Michel Foucault – Die Biomacht, eine neue Machtstruktur


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Von der Souveränitätsmacht zu Biomacht
2.1. Der Eintritt des Lebens in die Geschichte – Die Geburt der Biomacht
2.2. Die Abwertung des Todes

3. Das Organigramm der Biomacht
3.1 Die disziplinäre Technologie der Macht
3.2. Die Institution Gefängnis – Die Modernisierung der Bestrafungstechnologie
3.3. Die regulierende Technologie der Macht
3.4. Das Sexualitätsdispositiv

4. Fazit

5. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Der Begriff der Biomacht – beziehungsweise Biopolitik - geht auf den französischen Philosophen und Historiker Michel Foucault zurück. Sowohl in seiner Vorlesung am Collège de France im Jahr 1976[1] als auch in seinem Buch Sexualität und Wahrheit – Der Wille zum Wissen von 1977 beschäftigt sich Foucault erstmals eingehend mit einer Transformation der souveränen Machtstrukturen zu einer modernen Machtform, die sich durch eine „Vereinnahmung des Lebens“[2] und die „Verstaatlichung des Biologischen“[3] auszeichnet.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine systematische Darstellung Foucaults Begriff der Biomacht. Für das Verständnis derselben ist es notwendig, zunächst einen Rückblick auf die klassische Theorie der Souveränität zu geben und anhand derer die einzelnen Transformationen und Veränderungen hin zur Biomacht aufzuzeigen, wobei das souveräne Recht über Leben und Tod und die anschließende Abwendung der Macht vom Tod eine übergeordnete Rolle spielen sollen.

Im weiteren Verlauf sollen die beiden die Biomacht auszeichnenden Machttechnologien erläutert werden. Dabei stehen ihre jeweiligen Wirkungsmechanismen, ihre Angriffspunkte sowie ihre institutionelle Lokalisierung im Mittelpunkt.

Abschließend soll kurz auf die Bedeutung der Sexualität innerhalb des modernen Machtgefüges der Biomacht eingegangen werden, zumal Foucault der Sexualität eine herausragende Stellung als „Scharnier“ zwischen beiden Machttechnologien zuteilt.[4]

Obwohl Foucault sich in seinem Buch Sexualität und Wahrheit – Der Wille zum Wissen ausgiebig mit der Bedeutung der Sexualität im Zusammenhang mit der Biomacht auseinandersetzt, würde die Darstellung Foucaults diesbezüglicher Überlegungen den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

2. Von der Souveränitätsmacht zu Biomacht

Aus der patria potestas, dem Privileg des männlichen Familienoberhauptes im antiken Rom, uneingeschränkt über das Leben sämtlicher Familienmitglieder und dem seiner Sklaven zu verfügen, leitete sich nach Foucault das grundsätzliche Recht der Souveränitätsmacht über Leben und Tod ab.[5]

Im Gegensatz zur römischen patria potestas verfügte die souveräne Macht nach den klassischen Theoretikern jedoch über kein absolutes Recht über Leben und Tod; vielmehr erschöpft es sich in einem indirekten Recht über Leben und Tod und war bedingt durch die Verteidigung des Souveräns oder die Sicherung seines Überlebens. Im Falle einer äußeren Bedrohung fiel dem Souverän das Recht anheim, seine Untertanen in den Krieg zu schicken und deren Tod damit in Kauf zu nehmen. War jedoch seine eigene Existenz bedroht oder wurden seine Gesetze verletzt, stand es dem Souverän zu, im Verhängen der Todesstrafe eine direkte Macht auf das Leben auszuüben.

Aufgrund der Tatsache, dass das Recht des Souverän über das Leben im Grunde darauf begrenzt war, von seinem Recht zu Töten Gebrauch zu machen oder nicht, stellte das Recht über Leben und Tod ein „asymmetrisches Recht“[6] dar.

„Er [der Souverän] offenbart seine Macht über das Leben nur durch den Tod, den zu verlangen er imstande ist. Das sogenannte Recht über Leben und Tod ist in Wirklichkeit das Recht sterben zu machen und leben zu lassen.“[7]

Die souveräne Macht definierte sich hauptsächlich „[...] als Abschöpfungsinstanz, als Ausbeutungsmechanismus, als Recht auf Aneignung von Reichtümern, als eine den Untertanen aufgezwungene Entziehung von Produkten, Gütern, Diensten, Arbeit und Blut [...]“[8]. Ihre Wirkungsmechanismen waren also größtenteils repressiver Natur und kulminierten in dem Recht des Souveräns, sich des Lebens zu bemächtigen und es gegebenenfalls auszulöschen, was nach Lemke den „Extrempunkt einer Macht, die im Wesentlichen als Zugriffsrecht funktionierte“[9] symbolisiert.

2.1. Der Eintritt des Lebens in die Geschichte – Die Geburt der Biomacht

Im Laufe des 17. Jahrhunderts setzte eine entscheidende Transformation der herrschenden Machtmechanismen ein.[10] Es war dies der Augenblick, den Foucault als den „Eintritt des Lebens in die Geschichte“[11] bezeichnete, eine bedeutende historische Zäsur, die sich mittels Relativierung und Reformulierung souveräner Machtmechanismen bemerkbar machte. Förderlich für diesen Prozess, in dem Leben als Angriffspunkt politischer Strategien auftauchte, waren zweifelsohne die industriellen und landwirtschaftlichen Fortschritte sowie „das wachsende medizinische und wissenschaftliche Wissen über den menschlichen Körper“[12] seinerzeit. Für diese moderne Form der Machtausübung verwendete Foucault die Begriffe Biopolitik und Biomacht, ohne einen nachvollziehbaren Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen zu definieren.[13]

[...]


[1] Vgl. Foucault (1999), Vorlesung vom 17. März 1976

[2] Foucault (1999), S. 1

[3] Ebd., S. 1

[4] Vgl. Foucault (1977), S. 173

[5] Vgl. im Folgenden Foucault (1977)

[6] Ebd., S. 162

[7] Ebd., S. 162

[8] Ebd., S. 162

[9] Lemke (2007), S. 49

[10] Vgl. im Folgenden Foucault (1977)

[11] Ebd., S. 169

[12] Lemke (2007), S. 50

[13] Vgl. hierzu auch Lemke (2007), S. 48.

Um Missverständnissen vorzubeugen, verwende ich in der vorliegenden Arbeit ausschließlich den Begriff Biomacht.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Michel Foucault – Die Biomacht, eine neue Machtstruktur
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Theaterwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar für Filmwissenschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
12
Katalognummer
V140740
ISBN (eBook)
9783640488704
ISBN (Buch)
9783640488605
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Biomacht, Biopolitik, Souveränitätsmacht, Souverän, Agamben, Todesstrafe, Gefängnis, Masse, Bevölkerung, Züchtigung, Erziehung, Disziplinierung
Arbeit zitieren
Viktor Witte (Autor:in), 2009, Michel Foucault – Die Biomacht, eine neue Machtstruktur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140740

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