Vergleichende Wertewandelforschung


Referat (Ausarbeitung), 2003

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I) Einleitung

II) Ansätze der Vergleichenden Wertewandelforschung

III) Das Konzept der „Silent Revolution“
1) Die Ausgangshypothesen
2) Materialismus und Postmaterialismus als Wertekategorien
3) Forschungsmethode
4) Empirische Befunde

IV) Weitergehende Betrachtung: Postmodernisierung

V) Auswirkungen des Wertewandels

VI) Fazit

VII) Literaturverzeichnis

I) Einleitung

1971 stellte der amerikanische Soziologe Ronald Inglehart in einem Artikel zum ersten Mal die These auf, in den entwickelten Industriestaaten finde eine „stille Revolution“ der Wert­überzeugungen der Menschen statt (Inglehart 1971). Dieser Wertewandel sei gekennzeichnet durch eine beständige Zunahme des Anteils von Menschen mit postmaterialistischen Werte­vorstellungen an der Gesamtbevölkerung. Ingleharts Analyse stützte sich dabei auf Ergeb­nisse eines im Rahmen der Eurobarometer-Umfrage 1970 erstmals erhobenen Fragekatalogs. Seine Arbeiten zur Wertewandelforschung stellen einen wichtigen Beitrag zu Forschungen zum Wertewandel dar, in deren Blick die deutlich erkennbaren Veränderungen gesellschaftlicher Werte gegen Ende der 1960er-Jahre stand.

Nach einem kurzen Überblick über wichtige Ansätze der Vergleichenden Wertewandelfor­schung soll im Folgenden Ingleharts Ansatz im Zentrum stehen und hinsichtlich des For­schungsdesigns und der empirischen Befunde kritisch vorgestellt werden. Dabei gehe ich auch auf jüngere Arbeiten Ingleharts ein, in der er unter dem Schlagwort „Postmodernisie­rung“ einen grundlegenderen, global zu beobachtbaren Wandel aufzeigt.

Abschließend werde ich mögliche Auswirkungen dieses Wertewandels auf das politische System im allgemeinen und besonders die Folgen hinsichtlich der Legitimation des politi­schen Systems diskutieren.

II) Ansätze der Vergleichenden Wertewandelforschung

Gegenstand der Vergleichenden Wertewandelforschung sind gesellschaftliche Wertorientie­rungen. In Anlehnung an Rokeach sind dies dauerhafte Orientierungen in bezug auf das sozial Wünschenswerte. Werte (values) sind im Gegensatz zu Einstellungen (attitudes) tief im individuellen Überzeugungssystem verankert, sehr stabil und kaum veränderlich. Sie dienen „bei der Auswahl zwischen Alternativen als Selektionsstandart“ (Bürklin et al. 1994: 281). Als Fundament individueller Überzeugungen kommt gesellschaftlichen Wertori­entierungen eine große Bedeutung im Hinblick auf politisches Denken und Handeln der Menschen zu.

Ansätze verschiedener Wissenschaftler im Bereich der Wertewandelforschung differieren stark: Beginnend bei der Auswahl der relevanten Werte über die Frage, in welchen Dimensio­nen diese angeordnet sind bis hin zu den Ansätzen zur Erklärung des Wandels und der Beurteilung der gesellschaftlichen Folgen weisen sie große Unterschiede und Gegensätzlichkeiten auf.

Neben Ingleharts Konzept ist vor allem Helmut Klages Ansatz bedeutsam. Er unterscheidet zwei Wertedimensionen, die er als weitgehend voneinander unabhängig begreift: „Pflicht/Akzeptanz“ und „Selbstentfaltung“. Aus diesen leitet er die vier Wertetypen Kon­ventionalisten, Resignierte, Idealisten und Realisten ab, wobei sich ein Wertewandel ausgehend von den Konventionalisten sowohl durch Wertverlust, Wertumsturz als auch durch Wertsyn­these vollziehen kann (vgl. Bürklin et al. 1994: 582).

Zur Erklärung eines Wandels gesellschaftlicher Wertorientierungen lassen sich vor allem drei Theorien abgrenzen. Alle sehen gesellschaftlichen Wertewandel (Makroebene) durch die Individuen als Träger der Werte (Mikroebene) verursacht. Der Generationen­hypothese zufolge sind Werte intra-individuell stabil, ein Wertewandel kann nur durch Gene­rationenwechsel erfolgen. Dagegen geht die Lebenszyklushypothese davon aus, dass sich in­dividuelle Wertorientierungen entsprechend des Lebensalters und des unterschiedlichen Aus­maßes an sozialen Verantwortung je nach Stellung im Lebenszyklus verändern. Gesellschaft­lich relevant kann dies im wesentlichen nur durch demographische Veränderungen werden. Die Periodenhypothese schließlich führt gesellschaftlichen Wertewandel auf die direkte Einwir­kung aktueller Lebensbedingungen auf die individuellen Überzeugungen zurück (vgl. Bürklin et al. 1994: 583f.).

III) Das Konzept der „Silent Revolution“

Ronald Ingleharts Theorie der „stillen Revolution“ beruht auf der Überlegung, dass sich der Wandel der Lebensumstände nach dem Zweiten Weltkrieg in den Wertorientierungen wider­spiegeln müsste. Im Mittelpunkt seiner Analyse stehen Wertprioritäten, da er von der „gene­rellen Wünschbarkeit“ (Inglehart/Klingemann 1996: 321 ) zentraler gesellschaftlicher Werte ausgeht und Veränderungen daher nur als Wandel von Prioritäten bezüglicher dieser Werte stattfinden könne.

1) Die Ausgangshypothesen

Grundlegend ist die Vermutung, dass Menschen unter den verschiedenen Bedürfnissen, die sie haben, „jenen die meiste Aufmerksamkeit schenken, deren Befriedigung am wenigsten gewährleistet ist“ (Inglehart 1997: 142). Diese Annahme führt zur ersten grundlegenden Hypothese, der Mangelhypothese. Sie besagt, dass die Prioritäten eines Individuums seine so­zioökonomische Umwelt widerspiegeln. Dabei baut Inglehart auf einer Theorie von Abraham Maslow auf, nach der dem menschlichen Handeln eine Bedürfnishierarchie zugrunde liege. Dabei genossen das physische Überleben und die damit verbundenen Sicherheits und Versor­gungsbedürfnisse zunächst höchste Priorität. In dem Maße, in dem die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa durch Frieden und zunehmenden Wohlstand gekennzeichnet war, sollte es gemäß der Mangelhypothese zu einer Verschiebung der Prioritäten kommen: Die weitge­hend befriedigten Versorgungs- und Sicherheitsbedürfnisse treten gegenüber intellektuellen und ästhetischen Bedürfnissen und dem Wunsch nach Selbstverwirklichung zurück (vgl. Inglehart 1997: 142-144).

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Vergleichende Wertewandelforschung
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Politisches System, Legitimation und soziales Kapital im europäischen Vergleich
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
12
Katalognummer
V14081
ISBN (eBook)
9783638195768
Dateigröße
359 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vorstellung und Kritik der Arbeit Ronald Ingelharts auf dem Gebiet der Wertewandelforschung / Theorie der "Silent Revolution"
Schlagworte
Vergleichende, Wertewandelforschung, Politisches, System, Legitimation, Kapital, Vergleich
Arbeit zitieren
Diplom-Politologe Florian Wanke (Autor:in), 2003, Vergleichende Wertewandelforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14081

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