John Lockes Naturrechts- und Vertragstheorie

am Beispiel der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung


Seminararbeit, 2008

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Lockes Naturrechts- und Vertragstheorie
2.1. Der Naturzustand
2.2. Die Problematik des Naturzustandes
2.3. Staatlicher Zustand als Ausweg

3. Lockes Theorie im Spannungsverhältnis der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung
3.1. Historischer Hintergrund
3.2. Lockes Gedankengut - Ideologische Ursprünge der Revolution

4. Anfänge des Bundesstaates
4.1. Die „kritische Periode“
4.2. Die Federalist Papers unter dem Gesichtspunkt der Lock’schen Vertragstheorie

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Im Vergleich mit Denkern wie Hobbes, Rousseau oder Marx ist er der modernste, da er das politische, philosophische und ökonomische Weltbild des bürgerlichen Zeitalters wie sonst keiner geprägt hat.“[1] John Locke (1632-1704), englischer Philosoph, Psychologe und Pädagoge, beschäftigte sich unter anderem mit der Begrenztheit des menschlichen Denkens, sowie mit den Problemen der politischen Freiheit und des religiösen Friedens. Seine politische Theorie veränderte die Welt, er argumentierte gegen den Absolutismus und entwickelte die Theorie eines freien Staates, der durch einen Vertrag mit freien Bürgern entsteht und Gewaltenteilung praktiziert.[2] „He is perhaps best described as an independent, free-moving intellectual, aware as others were not of the direction of social change.”[3] „Locke begründete das liberale Weltbild und hat damit das Entstehen der revolutionären Verfassungen Frankreichs und der USA beeinflusst.“[4] Diese Arbeit wird am Beispiel der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung zum Ende des 18. Jahrhunderts untersuchen, inwieweit Lockes Vertragstheorie Einfluss auf das politische Denken einzelner Bevölkerungsgruppen im Aufbruch einer Revolution genommen hat. Kann man den Zustand der Kolonialherrschaft Englands über die 13 amerikanischen Kolonien mit dem des kriegerischen Naturzustandes bei John Locke vergleichen? Wenn ja, war dann Lockes Ansatz zur Befreiung aus dem Naturzustand die Lösung für die Probleme der amerikanischen Siedler und der Anstoß zur Unabhängigkeitsbewegung?

Zu Beginn wird seine Vertragstheorie anhand der Darstellung des Naturzustandes, dessen Problematik und Lockes Lösungsansatz dafür näher erläutert. Anschließend werden die Einflüsse der Lockschen Theorie auf die ideologischen Ursprünge der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung untersucht. Wo lassen sich Parallelen zu Lockes Vertrags- und Naturrechtslehre ziehen? In der schwierigen Zeit nach dem Unabhängigkeitskrieg, nachdem die 13 amerikanischen Staaten, infolge eines handlungsunfähigen Konföderationskongresses, im Zustand einer unvollkommenen Union verharrten, kam es schließlich zu einer monatelangen Debatte, in welcher die Vor- und Nachteile der Ratifizierung einer neuen amerikanischen Verfassung zur Abschaffung der Konföderationsartikel öffentlich diskutiert wurden. Wegbereiter dieser Debatte waren Alexander Hamilton, John Jay und James Madison, die Verfasser der Federalist Papers. Basierend auf den Geschehnissen dieser Ratifizierungsdebatte wird in dieser Arbeit der Einfluss Lockes’ Theorie auf die Gedanken der Autoren derFederalist Papersuntersucht.

Während der gesamten Arbeit wird vergleichend vorgegangen. Es werden immer wieder einzelne Aspekte der Lockschen Naturrechts- und Vertragstheorie aufgegriffen und zuerst mit dem Gedankengut der Revolutionäre, anschließend mit dem der Autoren derFederalist Papersverglichen, um dann zu untersuchen, ob sich Parallelen zu Lockes Theorie ziehen lassen. Da dies eine politische und keineswegs eine historische Arbeit darstellen soll, wurde auf eine umfangreiche Darstellung der historischen Begebenheiten verzichtet. Dennoch wird die Arbeit stellenweise auf eine kurze Erläuterung der historischen Begebenheiten eingehen, um den Zusammenhang zwischen der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung und der Erscheinung derFederalist Papersdeutlich zu machen.

Literatur zur Bearbeitung dieses Themas stand ausreichend zur Verfügung. Hilfe boten hier neben biographischen Werken zu John Locke vor allem Lockes Werk „Two Treatises of Government“ und zahlreiche Kommentare zu diesem. Weiterhin stand eine große Anzahl an Werken über Politische Theorien und Ideengeschichte zur Verfügung, in welchen sowohl Informationen über die Naturrechts- und Vertragstheorie Lockes, als auch über die Inhalte derFederalist Paperszu finden waren. Bei der Betrachtung des Einflusses Lockes’ Theorie auf die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung war ein Blick auf die Literatur zur amerikanischen Geschichte interessant.

2. Lockes Naturrechts- und Vertragstheorie

2.1. Naturzustand

„Der Naturzustand ist bei Locke, was er immer ist, ein staatsloser Zustand [..].“[5] Die Menschen, die in diesem Zustand leben, sind Teil der von Gott geschaffenen Ordnung.[6] Sie sind von Natur aus gleich und friedfertig und mit natürlichen Rechten ausgestattet.[7] Die höchsten Rechtsgüter, welche dem Menschen in diesem Zustand zuteil werden, sind Freiheit, Gleichheit und Unverletzlichkeit von Person und Eigentum. Daraus begründet sich die Locksche Trias vom Recht auf Leben, Freiheit und Eigentum. Zusätzlich zu diesen Privilegien steht dem Mensch das Recht auf Selbstjustiz und Wiedergutmachung zu. Diese Naturrechte sind durch die Rechte der anderen Gesellschaftsmitglieder beschränkt und für alle verbindlich. Wer dagegen verstößt, wird bestraft.[8] Der Mensch bekam zur Ergänzung dessen die Vernunft verliehen, um diese natürlichen Gesetze, insofern sie ihn betreffen, zu erkennen.[9] Eine zentrale Rolle bei Lockes Naturrechtstheorie spielt das Eigentum. In ihm sah Locke die notwendige Voraussetzung für menschliche Existenz. Leben sei die Bearbeitung der Natur, um materielle Voraussetzungen für das Überleben zu schaffen. Durch dieses Erzeugen von Gebrauchsgegenständen erhielten die Menschen Privateigentum, da sich im Arbeitsprozess körperliche und geistige Kräfte mit dem Rohstoff vermischten. Dieser Akt bedürfe auch keiner Zustimmung anderer Gesellschaftsmitglieder. Wichtig ist jedoch, dass dieses Aneignungsrecht gewisse Aneignungsschranken besaß. Der Mensch dürfe sich keine Güter unbegrenzt und auf Kosten anderer aneignen. Das natürliche Gebot, welches sich aus dieser Regel ableitet, ist, andere nicht zu verletzen. „Bei Locke wird in den Naturzustand eine natürliche Verpflichtung des Menschen gegenüber dem Menschen eingeführt.“[10] Er ist also der Ansicht, dass die Menschen im Naturzustand ein Grundverständnis zum gerechten Umgang miteinander hätten.

Beruhend auf der Ausweitung der Produktion befürwortet Locke die Einführung des Geldes zur Entstehung einer Tauschwirtschaft. Als Geld definiert er unverderbliche Dinge, die vom Menschen gehortet werden können, so genanntes Kapital, welches zum Erwerb von Grund und Boden eingesetzt werden kann. Locke beschreibt hier die Entstehung eines neuen produktiven Wirtschaftssystems.

2.2. Die Problematik des Naturzustandes

Der Naturzustand birgt viele Risiken in sich, weshalb Locke ihn mit dem Kriegszustand vergleicht. Dieser Zustand der Feindschaft und Zerstörung würde durch eine unrechtmäßige Anwendung von Gewalt ausgelöst werden. Das Recht auf Selbstjustiz und Wiedergutmachung stellen hier große Gefahren dar, da jeder Einzelne das Recht besitzt, sich mit allen Mitteln gegen seinen Angreifer zu wehren. Problematisch daran ist, dass hier keine Beschränkungen gesetzt werden und es keine rechtlichen Grundlagen gibt.[11] Unbefriedigend sei auch, so Locke, dass sich nicht alle Menschen an das natürliche Gesetz hielten, welches besagt: „Der Mensch soll sich und, soweit es nicht seine Existenz gefährdet, auch das Leben anderer Menschen erhalten. Wird man allerdings angegriffen, so hat man das Recht, sich zu wehren. Gleichzeitig ist jeder Richter in eigener Sache, d.h., jeder darf denjenigen, der ihn angegriffen hat, bestrafen.“[12] Die Schlussfolgerung dessen ist also, dass der bereits erwähnte Kriegszustand eintritt, sobald viele gegen das natürliche Gesetz verstoßen.[13] Auch die Einführung des Geldes führe großes Konfliktpotenzial mit sich. Besonders durch Eigensucht und Egoismus würden die Menschen dazu verführt, das von Gott geschaffene, natürliche Recht zu überschreiten. Aufgrund all dieser Gründe sei es unmöglich, im Naturzustand zu verharren, da es dort „[..] keine objektive Gerichtsbarkeit und keine unparteiliche Exekutive zur Vollstreckung von Gerichtsurteilen geben könne.“[14]

2.3. Staatlicher Zustand als Ausweg

Diese Gefahr dauernder Rechtsbrüche müsse „[..] durch die Einrichtung einer sanktionsfähigen Gewalt [..]“[15] gebannt werden. Locke schlägt die Einrichtung eines Gemeinwesens zum gegenseitigen Schutz des Lebens, der Freiheiten und des Vermögens seiner Bürger vor.[16] Er entwirft einen Vertrag, in welchem die Menschen auf zwei natürliche Rechte verzichten sollten. Zum einen auf das Recht der Selbsterhaltung und zum anderen auf das Recht, Richter in eigener Sache zu sein. Mit Vertragsschließung würden diese beiden Rechte an den Staat übertragen.[17] „And thus every man, by consenting with others to make one body politic under one government, puts himself under an obligation to every one of that society to submit to the determination of the majority and to be concluded by it; or else this original compact, whereby he with others incorporates into one society, would signify nothing, and be no compact, if he be left free and under no other ties than he was in before the state of nature.”[18] Dies tut er natürlich zu seinem Vorteil. „Während der Einzelne seine natürlichen Rechte an den Staat abgibt, verpflichtet sich der Staat, das Leben und Eigentum der Bürger zu schützen.“[19]

Zur Umsetzung dieses Vertrages müssten politische Institutionen konstruiert werden. Hierbei gelte, dass diejenigen, welche den Vertrag abschließen, das Recht des Naturzustandes, sich selbst und andere gegen Angriffe zu schützen, aufgeben. Die größte Gefahr, welche ein Regierungssystem bedrohen könne, stellt für Locke der Machtmissbrauch dar. „In a government where numerous and extensive prerogatives are placed in the hands of an hereditary monarch, the executive department is very justly regarded as the source of danger, and watched with all the jealousy which a zeal for liberty ought to inspire.”[20] Um dies zu verhindern, schlägt er die Aufteilung der politischen Gewalt zwischen Legislative und Exekutive vor.[21] Die Legislative erlässt die Gesetze, welche die Exekutive vollzieht. Sie ist auf keinen übertragbar, nur auf diejenigen, die das Volk wählt und sie muss nicht ständig im Amt sein.

[...]


[1] Euchner, Walter, John Locke (1632-1704), in: Denzer, Horst/ Maier, Hans (Hrsg.), Von Locke bis Max Weber (= Klassiker des politischen Denkens, Bd. 2), 2. Aufl., München 2004, S. 16.

[2] Vgl. Specht, Rainer, John Locke (= Große Denker, BsR 518), München 1989, S. 2.

[3] Locke, John, Two Treatises of Government. Edited with an introduction and notes by Peter Laslett, 2. ed. reprinted with amendments, Cambridge 1988, S. 44.

[4] Euchner, Walter, John Locke, S. 28.

[5] Ottmann, Henning, Die Neuzeit. Von Machiavelli bis zu den großen Revolutionen (= Geschichte des politischen Denkens. Von den Anfängen bei den Griechen bis auf unsere Zeit, Bd. 3, Teilband 1), Stuttgart 2006, S. 353.

[6] Vgl. Euchner, Walter, John Locke (1632-1704), in: Denzer, Horst/ Maier, Hans (Hrsg.), Von Locke bis Max Weber (= Klassiker des politischen Denkens, Bd. 2), 2. Aufl., München 2004, S. 15-40.

[7] Vgl. Bevc, Tobias, Politische Theorie, Konstanz 2007, S. 202.

[8] Vgl. Becker, Michael/ Schmidt, Johannes/ Zintl, Reinhard, Politische Philosophie (= Grundkurs Politikwissenschaft), Paderborn 2006, S. 48 f..

[9] Vgl. Euchner, Walter, John Locke, S. 15-40.

[10] Ottmann, Henning, Die Neuzeit, S. 353.

[11] Vgl. Becker, Michael/ Schmidt, Johannes/ Zintl, Reinhard, Politische Philosophie, S. 50-52.

[12] Bevc, Tobias, Politische Theorie, S. 203.

[13] Vgl. Ebd., S. 203.

[14] Euchner, Walter, John Locke, S. 15-40.

[15] Euchner, Walter, John Locke, S. 15-40.

[16] Vgl. Ebd., S. 15-40.

[17] Vgl. Bevc, Tobias, Politische Theorie, S. 203.

[18] Locke, John, The second treatise of government. Edited, with an Introduction, by Thomas P. Peardon (= Forum Books, Nr. 10), USA 1952, S. 55.

[19] Bevc, Tobias, Politische Theorie, S. 204.

[20] Hamilton, Alexander/ Madison, James/ Jay, John, The Federalist Papers. New introduction and notes by Charles R. Kesler. Edited by Clinton Rossiter, United States of America 1999, S. 277.

[21] Euchner, Walter, John Locke, S. 15-40.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
John Lockes Naturrechts- und Vertragstheorie
Untertitel
am Beispiel der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
19
Katalognummer
V139900
ISBN (eBook)
9783640474325
ISBN (Buch)
9783640474479
Dateigröße
447 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
John, Lockes, Naturrechts-, Vertragstheorie, Beispiel, Unabhängigkeitsbewegung
Arbeit zitieren
Pia Oelke (Autor:in), 2008, John Lockes Naturrechts- und Vertragstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139900

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