Zur „Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache“ von Paul Kretschmer (1866-1956)


Seminararbeit, 2006

12 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung „Wortgeographie der Hd. Umgangssprache“

2. Abtrennung der hd. Umgangssprache zur hd. Gemeinsprache
2.1. Die drei Stufen der Umgangssprache der Gebildeten
2.2. Merkmale der Zugehörigkeit von Wörtern zur hd. Umgangssprache
2.3. Geographische Verbreitung der Wörter

3. Begrenzung des Stoffes
3.1. Sammlung und Bewertung des Materials

4. Das Beispiel „Weihnachtsbaum“

5. Quellenverzeichnis

1. Einleitung „Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache“

Die 1.Auflage der „Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache“ von Paul Kretschmer erschien 1918 und ist heute von historischem Wert. Allerdings bildet die 2. durchgesehene und ergänzte Auflage für diese Hausarbeit die Grundlage, die 1969 im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen erschien, insbesondere jedoch die darin enthaltene Einleitung. Innerhalb des Erhebungszeitraums zwischen 1910 bis 1916/1918 wurden entscheidende Veränderungen der deutschen Wortlandschaft dokumentiert, da es während und nach dem 1.Weltkrieg zu Verschiebungen ganzer Bevölkerungsgruppen kam. Daraus resultierten eine neue Zusammensetzung in gebliebenen Provinzen und fremdsprachige Einflüsse von West und Ost. Die Nachprüfung der erhobenen Daten erfolgte von 1919 bis 1922 in der Zeit nach Abschließung der Erhebung und dem Ende des 1. Weltkrieges, das heißt, dass man fortwährende Bevölkerungswanderungen weitestgehend ausschließen kann und somit die Daten für damalige Verhältnisse recht zuverlässig sein dürften.

Die zweite Auflage wurde ursprünglich schon 1938 vom Autor der ersten Auflage, Paul Kretschmer, beabsichtigt, die nach dem Handexemplar des Verfassers ergänzt ist. So wurden außerdem alle Notizen Kretschmers, die eine erweiternde Information boten, übernommen. Dabei handelt es sich um weitere Angaben über das Vorkommen einzelner Wörter, vereinzelt auch um später erschienene Literatur, besonders die Rezension von R. Euling in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen 185 von 1923 wurde hier miteinbezogen. Besonders interessant an dieser Auflage ist, dass Kretschmers Tochter, Dr. Erika Helm-Kretschmer, bei der Auswertung der Notizen half.

Der Gegenstand des Buches ist die geographische Mannigfaltigkeit des Wortschatzes der hochdeutschen Umgangssprache (mit wissenschaftlicher Bedeutung und als Angelegenheit des deutschen Volkes). So ist die hochdeutsche Umgangs- und Schriftsprache einigendes Band, das alle deutsch Redenden umschließt. Durch den Mangel an Einheitlichkeit in der deutschen Sprache kommt es zu einer großen Anzahl von wortgeographischen Verschiedenheiten. Daher ist das Werk lediglich als ein Versuch anzusehen, den Tatbestand aufzunehmen und damit einen wesentlichen Zug der hochdeutschen Verkehrssprache und des ganzen deutschen Volkes festzustellen. Der Grund liegt darin, dass Kretschmer von Berlin erst nach Marburg, dann nach Wien zog. So wurde ihm die Vielfalt der Sprache bekannt. Die Voraussetzung ist, dass nur ein längerer Aufenthalt an einem Ort dazu befähigt, einschlägige Fälle des Wortgebrauchs aufzufinden und zu sammeln.

Da dies die erste Untersuchung zur hochdeutschen Wortgeographie ist, gibt es keine Garantie für Vollständigkeit, die generell schwer zu erreichen ist, jedoch in diesem Fall besonders eingeschränkt ist. So fehlen z.B. Wörter, deren hochdeutscher Charakter zweifelhaft ist (wie z.B. Kaninchen, Zwiebel, Bissen, Kuss) oder die nicht allen Gebildeten vertrauten fachlichen Ausdrücke (wie Tier- und Pflanzennamen). Es wurde festgestellt, dass das Gebiet der Flexion am einheitlichsten ist, da alle geographischen Unterschiede „mundartlich, sprachunrichtig und daher nicht hochsprachlich sind“ (Kretschmer). Allerdings gibt es im Bereich der Syntax viele geographische Unterschiede. Häufig variiert das grammatische Geschlecht in der Syntax (z.B. der/ die Kunde, von ahd. kundo, Substantivierung von kund, bedeutet Bekannter). So gibt es des Weiteren Unterschiede in der Verbindung der Verben stehen, sitzen, legen. In Nord- und Mitteldeutschland werden diese in der Vergangenheit mit „haben“ als Hilfsverb gebildet (z.B. ich habe gestanden), in Süddeutschland hingegen mit dem Hilfsverb „sein“ verbunden (z.B. ich bin gestanden). Obwohl ursprünglich beide Verbindungen möglich waren, kam es in Folge der sprachlichen Entwicklung dazu, dass der Norden später „haben“, der Süden „sein“, benutzte.

Generell ist zu sagen, dass eine wortgeographische Untersuchung zu einem bestimmten Zeitpunkt durch keine spätere ersetzt werden kann, da sich nach einiger Zeit die wortgeographischen Verhältnisse bereits verschoben haben können.1

2. Die hochdeutsche Umgangssprache

Der Termini Umgangssprache ist in der Sprachwissenschaft nicht exakt definiert. Während er im 19.Jahrhundert weitgehend mit „gesellschaftlicher Umgangssprache“ gleichgesetzt wurde, wird heute darunter eher „nicht gesellschaftsfähige, im Umgang übliche Sprache“ verstanden. Es steht lediglich fest, dass er als Gegenbegriff zum terminologisch klar gefassten Gegenstand der Arbeit steht und dass ihr Träger eine bestimmte Gruppe ist. Da ein Mensch verschiedenen Gruppen angehören kann, ist er als jeweiliges Gruppenmitglied Träger unterschiedlicher Sprachvarietäten. Dieser Fakt in Zusammenhang mit den unterschiedlichen sprachlichen Anforderungen innerhalb der Gruppen bedingt, dass es meist keine klare Grenze zwischen den Gruppen gibt. Weiterhin ist zu sagen, dass es zwei Bedeutungsvarianten des Begriffs „Umgangssprache“ gibt. Zum einen bezeichnet es die Art von Sprachverwendung, die mündlich im Wechsel mit dem gegenwärtigen anderen erfolgt. Das heißt, dass Umgangssprache in diesem Sinne die sprachliche Funktion des Gesprächs meint. Syntaktisch neigt die Umgangssprache zu kurzen Sätzen, zur Nebenordnung, der erhöhten Verwendung von Hauptsätzen, zum Einschub von Interjektionen sowie zu Freiheiten des Satzbaus. So kann man weiterhin daraus schließen, dass sie generell einen Hang zu Verkürzungen hat, allerdings bei der Suche nach einer Formulierung sich Füllwörtern zur Überbrückung bedient. Kommt es phonetisch häufig zu Kontraktionen und Assimilationen, so findet man in der Semantik einen erhöhten Gebrauch von so genannten Allerweltswörtern. Zum anderen beinhaltet Umgangssprache eine bestimmte Varietät einer Sprache, die schwerpunktmäßig im Umgang verwendet wird, also im Gespräch bzw. in der mündlichen Kommunikation üblich ist. Durch Angabe des Zwecks oder durch die Nennung der jeweils sprachtragenden Gruppe oder auch indirekt durch eine Orts- oder Landschaftsbezeichnung kann man zwischen der Sprachverwendungsart „Umgangssprache“ und der Bezeichnung einer Sprachvarietät als „Umgangssprache“ unterscheiden. Im Bereich der Mundartforschung ist der Terminus „Umgangssprache“ nur für nicht-mundartliche Sprachformen gebräuchlich. Unter Mundart versteht man eine rein mündlich und weitgehend unbeeinflusst von anderweitigem Gebrauch überlieferte Sprachvarietät eines bäuerlichen Lebenskreises.

[...]


1 Kretschmer, Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache, S.1 ff.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Zur „Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache“ von Paul Kretschmer (1866-1956)
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Institut für Psychologie)
Veranstaltung
Dialektkartographie
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
12
Katalognummer
V141128
ISBN (eBook)
9783640513420
ISBN (Buch)
9783640514977
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit befasst sich mit Paul Kretschmers Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache, die ein erster Versuch Anfang des 20. Jahrhunderts zur sprachwissenschaftlichen Darstellung von Dialekten darstellte. Anhand des Beispiels "Weihnachtsbaum" wird die Vorgehensweise dieses Werkes erklärt.
Schlagworte
Umgangssprache“, Paul, Kretschmer
Arbeit zitieren
Rebecca Elisabeth Meyer (Autor:in), 2006, Zur „Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache“ von Paul Kretschmer (1866-1956), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141128

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