Auswirkungen der Revolution von 1905-07 und ihre Deutungen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

25 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Ursachen der Revolution
2.1 Die Revolution als Folge einer langen Krise in Russland
2.2 Der russisch-japanische Krieg als Ablenkung von innenpolitischen Problemen

3. Ereignisse der Jahre 1905-07
3.1 Petersburger Blutsonntag
3.2 Massenstreikwelle in den Städten
3.3 Proteste der Landarbeiter
3.4 Gründung und Rolle der Arbeiterräte
3.5 Die Rolle der russischen Intelligenz
3.6 Niederschlagung der Revolution

4. Bilanz der Revolution

5. Wandel trotz Scheitern der Revolution
5.1 Das Oktobermanifest
5.2 Entwicklung eines neuen Parteisystems
5.3 Arbeiterfrage
5.4 Auswirkungen der Revolution auf den Agrarsektor

6. Politische Konsequenzen für die Arbeiterklasse aus der Revolution 1905-07 in Russland.

7. Zusammenfassung

1. Einleitung

Im Jahre 1905 kam es in Russland zur ersten revolutionären Bewegung des 20. Jahrhunderts, heute als die erste russische Revolution von 1905 bekannt. Weil sie nicht zu einem endgültigen Umsturz des zaristischen Systems führte, wird sie immer nur im Schatten der Revolution von 1917 erwähnt. Dennoch erbrachte diese Revolution von 1905 eine Reihe von Lehren, Erklärungen und Antworten auf Fragen der damaligen Arbeiterbewegung, ohne die die Revolution von 1917 vermutlich nicht gelungen wäre.

Zu den Problemen, mit denen sich viele Historiker beschäftigen, gehört die Frage, in welcher Art und Weise bzw. in welchem Ausmaß die Revolution von 1905-07 sich auf die russische Gesellschaft und auf die Entwicklung der Arbeiterbewegung ausgewirkt hat. Anerkannt ist, dass sie einen außerordentlichen Bruch in der neueren russischen Geschichte darstellt, weil in der Zeit neue Strukturen entstanden, die in der Revolution von 1917 die Abschaffung des Zarentums ermöglichten.

Das Ziel der vorliegenden Hausarbeit ist es, die Auswirkungen der Revolution von 1905-07 auf das Russische Zarenreich darzustellen. Die Bewegung von 1905 war ein Ereignis, welches die Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert entscheidend beeinflusste. Was für einschneidende politische und gesamtgesellschaftliche Veränderungen hat die Revolution bewirkt? Welche Art von Regierung und welche Art von Gesellschaft beabsichtigten die Streikenden zu etablieren? Was bedeutete das Oktobermanifest für die russische Gesellschaft? Wie gestaltete sich das neue politische System nach der Revolution?

Die Arbeit unterteilt sich in drei Teile, die zur Klärung der Fragestellung als notwendig erachtet werden und dem Leser wichtige Informationen geben sollen.

Im ersten Abschnitt werden die Ursachen der Revolution näher betrachtet. Es handelt sich hier vor allem um die Jahrhunderte lang bestehende autokratische und konservative Regierungsform -das Zarentum. Infolge dessen herrschte große Unzufriedenheit in Russland, das zu der Zeit als Europas rückständigstes Land galt. Schon einige Zeit vor der Revolution kam es zu Unruhen und sozialen Krisen. Die innenpolitischen Probleme waren nicht mehr zu bewältigen; um von den Schwierigkeiten abzulenken, forcierte der Zar einen Krieg mit Japan, der in einem Debakel für Russland endete. Die Niederlage bewirkte einen weiteren Autoritätsverlust für die zaristische Regierung und Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Situation im Land.

Obwohl das primäre Ziel der Hausarbeit ist, sich mit den Auswirkungen der Revolution und deren Deutungen zu beschäftigen, wird das einführende Kapitel notwendiges Hintergrundwissen zu den Ursachen der Revolution liefern.

Im zweiten Kapitel der Hausarbeit kommt es zur Darstellung der Ereignisse aus den Jahren 1905-1907, beginnend mit dem Blutsonntag, der als Anfang der russischen Revolution betrachtet wird. Bei der weiteren Beschreibung wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Rolle der Arbeiterklasse bzw. der Intelligenz und Landarbeiter und deren Forderungen gelegt. Im Zuge dessen wird auch auf die Bedeutung des Sowjets eingegangen. Im Anschluss folgt die Darstellung der Niederschlagung der Revolution durch die Regierung.

Im anschließenden, ausführlichsten Teil der Arbeit wird versucht, die Auswirkungen der Revolution auf Russland zu erläutern. Obwohl sie zugunsten der alten Macht niedergeschlagen wurde, brachte sie das Land auf dem Weg der Modernisierung und Demokratisierung voran. Hervorgehoben sollen besonders das Oktobermanifest des Zaren vom 30.10.1905 und die Zugeständnisse, welche damit gemacht wurden. Weiterhin werden die gesamtgesellschaftlichen Veränderungen in Russland dargestellt. Es handelt sich vor allem um die Entwicklung eines neuen Parteisystems und um die Agrarreformen, die veranlasst wurden.

Ebenso werden die allgemeinen Lehren und Klärungen infolge der Revolution diskutiert. Die politischen Lehren von 1905 betrafen vor allem die Bedeutung der Arbeiterklasse als stärkste revolutionäre Kraft im Kapitalismus und die Wichtigkeit einer entschlossenen Führung in einer Revolution.

Anschließend folgen ein Resümee, in der die Hauptgedanken dieser Arbeit zusammengefasst werden, sowie das Literaturverzeichnis.

2. Ursachen der Revolution

2.1 Die Revolution als Folge einer langen Krise in Russland

Aufgrund der jahrhundertenlangen diktatorischen Zarenherrschaft kam es in Russland seit dem 19. Jahrhundert wiederholt zu Bewegungen und Aufständen. Es handelte sich nicht nur um die Autokratie, die Unterdrückung oder ständige Polizeiüberwachung, was üblicherweise mit Zarismus in Russland assoziiert wird. Ein anderer Grund war die Wirtschaftskrise und ihre Nachwirkungen, die Anfang des 20. Jahrhundert zu wachsenden Unzufriedenheit des russischen Volkes beitrugen und recht unterschiedliche Gruppen gegen das herrschende System vereinigten.

1901 hatte erste Hungersnot im europäischen Teil Russlands über 27 Millionen Menschen erfasst. In der Industrie verloren rund 200.000 Menschen ihren Arbeitsplatz und gingen auf das Land. Infolge dessen blieb die ländliche Überbevölkerung ein gravierendes Problem, das Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft hatte.1

Periodisch erneute Hungersnöte infolge von Missernten machten den Bauern Hoffnung auf mögliche Veränderungen und Unterstützung der Wirtschaft. Jedoch dies fand die Gnade und Zustimmung des Zaren nicht.

Hungerlöhne, Arbeitslosigkeit und politische Rechtlosigkeit waren das Hauptgrund zur Streikbereitschaft und -aktivitäten, die auch enorm zunahmen. Zwischen 1901 und 1904 streikten jährlich 125 bis 170.000 Arbeiter. Dabei brach schon die Hälfte der Streiks aus den politischen Gründen, laut der Forderung „ Nieder mit der Selbstherrschaft “.2 Im Jahr 1902 kam es in ganz Russland zu unzähligen Bauernunruhen; dadurch wurde das Jahr zu einem Wendepunkt in der Bauernbewegung vor der Revolution.3

Ähnlich stellte sich sie Situation unter der studentischen Jugend vor. Unruhen, Studentenstreiks und illegale politische Betätigung in revolutionären Gruppen gehörten zu einer alltäglichen Erscheinung. Politisch orientierte Studenten gehörten auch zu Befürwortern von Attentaten auf zaristischen Beamten.4

Zur wachsenden Krise der Zarenherrschaft kam noch ein bedeutender Faktor hinzu. Infolge der Unruhen im Land und der politischen Unfreiheit formierten sich einzelne Kräfte zu oppositionellen Parteien, die immer häufiger dem Zarismus den Kampf ankündigten. Sie erfolgten im Untergrund oder im Ausland. Zu den wichtigsten gehörten: Sozialdemokratie Russlands, die Partei der Sozialrevolutionäre und Bund der Semstwokonstitutionalisten.5

2.2 Der russisch-japanische Krieg als Ablenkung von innenpolitischen Problemen

Um von den innenpolitischen Problemen abzulenken, forcierte die russische Regierung einen Konflikt mit Japan. Zum ersten Mal im 20. Jahrhundert standen sich in Ostasien zwei hochgerüstete Großmächte gegeneinander.6 Der russisch-japanische Krieg, der durch einen unerwarteten Angriff auf den russischen Flottenstützpunkt Port Arthur verursacht wurde, verlief von Anfang an für das Zarenreich ungünstig.7 Dennoch hat die Auseinandersetzung der Welt eine neue Qualität des Krieges gezeigt, was in hochgerüsteten Massenarmeen, moderner Artillerie und Feldbefestigungen zu sehen war.8 Jedoch entschied nicht die Waffentechnik über den Ausgang des Krieges. Die russische Armee war passiv geblieben, hatte sich in ihren Schützengraben geborgen und auf einen Befehl gewartet. Die Japaner, zahlenmäßig unterlegen, nötigten das Zarenreich zu einer militärischen Kraftanstrengung. Sie haben weder Opfer noch Verluste gescheut und nach achtzehn Monaten den Krieg gewonnen.9

Zum schockierenden Symbol der russischen Katastrophe wurde die Seeschlacht von Tsushima, in der die russische Ostseeflotte binnen einer Nacht versenkt wurde. Die Schlacht war entscheidend für den Ausgang des Russisch-Japanischen Krieges.10

Der russisch-japanische Krieg, der als „ Hebel der Revolution “ gilt11 , endete mit einer Niederlage für Russland und brachte den fast vollständigen Verlust der russischen Flotte mit sich. Dadurch wurde auch schonungslos die Inkompetenz und Entscheidungslosigkeit der Armee und des Staates enthüllt. Die Niederlage bewirkte einen Autoritätsverlust im Inland und einen massiven Ansehensverlust des Zarenreiches im Ausland nach sich. Zum ersten Mal hat ein asiatisches Land ein europäisches Land besiegt. Durch den verlorenen Krieg erhob sich auch eine breite Koalition gegen den Zaren in der alle gesellschaftlichen Schichten vertreten waren.12

Die Krise ließ ein gewachsenes Potenzial ungelöster Konflikte zutage treten. So unterschiedliche Protestformen wie bäuerliche Unruhen, Arbeiterstreiks, Befehlsverweigerung von Soldaten und Studentendemonstrationen fielen zusammen mit den Forderungen der Beschränkung der Autokratie und die Etablierung politischer Rechte.13 Der wirtschaftliche Zustand im Land verschlechterte sich nach dem Krieg wegen der Rezession rapide. Es setzte ein rascher Anstieg der Arbeitslosigkeit ein. Zugleich gab es Schwierigkeiten in der Landwirtschaft. Lasten die vor allem die Arbeiter und Bauern tragen mussten. Die sich daraus entwickelnde innenpolitische Situation verlangte einen Umbau des Staates.14

3. Ereignisse der Jahre 1905-07

3.1 Petersburger Blutsonntag

Die Revolution trieb ihrem Durchbruch am 9. Januar 1905 entgegen. In den Geschichtsbüchern ist dieser Tag als der Blutsonntag bekannt. Nach Tagen des Streiks setzte sich vor dem Petersburger Winterpalast ein Zug von über 150 000 friedlicher und unbewaffneter Arbeiter in Bewegung, um den Zaren ihre Forderungen nach bürgerlichen Freiheiten, einem Parlament, wirtschaftlicher Erleichterung und dem Achtstundentag zu verkünden. Die zaristische Polizei, die nicht für solchen schweren Einsatz ausgebildet wurde, geriet in Panik und schoss grundlos und überraschend über 1000 Menschen nieder.15 Die große Empörung über die gewaltvolle Niederschlagung der friedlichen Arbeiterdemonstration führte zur Solidarisierung zahlreicher Arbeiter untereinander und zur Mobilisierung des gesamten russischen Volkes.

[...]


1 Vgl. Kirchner, O. (2005), S. 17.

2 Ebenda, S. 18.

3 Ebenda, S. 19.

4 Ebenda, S. 19.

5 Vgl. Kirchner, O. (2005), S. 19.

6 Vgl. Kusber , J., Frings, A. (2007), S. 25.

7 Vgl. Schramm, G. (Hg.), (1983), S. 370.

8 Vgl. Kusber , J., Frings, A. (2007), S. 25.

9 Ebenda, S. 29.

10 Vgl. Schmidt, Ch. (2003), S. 98f.

11 Vgl. Kusber , J., Frings, A. (2007). Die Bezeichnung kommt von Dietrich Geyer. 6

12 Ebenda, S. 29.

13 Vgl. Aust, M., Steindorrf, L. (Hg.),(2007), S. 9.

14 Ebenda, S. 57.

15 Vgl. Schramm, G. (Hg.), (1983), S. 354.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen der Revolution von 1905-07 und ihre Deutungen
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Slavistik)
Veranstaltung
Ostmitteleuropa aus der Perspektive neuerer Forschungsansätze: Geschlechtergeschichte, Cultural Studies, Postcolonial Studies (19./20.Jh.)
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V139381
ISBN (eBook)
9783640491742
ISBN (Buch)
9783640491810
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Russische Revolution, 1905-07, Russlands Geschichte, russisch-japanischer Krieg, Oktobermanifest, Petersburger Blutsonntag, Arbeiterräte
Arbeit zitieren
Jagoda Urbanek (Autor:in), 2008, Auswirkungen der Revolution von 1905-07 und ihre Deutungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139381

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