Politikverdrossenheit in Deutschland


Hausarbeit, 2009

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Warum Nichtwähler auf die Stimmabgabe verzichten
1.1 Motive für das nachlassende Wahlverhalten
1.2 Definition des Begriffs Politikverdrossenheit

2. Politikerverdrossenheit

3. Parteienverdrossenheit
3.1 Symptome der Parteienverdrossenheit
3.2 Gründe für die Parteienverdrossenheit

4. Demokratieverdrossenheit

5. Mediale Berichterstattung
5.1 Aufgaben der Massenmedien
5.2 Kritik an den Medien

6. Kleinbürgerlicher Egoismus

7. Folgen der Verdrossenheit
7.1 Auswege aus der Politikverdrossenheit
7.2 Fazit

8. Quellenverzeichnis

1.Warum Nichtwähler auf die Stimmabgabe verzichten

Die Wahlbeteiligung sinkt. Während auf Bundesebene in den Siebzigerjahren noch fast 90 Prozent der Bürger wählen gingen, waren es 2002 nur noch 80 Prozent. Bei Kommunal- und Europawahlen entschieden sich zuletzt sogar nur noch knapp 50 Prozent der Deutschen für die Stimmabgabe.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle Grafik 1: vgl. http://wahl-fang.de/index.php?action=wahl-beteiligung; [Stand: 29.07.2009]

Die Gründe für diese Entwicklung sind umstritten: Befürworter der "Normalisierungsthese" sehen darin eine Anpassung an den Stand anderer westlicher Demokratien, in denen schon immer weniger Wähler registriert wurden als in der Bundesrepublik Deutschland. Anhänger der "Krisenthese" deuten die Wahlverweigerung hingegen als Krisensymptom. Nach ihrer Ansicht bleiben die Bürger den Wahlurnen aus Unzufriedenheit oder Protest fern. Doch beide Ansätze reichen als Erklärung nicht aus, denn die Gründe der Nichtwähler sind weitaus komplexer(vgl. http://wahl-fang.de/index.php?action=wahl-beteiligung; [Stand: 29.07.2009]).

1.1 Motive für das nachlassende Wahlverhalten

Für das Wahlverhalten der Deutschen sind drei Gründe entscheidend:

- das politische Desinteresse
- die fehlende Parteibindung
- die politische Unzufriedenheit

Das Interesse an Politik ist dabei ausschlaggebend. Ist ein Wahlberechtigter politisch nicht oder nur mäßig interessiert, fehlt ihm die entscheidende Motivation zur Wahlteilnahme, wie Untersuchungen belegen.

Eine fehlende Parteibindung ist die zweitwichtigste Ursache, der Wahl fern zu bleiben. So- genannte sozio-politische Milieus lösen sich zunehmend auf, da die Gesellschaft mobiler geworden ist. Die ideologischen Bindungen sind nicht mehr so stark wie früher. Daher können die politischen Parteien nicht mehr so viele Bürger zur Teilnahme an den Wahlen bewegen. Gewerkschaftsanhänger wählen nicht mehr so häufig SPD, genauso wie sich Katholiken nicht mehr zwangsläufig für die CDU entscheiden. Diese zunehmende Abkopplung der Wähler von den Parteien erklärt den Rückgang der Wahlbeteiligung seit Mitte der Siebzigerjahre.

Der dritte Grund schließlich liegt in der politischen Unzufriedenheit der Bürger, in der Fach sprache auch als Politikverdrossenheit bekannt(vgl. http://wahl-fang.de/index.php?action=wahl- beteiligung; [Stand: 29.07.2009]).

In den vergangenen 20 Jahren gab es in Deutschland eine intensive öffentliche Debatte über eine angeblich wachsende Politikverdrossenheit der Bevölkerung. Viele Beiträge zum Thema „Politikverdrossenheit“ weisen begriffliche Unschärfen auf und stellen mehr oder weniger gewagte Spekulationen über Anlässe, Ursachen und Wirkungen der Politikverdrossenheit an. Wie der Politikwissenschaftler Kai Arzheimer zutreffend feststellt, wurde der Begriff Politikverdrossenheit „in Kommentaren zum politischen Geschehen als Ursache, als Folge und als Überbegriff für eine ganze Reihe von politischen Problemen und Entwicklungen präsentiert. Zu nennen sind hier vor allem die sinkende Wahlbeteiligung, die Erfolge der PDS, der DVU und der Republikaner; die angeblichen Mitgliederverluste der etablierten Parteien und das schwindende Vertrauen in die staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen. Umgekehrt werden echte und vermeintliche Skandale, die vorgebliche programmatische Erstarrung der Parteien und deren Fixierung auf den nächsten Wahltermin als Auslöser der Politikverdrossenheit gehandelt, die als eine Art generalisiertes Gefühl der Unzufriedenheit mit den Strukturen des politischen Systems der Bundesrepublik einhergeht (vgl. Gabriel/Holtmann, 2005, S. 483).

Die nachfolgende Ausarbeitung versucht das Wesen der Politikverdrossenheit etwas genauer zu beleuchten. Es sollen Ansätze skizziert werden, die dem Leser einen kleinen Einblick in die Ursachen dieser vor allem in Deutschland grassierenden Politik-Aversion der Bürger geben soll. Da der Rahmen einer Hausarbeit diesen Begriff bei weitem nicht komplett umspannen könnte, wird die nun folgende Definition des Begriffs „Politikverdrossenheit“ als Einstiegspunkt in die Thematik verwendet. Die darin vorkommenden Schlagwörter(fett gekennzeichnet), werden in der Hausarbeit chronologisch abgehandelt, und durch meines Erachtens sinnvolle Themenpunkte ergänzt.

1.2 Defintion des Begriffs Politikverdrossenheit

Politische Apathie, politisches Desinteresse, umgangssprachlicher Begriff für ein System von Einstellungen, das durch Misstrauen, Unzufriedenheit, Ablehnung und Interesselosigkeit gegenüber dem politischen System gekennzeichnet ist - Gegenpol des politischen Interesses und der politischen Unterstützung für das Staats- und Regierungssystem. Sie äußert sich in sinkender Wahlbeteiligung, nachlassender Parteienbindung, fehlendem Nachwuchs für die Parteien und dem Rückgang politischer Partizipation. Es lassen sich zwei Formen unterscheiden analog zu spezifischer und diffuser politischer Unterstützung: a) Politiker- und Parteienverdrossenheit als Unzufriedenheit mit der aktuellen Politik einerseits und b) Politikoder Staatsverdrossenheit als generelle Unzufriedenheit mit dem politischen System und den demokratischen Institutionen andererseits(vgl. http://www.psychology48.com/deu/d/politikverdrossenheit/politikverdrossenheit.htm; [Stand: 29.07.2009]).

2. Politikerverdrossenheit

Der erste wichtige Grund, warum dem Beruf des Politikers der Ruf des Anrüchigen und Unsauberen anhaftet, basiert auf der Tatsache, dass im täglichen Handgemenge der praktischen Politik moralische Ansprüche oftmals auf der Strecke bleiben. Diese moralischen Ansprüche werden u. a. von den Bürgern, den Medien etc. an die Politik herangetragen. Sie werden aber auch von der politischen Klasse selber aufgestellt und eingefordert, wenn z.B. bei dem Phänomen der Sonntagsrede die moralische Fundierung der eigenen Politik betont, die der politischen Feinde angezweifelt und von der Allgemeinheit eingefordert wird.

Die Ursache für diese Diskrepanz kann an dem hohen Grad der Machtverteilung zwischen der Politik, den Medien und den einzelnen Interessengruppen, welches ein Merkmal von modernen und ausdifferenzierten demokratischen Gesellschaften ist, liegen.

Diese Demokratisierung der Macht führt jedoch zu einer gegenseitigen Blockadehaltung, bei der die Vertreter der jeweilig beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sehr oft nach demselben Prinzip verfahren: Die anderen, die können noch zurückstecken, aber bei einem selber sei das absolut unmöglich.

Den Politikern wird somit im zunehmendem Maße die Fähigkeit abverlangt, möglichst viele verschiedene gesellschaftliche Gruppen gleichzeitig anzusprechen und deren Unterstützung zu sichern. Denn nur wenn dies gelingt, kann genug öffentliche Macht in einer politischen Initiative gebündelt und die Chance auf deren Realisierung gewahrt werden.

Dieses Einbinden möglichst vieler verschiedener gesellschaftlicher Gruppen kann aber auch zu einer Pat-Situation führen; denn je mehr verschiedenartige Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen, desto weniger bleibt von den innovativen und mutigen Anteilen dieser politischen Initiative übrig. Dies kann wiederum zu einer Politik der kleinen Schritte führen, die das eigentliche Problem zeitlich in die Zukunft verschiebt, aber nicht löst. Politiker in zeitgenössischen Demokratien bewegen sich also immer in einem Umfeld, das sie dazu zwingt, große Teile der allgemeinen oder eigenen Werteorientierung bei der Formulierung und Durchsetzung ihrer Politik hinten anzustellen, da ansonsten kein gemeinsamer Nenner mit den vielen anderen relevanten Gruppen in der Politik, den Medien oder der Bevölkerung gefunden werden kann.

Der zweite wichtige Grund, warum dem Beruf des Politikers den Ruf des Anrüchigen und Unsauberen anhaftet, basiert auf dem Umstand, dass Politiker immer wieder regelmäßig dabei ertappt werden, wie sie allgemein akzeptierte ethische Normen oder sogar Gesetze brechen(Anm: siehe die erst kürzlich aufgedeckte Firmenwagen-Affäre von Ulla Schmidt). Lassen sich solche Vorgänge nicht mehr verheimlichen und dringen sie über die Presse an eine breite Öffentlichkeit, treten die üblichen Reaktionsmuster an den Tag. Der allgemeine Aufschrei ist groß, die jeweilige Opposition fordert den Rücktritt, die Massenmedien verfeuern ihre üblichen Breitseiten gegen das politische Establishment, und der Ärger des Bürgers wächst im direkten Verhältnis zu der Zeitdauer, welche sich der betroffene Politiker durch Leugnen, Vertuschungsaktionen, Teilgeständnissen, Schutzbehauptungen und personellen Bauernopfern zu halten versucht, bevor er bestenfalls dann doch sein Amt zur Verfügung stellen muss(vgl. http://www.loge-arst.de/bibliothek/politikverdrossenheit.php; [Stand: 28.07.2009]).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle Grafik 2: http://docs.google.com/gview?a=v&q=cache:bxpNoY5DYeUJ:www.politik.uni- mainz.de/cms/Dateien/Politikerverdrossenheit_2005.pdf+Entwicklung+der+Politikerverdrossen heit+in+der+Bundesrepublik+Deutschland+1977 2005+(neue+und+alte+Bundesländer)&hl=de&gl=de; [Stand: 29.07.2009]

Die eben genannten Gründe könnten ein Indiz für die Politikerverdrossenheit in der oben stehenden Statistik sein. Danach steigt die Unzufriedenheit der Bürger mit der Arbeit der politischen Führungsebene seit Ende des letzten Jahrtausends fast stetig an. Bemerkennswert daran ist, dass sich das Unzufriedenheits-Niveau zwischen Ost und West die Waage hält. Die Kernaussage dieses Diagramms ist bereits im Kopf enthalten: Das Volk wird ihrer Ansicht nach von der falschen politischen Elite geführt und vertreten.

3. Parteienverdrossenheit

Von Parteienverdrossenheit ist in Deutschland immer wieder die Rede. Eine der letzten großen Debatten fand dazu in den 1990er Jahren statt. Dabei muss zunächst unterschieden werden zwischen einer populären und einer wissenschaftlichen Verwendung des Begriffs "Parteien- verdrossenheit": In öffentlichen Debatten wird er tendenziell pauschal und verurteilend verwendet.

Der wissenschaftliche Gebrauch indes ist rein beschreibend; er erfasst eine erkennbare Entfernung zwischen Parteien und BürgerInnen. Parteienverdrossenheit meint u. a. sinkendes Vertrauen in die Parteien, negative Bewertung der Parteien durch die Bevölkerung und das Zurückgehen der Bindungen an Parteien.

3.1 Symptome der Parteienverdrossenheit

Eine große Schwierigkeit ist, dass es kein allgemein akzeptiertes Messinstrument zur Feststellung von Parteienverdrossenheit gibt, sondern lediglich einzelne Indikatoren.

So wird in Deutschland die Parteienverdrossenheit seit den 1990er Jahren an einem Bündel verschiedener empirischer Faktoren festgemacht: Die Wahlergebnisse der großen, etablierten Parteien sind seit Jahrzehnten rückläufig(siehe nächste Grafik);

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle Grafik 3: vgl. http://www.wiwo.de/politik/galerien/zufriedenheit-mit-politik-512/6/vor- allem-die-spd-leidet.html; [Stand: 11.08.2009]);

es gab Neugründungen und Stimmenzuwächse für kleine Parteien, auch am Rande des Parteienspektrums. Außerdem ist die Zahl der so genannten ProtestwählerInnen gestiegen. Daraus wird der Schluss gezogen, dass die Bindungs- und Mobilisierungskraft der etablierten Großparteien sinkt. Die wachsende Anzahl von Stimmen für Splitterparteien und Protestwahlen verweist auf ein weiteres Symptom: Die Oppositionsparteien profitieren nicht von der Unzufriedenheit mit der Regierung, sondern erleiden ebenfalls Stimmeneinbußen. Überdies haben die Parteien einen Mitgliederverlust zu verzeichnen(siehe nächste Grafik).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Politikverdrossenheit in Deutschland
Hochschule
Hochschule der Medien Stuttgart
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V141025
ISBN (eBook)
9783640503964
ISBN (Buch)
9783640504039
Dateigröße
732 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Politikverdrossenheit, Deutschland
Arbeit zitieren
Philip Reiß (Autor:in), 2009, Politikverdrossenheit in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141025

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