Die Verben und Verbformen im Ludwigslied


Seminararbeit, 2009

15 Seiten, Note: 2


Leseprobe


GLIEDERUNG

A. DAS LUDWIGSLIED
I. Die althochdeutsche Fassung
II. Die neuhochdeutsche Übersetzung

B. BESTIMMUNG DER VERBEN UND VERBFORMEN

A. Das Ludwigslied

I. Die althochdeutsche Fassung

1 Einan kuning uueiz ih, Heizsit her Hluduig,1

2 Ther gerno gode thionot: Ih uueiz her imos lonot.

3 Kind uuarth her faterlos, Thes uuarth imo sar buoz:

4 Holoda inan truhtin, Magaczogo uuarth her sin.

5 Gab her imo dugidi, Fronisc githigini,

6 Stuol hier in Urankon. So bruche her es lango!

7 Thaz gideilder thanne Sar mit Karlemanne,

8 Bruoder sinemo, Thia czala uuuniono.

9 So thaz uuarth al gendiot, Koron uuolda sin god,

10 Ob her arbeidi So iung tholon mahti.

11 Lietz her heidine man Obar seo lidan,

12 Thiot Urankono Manon sundiono.

13 Sume sar uerlorane Uuurdun sum erkorane.

14 Haranskara tholata Ther er misselebeta.

15 Ther ther thanne thiob uuas, Ind er thanana ginas,

16 Nam sina uaston: Sidh uuarth her guot man.

17 Sum uuas luginari, Sum skachari,

18 Sum fol loses, Ind er gibuozta sih thes.

19 Kuning uuas eruirrit, Thaz richi al girrit,

20 Uuas erbolgan Krist: Leidhor, thes ingald iz!

21 Thoh erbarmedes got, Uuisser alla thia not,

22 Hiez her Hluduigan Tharot sar ritan:

23 "Hluduig, kuning min, Hilph minan liutin!

24 Heigun sa Northman Harto biduuungan."

25 Thanne sprah Hluduig "Herro, so duon ih,

26 Dot ni rette mir iz, Al thaz thu gibiudist."

27 Tho nam her godes urlub, Huob her gundfanon uf,

28 Reit her thara in Urankon Ingagan Northmannon.

29 Gode thancodun The sin beidodun,

30 Qhadhun al: "fro min, So lango beidon uuir thin."

31 Thanne sprah luto Hluduig ther guoto:

32 "Trostet hiu, gisellion, Mine notstallon!

33 Hera santa mih god Ioh mir selbo gibod,

34 Ob hiu rat thuhti, Thaz ih hier geuuhti.

35 Mih selbon ni sparoti, Uncih hiu gineriti.

36 Nu uuillih, thaz mir uolgon Alle godes holdon.

37 Giskerit ist thiu hieruuist So lango uuili Krist.

38 Uuili her unsa hinauarth, Thero habet her giuualt.

39 So uuer so hier in ellian Giduot godes uuillion,

40 Quimit he gisund uz, Ih gilonon imoz,

41 Bilibit her thar inne, Sinemo kunnie."

42 Tho nam er skild indi sper, Ellianlicho reit her,

43 Uuolder uuar errahchon Sinan uuidarsahchon.

44 Tho ni uuas iz burolang, Fand her thia Northman.

45 Gode lob sageda, Her sihit thes her gereda.

46 Ther kuning reit kuono, Sang lioth frono,

47 Ioh alle saman sungun: "Kyrrieleison."

48 Sang uuas gisungan, Uuig uuas bigunnan.

49 Bluot skein in uuangon, Spilodun ther Urankon.

50 Thar uaht thegeno gelih, Nichein soso Hluduig:

51 Snel indi kuoni, Thaz uuas imo gekunni.

52 Suman thuruhskluog her, Suman thuruhstah her.

53 Her skancta cehanton Sinan fianton

54 Bitteres lides. So uue hin hio thes libes!

55 Gilobot si thiu godes kraft: Hluduig uuarth sigihaft;

56 Ioh allen heiligon thanc! Sin uuarth ther sigikamf.

57 Uuolar abur Hluduig, Kuning uuigsalig!

58 So garo soser hio uuas, So uuar soses thurft uuas,

59 Gihalde inan truhtin Bi sinan ergrehtin.

II. Die neuhochdeutsche Übersetzung

1 Einen König kenne ich, er heißt Ludwig,2

2 der dient Gott gerne; ich weiß, dass er ihn dafür belohnt.

3 Als Kind wurde er vaterlos, dafür wurde ihm alsbald Ersatz:

4 der Herr nahm sich seiner an, er wurde sein Erzieher,

5 Er gab ihm Tüchtigkeit, [und] herrscherliches Gefolge

6 den Thron hier in Franken, möge er ihn lange innehaben!

7 All das teilte er dann sofort mit Karlmann,

8 seinem Bruder, die Zahl der Freuden.

9 Als das alles beendet war, wollte Gott ihn prüfen,

10 ob er Kampfesmühe so jung ertragen könne.

11 Er ließ heidnische Mannen über das Meer fahren,

12 um das Volk der Franken an seine Sünde zu mahnen.

13 Einige waren sofort verloren, einige wurden auserwählt [zum Heil].

14 Großes Leid musste erdulden, wer vorher ein sündhaftes Leben geführt hatte.

15 Derjenige, der zu der zeit noch ein Dieb war und der am Leben blieb,

16 begann zu fasten und wurde seitdem ein rechtschaffener Mann.

17 Der eine war ein Lügner, der andere ein Räuber,

18 ein dritter voller Zuchtlosigkeit, und er wurde ein besserer Mensch.

19 Der König war entfernt, das Reich in Verwirrung,

20 Christ war erzürnt: ach, dafür musste es büßen

21 Doch erbarmte sich Gott seiner, er wusste um all die Not:

22 Er befahl Ludwig, sofort dorthin zu reiten:

23 „Ludwig, mein König, hilf meinen Leuten!

24 Die Normannen haben sie sehr bedrängt."

25 Darauf antwortete Ludwig: „Herr, ich werde all das tun,

26 wenn der Tod mich nicht daran hindert, was du mir gebietest."

27 Da nahm er Erlaubnis von Gott, hob die Kriegsfahne auf,

28 ritt dorthin durch das Frankenland den Normannen entgegen.

29 Gott dankten die, die auf ihn warteten.

30 Alle sprachen: „Mein Herr, so lange warten wir auf dich."

31 Darauf erwiderte laut Ludwig der Tapfere:

32 „Seid guten Muts, Mitkämpfer, meine Gefährten in der Not,

33 Gott sandte mich hierher, und er selber befahl mir,

34 wenn es euch Hilfe dünkte, dass ich hier kämpfen sollte

35 [und] mich selber nicht schonen dürfte, bis ich euch erretten würde.

36 Nun will ich, dass mir folgen alle in Gottes Gnade Stehenden.

37 Zugemessen ist das Leben, so lange, als es Christ will,

38 will er unseren Tod, so hat er darüber Gewalt.

39 Jeden, der tapfer Gottes Willen ausführt

40 [und] am Leben bleibt, den belohne ich dafür;

41 bleibt er im Kampf, [belohne ich] sein Geschlecht."

42 Da nahm er Schild und Speer, mutig ritt er davon:

43 er wollte auskundschaften seine Widersacher.

44 Da dauerte es gar nicht lange, bis er auf die Normannen stieß;

45 er lobte Gott, [denn] er sieht, was er begehrte.

46 Der König ritt mutig, er sang ein heiliges Lied,

47 und auch alle zusammen sangen „Kyrie eleison".

48 [Kaum] war das Lied gesungen, [da] wurde der Kampf begonnen;

49 das Blut schien in den Wangen: es kämpften froh die Franken.

50 [Doch] keiner der Helden kämpfte so wie Ludwig:

51 so gewandt und kühn, das war ihm angeboren.

52 Den einen durchhieb er, den anderen durchstach er.

53 Er schenkte sogleich seinen Feinden

54 bitteren Wein ein. Wehe immer über ihr Leben!

55 Gelobt sei die Macht Gottes: Ludwig wurde Sieger.

56 Auch allen Heiligen sei Dank! Er errang den Sieg.

57 Heil dir abermals, Ludwig, der König wurde dadurch glücklich.

58 Immer war er sogleich bereit, wo er gebraucht wurde.

59 Es erhalte ihn der Herr in seiner Gnade.

B. Bestimmung der Verben und Verbformen

Vers 1:

uueiz — 3. Person Sg. Präsens Indikativ Aktiv — Präterito Präsentium — 1. Ablautreihe - von wizzan: Infinitiv/Präsens wizzan, 1.,3. Sg. weiz, 2. Sg. weist, 1. Pl. wiz-zum/wizzun, Optativ wizzi, Partizip Präsens wizzanti, Präteritum wissa/ wessa, Parti-zip Präteritum giwizzan — nhd. wissen — Besonderheiten: Doppelkonsonant -zz-, Ge­mination nach dem kurzen Vokal -i-; starkes Verb wegen Suffix — n

heizsit — 3.Person Sg. Präsens Indikativ Aktiv — redublizierendes Verb — 7. Klasse — Subklasse 1b - von heizan: heizan, heizu, hiaz/ hiez, hiazun, giheizan — nhd. heißen, jemandem etwas befehlen

Vers 2:

thionôt —3.Person Sg. Präsens Indikativ Aktiv — schwaches Verb — von thionon: thionom, thionos, thionot, thionom, thionot, thionont - nhd. dienen — Besonderheit: -on Verb

lônôt - 3.Person Sg. Präsens Indikativ Aktiv — schwaches Verb — von lonon: lonom, lonos, lonot, lonom, lonot, lonont — nhd. belohnen/ jemanden für etwas belohnen — Besonderheit: -on Verb, steht mit einem persönlichen Dativ oder/und mit einem Ge-nitiv rei/der Sache

Vers 3:

uuarth — 3.Person Sg. Präteritum Indikativ — starkes Verb — Klasse 3b - von werdan: werdan, wirdu, ward, wurtun/ wurtum, wortan —nhd. werden, entstehen - Besonder-heit: Klasse 3b wegen des Wurzelvokals a, dem Liquid und Konsonant folgt, mit grammatischem Wechsel d-t und meist mit präfixlosem Partizip Präteritum

Vers 4:

holôda — 3.Person Sg. Präteritum Indikativ Aktiv - schwaches Verb — von ha-lon/holon - nhd. annehmen — Besonderheit: -on Verb, mit Akk: sich jemandes an-nehmen

Vers 5:

gab — 3.Person Sg. Präteritum Indikativ Aktiv — starkes Verb — 5. Klasse —von geban:

geban, gibu, gab, gâbun/ gabum, gigeban — nhd. geben

Vers 6

brûche — 3.Person Sg. Präsens Konjunktiv Aktiv — schwaches Verb — von brûchan —

nhd. brauchen — Besonderheit: - f an Verb

Vers 7

gideildar — 3.Person Sg. Präteritum Indikativ Aktiv — schwaches Verb — von: gitei-

len/ gideilen — nhd. teilen, austeilen — Besonderheiten: - f an Verb

Vers 9:

gendiôt — 3.Person Sg. Präteritum Indikativ — schwaches Verb — von endion/entôn —

nhd. beenden - Besonderheit: -on Verb

[...]


1 Mettke, Heinz Hrsg: Älteste deutsche Dichtung und Prosa. 2. Auflage. Verlag Philip Reclam jun. Leipzig. 1979. S. 248-252.

2 Mettke, Heinz Hrsg: Älteste deutsche Dichtung und Prosa. 2. Auflage. Verlag Philip Reclam jun. Leipzig. 1979. S. 248-252.

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Details

Titel
Die Verben und Verbformen im Ludwigslied
Hochschule
Universität Leipzig
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V140690
ISBN (eBook)
9783640505920
ISBN (Buch)
9783640506170
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verben, Verbformen, Ludwigslied
Arbeit zitieren
Sabine Holzfuß (Autor:in), 2009, Die Verben und Verbformen im Ludwigslied, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140690

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