Die Wiederholung im Gedicht


Hausarbeit, 1998

20 Seiten, Note: gut bis sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Stilmittel der Wiederholung

2. Wortwiederholung
2.1. Wiederaufnahme desselben Wortkörpers in derselben Bedeutung
2.2. Wiederaufnahme eines Wortes, das teilweise eine Veränderung des Wortkörpers zeigt
2.3. Wiederholung durch gleichen oder ähnlichen Klang der Wörter, jedoch in unterschiedlicher Bedeutung
2.4. Wiederholung durch gleiche oder ähnliche Bedeutung der Wörter, jedoch mit unterschiedlichem Wortkörper

Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

Einleitung

Diese Arbeit befaßt sich mit der Wiederholung im Gedicht. Das erste Kapitel geht auf die unterschiedlichen Arten von Wiederholungen ein, während das zweite Kapitel speziell die Stilmittel der Wortwiederholung behandelt. Die Unterscheidung der verschiedenen Wortwiederholungen im zweiten Kapitel richtet sich nach der Wiederholung von Lautfolge und/oder Bedeutung des Wortes. Nachdem das betreffende Stilmittel erklärt worden ist, folgen jeweils im Anschluß ein oder auch mehrere Beispiele für dessen Anwendung.

Da die Poetik entscheidend durch die Rhetorik (Redekunst) geprägt wurde[1], liegt den folgenden Kapiteln nicht nur die Lyrik betreffende Literatur zugrunde, sondern auch in die Rhetorik einführende Literatur. Rhetorik ist zwar „nach Methode und Intention von Poetik zu unterscheiden, doch [sie überschneidet] sich vielfach mit ihr.“[2] In der Spätantike hatte die Redekunst ihren Höhepunkt erreicht. Ihre Theorie enthielt beispielsweise: Redegattungen, Stilarten und Stilqualitäten. Die mittelalterliche und neuzeitliche Schulrhetorik beschränkte sich auf den Redeschmuck (ornatus), der den Stilqualitäten zuzuordnen ist. Aus dem antiken Redeschmuck sind viele Stilmittel in die Dichtkunst übernommen worden. Zu ihnen gehören auch die verschiedenen Arten von Wiederholungen. Für die Definitionen der Termini, die im folgenden von Bedeutung sind, wurden zum größten Teil die beiden Lexika von Best und Bußmann herangezogen.[3]

Zitierte Ausschnitte von Gedichten sind in dieser Arbeit kursiv gesetzt und Zitate von Autoren in Anführungszeichen. Schrägstriche in den zitierten Gedichtausschnitten kennzeichnen das jeweilige Zeilenende im Original.

1. Die Stilmittel der Wiederholung

Viele Stilmittel im Gedicht basieren auf Wiederholung. Auf jeweils verschiedenen Ebenen finden sich verschiedene Stilelemente der Wiederholung. Betrachtet man die lautliche Ebene, so ist beispielsweise für das Mittel der Alliteration und das des Endreims die Wiederholung die Grundlage. Bußmann definiert Alliteration als „Wiederholung bzw. Gleichklang der Anlaute von Silben mit Hauptton.“[4] In ähnlicher Weise werden für den Endreim Laute, die sich sowohl am Ende vom Vers als auch am Ende des dort vorhandenen Wortes befinden, wiederholt. Der Endreim ensteht somit durch „Gleichklang zweier oder mehrerer Verse von letzter Hebung an.“[5]

Auf lexikalischer Ebene spielen die verschiedenen Mittel der Wortwiederholung eine Rolle. Es werden nicht nur dieselben Wörter in derselben Bedeutung wiederholt, sondern es können auch die Lautfolge verschieden und die Bedeutung gleich sein.[6]

Der syntaktischen Ebene lassen sich Wiederholungen von Wortgruppen und Sätzen zuordnen.

Auch in der Form eines Gedichts, die unter anderem durch Metrum, Rhythmus und strophische Gliederung bestimmt wird, sind Wiederholungsstrukturen erkennbar. „Metrische Regulierung bedeutet in deutschsprachigen Versen vor allem anderen Regelmäßigkeit der Betonungen.“[7] Die Wiederholung als Bestandteil des Metrums ist also in der regelmäßigen Betonung zu finden. Als gleichmäßig fließende Bewegung einer Wortfolge, die die innere Lebendigkeit eines Gedichts ausmacht, kann der Rhythmus bezeichnet werden.[8] Eine strophische Gliederung entsteht nur dann, wenn bestimmte Strophenformen innerhalb des Gedichts mehrmals auftreten.

Für viele Stilmittel sind mindestens zwei sich wiederholende Elemente (Laute, Wörter, Betonung...) notwendig, damit sie zu einem solchen werden. Arvatovs Behauptung dagegen, „faktisch lassen sich alle Verfahrensweisen der poetischen Sprache auf Wiederholung zurückführen (Rhythmus, Alliteration, Parallelismus usw.)“[9], kann nicht zugestimmt werden. Denn wie verhält es sich beispielsweise mit den Stilmitteln Ellipse, Inversion und Metapher? Sind diese auf Strukturen der Wiederholung angewiesen? Die Funktionsweise der Ellipse beruht auf der „Aussparung von sprachlichen Elementen, die aufgrund von syntaktischen Regeln oder lexikalischen Eigenschaften (z.B. Valenz eines Verbs) notwendig sind.“[10] Jedoch wird der Sinnzusammenhang des Textes nicht zerstört. Die Inversion wird durch Umkehrung der normalen Satzgliedfolge (Subjekt - Prädikat - Objekt) gebildet und die Metapher entsteht durch die Übertragung eines Nomens aus seinem gebräuchlichen Bedeutungszusammenhang in einen anderen unüblichen. „Die Metapher ist also die Ortsveränderung eines Nomens. Es wird von einem Ort auf einen anderen übertragen, dem es nicht gehört, dem es nicht eigen ist.“[11] Ellipse, Inversion und Metapher sind Stilmittel, die nicht den Grundbaustein Wiederholung benötigen. Ihre Bausteine sind Auslassung, Umkehrung und Übertragung.

Die Wiederholung in der Sprache - sei es in der gesprochenen oder geschriebenen Sprache - ist unvermeidlich, da nur eine begrenzte Anzahl von Elementen (z.B. Laute/Buchstaben) das Sprachsystem ausmacht.[12] Jedoch muß zwischen Zufall und Absicht unterschieden werden. In der Alltagssprache sind Wiederholungen meistens eine Reihe von Zufällen, in Textsorten wie dem Gedicht hingegen sind sie - davon muß zumindest ausgegangen werden - beabsichtigt. Aber auch in der Alltagssprache wird die Wiederholung bewußt eingesetzt, wenn auf etwas Nachdruck gelegt werden soll. Frank schreibt der Wortwiederholung die Ausdruckssteigerung als Funktion zu: „Die Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe in einem Satz - die sogenannte Epanalepse - ist das einfachste Mittel der Ausdruckssteigerung.“[13] Die Verstärkung eines Ausdrucks kann beispielsweise im Bereich von Emotionalität oder Magie stattfinden. In dem Gedicht Der Zauberlehrling[14] von Johann Wolfgang Goethe findet sich solch eine Betonung der magischen Kräfte: Walle! walle / Manche Strecke, / Daß, zum Zwecke, / Wasser fließe / Und mit reichem, vollem Schwalle / Zu dem Bade sich ergieße. Die Wiederholung des Wortes walle ruft die in diesem Gedicht magische Beschwörung eines Besens durch den Hexenmeister hervor. Eine andere Funktion, die die Wiederholung aufweist, ist von ordnender Art. Waldmann spricht von organisierender und ordnender Kraft[15], Ludwig von gliedernder, strukturierender Funktion.[16] Da die Figuren der Wiederholung unterschiedliche Funktionen haben können, ist erst aus dem Textzusammenhang ihr genauer Zweck zu erkennen: „Wiederholungsfiguren entfalten ihre Wirkung im Kontext individueller poetischer Texte, aber auf der Basis dessen, was sich aufgrund früherer Texte als Kode herausgebildet hat. Dabei zeigt sich einmal mehr, daß die verschiedenen Wiederholungsfiguren in ihrer Wirkung häufig austauschbar sind...“[17] Wichtiger ist also die genaue nachvollziebare Analyse des betreffenden Stilmittels im Textzusammenhang, als die alleinige Benennung.

[...]


[1] Vgl. Karl-Heinz Göttert, Einführung in die Rhetorik. Grundbegriffe - Geschichte - Rezeption (München 1991), S.13.

[2] Vgl. Otto F. Best, Handbuch literarischer Fachbegriffe. Definitionen und Beispiele (Frankfurt a.M. 1994), S.455.

[3] Zu Best siehe Anmerkung Nr.2; Hadumod Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft (Stuttgart 21990).

[4] Vgl. Hadumod Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, S. 70.

[5] Vgl. Otto F. Best, Handbuch literarischer Fachbegriffe. Definitionen und Beispiele, S. 146.

[6] Verschiedene Arten der Wiederholung von Wörtern und Wortgruppen werden in Kapitel zwei vorgestellt.

[7] Dieter Burdorf, Einführung in die Gedichtanalyse (Stuttgart 1997), S.74.

[8] Vgl. Otto F. Best, Handbuch literarischer Fachbegriffe, S. 457f.

[9] Vgl. Boris I. Arvatov, Poetische und praktische Sprache (Zur Methodologie der Kunstwissenschaft) in: Hans Günther und Karla Hielscher (Hg.), Marxismus und Formalismus. Dokumente einer literaturtheoretischen Kontroverse (München 1973), S.104.

[10] Vgl. Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, S. 207.

[11] Gerhard Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol (Göttingen 1982), S.9.

[12] Vgl. Jurij M. Lotman, Die Struktur literatischer Texte (München 1972), S.159.

[13] Horst Joachim Frank, Wie interpretiere ich ein Gedicht? Eine methodische Anleitung (Tübingen 1991), S.66.

[14] Vgl. Ernst Beutler (Hg.), Johann Wolfgang Gothe. Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche. Sämtliche Gedichte. Band 1 (Zürich 1950), S.149ff.

[15] Vgl. Günter Waldmann, Produktiver Umgang mit Lyrik: eine systematische Einführung in die Lyrik, ihre produktive Erfahrung und ihr Schreiben (Baltmannsweiler 1992), S.106.

[16] Vgl. Hans-Werner Ludwig, Arbeitsbuch Lyrikanalyse (Tübingen 21981), S.111f.

[17] Ebd. S.106.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Wiederholung im Gedicht
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Institut für Neuere deutsche Literatur)
Note
gut bis sehr gut
Autor
Jahr
1998
Seiten
20
Katalognummer
V14072
ISBN (eBook)
9783638195683
ISBN (Buch)
9783638787697
Dateigröße
398 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wiederholung, Gedicht
Arbeit zitieren
MA Angela Exel (Autor:in), 1998, Die Wiederholung im Gedicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14072

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