Entwicklung des Rechts der beruflichen Bildung


Hausarbeit, 2009

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung:

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Fortbildungsschulen in der Wilhelminischen Zeit Der Grundstein für die heutige Berufsschule
2. Die Konsolidierungsphase dualer Berufsausbildung Erste Regelungsversuche der Berufsausbildung
3. Ein kleiner Schritt zur Etablierung der beruflichen Bildung Ein Ausschnitt der klassischen Bildungstheorien
4. Regulierung der Berufsbildung in der NS-Zeit
5. Die letzte Phase Berufsbildung nach dem Zweiten Weltkrieg
6. Didaktischer Teil

III. Schluss

IV. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

„Ein leistungsfähiges Berufsbildungssystem ist wesentliche Voraussetzung für ein hohes Beschäftigungsniveau und eine leistungsfähige Wirtschaft. Eine gute Ausbildung entscheidet zudem über individuelle Berufs- und Lebenschancen[1] “. Anhand dieser Aussage von Gerhard Schröder zum 21. deutschen Berufsschultag, ist zu erkennen welchen Stellenwert ein leistungsfähiges Ausbildungssystem für einen Staat, aber auch für jeden einzelnen seiner Bürger hat.

In der Bundesrepublik Deutschland hat sich das duale Berufsausbildungssystem etabliert. Das BBiG stellt die wesentliche rechtliche Grundlage für die Berufsausbildung im dualen System dar. Es wurde 1969 von der großen CDU/CSU/SPD Koalition im Bundestag verabschiedet. Die berufliche Ausbildung gab es allerdings schon erheblich früher. Es wirft sich die Frage auf, warum das BBiG erst Ende der sechziger Jahre und nicht bereits viel früher verabschiedet wurde. Welche Gründe trugen zu der Verabschiedung bei? Diese Fragen möchte ich in meiner Ausarbeitung diskutieren. Sie soll einen Abriss über die Entwicklung des beruflichen Rechts darbieten und dennoch nicht nur einen chronologischen Ablauf der historischen Entwicklung beleuchten. Das BBiG regelt in § 2 den Geltungsbereich auf den es sich bezieht. Es nimmt in § 1 die Berufliche Ausbildung neben der beruflichen Fortbildung, beruflichen Umschulung und der Berufsausbildungsvorbereitung als Bezugsgrundlage, welche in diesem Bundesgesetz reguliert wird. Ohne Bezugsgrundlage ist daher ein Gesetz auch sinnlos und unnötig. Aus diesem Grund halte ich eine ausschließliche Betrachtung der rechtlichen Entwicklung des BBiG für unzureichend, da parallel die Entwicklung und Bedeutung der beruflichen Bildung zu beleuchten ist und eine erhebliche Rolle spielt. Ist berufliche Bildung auch Allgemeinbildung? Wenn ja, seit wann wurde sie als solche angesehen und anerkannt? Mit diesen Fragen möchte ich den Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Berufsbildungsrecht und der beruflichen Bildung im Kontext der politischen Systeme verdeutlichen und in dieser Hausarbeit diskutieren.

Dennoch ist dieses Thema zu komplex und umfangreich, um diese Fragen im Rahmen dieser Ausarbeitung letztendlich beantworten zu können. Sie soll lediglich einen kleinen Beitrag zur Diskussion dieser Fragen leisten.

Die Entwicklung des deutschen Berufsbildungsrechts lässt sich in vier Entwicklungsstufen unterscheiden:

- die Stufe des völlig ungeregelten Erwerbs beruflicher Qualifikationen
(Stufe 1);
- die Stufe berufsständisch-autonomen Berufsbildungsrechts (Stufe 2);
- die Stufe gewerberechtlicher Einbindung der Berufsbildung (Stufe 3);
- die Stufe spezialisierten Berufsbildungsrechts (Stufe 4).[2]

In dieser Ausarbeitung möchte ich die Stufe drei zum Ende des 19. Jahrhunderts und die Stufe vier bis zur Verabschiedung des Berufsbildungsgesetzes näher beleuchten.[3]

II. Hauptteil

1. Fortbildungsschulen in der Wilhelminischen Zeit Der Grundstein für die heutige Berufsschule

Mit Einführung der Gewerbeordnung im Norddeutschen Bund am 21. Juni 1869 wurde die Grundlage für die Veränderungen geschaffen. Neben der Einführung der Gewerbefreiheit wurde das Lehrlingswesen der Verantwortung von Meistern und Fabrikanten unterstellt. Diese Gewerbeordnung ist im späteren Verlauf, ab 1871 für das ganze Deutsche Reich übernommen worden.[4]

Gesonderte „Berufsschulgesetze“, wie wir sie heute kennen, gab es im 19. Jahrhundert nicht. Dies kann man als Ausfluss mangelnden Interesses des Gesetzgebers an all jenen Schulformen deuten, die nicht zum allgemeinbildenden Schulwesen gehörten. Die Berufsschulfrage war lange Zeit kein Gegenstand staatlicher Politik. Es war die Aufgabe der Betriebe in Berufsbildungsbelangen das Personal zu rekrutieren.[5]

Mit der Großen Depression begann ab 1873 die Errichtung von Fortbildungsschulen. Angefangen in Sachsen mit dem Gesetz vom 26.04.1873, welches eine 3jährige Fortbildungsschulenpflicht für männliche Jugendliche vorschrieb. Später folgten die Länder wie Baden, Hessen, Sachsen-Weimar, Sachsen-Coburg usw.. Preußen konnte aufgrund des politischen Gleichgewichts im Abgeordneten- und Herrenhaus keine eigene Gesetze für die Fortbildungsschule durchbringen. Nichts desto trotz erließ man auf Grundlage der Reichsgewerbeordnung (§§ 106 und 142) die Fortbildungsschulpflicht. Danach konnten durch Ortsstatut gewerbliche Lehrlinge und jugendliche Arbeiter zum Besuch gezwungen werden.[6] Entsprechend der damaligen Zeit wurde Ende des 19. Jahrhunderts eine Fortbildung für Mädchen abgelehnt, man kann sogar sagen, an Unterricht für Mädchen nach ihrer Volksschulzeit wurde nicht einmal gedacht. Wie die Erlasse von 1874, 1884 und 1897 zeigen, wurde als Ziel dieser Schule zwar „die Erhöhung der Gewerbstüchtigkeit“ proklamiert, was jedoch nicht viel zu sagen hatte. Die allgemeine Fortbildungsschule dürfte daher eher als eine Schule, die inhaltlich von der gesellschaftspolitischen Funktionalisierung geprägt war, sein.[7]

Der Münchner Stadtschulrat Georg Kerschensteiner hat diese negative Entwicklung der Fortbildungsschulen gesehen. Er nannte sie: „eine pädagogisch erfolglose Schule, die Schülern gleichgültig, Meistern lästig, den Lehrern ein Gegenstand vergeblicher Liebesmühe sei“[8]. Kerschensteiner setzte 1900 in München die Reorganisation der Fortbildungsschulen durch. Ihm gelang dabei zweierlei: erstens setzte er das eigenständige, beruflich organisierte Fortbildungschulenmodell durch und zweitens gelang es ihm, eine schlüssige Legitimationsgrundlage für diese neue Schule zu formulieren. In seiner bekannten Schrift „Staatsbürgerliche Erziehung der deutschen Jugend“, die verbreitet als „Gründungs- bzw. Geburtsurkunde der Berufsschule“ bezeichnet wird, entwarf er die „neue“ Fortbildungsschule, die didaktisch am Beruf orientierte Berufsschule.[9] Neben der Begründerrolle der Berufsschule setzte sich Georg Kerschensteiner unter anderem auch für die Anerkennung und Reformierung der beruflichen Bildung ein. In dem folgenden Kapitel wird hierauf noch näher eingegangen.

2. Die Konsolidierungsphase dualer Berufsausbildung Erste Regelungsversuche der Berufsausbildung

Das Zahlenverhältnis von Gelernten und Ungelernten kehrte sich im Laufe des ersten Weltkrieges zu Lasten der Gelernten um, und damit war die neue Idee der Fortbildungsschule stark erschüttert. Mit Gründung der Weimarer Republik 1918 bekamen die Gewerkschaften ein ausbildungspolitisches und ausbildungsrechtliches Gewicht.[10] Sie wurden von den Arbeitgebern als Tarifpartner im November 1918 anerkannt und forderten folgerichtig auch Mitwirkungsrechte bei der Ausbildung des beruflichen Nachwuchses. Die Arbeitnehmerverbände drängten, um die einzelgewerkschaftlichen Positionen in Ausbildungsbelangen nicht zu weit auseinanderdriften zu lassen, auf ein Berufsbildungsgesetz. So verabschiedete der 10. Gewerkschaftskongress 1919 in Nürnberg Beschlüsse zur „Regelung des Lehrlingswesens“,[11] die am 3.9.1919 zur Aufnahme von Beratungen einer Studienkommission, bestehend aus Gewerkschaften, Arbeitgebern, Berufspädagogen, Ministerialbeamten und Vertretern der Jugendhilfe, führten. Die Forderung nach einem Berufsbildungsgesetz war geboren. Die Studienkommission legte am 20. und 25. Mai 1920 die Grundsätze für eine Neuregelung der beruflichen Ausbildung vor.[12] Der Ministerialrat des Preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe, E. Schindler, sollte nach diesen Grundsätzen einen Gesetzesentwurf erstellen, der die allgemeine Grundlage jeglicher Berufsausbildung im Betrieb und in der Schule regeln sollte. Wegen der allgemeinen politischen und ökonomischen Probleme, führte der bereits 1923 vorgelegte Referentenentwurf, erst 1927 zu einem offiziellen Gesetzesvorschlag der Reichsregierung.[13]

[...]


[1] Vgl. Grußwort des Bundeskanzlers (Gerhard Schröder) zum 21. deutschen Berufschultags.

[2] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich: Das „deutsche System“ der Berufsausbildung. Tradition, Organisation, Funktion. 3.überarbeitete Auflage. Baden-Baden 1998. S. 88.

[3] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S.28.

[4] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S. 42-43.

[5] Vgl. Stratmann, Karlwilhelm / Schlösser, Manfred: Das Duale System der Berufsbildung. Eine historische Analyse seiner Reformdebatten. Frankfurt am Main 1992. S. 28

[6] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S. 51.

[7] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S. 52.

[8] Kerschensteiner, Georg: Grundlagen der Schulorganisation. Leipzig 1907. S. 106.

[9] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S. 52-53.

[10] Vgl. Stratmann, Karlwilhelm / Schlösser, Manfred (1992). S. 40.

[11] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S. 85.

[12] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S. 85.

[13] Vgl. Greinert, Wolf-Dietrich (1998). S. 85.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Entwicklung des Rechts der beruflichen Bildung
Hochschule
Universität Kassel
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
18
Katalognummer
V141540
ISBN (eBook)
9783640509997
ISBN (Buch)
9783640510238
Dateigröße
413 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hausarbeit, Recht, Berufsbildung, Geschichte
Arbeit zitieren
Mario Hartmann (Autor:in), 2009, Entwicklung des Rechts der beruflichen Bildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141540

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