Grundzüge der agrargeschichtlichen Entwicklung in Deutschland


Essay, 1992

13 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Landwirtschaft bei den Germanen

2. Landwirtschaft im Mittelalter
2.1 Die Entstehung der Grundherrschaft und der mittelalterliche Landausbau (7. bis 12. Jahrhundert)
2.2 Städtebildung im Hochmittelalter und die Entstehung der Gutsherrschaft durch die Ostkolonisation (12./13. Jahrhundert)
2.3 Agrardepression und Bauernunruhen im Spätmittelalter
2.4 Die Verfestigung der Gutsherrschaft

3. Landwirtschaft in der Neuzeit
3.1 Aufbruch in eine neue Zeit (18. Jahrhundert) und die Bauernbefreiung
3.2 Vom Agrarstaat zum Industriestaat - Das Zeitalter der Technik

4. Literaturverzeichnis

1. Landwirtschaft bei den Germanen

Die Anfänge landwirtschaftlicher Bodennutzung gehen in Deutschland bis in die jüngere Steinzeit (ca. 10.000 bis 4.000 v. Chr.) zurück und hängt mit der Seßhaftwerdung der Germanen zusammen. Früheste schriftliche Überliefe-rungen liegen aber erst von Cäsar, Livius und Tacitus vor. Bei den Germanen dürfte die Viehhaltung (extensive Weidewirtschaft) gegenüber dem Ackerbau vorherrschend gewesen sein, wobei die Frau die Hauptsorge für die Landwirtschaft übernehmen musste, während der Mann sich um Jagd und Schutz kümmerte. Im heutigen Bundesgebiet haben um die Mitte des ersten Jahrhunderts nur etwa 600.000 bis 700.000 Menschen gelebt. Beim Ackerbau stand natürlich der Anbau von Getreide im Vordergrund. Ackergerät war ein Pflug ohne Streichbrett, der den Boden bloß aufriss.

In waldreichen Landschaften überwog die Schweinehaltung, in graswüchsigen Gegenden die Rinderhaltung, während in der Heide oder im Bergland mehr Schafe und Ziegen gehalten wurden. Das Pferd diente vorwiegend als Reittier, weniger als Pflugtier. Die Tiere waren damals viel kleiner und weniger gut genährt und da man nicht alles Vieh über den Winter bringen konnte, wurde zu Beginn des Winters der Großteil davon abgeschlachtet. Um das Jahr 500 wird berichtet, dass die Größe eines Rindes etwa 1,10 Meter erreichte und sein Gewicht bei 200 Kilogramm lag. Die Milchleistung betrug etwa 3 Liter pro Tag.

Große Überschüsse wird ein Bauer in der frühfränkischen Zeit kaum erwirtschaftet haben; zur eigenen Bedarfsdeckung und zum Einhandeln notwendiger fremder Erzeugnisse wird es aber ausgereicht haben, zumal er an und für sich keine Abgaben an einen Herrn zu entrichten hatte. Die Mehrzahl der frühfränkischen Bauern waren wohl Freie, die den Fürsten nur gelegentlich Ehrenabgaben abtraten. Doch die Besitzverhältnisse waren nicht gleich, es gab verschiedene Abstufungen. Denn – so berichtet Tacitus – das eroberte Land wurde nicht zu gleichen Teilen verteilt, sondern nach Würde, so dass die Angehörigen des Adels über höheren Besitz verfügten. Adelige besaßen einige abhängige Arbeitskräfte, so genannte „Unfreie“, die sich zumeist aus Kriegsgefangenen rekrutierten, die jedoch recht human leben konnten. Sie hatten meist ein eigenes Heim und erhielten ein Stück Land zur Bewirtschaf-tung, von dem sie bestimmte Naturalabgaben abtreten mussten. Hier liegt eine Wurzel für die spätere Grundherrschaft, wobei in dieser Zeit die ökonomischen Unterschiede noch nicht so groß waren.

2. Landwirtschaft im Mittelalter

2.1 Die Entstehung der Grundherrschaft und der mittelalterliche Landausbau (7. bis 12. Jahrhundert)

Die Grundlage der mittelalterliche Agrarverfassung und der ganzen sozialen Ordnung bildete die Grundherrschaft. Sie beginnt verstärkt ab dem 8./9. Jahrhundert. Im Prinzip ist die Grundherrschaft, auch Lehnswesen genannt, die Basis des wirtschaftlichen und sozialen Lebens auf dem Lande bis zur Bauernbefreiung im 19. Jahrhundert geblieben. Sie gründet auf eine an Grund und Boden anknüpfende Beziehung zwischen dem Grundherrn und seinem von ihm abhängigen Bauern. Dabei handelte es sich nicht nur um ein Tauschgeschäft, also Überlassung von Grund und Boden gegen Festsetzung bestimmter Dienste und Abgaben, sondern es enthielt zudem ein gegenseitiges Treueverhältnis. Der Grundherr musste Schutz gewähren und der Bauer Folge leisten. So ist also am Anfang dieses Systems Grundherrschaft nicht mit Grundeigentum gleichzusetzen, denn zunächst war dies für den Bauern eine recht günstige Regelung.

Hauptursache für die Entstehung der Grundherrschaft war die seit dem 7./8. Jahrhundert zunehmende Bevölkerungszahl. Sie machte den Landausbau erforderlich, was durch Bewirtschaftung brachliegenden Bodens oder durch Rodung von Wald bewerkstelligt wurde. Dieses Land war in der Regel nicht mehr herrenlos. Es gehörte entweder dem König oder dem weltlichen und geistlichen Adel. Wer nun den Hof des Vaters nicht erbte oder wenn dieser durch Teilung zu klein war, musste von einem weltlichen oder geistlichen Herrn Land nehmen. Dies war auch im Interesse des Grundherrn, der von seinem Land so mehr Nutzen hatte. Zumeist begaben sich die Bauern freiwillig in die Grundherrschaft, wobei oft der eigene Besitz mit eingebracht wurde. Damit wurden sie zwar abhängig und unfrei, umgekehrt aber waren sie Mitglied des herrschaftlichen Schutzverbandes.

Als zusätzlicher Anreiz wurde den Bauern für die ersten Jahre zunächst die Abgabenzahlung erlassen. Daneben wurden auch Unfreie ansässig gemacht. Die ganze Entwicklung führte zu einem allmählichen Verschwinden des freien Bauernstandes und durch diesen Angleichungs- und Ausgleichsprozess gab es im 11./12. Jahrhundert einen recht einheitlichen Bauernstand. Die Grundherrschaft kam selten isoliert vor, sie war meist kombiniert mit der Zehnt- und Gerichtsherrschaft. Die Zehntherrschaft hatte sich aus einer seit dem 6. Jahrhundert bestehenden oder zumindest bezeugten Abgabe entwickelt, die zugunsten der Kirche erhoben wurde. Die Abgabe bestand aus dem zehnten Teil der Ernte und war im Anfangsstadium zweckgebunden. Sie diente zur Versorgung des Pfarrers, der Pfarrgebäude sowie karitativen Einrichtungen. Später jedoch wurde die Abgabe sogar verkauft oder verschenkt und vermehrte so die Einkünfte selbst von weltlichen Herren. Wichtiger noch für die spätere Entwicklung war die Gerichtsbarkeit. Sie entstand dadurch, dass die fränkisch-deutschen Könige die Ge­richtsbarkeit als Recht des Königs gegenüber dem Adel nicht behaupten konnten. Dies verstärkte zum einen die soziale Position des Grundherrn, zum anderen bot es die Möglichkeit, höhere Abgaben und Leistungen durchzusetzen.

Ab dem 7./8. Jahrhundert stieg, wie schon erwähnt, die Bevölkerungs­zahl immer mehr an. Um den damit steigenden Nahrungsbedarf zu decken, musste die Agrarproduktion auch auf bisher unbebaute Flächen ausgedehnt werden. Dies führte zur Vergrößerung der schon bestehenden Siedlungen bzw. zu Neugründungen. Die Bedingungen der Grundherrschaft wurden aber in dem Maße ungünstiger, wie sich die Nachfrage nach Grund und Boden verschärfte. Die grundherrlichen Lasten konnten mit der Zeit durchaus ein Drittel oder bis zur Hälfte der Erträge aus­machen, wobei sich die Kolonisten meist besser stellten als die Bauern im Altsiedelland. Dies ist verständlich, da die bäuerlichen Kolonisten durch günstige Bedingungen angelockt werden sollten. Die Bevölkerungszunahme machte jedoch nicht nur den Landausbau notwendig, sondern zwang ferner zu intensiveren Bewirtschaftungsmethoden. Außerdem kam es zu einer Verstärkung des Ackerbaus gegenüber der Viehzucht.

Von Adam Smith stammt der Ausspruch: "Ein Getreidefeld von mäßiger Frucht-barkeit bringt eine größere Menge an Nahrung für die Menschen hervor, als der beste Weideplatz von gleicher Ausdehnung". Der Getreideanbau erfolgte ab dem 8. Jahrhundert nun in Form der Dreifelderwirtschaft. Es handelte sich dabei um eine Zusammenfassung der Felder in Gewanne, die nun in einem bestimmten Turnus mit Winter- und Sommergetreide bestellt wurden unter Einschaltung eines Brachjahres. Ferner wurde das Saatgut stärker ausgesondert. Im Übrigen war nicht der Weizen, sondern vor allem um das Jahr 1300 der Roggen das Hauptgetreideprodukt. Der Hektarertrag lag bei etwa 7,5 Doppelzenter. In dieser Zeit wurden auch verstärkt Hülsenfrüchte, Rüben, Hanf und Flachs angebaut. Seit dem 8. Jahrhundert lässt sich zudem Hopfen- und Weinbau nachweisen. Aufgrund des stärkeren Ackerbaus nahm die Rinderhaltung erheblich ab. Schweine- und Schafhaltung waren wegen der immer noch verbliebenen Freiräume weniger betroffen. Das Tier war nicht mehr als Nahrungsmittel gedacht, sondern als Düngerlieferant und Zugtier. Neben der Dreifelder-wirtschaft war bei der Herstellung von landwirtschaftlichen Geräten ein deutlicher Fortschritt zu erkennen. Im 11. Jahrhundert kam z.B. der Beetpflug auf, der den Boden nicht nur aufriss, sondern auch umwendete. Ferner kamen im 13./14. Jahrhundert Sensen und Dreschflegel auf und der Gebrauch von Wassermühlen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Grundzüge der agrargeschichtlichen Entwicklung in Deutschland
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Agrargeographie
Note
gut
Autor
Jahr
1992
Seiten
13
Katalognummer
V140221
ISBN (eBook)
9783640517886
ISBN (Buch)
9783640517596
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundzüge, Entwicklung, Deutschland
Arbeit zitieren
Dr., M.A. Roland Engelhart (Autor:in), 1992, Grundzüge der agrargeschichtlichen Entwicklung in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140221

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Grundzüge der agrargeschichtlichen Entwicklung in Deutschland



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden