Entstehungswege zum nationalsozialistischen Massenmord


Hausarbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Eugenik als wissenschaftliche Legitimation der NS- Rassenlehre

3 Die Diskriminierungsgesetze von der Machtübernahme bis zum Novemberpogrom
3.1 Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (GWBB)
3.2 Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN)
3.3 Die Nürnberger Gesetze
3.4 Das Novemberpogrom

4 Das Euthanasieprogramm
4.1 Die Euthanasie an Kindern
4.2 Die Erwachseneneuthanasie

5 Die Endlösung
5.1 Die „Sonderbehandlung 14f13“ als Gelenkstelle
5.2 Die „Aktion Reinhardt“
5.3 Die Frage um den „Führerbefehl“

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In meiner Hausarbeit „Entstehungswege zum nationalsozialistischen Massenmord“ im Rahmen des Einführungsseminars „Der Nationalsozialismus“ möchte ich mich mit der Rassenpolitik der Nationalsozialisten im deutschen Reich ab der Machtübernahme 1933 beschäftigen, die über mehrere Stationen der Ausgrenzung der sogenannten „Rassefeinde“, wie Juden, Schwarze und „Zigeuner“, verlief und schlussendlich in der „Endlösung“ der europäischen Judenfrage, dem Genozid an Millionen Menschen mündete.

Dazu werde ich mich zuerst den Ursprüngen dieser weit verbreiteten Rassenideologie widmen, die auf der Wissenschaft der Eugenik und der Sozialdarwinismuslehren basieren.

Anschließend möchte ich anhand der sich immer weiter verschärfenden, sowohl diskriminierenden als auch isolierenden Rassegesetzgebungen, die Exklusionspolitik der Nazis bzgl. der „Rassefeinde“ nachzeichnen, die diese ohne größere Proteste der Bevölkerung durchsetzen konnten.

Nach den einschneidenden Wendepunkten Novemberpogrom und Kriegsbeginn werde ich versuchen, die neue Fahrtrichtung des Regimes, das „Euthanasieren“ von behinderten Kindern, dann Erwachsenen und schließlich den Juden zu erklären. Dabei stellt die „Aktion T4“ und besonders die „Sonderbehandlung 14f13“ im Altreich eine wichtige Verbindung oder Brücke zu den ab 1942 folgenden organisierten Massentötungen dar, auf die ich im Abschnitt über die „Aktion Reinhardt“ zu sprechen kommen werde.

Zum Ende hin möchte ich einen kurzen Überblick über die Forschung der Historiker um den „Führerbefehl“ oder besser gesagt um die Möglichkeit des Geschehens des Holocausts seit 1945 bis heute geben.

2 Eugenik als wissenschaftliche Legitimation der NS- Rassenlehre

Der nationalsozialistische ideologische Feldzug, der in einen Genozid mündete, gegen sogenannte „Rassefeinde“, Juden, behinderte Menschen und Personen nichtarischer Abstammung begann nicht von jetzt auf gleich mit der Machtübernahme der Nazis 1933, sondern stellte die extremste Art dar, Menschen aus der Volksgruppe zu separieren. Schon lange vor diesem Zeitpunkt existierte die Auffassung einer „rassischen Ungleichheit der Völker“, die von Wissenschaftlern wie Biologen, Genetikern, Anthropologen, Psychiatern verfolgt wurde und später den Nazis als Legitimation zur Durchführung ihres rassenpolitischen Programms dienten[1]. Die Biowissenschaften nahmen im 19. Jh. stark an Bedeutung zu und es entwickelte sich auf der Basis der Erkenntnisse Charles Darwins mit dem Prinzip des „survival of the fittest“ und der „natural selection“ die Lehre des Sozialdarwinismus, mit der sich das Prinzip der Auslese im Kampf um das Dasein auch auf die Gesellschaft anwenden ließ[2], wobei die Tüchtigsten begünstigt werden sollten und die Gesellschaft somit vor dem Individuum verortet wurde.

Die wissenschaftliche Grundlage dieses Denkens lieferte die Eugenik, besonders in den USA betrieben, die sich z.B. mit der Vererbung von bestimmten, meist unerwünschten Merkmalen, sozialen Eigenschaften beschäftigte und versuchte per Tests in Forschungseinheiten Menschen oder sogar ganze Völkergruppen in eine Werteskala einzugliedern[3]. So wollten ihre Vertreter es als erwiesen ansehen, dass niedere Intelligenz oft mit degeneriertem Verhalten einherginge und dass Intellekt meist wiederum von der Nationalität abhänge, wobei Juden, Südeuropäer, Slawen von weniger Wert seien als Nordeuropäer und Schwarze am Ende der Skala stünden[4]. Aber auch in Deutschland war die Eugenik schon um die Jahrhundertwende sehr beliebt, allerdings gehörten die durchaus renommierten Forscher hier hauptsächlich dem Ärztestand an, waren keine Psychologen wie in den USA[5], was sich ab 33 als folgenschwer herausstellen sollte. In der Weimarer Republik verschärften sich der Rassegedanken und ebenfalls die Vorstellung über deren Hygiene. In diesem Bereich waren auch der Anthropologe Eugen Fischer und der Hygieniker Fritz Lenz tätig, die 1921 das Werk „Menschliche Erblehre und Rassenhygiene“ verfassten, das Hitler in seinem Buch „Mein Kampf“ verarbeitete und auch später für die wissenschaftliche Legitimation der Nürnberger Gesetze genutzt wurde[6]. In diese Zeit fielen auch die Forderungen verschiedener Gelehrter wie dem Psychiater Alfred Hoche, sogenannte „Ballastexistenzen“, unheilbar geistig Behinderte z.B., gesetzlich erlaubt zu euthanasieren, welche dann Jahre später während des Naziregimes von den Tätern als Rechtfertigungsgrund genutzt wurden[7]. Aufgrund der Erfahrungen und der sozialen, wirtschaftlichen, politischen Unruhen nach der Niederlage im ersten Weltkrieg kam es ebenfalls zu einer Radikalisierung des Bildungsbürgertums, das sich nun vermehrt von „völkischen“ Einstellungen begeistert zeigte[8] und daher auch eugenische Lehrmeinungen befürwortete. Somit war es den Nationalsozialisten nach der Machtübernahme möglich an die Kontinuitäten anzuknüpfen und ihre Rassendoktrin konsequent umzusetzen.

3 Die Diskriminierungsgesetze von der Machtübernahme bis zum Novemberpogrom

Die Exklusionspolitik der Nazis gegen sogenannte „Gemeinschaftsfremde“ und „Volksfeinde“ wurde zu Beginn 1933 forciert umgesetzt mit den Aprilgesetzen und der erbbiologischen Gesetzgebung[9] und hatte zentralen Stellenwert mit dem Ziel, dass das deutsche Reich binnen kurzer Zeit „judenfrei“ werde und die alte bestehende Gesellschaftsordnung untergraben werden könne zwecks erhöhter Einflussnahme durch die Partei. Neben den gesetzlichen Erlassen von 33 und 35 dienten zusätzlich Aktionen wie Boykotte gegen jüdische Geschäfte, die mit Parolen beschmiert und teils gewaltsam beschädigt wurden oder Verweise aus Organisationen, dem Apothekerverein, dem Turnerbund z.B.[10]., dazu eine Distanz, Isolation zu schaffen für die jüdische Bevölkerung einerseits, andererseits sollten diejenigen der arischen Bürger, die mit Juden sympathisierten und sich solidarisch zeigten oder gar „Rassenschande“ begingen, öffentlich bloß gestellt werden, was besonders in kleinen Gemeinden Früchte trug im Gegensatz zu den eher anonymen Großstädten.

3.1 Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (GWBB)

Am 7.4.1933 wurde dieses Gesetz erlassen als antisemitisches Machtinstrument um ein deutschnationales Beamtentum herzustellen und somit vermeintliche Gegner des Regimes, insbesondere Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten aus dem Staatsdienst auszuschalten[11]. Die Möglichkeit dieses Gesetz überhaupt erlassen bzw. damit agieren zu können, war mit dem Erlass des Ermächtigungsgesetz vom 24.3.1933 gegeben, das Verordnungsvorhaben nicht mehr wie zuvor durch den Reichstag geschehen, sondern die Regierung darüber bestimmen ließ, deren Anhänger bereits im NSDAP- Parteiprogramm von 1920 forderten, Juden aus dem Staatsdienst zu entlassen[12]. Dies wurde auf der Basis des Art. 48 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) durchgesetzt und war somit legal[13], denn bisher konnte man aufgrund der Verbeamtung auf Lebenszeit Personen nur bei schweren Vergehen suspendieren, was sich aber laut WRV nicht leicht gestaltete. Das GWBB erlaubte dies aufgrund des Ermächtigungsgesetzes allerdings ohne weiteres und betraf insbesondere „Beamte, die nicht arischer Abstammung sind“ (§ 3 Satz 1 GWBB) und Beamte, die politisch nicht konform mit der Partei gingen und daher dem Staat schaden könnten[14]. Dieser § 3, auch Arierparagraph genannt, leitete die rassistische Diskriminierung ein, indem er festlegte, welche Personen Arier, schwer per Rassenkunde zu definieren und welche Nichtarier seien, nämlich diejenigen, die einen jüdischen Eltern- bzw. Großelternteil hatten und somit weit greifen sollte[15]. Diese Verordnung, die Juden erstmals legal diskriminierte, hatte einen Vorbildcharakter für die spätere NS- Gesetzgebung auf diesem Gebiet und wurde von den arischen Beamten z.B. in der Justiz, wenn nicht aus antisemitischer Haltung befürwortet, dann jedoch weitgehend toleriert, denn dadurch ergaben sich für sie selbst attraktive Aufstiegsmöglichkeiten[16].

[...]


[1] Schmuhl, Hans- Walter, Rasse, Rassenforschung, Rassenpolitik, in: Ders. (Hg),

Rassenforschung an Kaiser- Wilhelm- Instituten vor und nach 1933, Göttingen 2003, S. 7-37, S. 7 (Geschichte

der Kaiser- Wilhelm- Gesellschaft im Nationalsozialismus; 4).

[2] Friedlander, Henry, Der Weg zum NS- Genozid. Von der Euthanasie zur Endlösung, Berlin 1997, S. 27.

[3] Ebd., S. 32.

[4] Ebd., S. 35f.

[5] Ebd., S. 40.

[6] Schmuhl, H.- W., Rassenforschung an Kaiser- Wilhelm- Instituten, S. 10.

[7] Friedlander, H., Der Weg zum NS- Genozid, S. 50f.

[8] Ebd., S. 44.

[9] Wildt, Michael, Geschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2008, S. 109.

[10] Ebd., S. 113f.

[11] Tarrab- Maslaton, Martin, Rechtliche Strukturen der Diskriminierung der Juden im Dritten Reich, Bonn

1993, S. 33.

[12] Ebd., S. 29.

[13] Ebd., S. 25.

[14] Ebd., S. 33.

[15] Ebd., S. 35.

[16] Ebd., S. 30.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Entstehungswege zum nationalsozialistischen Massenmord
Hochschule
Universität zu Köln  (Historisches Seminar)
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V140170
ISBN (eBook)
9783640502196
ISBN (Buch)
9783640501977
Dateigröße
419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Proseminararbeit
Arbeit zitieren
Christine Schmidt (Autor:in), 2008, Entstehungswege zum nationalsozialistischen Massenmord, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140170

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