein die Bedeutung von Steuersystem und Rechtssprechung, hier wird der Schwerpunkt auf den Statthalter der ägyptischen Provinzen gelegt, für die Verwaltung, und somit auch für die Romanisierung, der Provinz Ägypten herauszuarbeiten. Es soll gezeigt werden inwiefern gerade Ägypten mit seinem reichhaltigen kulturellen Erbe aus griechisch-ptolemäischer Vorzeit Nährboden für Romanisierungstendenzen sein konnte oder auch nicht. Weiterhin sollen hierbei sowohl die kulturelle Vergangenheit Ägyptens als auch geographische Gegebenheiten eine Rolle spielen.

Bewerkstelligt werden soll dies zuerst durch einen allgemeinen Überblick über die Verwaltung im römischen Kaiserreich hier mit Schwerpunkt die Provinz Ägypten. Hierauf aufbauend sollen die zentralen Elemente dieser Arbeit, Steuersystem und Rechtssprechung, in den Fokus gerückt werden. Nach der jeweils erfolgten Darstellung der beiden Themenbereiche wird dann deren Romanisierungsgrad unersucht.

Grundlagenwerke für diese Arbeit bilden zum einen der Doppelband von Werner Eck[2] und die Monographie von Frank M. Ausbüttel[3], die sich beide dezidiert mit römischen Verwaltungsstrukturen beschäftigen. Außerdem ist auf die Arbeiten von Peter Eich zu verweisen, hier besonders auf eine Monographie, die sich mit der römischen Bürokratie beschäftigt.[4] Nicht unerwähnt bleiben darf P. A. Brunt[5], der sich in seinen Arbeiten dezidiert mit den Verwaltungsstrukturen des römischen Ägypten auseinandersetzt. Besonders für den Teil der Arbeit, der die Rechtssprechung betrifft, war es notwendig Literatur aus der allgemeinen Rechtsgeschichte heranzuziehen. Aufgrund der Fülle des zur Verfügung stehenden Materials ist es eigentlich nicht möglich hier weitere Werke herauszustellen, vielmehr musste die Erfahrung gemacht werden, dass eine Vielzahl von speziellen Monographien herangezogen werden musste. Wo immer möglich wurden Primärquellen, so zum Beispiel aus der Quellensammlung von Wolfgang Lautemann und Manfred Schlenke[6], zur Unterstützung der Darstellung herangezogen.

Der Forschungsstand kann als sehr gut bezeichnet werden, da gerade die lange Zeit für bare Münze gehaltene Sonderrolle Ägyptens für stetige Publikationen und Untersuchungen bezüglich dieser Provinz sorgte.

2. Sinn und Zweck von Verwaltung im römischen Kaiserreich

Aufgrund des expansiven Grundcharakters des römischen Reiches lag der staatlichen Administration seit jeher eine Kontrollfunktion zugrunde. Schließlich musste nach den militärischen Eroberungszügen auch eine Art zivile Eroberung erfolgen.[7] Diese zivile Eroberung konnte dann durch Straßenbau oder Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung der eroberten Gebiete erfolgen. Für die Verwaltung dieses riesigen Raumes stand jedoch kein hierarchischer Beamtenapparat zur Verfügung, vielmehr wurde gerne die Oberschicht eines eroberten Gebietes für administrative Aufgaben eingespannt. Beispielsweise wurden sie als Steuereintreiber eingesetzt.[8] Ob gerade hierin ein Grund gesehen werden kann, dass “[…] Rom […] sein Herrschaftsgebiet niemals in vergleichbarer Intensität organisatorisch und administrativ durchdrungen hat […]”[9] muss unbeantwortet bleiben. Obwohl die Art der Verwaltung steten Änderungen unterlag, kann doch festgestellt werden, dass sie sich ab dem 1. Jahrhundert stark auf den Kaiser zu zentralisieren begann. Wichtige Personalentscheidungen konnten demzufolge nur über den Kaiser getroffen werden. Diese äußerst vertikale Machtstruktur war daher auch für Beeinflussungen jeglicher Art oder gar für finanziell unterfütterte Vetternwirtschaft anfällig.[10]

Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kaiser als “[…] faktisch handelnde Zentrum der gesamtrömischen Administration […]”[11] anzusehen ist. Den gegebenen Strukturen geschuldet, verwundert es auch nicht, dass der römischen Administration nie ein generationenübergreifendes und in sich inhärentes staatpolitisches Konzept zugrunde lag.[12] Nichtsdestoweniger blieben die Strukturen der römischen Verwaltung lange Zeit gegen allerlei politische Umbrüche immun und überdauerten eine lange Zeitperiode. Ihre Effizienz zeigt sich auch darin, dass in späterer Zeit nichtrömische Völker und Herrscher mit Vorliebe auf diese bestehenden und auch funktionierenden Strukturen zurückgriffen.[13]

3. Verwaltung in Ägypten

Nach der octavianischen Eroberung Ägyptens traten die Römer “[…] das Erbe schon lange Zeit existenter Herrschaftsansprüche an”[14]. Grundsätzlich ist zu sagen, dass Ägypten zu den bevölkerungsreichsten Besitzungen zählte und somit auch für die Steuereinnahmen von erheblicher Bedeutung war. Weiterhin scheint es nicht übertrieben von Ägypten als zumindest partieller Kornkammer des Kaiserreiches zu sprechen.[15] Aus wahrscheinlich politischen Gründen bekam die Provinz Ägypten einen ritterlichen Statthalter, der auch zuvorderst dem Kaiser unterstellt war. Für Provinz dieser Größe war dies zumindest ungewöhnlich.[16] Als ebenso ungewöhnlich kann die Tatsache betrachtet werden, dass in Ägypten eine intensivere Hierarchisierung auf den Verwaltungsebenen vorlag als in anderen Provinzen. Damit einhergehend ist es nicht verwunderlich, dass eine überdurchschnittliche administrative Durchdringung im eigentlich peripheren Ägypten nachgewiesen werden kann.[17] Eich bezeichnet die Provinz Ägypten dann auch als „[…] entwickelte Patrimonialbürokratie“[18]. Sprich Ägypten wäre so als ob es in Privatbesitz gestanden hätte verwaltet worden. Diese Punkte sollen die Besonderheiten Ägyptens herausstellen.

3.1 Der Statthalter Ägyptens

Und so bestimmte er als erstes, die Senatoren selbst sollten beide Arten von Provinzen verwalten – mit Ausnahme von Ägypten, das er als einzige Provinz einem Ritter unterstellte […]“[19]. Diese antike Quelle verweist unzweideutig auf die zusätzliche Sonderstellung des ägyptischen Statthalters. Allen Statthaltern war eine imperiale Befehlsgewalt zu eigen, was sich im Oberbefehl über die zur Verfügung stehenden Truppen oder in ihrer Funktion als oberste Rechtssprechungsinstanz niederschlug. Um seinen kaiserlichen Auftrag zu erfüllen war eine vermehrte Reisetätigkeit innerhalb des Provinzgebietes unabdingbar.[20]

Aber im Gegensatz zu Italien verfügte der Präfekt in Ägypten über eine strukturierte administrative Untergliederung.[21] An diese leitete er seine Anweisungen zur Transformation dann weiter. Der Präfekt von Ägypten musste stets ein Ritter sein, was im Umkehrschluss eine bewusste Kaltstellung des Senatorenstandes bedeutete. Aufgrund der Wichtigkeit von Ägypten, es sei hier die Getreideversorgung genannt, schien Octavian ein Statthalter aus dem Senatorenstand für ungeeignet. Diese Maßnahme wirkte dann quasi „[…] traditionsbildend […]“[22] in die Zukunft fort. Brunt hingegen vermutet hinter dieser Entscheidung Octavians keine politischen Gründe, er sieht vielmehr die persönlichen Charaktereigenschaften für die Position des Statthalters ausschlaggebend.[23] Ein Amtsinhaber der fiskalische, militärische als auch judikative Eigenschaften in seiner Person vereinte musste jedenfalls von absoluter politischer Integrität sein und auch über dementsprechende Fähigkeiten verfügen. Auf das tatsächliche Wirken des Statthalters soll in späteren Kapiteln genauer eingegangen werden.

Der Sitz des Statthalters war Alexandria. Eine Stadt, die „[…] in vieler Hinsicht […] mit ganz anderen Dimensionen als fast alle anderen Städte der griechisch-römischen Welt […][24] aufwarten konnte. Sämtliche Erlasse des Statthalters wurden in Alexandria veröffentlicht. Auch bei Abwesenheit des Präfekten wurde dies so gehandhabt, sprich die Administrativfunktion von Alexandria war eine Umfassende.[25] Der Statthalter hatte sich nicht nur einer übermäßigen Zahl von Bittstellern und Rechtssuchenden zu stellen, auch waren gewaltsame Unruhen in der Stadt selbst an der Tagesordnung. Begünstigt wurde dies natürlich durch die oftmalige Absenzen des Statthalters. Diese Umtriebe konnten entweder diplomatisch oder durch Waffengewalt beendet werden.[26] Es bleibt somit zu konstatieren, dass sich der Statthalter und die Stadtbevölkerung oftmals, aufgrund der geschilderten Lage, in einem Spannungsverhältnis befanden.[27] Insofern verwundert es auch nicht, dass die durchschnittliche Verweildauer eines Statthalters meist unter drei Jahren blieb.[28]

3.2 Verwaltungsalltag in Ägypten

Ein wichtiger Beschäftigungspunkt für den Statthalter Ägyptens war die Getreideversorgung. Es galt Getreide in der Provinz aufzukaufen, den Transport zu organisieren und es letztendlich zu verschiffen.[29] Um jedoch hohe Agrarerträge zu erhalten war es vonnöten ein funktionierendes Bewässerungssystem zu schaffen. Bereits im pharaonischen Ägypten war dies erkannt worden und daraus dann eine Art Verwaltungssystem erwachsen.[30] Dieses System zu erhalten und an eventuelle neue Begebenheiten anzupassen war eine der wichtigsten Aufgaben des Statthalters und seines untergeordneten Bereiches. Aufgrund der eminenten Bedeutung eines effizienten Bewässerungssystems kam es in seinem Umkreis oftmals zu Betrügereien und Meinungsverschiedenheiten verschiedenster Akteure, welche dann von der römischen Verwaltung zufriedenstellend gelöst werden mussten. Lokalere Organisationen waren hierzu meist nicht in der Lage.[31] Die herausragende Bedeutung eines guten Wassermanagements spiegelt sich auch im Infrastrukturbereich wider, waren Nil und Kanäle doch die Hauptverkehrsadern in Ägypten. Natürlich waren auch ordinäre Strassen vorhanden, doch Wasserwege spielten eine entscheidendere Rolle.[32] Da Kanäle aufwendiger instand zu halten waren als Strassen war die Organisation dieser etwaigen Renovierungsarbeiten, die unter anderem auch mit einer Arbeitspflicht verbunden war, ebenfalls eine der Kernaufgaben der Administration.[33]

[...]


[1] Peter Eich: Die Administration des römischen Ägyptens, in: Herrschen und Verwalten. Der Alltag der römischen Administration in der Hohen Kaiserzeit, hrsg. v. Rudolf Haensch und Johannes Heinrichs, Köln 2007, S. 378-399, hier S. 378-379.

[2] Werner Eck: Die Verwaltung des Römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit. Basel 1995 (1. Band) und 1998 (2. Band).

[3] Frank M. Ausbüttel: Die Verwaltung des Römischen Kaiserreiches. Darmstadt 1998.

[4] Peter Eich: Zur Metamorphose des politischen Systems in der römischen Kaiserzeit. Berlin 2005.

[5] P. A. Brunt: Roman Imperial Themes. New York 1990.

[6] Wolfgang Lautemann u. Manfred Schlenke (Hg.): Geschichte in Quellen. München 1989.

[7] Ausbüttel 1998, S. 191.

[8] Ebenda, S. 191-192.

[9] Eck (1) 1995, S. 1.

[10] Ebenda, S. 24-25.

[11] Ebenda, S. 28.

[12] Ausbüttel 1998, S. 194.

[13] Ebenda, S. 196-197.

[14] Eich 2007, S. 382.

[15] Brunt 1990, S. 215-216.

[16] Eich 2007, S. 383.

[17] Eich 2007, S. 392-394.

[18] Ebenda, S. 398.

[19] Cassius Dio 53, 11ff. bearbeitet nach L. Tafel aus Geschichte in Quellen, hrsg. v. Wolfgang Lautemann u. Manfred Schlenke, München 1989, hier S. 565.

[20] Ausbüttel 1998, S. 30-31.

[21] Werner Eck: Die staatliche Organisation Italiens in der hohen Kaiserzeit. München 1979, hier S. 18.

[22] Eck (1) 1995, S. 40.

[23] Brunt 1990, S. 216.

[24] Rudolf Haensch: Capita Provinciarum. Statthaltersitze und Provinzialverwaltung in der Römischen Kaiserzeit. Mainz 1997, hier S. 208.

[25] Haensch 1997, S. 212.

[26] Ebenda, S. 219-220.

[27] Ebenda, S. 220.

[28] Brunt 1990, S. 219.

[29] Ausbüttel 1998, S. 141.

[30] Eck (1) 1995, S. 254.

[31] Ebenda, S. 279-280.

[32] Thomas Pekáry: Untersuchungen zu den Römischen Reichsstrassen. Bonn 1968, hier S. 62.

[33] Pekáry 1968, S. 121.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Steuersystem und Rechtssprechung in der Provinz Ägypten unter besonderer Berücksichtigung des Romanisierungsgedankens
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
20
Katalognummer
V141922
ISBN (eBook)
9783640496556
ISBN (Buch)
9783640496662
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Romanisierung, Ägypten, antike Verwaltungsformen, Steuereintreibung
Arbeit zitieren
Michael Gamperl (Autor:in), 2009, Steuersystem und Rechtssprechung in der Provinz Ägypten unter besonderer Berücksichtigung des Romanisierungsgedankens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141922

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