Das Verhältnis von Sozialpolitik und Sozialer Arbeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Was ist Soziale Arbeit?
2.1. Die Aufgaben und Ziele
2.2. Die Arbeitsbereiche

3. Was ist Sozialpolitik?
3.1. Eine Definition
3.2. Die Institutionen der Sozialpolitik

4. Die Soziale Arbeit und die Sozialpolitik
4.1. Die Grundlagen der Sozialpolitik und der Sozialen Arbeit
4.2. Die historische Entwicklung
4.3. Die Entwicklung nach 1945

5. Der „aktivierende“ Sozialstaat heute
5.1. Individuelle oder generelle Hilfe?
5.2. Die „Aktivierung“ der Sozialen Arbeit
5.3. Die „bildende“ Soziale Arbeit

6. Die Kinder- und Jugendhilfe
6.1. Die Institutionen
6.2. Die Aufgabenfelder
6.3. Eine Institution der Bildung?

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Die Vielzahl der Politikfelder, in denen der Sozialstaat wirkt, verdeutlicht, dass Sozialpolitik in Deutschland umfassend angelegt ist. Die Maßnahmen, Leistungen und Einrichtungen der Sozialpolitik beeinflussen die Lebenslagen aller Bürgerinnen und Bürger […]. In Deutschland hat die Ausrichtung an sozialen Grundsätzen des Handelns Verfassungsrang. Der Kern von Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes lautet: „Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.““[1]

Bereits im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird auf die soziale Ausrichtung des Landes hingewiesen. Hierbei kommt dem Sozialen ein ebenso bedeutender Rang zu wie der Einhaltung der demokratischen Grundordnung. Deutschland ist ein Sozialstaat.

Ebenfalls ist die Bundesregierung verpflichtet einen Sozialbericht zu veröffentlichen[2], in dem sie den jeweiligen Umfang und die Bedeutung ihrer sozialpolitischen Leistungen darstellt. Gerade hier werden die Leistungen, Maßnahmen und Pläne der Bundesregierung dargestellt. Die Vielzahl der Bereiche, die von der Sozialpolitik betroffen und beeinflusst sind, ist vielfältig und unübersehbar. Niemandem ist es möglich, sich der Wirkung der Sozialpolitik zu entziehen. Bereits ab der Geburt unterliegen die Bürger der Bundesrepublik den Bestimmungen und Institutionen der Sozialpolitik. So wirkt die Sozialpolitik unter anderem auf die Gesundheits-, Familien- und Arbeitspolitik ein. Deutlich zu sehen ist diese Verzweigung schon bei den Ministerien. So gibt es zwar das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, nur hat die Sozialpolitik auch in den Bereichen des Familienministeriums, des Wirtschaftsministeriums sowie des Finanzministeriums ihre Einwirkungsbereiche.

Die vorliegende Arbeit versucht zu klären, welche Institutionen an der Umsetzung der Sozialpolitik der Bundesrepublik beteiligt sind. Hierbei ist als Instrument der Sozialpolitik die Soziale Arbeit zu nennen. Aber was versteht man unter Sozialer Arbeit? In wie fern ist die Soziale Arbeit Instrument der Politik oder ist sie nicht nur ausführendes Element, sondern selbst ein wichtiger Teil der Politik? Welche Bereiche der Sozialpolitik werden von der Sozialen Arbeit beeinflusst und in wie fern beeinflusst die Soziale Arbeit die Sozialpolitik? Hierbei gilt es zu betrachten, welches Verhältnis zwischen diesen beiden Partien herrscht. Unterliegt es im Laufe der Jahre Veränderungen oder gibt es ein konstantes Handlungs- und Orientierungsschema? Im Folgenden soll am konkreten Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe, die einen Schwerpunkt der Sozialen Arbeit darstellt, die Soziale Arbeit genauer betrachtet werden. Hierbei soll der Schwerpunkt der Arbeit nicht auf der exakten Darstellung der Arbeitsweisen, der diversen Institutionen und den Problemen der Sozialen Arbeit liegen, sondern vielmehr das Verhältnis zu der Sozialpolitik hergestellt werden.

2. Was ist Soziale Arbeit?

Bevor das Verhältnis von Sozialer Arbeit und Sozialpolitik dargestellt wird, gilt es, die Begriffe der Sozialen Arbeit und der Sozialpolitik näher zu betrachten und zu erläutern.

2.1. Die Aufgaben und Ziele

Als Soziale Arbeit wird zunehmend der praktische Teil der sozialpädagogischen Disziplinen bezeichnet, wenn Arbeitsorte und Institutionen der Pädagogik erwähnt und betrachtet werden. Er umfasst neben der Sozialpädagogik auch Wissensbereiche der Medizin, Psychologie, Rechtswissenschaft, Soziologie sowie der Volkswirtschaft. Allerdings vollzog sich in den letzten Jahren ein Wandel in den Bezeichnungen, so dass mittlerweile nur schwer zwischen Sozialpädagogik und Sozialer Arbeit differenziert werden kann, bzw. beide Begriffe äquivalent verwendet werden. Dennoch wird der Begriff der Sozialpädagogik im konkreten Fall für die wissenschaftliche Disziplin verwendet, der Begriff der Sozialen Arbeit im Zusammenhang mit der praktischen Arbeit der Sozialpädagogik verwendet. Die Soziale Arbeit ist in der Folge zu einem Praxisbegriff geworden, welcher sowohl die Sozialpädagogik als auch die Soziale Arbeit einschließt. Dieser Begriff hat sich ebenfalls zu einer wissenschaftlichen Disziplinbezeichnung, der „Wissenschaft der Sozialen Arbeit“, gewandelt, wobei sich der Begriff des „social work“ unter anderem in den USA bereits früh im 20. Jahrhundert etabliert hat und zu einer wissenschaftlichen Disziplin geworden ist.[3]

Die Ziele und Aufgaben der Sozialen Arbeit sind die Bearbeitung und die Lösung von gesellschaftlichen Problemen, sowohl spezifischer Einzelfälle als auch allgemeiner gesellschaftlicher Probleme.[4] Letztlich findet die Soziale Arbeit dort ihren Platz, wo es gilt, die Existenz eines Menschen zu sichern, beziehungsweise Menschen bei gravierenden Existenzproblemen zu helfen und auftretende Schwierigkeiten zu beseitigen. Grundvoraussetzung ist hier die Annahme, dass ein (erwachsener) Mensch in der Lage ist, seine Existenz allein, beziehungsweise unter Zuhilfenahme und mit Unterstützung der Familie zu sichern und zu gestalten.[5] Hierbei gibt es unterschiedliche Interpretationen einer gesicherten Existenz. Gemeint sind hier die Sicherung der finanziellen, der beruflichen, der gesundheitlichen sowie der familiären Existenz. Diese Reihe ist beliebig fortzuführen, da Soziale Arbeit, im Gegensatz zum allgemeinen und generellen Ansatz der Sozialpolitik, immer ein Stück weit individuelle und einzigartige Probleme und Missstände betrachtet, behandelt und zu lösen versucht.

2.2. Die Arbeitsbereiche

Als Arbeitsbereich zur Verwirklichung des Ziels der Sozialen Arbeit gelten die verschiedensten Institutionen. So sind neben den kommunalen Jugend- und Sozialämtern auch die unterschiedlichsten freien Träger der Jugend- und Sozialhilfe, sowie die diversen Wohlfahrtsverbände Teil und Gegenstand der Sozialen Arbeit.[6]

Bei den Trägern der Sozialen Arbeit ist zwischen öffentlichen und freien zu unterscheiden, wobei es auch gewerbliche Träger gibt, die zwar auch Aufgaben der Sozialen Arbeit wahrnehmen, diese aber eigenständig finanzieren. Welcher Träger welche Leistungen erbringt und anbietet, ist vielfältig strukturiert und organisiert. Es ist aber festzustellen, dass der Kern der Aufgaben der Sozialen Arbeit, die Fürsorge- und Sozialleistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Sozialhilfe, von öffentlichen Trägern auf Bundes- und Kommunalebene getragen wird. Hierbei regelt die Sozialgesetzgebung genau die Zuständigkeiten und Machtbefugnisse des Landes, der Kreise und der Gemeinden untereinander.[7]

Neben den staatlichen Organisationen, Behörden und Verwaltungen existieren auch freie Träger. Diese fallen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips[8] unter die Aufsicht der staatlichen Träger, arbeiten jedoch eigenständig und werden von diesen in ihrer Arbeit, zu meist finanziell, unterstützt. Hier sind unter anderem die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) zu nennen. Die freien Träger übernehmen die unterschiedlichsten Aufgaben der Sozialen Arbeit. So kümmern sich die oben genannten Träger zum Beispiel um die Pflege und Betreuung von älteren Menschen.[9]

Die Aufgaben- und Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit umspannen das gesamte Spektrum eines menschlichen Lebens. Bereits nach der Geburt greifen die ersten sozialen Sicherungssysteme des Staates, zum Beispiel seit 2008 das Elterngeld und die Betreuung in Kindertagesstätten. Ebenso ist neben der Kindheit auch die Jugend und später das Erwachsenenalter ein wichtiger Arbeitsbereich der Sozialen Arbeit, wobei die Kinder- und Jugendhilfe einen Hauptbereich der Sozialen Arbeit darstellt.[10] Gerade in den wichtigen Zeiträumen der Persönlichkeitsentwicklung spielen die Möglichkeiten einer sozialen Absicherung, beziehungsweise die Möglichkeit, soziale Leistungen in Anspruch nehmen zu können, eine wichtige Rolle. Neben dem Menschen selbst ist auch dessen Lebensumfeld Teil der Sozialen Arbeit. So ist auch die Familie und Partnerschaft Teil der Sozialen Hilfsbereiche. Hier gibt es zahlreiche Bereiche, in welche die Soziale Arbeit eingreift, zum Beispiel die Beratung und Betreuung von jungen Familien durch ProFamilia. Diese Liste ist durchgängig auf alle Bereiche des menschlichen Lebens erweiterbar, in denen es zu Problemen und Krisen kommen kann. Im Zentrum der heutigen Sozialen Arbeit im „aktivierenden“ Sozialstaat steht im Besonderen die Herstellung und auch Wiederherstellung der Erwerbstätigkeit der Bürger[11].

Eine weitere Möglichkeit der Beschreibung der Aufgabenfelder der Sozialen Arbeit ist neben der Einteilung nach den Lebensabschnitten die spezifische Einteilung nach den Problemen der Klienten. An dieser Stelle wird nicht nach den verschiedenen Altersstufen unterteilt, sondern unterschiedliche Problemklassifikationen gebraucht. Hierzu zählen zum Beispiel die Soziale Arbeit mit Migranten, die Suchtprävention oder auch das Arbeiten mit psychisch Kranken.[12]

3. Was ist Sozialpolitik?

3.1. Eine Definition

Der Begriff der Politik ist auf die griechischen Begriffe der πολιτικας und πολιτικη τεχνη zurückzuführen. Der Ausdruck der „politikas“ stammt in der Polis von Angelegenheiten, die das Volk betreffen. Der Ausdruck der „politike techne“ bezieht sich auf die „Kunst des Führens“, also auf die Technik und Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten. Im heutigen Gebrauch wird noch immer im Zusammenhang mit der Politik von der „Kunst des Regierens“ gesprochen, wobei man dies bezogen auf die Bürger eines Staates ebenso als „Kunst des Regiertwerdens“ bezeichnen könnte.[13] Die Politik nimmt somit direkten Bezug auf den Menschen und ist sogar auf diesen angewiesen.

Der Begriff der Sozialpolitik meint die wesentlichen staatlichen und kommunalen Sozialsicherungsleistungen, die vor generellen sozialen Risiken schützen sollen und soziale Benachteiligungen aufheben beziehungsweise verhindern mögen. Diese Leistungen des sozialen Staates[14] umfassen die unterschiedlichsten Möglichkeiten, in das Leben der Bürger einzugreifen. Es lässt sich eine Dreiteilung der sozialen Maßnahmen vornehmen. So gliedern sie sich in die Bereiche Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Unfall-, Arbeitslosen und Pflegeversicherung), Versorgung (u. a. Beamten- und Kriegsopferversorgung) und Fürsorge (Sozialhilfe). Allerdings unterliegt auch die Sozialpolitik dem Wandel der Gesellschaft und folglich stellen neue Lebensumstände und Probleme auch neue Anforderungen an die Sozialmaßnahmen eines Staates. Dieses neue, beziehungsweise moderne Delta besteht aus den Teilen Vorsorge (Sozialversicherung und Beamtenversorgung), Soziale Entschädigung (u. a. Schäden durch Leistungen im öffentlichen Dienst, so zum Beispiel Kriegs- und Wehrdienst) und Hilfs- und Fördersysteme (Ausbildungs- und Berufsförderung, Kinder- und Wohngeld und Jugendhilfe).[15]

[...]


[1] Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hg.): Sozialbericht 2009. Bonn 2009. S. 4.

[2] Der Sozialbericht wird periodisch seit den 1990er Jahren im drei, bzw. vier Jahresrhythmus im Verlauf einer Legislaturperiode erstellt und im Auftrag der Bundesregierung veröffentlicht.

[3] Vgl.: Hamburger, Franz: Einführung in die Sozialpädagogik. Stuttgart 2008. S. 17-21. Sowie Thole, Werner: Soziale Arbeit als Profession und Disziplin. Das sozialpädagogische Projekt in Praxis, Theorie, Forschung und Ausbildung – Versuch einer Standortbestimmung. In: Thole, Werner (Hg.): Grundriss Soziale Arbeit. Ein einführendes Handbuch. Opladen 2002. S. 14.

[4] Vgl.: Herrmann, Cora / Stövesand, Sabine: Zur (Re-)Politisierung Sozialer Arbeit – Plädoyer für eine reflexive und koordinierte „Unfügsamkeit“. In: Kessl, Fabian / Otto, Hans-Uwe (Hg.): Soziale Arbeit ohne Wohlfahrtsstaat? Zeitdiagnosen, Problematisierungen und Perspektiven. München 2009. S. 192f.

[5] Vgl. Olk, Thomas: Soziale Arbeit und Sozialpolitik. Notizen zu einem ambivalenten Verhältnis. In: Bielefelder Arbeitsgruppe 8 (Hg.): Soziale Arbeit und Gesellschaft. Wiesbaden 2008. S. 288.

[6] Vgl. Kaufmann, Franz-Xaver: Zum Verhältnis von Sozialarbeit und Sozialpolitik. In: Otto, Hans-Uwe / Schneider, Siegfried (Hg.): Gesellschaftliche Perspektiven der Sozialarbeit. Erster Halbband. Kritische Texte zur Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Neuwied 1973. S. 88.

[7] Vgl. Bettmer, Franz: Die öffentlichen Träger der Sozialen Arbeit. In: Thole, Werner (Hg.): Grundriss Soziale Arbeit. Ein einführendes Handbuch. Opladen 2002. S. 431-448.

[8] Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass die Gesellschaft nicht die Aufgaben übernehmen soll, die eine kleinere Gruppe selbst bewältigen kann. Hierbei greift die übergeordnete Gruppe nur ergänzend, bzw. fördernd ein. Dieses Prinzip setzt sich im Rahmen der Sozialen Arbeit bis auf die Klienten beim so genannten „Hilfe zur Selbsthilfe“-Prinzip fort.

[9] Vgl.: Bauer, Rudolph: Freie Träger. In: Thole, Werner (Hg.): Grundriss Soziale Arbeit. Ein einführendes Handbuch. Opladen 2002. S. 449-464.

[10] Siehe zur Kinder- und Jugendhilfe Kapitel 5 dieser Arbeit.

[11] Siehe hierzu Kapitel 4 dieser Arbeit.

[12] Vgl. Hamburger 2008. S. 160-172.

[13] Vgl. Herrmann / Stövesand 2009. S. 191f.

[14] Siehe Zitat zu Beginn der Einleitung dieser Arbeit.

[15] Vgl. Bleses, Peter / Seeleib-Kaiser: Sozialpolitik. In: Otto, Hans-Uwe / Thiersch, Hans (Hg.): Handbuch der Sozialarbeit / Sozialpädagogik. Neuwied 2001. S. 1763ff.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Das Verhältnis von Sozialpolitik und Sozialer Arbeit
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Pädagogisches Institut)
Veranstaltung
Kernprobleme sozialpädagogischen Handelns
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
26
Katalognummer
V141426
ISBN (eBook)
9783640493432
ISBN (Buch)
9783640493166
Dateigröße
611 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Aktuelle Bibliographie, sehr gute Darstellung.
Schlagworte
Verhältnis, Sozialpolitik, Sozialer, Arbeit
Arbeit zitieren
Maik Ruhnau (Autor:in), 2009, Das Verhältnis von Sozialpolitik und Sozialer Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141426

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