Interkulturelle Kompetenz in pädagogischen Handlungsfeldern


Hausarbeit, 2008

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsklärungen
2.1 Aussiedler-Arbeitsmigrant-Flüchtling
2.2 Migrant
2.2.1 Formelle Festlegung
2.2.2 Informelle Festlegung

3. Beratung von Migranten – drei Paradigmen
3.1 Ausländerberatung
3.2. Interkulturelle Beratung
3.3 Interkulturelle Dimension pädagogischer Beratung

4. Interkulturelle Kompetenz
4.1 Schlüsselkompetenzen des Beraters
4.2 Der Umgang mit Differenz
4.2.1 Assimilation, Anerkennung und Dekonstruktion
4.2.2 Differenzbeobachtung, -minimierung, -akzeptanz und -maximierung

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Berufsleben eines Pädagogen sind zunehmend auch interkulturelle Schlüsselkompetenzen vonnöten – sei es in der Beratung von Migranten oder in anderen sozialpädagogischen Bereichen. In vielen Arbeitsbereichen eines Pädagogen sind interkulturelle Schlüsselkompetenzen unumgänglich und Grundvoraussetzung für jede weitere Arbeit. Auch die stetig wachsende Debatte um die interkulturelle Öffnung der psychosozialen Versorgungseinrichtungen erzwingt von uns zwangsläufig eine Auseinandersetzung mit diesem Thema. Aufgrund der zunehmenden Wichtigkeit dieses Themas, sehe ich mich auch dazu veranlasst, mich im Rahmen dieser Hausarbeit mit dem Thema interkulturelle Kompetenz und interkulturelle Öffnung auseinanderzusetzen.

Um das weitere Verständnis für die Thematik zu erleichtern, werde ich zunächst die elementaren Begriffe, die im Zusammenhang zur Debatte um die interkulturellen Schlüsselkompetenzen stehen, erläutern. In diesem Gefüge spielen vor allem Begriffe, wie Arbeitsmigrant, Flüchtling und Aussiedler, eine entscheidende Rolle. Auch den Begriff Migrant, der im Zusammenhang zu den anderen Begriffen steht, werde ich durch formelle und informelle Festlegungskriterien näher definieren. Im Anschluss daran stelle ich die drei zentralen Paradigmen der Migrantenberatung dar. Beginnen werde ich mit der sog. ‚Ausländerberatung’, dem Vorläufer der interkulturellen Beratung, die ich im Anschluss daran darstelle. Das dritte Paradigma der Migrantenberatung ist die interkulturelle Dimension pädagogischer Beratung, die vor allem durch die Weiterentwicklung der interkulturellen Beratung entstanden ist. Des Weiteren werde ich mich vor allem mit den interkulturellen Schlüsselkompetenzen eines Beraters in der Sozialen Arbeit auseinandersetzen, denn diese sind Grundvoraussetzung für einen gelungenen Hilfeprozess. Eine der wichtigsten Schlüsselkompetenzen ist im diesem Zusammenhang auch der Umgang mit Differenz. Daher werde ich zum Abschluss meiner Arbeit einige Strategien im Umgang mit Dieser darstellen. Eine der Strategien sieht eine Unterscheidung zwischen Differenzbeobachtung-, minimierung-, akzeptanz und maximierung vor. Eine weitere Strategie beschäftigt sich mit Anerkennung, Assimilation und Dekonstruktion der Anderen.

2. Begriffsklärungen

2.1 Aussiedler-Arbeitsmigrant-Flüchtling

In Migrationstheorien werden drei klassische Wanderungsformen unterschieden: Aussiedler, Arbeitsmigranten und Flüchtlinge. Die Aussiedler bilden die größte Migrationsform. Sie sind dadurch charakterisiert, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und vor dem 08.05.1945 ihren Wohnsitz in den deutschen Ostgebieten oder in einem anderen ost- oder südosteuropäischen Gebiet hatten. Aufgrund zwischenstaatlicher Abmachungen waren sie aber dazu gezwungen diese Gebiete zu verlassen. Nach Beendigung des Krieges kehrten sie in diese Gebiete zurück. Daher werden sie auch im Sinne des Grundgesetzes als Deutsche angesehen. Ab dem Jahre 1993 wurden alle deutschstämmigen Immigrationswilligen als Spätaussiedler bezeichnet. Auch wenn bei diesen ursprünglich deutschstämmigen Migranten einige Probleme mit der Eingliederung verbunden waren, so konnte in den meisten Fällen jedoch ein gelungener Integrationsprozess erzielt werden, da die Sprachdifferenzen nur sehr gering waren. Zudem wurden den Aussiedlern bis Ende der 80er Jahre zahlreiche Eingliederungshilfen gewährt. Aufgrund der stetig steigenden Aussiedlerzahlen wurden ab den 90er Jahren veränderte gesetzliche Regelungen für Aussiedler vorgenommen. Dies hatte zur Folge, dass sich die Eingliederungspolitik für die Aussiedler sehr stark verschlechterte.

Die zweite Migrantenform bilden die Arbeitsmigranten - auch Gastarbeiter genannt. In diesem Fall erfolgt die Migration aufgrund einer Arbeitsaufnahme. Arbeitsmigranten wurden vor allem für schlecht bezahlte und unattraktive Arbeiten, die die Deutschen nicht mache wollten, nach Deutschland geholt. Sie erhielten in der Regel aber nur befristete Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen. Dies hatte für die Politik zwei entscheidende Vorteile: Zum einen konnte auf diese Weise eine Beheimatung der Arbeitsmigranten verhindert werden und zum anderen konnten so schnell und einfach verbrauchte Arbeitskräfte durch Neue unverbrauchte ausgetauscht werden (vgl. Mecheril 2004a, S. 33). Dieser ständige Wechsel der Arbeitskräfte wurde jedoch zunehmend für die Arbeitgeber von Nachteil und so nahm die Akzeptanz der Rotationspolitik ab Mitte der 60er Jahre drastisch ab. Aufgrund dessen verabschiedete die Regierung im Jahre 1971 ein Gesetz, dass es den Arbeitsmigranten enorm erleichterte ihre Aufenthaltsgenehmigungen zu verlängern. Nun konnten sie auch ohne deutschen Pass ihren Status in Deutschland verfestigen. Der Begriff Gastarbeiter, der synonym zum Begriff Arbeitsmigrant verwendet wird, macht recht deutlich, dass es sich bei dieser Migrantenform nur um Gäste handelt, die zwecks ihrer Arbeit in Deutschland geduldet werden. Ihr rechtlicher Status erlaubt es ihnen nicht sich für längere Zeit in Deutschland aufzuhalten. Daher wurden sie auch von bildungs- und psychosozialen Angeboten der Sozialen Arbeit ausgeschlossen und es war für sie sehr schwer sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Wollten sie dies dennoch erreichen, mussten sie sich eigenständig und aus eigenen finanziellen Mitteln integrieren. Aufgrund der zahlreichen Probleme, die sich durch den rechtlichen und politischen Status der Gastarbeiter ergab, beschloss die Bundesregierung Ende 1973 das Ende der sog. Anwerberpolitik und versuchte die Anzahl der Gastarbeiter drastisch zu verringern. Dies verlief jedoch nicht unproblematisch, da sich im Laufe der vielen Jahre der Anwerbungspolitik auch die Familien der Gastarbeiter in Deutschland niedergelassen hatten. „Als Effekt der Rotationspolitik kamen zwischen 1955 und 1973 etwa 14 Millionen Menschen ohne deutschen Pass in die Bundesrepublik Deutschland, zugleich verließen in dieser Zeitspanne etwa 11 Millionen ‚Ausländer’ die Bundesrepublik“ (Mecheril 2004a, S. 35 zit. n. Nuscheler 1995, S. 15). Doch aufgrund von ökonomischen Gründen, wie der steigenden Wettbewerbfähigkeit und der Sicherung des Wohlstandes, wird seit Anfang der 90er Jahre wieder verstärkt die Gewinnung von Zuwanderern diskutiert. Denn die Gewinnung von hoch qualifiziertem Personal aus dem Ausland soll der Innovationskraft unserer Wirtschaft zu gute kommen (vgl. Mecheril 2004a, S. 36). Bei dieser neuen Debatte um qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland wird unterschieden zwischen den sog. ‚guten’ und ‚schlechten’ Zuwanderern. „’Gute’ Zuwanderinnen sind solche, die einen Beitrag zur Sicherung ‚unseres’ Wohlstandes leisten, ‚schlechte’ solche, die ‚unsere’ Ressourcen verbrauchen“ (Mecheril 2004a, S. 36).

Die letzte Form der Migranten bilden die Flüchtlinge. Als Flüchtling gilt „[…] wer aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder der sich als staatenlos infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will" (www.wikipedia.de). Als Asylbewerber gelten gemeinhin diejenigen Flüchtlinge, die einen Asylantrag gestellt haben. Bis zur Klärung des Asylantrages werden sie in Gemeinschaftsunterbringungen beherbergt, die häufig kaum humanitären Standards genügen. Dadurch entwickeln die Flüchtlinge häufig psychosoziale ‚Beschwerden’ und auch vor Rassismuserfahrungen sind sie in diesen Unterbringungen nicht geschützt. Denn auf diese werden häufig Anschläge verübt. Wird der Asylantrag abgelehnt, müssen sie häufig binnen kürzester Zeit das Land verlassen. Tun sie das nicht, halten sie sich illegal in Deutschland auf. Ohne Aufenthaltsgenehmigung sind die Flüchtlinge völlig rechtlos. Sie sind weder krankenversichert, noch dürfen sie in irgendeiner Form auffallen, da sie sonst immer Gefahr laufen entdeckt und ‚abgeschoben’ zu werden. Problematisch sind diese Zustände vor allem bei Schwangerschaften oder schulpflichtigen Kindern. „Zwangsunterbringung, nachrangige Arbeitsvermittlung, gegenüber dem Regelsatz gekürzte Sozialhilfe, die allein in Sachleistung ausgezahlt wird, Verpflichtung zu gemeinnützigen Arbeiten, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Versagen aller Eingliederungsmaßnahmen […], eingeschränkte Gesundheitsversorgung und die generell verweigerte Familienzusammenführung in der Zeit des Asylverfahrens sind die wichtigsten Praktiken der Erniedrigung und Entmündigung Asylsuchender“ (Mecheril 2004a, S. 40f. zit. n. Gugel 1996, S. 97f.). Diese Einschränkungen verdeutlichen recht gut, dass die Flüchtlinge im Grunde in Deutschland nicht erwünscht sind.

2.2 Migrant

Der Begriff Migrant hat sich vor allem durch sog. Migrationsselbstorganisationen entwickelt. Ziel des Begriffes ist es sich vom traditionellen Begriff ‚Ausländer’ zu lösen. Der Begriff ist sehr vielfältig und existiert in den unterschiedlichsten Bedeutungen. Er kann die Wanderungserfahrungen, die persönliche Herkunft, ethnische oder kulturelle Differenzen thematisieren oder darauf verweisen, dass jemand keinen deutschen Pass besitzt. In den meisten Fällen wird der Begriff Migrant jedoch dadurch charakterisiert, dass eine Art Abweichung von Normalitätsvorstellungen im Hinblick auf Biografie, Identität oder Habitus vorherrscht. Generell unterscheidet man zwischen zwei Festlegungsarten: der formellen und informellen Festlegung.

2.2.1 Formelle Festlegung

Entscheidend zur Statusfestlegung sind in Deutschland das Abstammungsmerkmal und die Staatsangehörigkeit. „Nach Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist Deutscher, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Nachkomme in dem Gebiet des deutschen Reiches nach dem Stand des 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat“ (Mecheril 2004a, S. 49). Die Regelung der Staatsangehörigkeit vollzieht sich in Deutschland anhand zweier Prozesse. Zum einen durch Askription der Staatszugehörigkeit und zum anderen durch Einbürgerung. Danach gilt als Deutscher, wer in Deutschland geboren wurde oder wer Kind eines in Deutschland geborenen ist. Die Einbürgerung als Deutscher ist mit sehr großen rechtlichen und formalen Hürden versehen. Nur, wer als Kind ausländischer Eltern in Deutschland geboren wurde oder dessen Elternteil sich seit mehr als 8 Jahren regelmäßig in Deutschland aufhält, hat eine Möglichkeit die deutsche Staatsangehörigkeit zu erlangen (vgl. Mecheril 2004a, S. 50).

2.2.2 Informelle Festlegung

Zu den informellen Festlegungskriterien zählen vor allem das Aussehen und der Habitus. Diese Signale, die von Mecheril auch als ‚Mitgliedschaftssignale’ bezeichnet werden, legen fest, ob jemand als zugehörig oder nicht-zugehörig – Migrant oder Deutscher- angesehen wird (vgl. Mecheril 2004a, S. 51). Trotz gesetzlich eindeutiger Regelungen spielen diese informellen Festlegungen häufig eine noch viel größere Rolle als die Staatsangehörigkeit. Auch eine in Deutschland geborene Frau kann aufgrund ihres ‚ausländischen’ Aussehens immer noch als Migrantin angesehen werden. Nahezu alle Personen die in ihrem äußeren von ‚unserer’ Normalität abweichen, werden als Nicht-Mitglieder ‚unserer’ Gesellschaft angesehen.

3. Beratung von Migranten – drei Paradigmen

3.1 Ausländerberatung

Die Ausländerbartung arbeitet nach einem defizitorientierten Beratungsansatz, d.h. sie sieht die Probleme auf Seiten der Migranten und versucht Diese durch ihre Beratungsarbeit zu beheben. Dieser Ansatz nimmt eine einseitige Fokussierung von Problemen vor. Ziel der Ausländerberatung ist entweder die Rückkehr der Migranten in ihr Heimatland – in diesem Fall erfolgt seitens der Beratungsstelle eine ‚Rückkehrberatung’ – oder eine Assimilation der Migranten an die Gesellschaft. Die Ausländerberatung unterscheidet vor allem zwischen Inländern und Ausländern. „Die (unterstellte) Differenz zwischen ‚Ausländern’ und ‚Nicht-Ausländerinnen’ wird hierbei schnell als Mangel der ‚Ausländer’ verstanden, der durch Anpassung oder Ausreise zum Verschwinden zu bringen ist“ (Mecheril 2004, S. 372). Die sozialpädagogischen Beratungsangebote für Migranten sind in Deutschland in sog. Regel- und Sonderdienste eingeteilt. Die Beratungsangebote der Regeldienste sind im Prinzip für Alle gleichermaßen verfügbar. Doch da hier die Beratung in deutscher Sprache stattfindet, werden diese in den meisten Fällen nicht von Migranten in Anspruch genommen. Dem gegenüber stehen die Sonderdienste, die in der Regel auch nationalspezifische und muttersprachliche Beratungen durchführen. Durch die Aufteilung der Beratungsangebote in Regel- und Sonderdienste wird eine dominante Normalitätsvorstellung erzeugt, im Zuge derer viele Migranten von den meisten allgemeinen Sozialdiensten – sei es bewusst oder unbewusst - ausgeschlossen bleiben. Für diesen Ausschluss gibt es eine ganze Reihe von Gründen: Unkenntnis über die Existenz der Beratungsangebote, mangelndes Vertrauen in die interkulturellen Kompetenzen der Einrichtungen, Scheu vor Behörden, Scham, Angst vor Einmischung in die Familie und zu große Entfernung zur Beratungseinrichtung (vgl. Gaitanides 2003, S. 2f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Interkulturelle Kompetenz in pädagogischen Handlungsfeldern
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
24
Katalognummer
V139596
ISBN (eBook)
9783640494668
ISBN (Buch)
9783640494866
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interkulturelle, Kompetenz, Handlungsfeldern
Arbeit zitieren
Nadine Deiters (Autor:in), 2008, Interkulturelle Kompetenz in pädagogischen Handlungsfeldern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139596

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