Vorschulerziehung in Finnland

Versuch eines Vergleichs mit der Vorschulerziehung in Deutschland


Hausarbeit, 2007

21 Seiten, Note: ohne


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1 Einleitung

2 Vorschulische Kinderbetreuung in Finnland. Konzeption und Einrichtungen
2.1 Kindertagesstätten (päiväkoti)
2.2 Familientagespflege (perhepäivähoito)
2.3 Spielgruppen (päiväkerho)
2.4 Außerschulische Betreuung und „offene“ Angebote

3 Kern-Curriculum der finnischen Vorschulerziehung

4 Sprachförderung in Finnland

5 Pädagogische Personal: Ausbildung und Arbeitsfelder

6 Schlusswort: Vergleich der Vorschulischen Erziehung in Finnland und in Deutschland

7 Literatur

1 Einleitung

Die Ergebnisse der PISA-Studie haben gezeigt, dass sich die Leistungen deutscher Schüler im Lesen, in der Mathematik und in den Naturwissenschaften im Vergleich zu früheren PISA-Untersuchungen verbessert haben. Dennoch liegen die Leistungen der deutschen Jugendlichen nur im Mittelfeld der untersuchten 29 OECD-Staaten. Die besten Ergebnisse haben Schüler aus Finnland, Südkorea und den Niederlanden gezeigt. Deutsche Wissenschaftler und Politiker fordern eine Ausweitung und Verbesserung der vorschulischen Bildung und Erziehung, damit Kinder mit besseren Lernvoraussetzungen in die Schule kommen. Insbesondere Kleinkinder aus sozial benachteiligten Familien bzw. mit Migrationshintergrund sollten in Kindertageseinrichtungen viel früher und intensiver als bisher gefördert werden. Dann könnte Deutschland schulische Leistungen steigern und gegenüber anderen OECD-Staaten aufholen.

In der vorliegenden Hausarbeit möchte ich die vorschulische Erziehung in Finnland darstellen. Zuerst werde ich die Aufbau des Vorschulbereichs in Finnland präsentieren. Danach werden die wichtigsten Bereiche in der pädagogischen Arbeit beschrieben und die Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte dargestellt. Zum Schluss möchte ich einen Vergleich mit der deutschen vorschulischen Erziehung versuchen. Nach dem Prinzip des tertium comparationis liegt der Sinn des Vergleichs in dem Herstellen einer Beziehung zwischen zwei Größen (in unserem Fall zwischen zwei Systemen). Der Vergleich gibt nicht nur durch die Ähnlichkeiten, sondern auch die Differenzen zwischen den Systemen an. Ich werde einige Gemeinsamkeiten beschreiben und Unterschiede in der Vorschulerziehung in Finnland und Deutschland benennen.

Ohne Anspruch auf Ausführlichkeit werden folgende Aspekte berücksichtigt wie z.B. Finanzierung, Organisation des Vorschulbereichs, thematische und methodologische Schwerpunkte in der Vorschularbeit, Sprachförderung und Ausbildung des Fachpersonals.

2 Vorschulische Kinderbetreuung in Finnland. Konzeption und Einrichtungen

Noch bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts war Finnland ein Agrarland. Die steigende Industrialisierung in den 60er Jahren führte zu Veränderungen in der finnischen Familienstruktur. Immer mehr Frauen gingen einer beruflichen Tätigkeit nach. 1990 waren 80% der finnischen Mütter erwerbstätig. Diese Entwicklung brachte Probleme in der Kinderbetreuung mit sich. Die finnische Regierung hat diese Probleme erkannt und Maßnahmen zur Unterstützung von Familien und zum Schutz von Kindern entwickelt. Nach der Geburt eines Kindes kann die Mutter einen Mutterschafts- und Erziehungsurlaub von etwa 11 Monaten nehmen, die ersten 105 Tage sind Pflicht. Die übrige Zeit kann auch vom Vater des Kindes beansprucht werden. Die Väter haben 6 bis 12 Tage bei der Geburt eines Kindes und 6 weitere Tage Vaterschaftsurlaub während des 1. Lebensjahres des Kindes. Beide Elternteile können einen Elternurlaub nehmen bis die Kinder 3 Jahre alt sind. Danach haben die Eltern einen Anspruch auf reduzierte Arbeitszeiten bis ihre Kinder 8 Jahre alt sind (bzw. bis zum Ende des 1. Schuljahres).

Seit 1990 haben alle Kinder in Finnland im Alter von 0 bis 3 Jahren einen Anspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz. Nur die Eltern entscheiden, welche Betreuungsform angenommen wird. Sie können dabei optional zwischen einem Platz in einer Kindertagesstätte, der Betreuung durch eine Tagespflegeperson in einer Familientagesstätte oder durch ein Elternteil wählen. Die Wahl der Betreuung in Kindertagesstätten ist in den Städten eine gängige Form, in ländlichen Gebieten ist dagegen die Betreuung durch eine Tagesmutter stärker verbreitet. Wenn Eltern die Betreuung selbst übernehmen wollen, wird eine Familienbetreuungszulage in Höhe von 63 EUR pro Monat gezahlt, wenn der betreuende Elternteil im Rahmen eines steuerpflichtigen Arbeitsverhältnisses die Arbeitszeit auf weniger als 30 Stunden reduziert. Für die häusliche Kinderbetreuung, die z.B. durch Angehörige oder eine Tagesmutter erbracht wird, erhalten die Eltern im Rahmen der Kinderbetreuungshilfe einen Grundfreibetrag von 252 EUR. Zusätzlich wird die private Betreuung von Kindern im Vorschulalter durch eine einkommensabhängige Zulage von maximal 168 EUR pro Monat bezuschusst (vgl. B. Fix, Kinderbetreuung in Finnland).

2.1 Kindertagesstätten (päiväkoti)

Die Kindertagesstätten sind das Hauptbetreuungsangebot für Vorschulkinder in Finnland. Sie werden von etwa 55% der Kinder unter 7 Jahren besucht. Die Öffnungszeiten dieser Einrichtungen betragen mindestens 10 Stunden am Tag, vereinzelt gibt es sogar Tagesstätten, die 24 Stunden lang geöffnet sind. Sie bieten ganztägige oder halbtägige Betreuung an. In der Regel sind in einer Tagesstätte 30 Kinder untergebracht. Die Kinder werden altersgemischt in Ganztags- oder Halbtagsgruppen betreut. Der Tagesablauf besteht aus folgenden Komponenten:

- Zwangslose Zusammenkunft am Morgen
- Feste Essenszeiten (Frühstück, Mittagessen)
- Mittagsruhe (es gibt Betten für den Mittagsschlaf)
- Spiele im Freien
- Sprachförderung und Musik sind in den Tagesablauf eingebaut (Diskussion über das Essen vor dem Mittagsessen, ein geleitetes Tischgespräch beim Essen).
- Bildung wird angeboten, ist aber nicht verpflichtend.

Die Kinder im finnischen Kindergarten werden von Erzieherinnen mit einer Hochschulausbildung betreut. In der Regel wird pro vier Kinder unter 3 Jahren oder sieben Kinder über 3 Jahren eine Fachkraft eingesetzt. Die Gruppengröße beträgt für Kinder unter 3 Jahren 12 Kinder pro Gruppe, für 3- bis 7jährige 20 Kinder. Neben Erzieherinnen arbeiten in Kindertagesstätten auch Kinderpflegerinnen, heilpädagogische Kräfte und Hilfspersonal.

Die Finanzierung findet überwiegend durch die Kommunen statt. Die Elternbeiträge sind nach dem Einkommen geregelt und betragen von 0 bis 200 Euro.

Neben den regulären Kindertagesstätten gibt es auch so genannte „offene Kindertagesstätten“. Diese sind für Kinder bestimmt, die von ihren Eltern oder der Familientagespflege betreut werden. Dort bietet eine qualifizierte Kraft Aktivitäten für Kinder an. Außerdem werden auch Vorträge gehalten und Workshops für Eltern und Tagesmütter über Erziehungsfragen organisiert.

In ländlichen Regionen gibt es den so genannten „mobilen Kindergarten“. Fachkräfte bereisen das Land und bieten 5- bis 7jährigen Kindern stundenweise eine vorschulische Förderung an. (vgl. Oberhuemer/ Ulich,. S. 108-109)

2.2 Familientagespflege (perhepäivähoito)

Die Familientagespflege gehört in Finnland zum System der öffentlich subventionierten und geregelten Kinderbetreuung. 42% der Kosten der Familientagespflege werden von der nationalen Regierung und von öffentlichen Behörden finanziert. Die Eltern zahlen einen einkommensabhängigen Beitrag. Außerdem wird die private Familienpflege indirekt durch das Erziehungsgeld und Betreuungszulagen bezuschusst.

Die Tagespflegepersonen sind organisiert und verfügen über eine 250-stündige Ausbildung. Sie werden von Fachkräften beaufsichtigt und angeleitet. Die Aufsicht und Betreuung der Familientagespflege übernehmen in der Regel die Erzieherinnen und Leiterinnen von Kindertageseinrichtungen. Die Tagespflegepersonen dürfen einschließlich ihrer eigenen Kinder höchstens 4 Kinder unter 6 Jahren und ein schulpflichtiges Kind betreuen. Die Familientagespflege findet in der Regel im Haus der Tagesmutter oder eines zu betreuenden Kindes statt. Diese Betreuungsform wird relativ viel genutzt, insbesondere für Kinder unter 3 Jahren. Viele Tagespflegekinder nutzen zusätzliche Angebote in Kindertagesstätten oder in Spielgruppen.

In der organisierten Tagespflege in Finnland gibt es noch andere Formen der Kinderbetreuung. Im so genannten Drei –Familien-Model haben 3 Familien gemeinsam eine Tagesmutter, die abwechselnd jeweils eine Woche in der Wohnung einer der 3 Familien die Kinder betreut.

Ein anderer Betreuungstyp ist die Gruppen – Familientagespflege. Im diesem Modell betreuen 2 bis 4 Tagesmütter gemeinsam die Kinder in Räumlichkeiten, die von den lokalen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Die Vorteile dieses Modells werden im Austausch und in der gegenseitigen Unterstützung der Tagespflegepersonen gesehen. Dennoch wird dieses Modell von den Fachverbänden scharf kritisiert. Es wird die Notwendigkeit dieser Angebote in Frage gestellt, weil die Betreuungsform sehr an einer Tagesstätte ähnelt, aber eine niedrigere Betreuungsqualität aufweist.

Die Tagespflegepersonen haben ein Recht auf gleiche Sozialleistungen wie sie alle Arbeitnehmer haben, z. B. Jahresurlaub, Eltern- und Krankenurlaub, Rente und Leistungen im Krankheitsfall. 81% der bei öffentlichen Behörden angestellten Tagespflegepersonen sind Mitglieder der Gewerkschaft für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes. (vgl. Oberhuemer/ Ulich, S. 110)

2.3 Spielgruppen (päiväkerho)

Die Spielgruppen in Finnland werden von der Lutheranischen Kirche organisiert und existieren schon seit über 50 Jahren. Sie werden meist von Kindern für einige Stunden vormittags besucht, wobei es auch Nachmittagsangebote gibt. Das Spielangebot richtet sich in der Regel an 4 bis 6jährige Kinder, aber auch jüngere und ältere werden aufgenommen. Kinder aller Betreuungsformen (Kindertagesstätte, Familientagespflege oder die, die von Eltern betreut werden) und auch schulpflichtige Kinder während der ersten Schuljahre besuchen häufig zusätzlich Spielgruppen.

Die Spielgruppen werden in der Regel von Kinderpflegerinnen mit einer 2,5jährigen Berufsausbildung geleitet, aber gelegentlich auch von Erzieherinnen. (vgl. Oberhuemer/ Ulich, S. 111)

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Vorschulerziehung in Finnland
Untertitel
Versuch eines Vergleichs mit der Vorschulerziehung in Deutschland
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Pädagogik der frühen Kindheit International
Note
ohne
Autor
Jahr
2007
Seiten
21
Katalognummer
V140567
ISBN (eBook)
9783640484829
ISBN (Buch)
9783640484584
Dateigröße
419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorschulerziehung, Finnland, Versuch, Vergleichs, Vorschulerziehung, Deutschland
Arbeit zitieren
Natalija Kuch (Autor:in), 2007, Vorschulerziehung in Finnland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140567

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