Zum Zusammenhang der Judendarstellung in Scotts 'Ivanhoe' mit der Realität Englands zur Zeit Richard Löwenherz’


Hausarbeit, 2009

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Darstellung der Juden in Scotts Ivanhoe
2.1. Inhalt des Romans
2.2. Die Darstellung der Juden anhand von Isaak und Rebekka

3. Grad der Historizität der Judendarstellung
3.1. Das Judentum zur Zeit Richard Löwenherz’ in England
3.2. Übereinstimmung und Abweichung von der historischen Wirklichkeit

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ein historischer Roman zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass der Autor über eine vergangene Zeit schreibt, von der es keine Zeitzeugen mehr gibt, sowie durch den steten Authentizitätsanspruch. Sir Walter Scott ist ein berühmter Vertreter dieser literarischen Gattung, wozu auch Scotts Roman Ivanhoe zählt. In diesem Roman tritt nicht nur der tapfere Ritter Wilfried Ivanhoe als Protagonist auf, sondern es fällt auf, dass besonders der Jude Isaak und seine Tochter Rebekka eine große Rolle in Scotts historischem Roman spielen.

Nun stellt sich die Frage, ob Scott eine realistische Darstellung der Juden zu jener Zeit anfertigte oder ob er die auffallend positive und romantisierte Beschreibung zu sehr unterstreicht und so die Gesellschaft in England zu Zeit der Regierung Richard Löwenherz’ in ein schlechteres Licht rückt als es verdient hat. In dieser Hausarbeit soll demnach folgende Frage zentral behandelt werden: Inwieweit stimmt die Darstellung der Juden in Scotts Ivanhoe mit der Realität zur Zeit Richard Löwenherz’ im 12. Jahrhundert überein?

Nach einer einführenden Zusammenfassung der Romanhandlung wird zunächst auf die textinterne Darstellung der Juden eingegangen. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf das Moment der Mitleidserweckung gelegt, da dies das offensichtliche Mittel der Sympathielenkung auf Isaak und Rebekka ist. Anhand ausgewählter Szenen soll dieser Moment der Mitleidserweckung illustriert werden.

Um die Darstellung auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen, folgt ein Vergleich der textinternen Aspekte mit den überlieferten Fakten, die die Juden und die Gesellschaft um sie herum beschreiben. Über das Leben der Juden im Mittelalter existieren etliche Schriften, die bei der Untersuchung auf den Wahrheitsgehalt von Scotts Beschreibungen helfen sollen. Um den Rahmen dieser Hausarbeit nicht zu sprengen, werden nur einige Punkte verglichen, die im Roman besonders hervorstechen. Der Gesichtspunkt vom Juden als Geldverleiher, die Bekehrungsversuche und ihre Stellung in der Gesellschaft werden den größten Teil einnehmen. Falls sich Differenzen zwischen historischem Roman und den historischen Tatsachen erkennen lassen, ist zu berücksichtigen, was Scott dazu bewegt haben mag, diese Elemente abzuändern.

Mit dieser Hausarbeit wird schließlich erzielt, das Problem, dass sich bei der Darstellung historischer Ereignisse ergibt und die damit aufgeworfene Frage, ob Scott dem historischen Vorbild gerecht wird, zu untersuchen. Anhand der Sekundärliteratur, die von jener Zeit berichtet, soll diese Frage in der Folge der Analyse beantwortet werden.

2. Die Darstellung der Juden in Scotts Ivanhoe

2.1. Inhalt des Romans

Ivanhoe, der verstoßene Sohn des Sachsenführers Cedric, kehrt nach längerer Aufenthalt im Heiligen Land zurück nach England. Verkleidet als Pilger findet er Unterschlupf bei seinem Vater. Dort hat er die Chance, seine geliebte Rowena wieder zu sehen, welche unter der Obhut seines Vaters steht. Sie erkennt ihn jedoch nicht, erkundigt sich aber bei dem Pilger über das Verbleiben ihres Geliebten. Am gleichen Abend finden auch der Tempelritter und sein Begleiter Prior Aymer von Jorvaulx Zuflucht bei dem Sachsen. Die Verpflichtung der Gastfreundschaft des Sachsen sorgt auch dafür, dass dem Juden Isaak von York Einlass gewährt wird, obwohl sich die Anwesenden unwohl dabei fühlen mit einem Ungläubigen in einem Raum zu sein.

Am folgenden Tag wollen sich die Anwesenden, die ihre Nachtruhe bei Cedric fanden, zu den Ritterspielen in Ashby-de-la-Zouche begeben, zu denen der Bruder des Königs Prinz Johann Ohneland geladen hat. Am selben Morgen weckt Ivanhoe den Juden, um ihn vor den Übergriffen der Hausbewohner zu bewahren. Gemeinsam reiten sie Richtung Sheffield, wo sich ihre Wege trennen, da auch Ivanhoe nicht mit einem Juden gesehen werden möchte. Aus Dankbarkeit für den Schutz, den Ivanhoe dem Juden bot, stellt Isaak dem Ritter eine Rüstung und ein Pferd zur Verfügung, womit nun auch er an den Ritterspielen teilnehmen kann.

Um diese großen Festlichkeiten zu finanzieren, lieh sich der Prinz Geld von dem Juden Isaak, da dieser und seine Glaubensgenossen mit dem Geldverleihen ihr Leben bestritten. Auch während des Festes verlangt der Prinz Geld vom Juden, welches dieser nicht ganz freiwillig hergibt.

Als Gewinner über mehrere namenhafte Ritter wie Hugh de Bracy, die Normannen Philippe de Malvoisin und Reginald Front de Boeuf, sowie auch dem Templeritter de Bois Guilbert geht Ivanhoe, der sich bisher als der Enterbte Ritter vorstellte, aus dem Turnier. Nach all der Anstrengung bricht er schwer verletzt zu Boden. Der Jude Isaak nimmt auf Drängen seiner schönen Tochter Rebekka, den Ritter in seine Obhut. Als sie aber mit der Sänfte durch den Wald ziehen, werden sie gemeinsam mit dem Sachsen Cedric, der ihnen Schutz vor den Geächteten bieten sollte, überfallen und ins Schloss Torquilstone, das Front de Boeuf gehört, verschleppt. Mithilfe der Geächteten, dessen Anführer der bekannte Robin Hood ist, gelingt es den Leibeigenen Wamba und Gurth ihren Herren zu befreien. Der geheimnisvolle Schwarze Ritter tritt bei dem Angriff auf das Schloss besonders in Augenschein, da er mit seiner Kraft ausschlaggebend für den Sieg über Torquilstone zu sein scheint. Auch der Jude konnte nach dem Angriff der Geächteten aus dem Schloss aus der Gefangenschaft entkommen. Seine Tochter jedoch wurde während des Durcheinanders des Angriffs von dem Templer de Bois Guilbert, der sich in sie verliebt zu haben scheint, entführt. Dieser nimmt sie mit in sein Kloster, wo sie als Hexe angeklagt wird. Ihr wird vorgeworfen, den streng gläubigen Templer verzaubert zu haben und auch ihre Heilkünste scheinen sie als vermeintliche Hexe entlarvt zu haben. Um dem Tot zu entkommen ruft sie Ivanhoe zu Hilfe, der für ihre Unschuld gegen den Kämpfer des Klosters antreten soll. Ausgerechnet der Templer de Bois Guilbert wird vom Großmeister dazu auserkoren. Ivanhoe gewinnt trotz seines schlechten Zustands, da der Templer nicht aufgrund des Lanzenstoßes zu Boden geht, sondern aufgrund seiner Leidenschaft zur schönen Jüdin.

Der Schwarze Ritter hat sich inzwischen als König Richard Löwenherz, der aus der Gefangenschaft aus Österreich zurückgekehrt ist, zu erkennen gegeben. Dieser will nun für Recht und Ordnung in seinem Land sorgen und seinem Bruder Prinz Johann wieder zurückdrängen. Der Sachse Cedric hat indessen seinem Sohn vergeben und ist schließlich mit der Heirat zwischen seinem Sohn und Rowena einverstanden. Dieses bricht aber das Herz der Jüdin Rebekka, da sie sich in den tapferen Ritter verliebt hat. Die unerwiderte Liebe und die Unterdrückung ihres Volkes drängen sie dazu England gemeinsam mit ihrem Vater zu verlassen.

2.2. Die Darstellung der Juden anhand von Isaak und Rebekka

Walter Scott hat in seinem Roman den Darstellungen der Juden viel Raum gewidmet. Anhand des reichen Juden Isaak von Yorks und seiner Tochter Rebekka wird ein aufschlussreiches Bild entwickelt, dass dem Leser den Juden genau darstellt. Das Aussehen, das Verhalten der Menschen ihnen gegenüber und die Rolle des Juden als Geldquelle der Herrschenden entwickeln ein rundes Bild, das in diesem Kapitel rekonstruiert werden soll.

Das Äußere, das der Erzähler darstellt, erfüllt jegliche Klischees, die man zu dieser Zeit einem Juden zuwies. Der erste Auftritt des Juden findet sich in Kapitel V. Isaak erhält bei Dunkelheitsanbruch Unterschlupf im Haus des Sachsen Cedric, welcher ihm diesen, trotz der vielen Vorurteile gegenüber Juden, gewährt. Beim Eintritt in die große Speisehalle Cedrics wird das klischeehafte Äußere beschrieben: Isaak erscheint als großer, magerer Mann mit gekrümmter Rückenhaltung. Eine „Adlernase, die durchdringenden schwarzen Augen, die hohe, faltige Stirn, das lange graue Haar des Kopfes und Bartes hätten für schön gelten können, wären sie nicht die eigentümlichen Züge eines Volkes gewesen, das [...] verabscheut [und] verfolgt wurde“[1]. Neben seinen körperlichen Merkmalen beschreibt der Erzähler zudem auch dessen Kleidung, die zunächst nicht besonders auffällt, vergleicht man diese mit der Kleidung, die von Gurth und Wamba vorher bereits beschrieben wurden. Jedoch weist er auf die viereckige gelbe Mütze hin, die Isaak trägt. Diese Mützen haben Juden zu jener Zeit trägen müssen, damit sie von Christen zu unterscheiden waren.[2] Es fällt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Judenstern ins Auge, welchen die Anhänger des Judentums während der NS-Herrschaft in Deutschland und den besetzten Ländern tragen mussten.

[...]


[1] Sir Walter Scott: Ivanhoe. Frankfurt am Main, 2008 [1819]. S. 53.

[2] Vgl. Ebd.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Zum Zusammenhang der Judendarstellung in Scotts 'Ivanhoe' mit der Realität Englands zur Zeit Richard Löwenherz’
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Deutsches Seminar)
Veranstaltung
Der historische Roman
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V140475
ISBN (eBook)
9783640480302
ISBN (Buch)
9783640480364
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ivanhoe, Juden, Richard Löwenherz, Historischer Roman, Der schwarze Ritter, Judendarstellung, Sir Walter Scott
Arbeit zitieren
Alexandra Krüger (Autor:in), 2009, Zum Zusammenhang der Judendarstellung in Scotts 'Ivanhoe' mit der Realität Englands zur Zeit Richard Löwenherz’, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140475

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