Systempartnerschaften: System und Modular Sourcing


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Begrifflichkeiten Modular und System Sourcing im Rahmen der strategischen Beschaffung
1.1 Begriff der Beschaffung und Beschaffungs(objekt)strategie
1.2 Modular Sourcing - Definition „Modul“
1.3 System Sourcing - Definition „System“
1.4 Begriffabgrenzung - Modular versus System Sourcing

2 Systempartnerschaften im Fokus - Modular und System Sourcing
2.1 Die Bedeutung von Systempartnerschaften in der Beschaffung
2.2 Zielsetzung, Anforderungen und Risiken der Beschaffungsobjektstrategie Modular Sourcing
2.3 Zielsetzung, Anforderungen und Risiken der Beschaffungsobjektstrategie System Sourcing

3 Fallbeispiel Modular und System Sourcing
3.1 Die Continental AG
3.2 Modular Sourcing am Fallbeispiel Airbagsteuerungsgerät
3.2 System Sourcing am Fallbeispiel Airbagsicherheitssystem

4 Modular und System Sourcing - Auf einen Blick

Anhang

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

1 Definition Modular Sourcing und System Sourcing im Rahmen der strategischen Beschaffung

1.1 Begriff der Beschaffung und Beschaffungs(objekt)strategie

Um eine Definition der Sourcing-Strategien Modular und System verständlich zu gestalten, ist zunächst eine Eingrenzung des Anwendungsbereiches im Kontext der Unternehmensaufgabe „Beschaffung“ sinnvoll.

Doch was ist unter dem selbstsprechenden und doch vagen Begriff der „Beschaffung“ zu verstehen? Arnold folgend umfasst die Beschaffung „(…) sämtliche unternehmens- und/oder marktbezogenen Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst hergestellten Objekte verfügbar zu machen.“1 Diese Objekte nennt Andreßen vereinfachend „Beschaffungsobjekte“2.

In Anlehnung an Andreßen wird nun auf den Bereich der Wertschöpfungskette eingegangen, der die Beziehung zwischen dem direkten Lieferanten sowie dem Original Equipment Manufacturer (im Folgenden OEM3 genannt) betrachtet. Des Weiteren werden hier zur Vereinfachung Beschaffungsobjekte als physische Einheiten definiert.

Die strategischen Aufgaben der Beschaffung gehen über die operativen Aufgaben hinaus, das Beschaffungsobjekt in der richtigen Menge, zur richtigen Zeit, in der richtigen Qualität und am richtigen Ort bereitzustellen. In der strategischen Beschaffung liegt der Fokus hingegen auf der Verbesserung oder dem Erhalt der Wettbewerbsposition durch

a) die Integrationsfähigkeit der Produkte/Prozesse durch Optimierung der Schnittstellen bspw. durch Minimierung der Anzahl unterschiedlicher Beschaffungssortimente,
b) die Steigerung der Innovationsfähigkeit durch frühzeitigen Einbezug leistungsfähiger Lieferanten in den Produktentwicklungsprozess,
c) die Erschließung vertikaler Verbundeffekte durch Analyse der Wertschöpfungsaktivitäten unter Einbeziehung der Vor- und Nachstufen und
d) die Erschließung horizontaler Verbundeffekte durch Optimierungspotenziale, die Nachfrager durch kollektives Handeln erzielen können.4

Bevor jedoch aus diesem Zielportfolio geschöpft und in die Diskussion der angebrachten Erreichungsmittel gegangen werden kann, muss die Unternehmensleitung den grundsätzlichen Kurs klar definieren und festlegen. Die Aufgabe des Managements ist hierbei die detaillierte Beantwortung der Frage nach den Unternehmenszielen -„Wo wollen wir hin?“. Ausschließlich hier sind grundsätzliche Alternativen wie Make-or-Buy sowie In- oder Outsourcing zu klären.5

Die Beantwortung dieser Fragen ist die Basis zur Entwicklung geeigneter Beschaffungsstrategien, die die Grundlage operativer Maßnahmen bilden.

Im Gegensatz zu Koppelmann, der eine Maßnahmenorientierung zur Bestimmung der Beschaffungsstrategien wählt,1 wird nun die Segmentierung analog Arnold mittels Unterscheidung nach Merkmalsdimensionen betrachtet.2 So können die SourcingStrategien unterschieden werden:

a) Nach Anzahl der Bezugsquellen (Lieferantendimension)
b) Nach Komplexität des Inputfaktors (Objektdimension)
c) Nach zeitlichem Ablauf der Bereitstellung (Zeitdimension)
d) Nach Größe des Beschaffungsmarktes (Arealdimension)
e) Nach Struktur der beschaffenden Organisation (Subjektdimension)
f) Nach dem Ort der Wertschöpfung (Wertschöpfungsdimension) und
g) Nach dem Einsatz von el]ektronischen Beschaffungsanwendungen (E-Applikation-Dimension)

An dieser Stelle wird nicht näher auf die Spezifikationen aller Sourcing-Strategien eingegangen, die Übersicht „Sourcing-Strategien nach Betrachtungsdimensionen“3 im Anhang soll jedoch ein Verständnis der Ausprägungen erleichtern.

Im Folgenden beziehe ich mich ausschließlich auf die Objektdimension:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Sourcing-Strategien der Objektdimension

Sourcing Konzepte, die sich auf die Betrachtung der Dimension Objekt beziehen, werden Beschaffungsobjektstrategien genannt.

(Die aufgezeigte Dimensionsbetrachtung der Beschaffungsstrategien macht deutlich, dass eine „Beschaffungsstrategie“ keinesfalls mit einer „Lieferantenstrategie“ verwechselt werden darf, die ihrerseits auf die Details der Beziehung zu einem einzelnen, konkreten Lieferanten basiert. Jedoch sind selbstverständlich Wechselwirkungen sowohl vorhanden als auch in den Strategien selbst nutzbar.4 )

1.2 Modular Sourcing - Definition „Modul“

Wie bereits der Abbildung entnommen werden konnte, ist beim Modular Sourcing die Entscheidung in wieweit das eigene Unternehmen Anteil an der Wertschöpfungskette des Beschaffungsobjektes hat, zugunsten eines Bezuges von vormontierten Modulen gefallen. Hier ist eine exakte Abgrenzung des Begriffes „Modul“ hilfreich: Unter Modulen werden fertigungstechnische Einheiten verstanden, die im Vergleich zu komplexen Systemen eine relative Trivialität aufweisen können. Auch die physische Nähe der verbauten Komponenten kann als Merkmal eines Modules herangezogen werden. Heß verwendet hier das Beispiel der Handbremse eines Fahrrades zur Veranschaulichung. In diesem Fall wären Module bspw. der Bremshebel am Lenker oder die Bremsbacken am Hinterrad1. Andreßen legt die Betonung deutlich auf die funktionale Unabhängigkeit eines Modules, bspw. einer Kochplatte, die selbstständig funktionsfähig ist (erwärmt) bevor sie bspw. in einer Kaffemaschine verbaut wird. Er definiert ein Modul insbesondere über die Möglichkeit des erleichterten Austausches und der Kombination zweier Module (über standardisierte Schnittstellen) in einem Endprodukt sowie „(…) die relativ unabhängige Entwicklungs- und Fertigungsmöglichkeit mehr oder minder komplexer Einheiten.“2

„Module sind komplette, einbaufähige Baugruppen. Charakteristisch für diese Sourcing-Strategie ist die Tatsache, dass die Beschaffungsobjekte zwar einbaufertig und somit hoch intergriert bezogen werden, der Modullieferant jedoch hauptsächlich eine logistische Integrationsleistung bringt.“3 Dieses Hauptaugenmerk auf die logistische Integration bildet ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum System Sourcing.

1.3 System Sourcing - Definition „System“

Im Gegensatz zu, bzw. viel mehr in einer Weiterentwicklung des Modular Sourcings werden beim System Sourcing komplexe, aus verschiedenen Modulen bestehende Systeme verbaut. Diese erfüllen eine Funktionalität, die aufgrund der Integration der Bestandteile im System weit über die Funktion der verbauten Module hinausgeht. Das Beispiel von Hess aufgreifend, ist dies das komplette Bremssystem des Fahrrades. Bei diesem System steht die Funktion des Bremsens klar im Vordergrund, weswegen dem Zusammenspiel der Module sowie den Schnittstellen zum Fahrrad besondere Beachtung geschenkt werden muss.4 Hier zeigt sich ein Merkmal, das in der Literatur vorwiegend zur Abgrenzung von Modular und System Sourcing verwendet wird: Systeme bilden gegenüber Modulen höherwertige, komplexere Inputfaktoren, woraus eine frühzeitige Einbindung des Lieferanten in den Produktentwicklungsprozess resultiert.5 Arnold definiert dies als eine Art der Wertschöpfungspartnerschaft.6 Die Planungs- und Steuerungskompetenz wird zu hohem Maße auf den Lieferanten übertragen. Zum abschließenden Verständnis des Begriffes „System“ ist zu erwähnen, dass ein System eher im übertragenen Sinne als physische Einheit gesehen wird.

1.4 Begriffabgrenzung - Modular versus System Sourcing

In der Literatur zeigen sich verschiedene Merkmale, die eine Abgrenzung der beiden Sourcing-Strategien mehr oder minder exakt zulassen. Heß betont, dass Fachbegriffe wie bspw. Systemlieferant und Modullieferant selbst in der Praxis sehr unterschiedlich verwendet werden.1 Schmid unterscheidet in seinem Leitfaden „Entwicklung zum Modullieferanten“ nicht detailliert zwischen Modular und System Sourcing. Er spricht jedoch einem Modullieferanten einen weitgehenden Einbezug bei der Neuentwicklung von Produkten zu.2 Während Koppelmann keinerlei Abgrenzung vornimmt und „Systemfähigkeit“ als Modular Sourcing definiert3, unterscheidet das Gabler Kompakt-Lexikon einen Systemlieferanten von einem Modullieferanten deutlich durch folgende Aspekte: „(…) Hoher Komplexitäts- und Integrationsgrad, hoher Innovationsgrad und eindeutige Abgrenzung der Funktionsweise. (…) Der Systemlieferant ist verantwortlich für die Planung, die Entwicklung, die Beschaffung, die Qualität, die Kosten, die Produktion und die Lieferung des ihm übertragenen Systems.“4 Dieser absoluten Verantwortungsübertragung stimmt Andreßen nicht vollständig zu, jedoch leitet er eine Abgrenzung über die Objektkomplexität her. „Wird dem Lieferanten (…) die Aggregation von Teilen und Komponenten übertragen, handelt es sich um Modular Sourcing. (…) Übernimmt der Lieferant zudem wesentliche Leistungen bei der Forschung und Entwicklung, handelt es sich um System Sourcing.“5 Aufgrund der sich daraus ergebenen Begriffsunschärfen definiert Andreßen den „Grad der Übertragung von Planungs- und Steuerungskompetenzen auf den Lieferanten“ als hinreichendes Kriterium bei der Strategieabgrenzung. Ebenso sieht das Arnold, der den wesentlichen Aspekt der Weiterentwicklung einer Modulzulieferung in eine System-Sourcing-Strategie in gleichzeitiger Integration von Entwicklungs- und Logistik-/Fertigungsleistung definiert.6

2 Zielsetzung und Anforderungen der Systempartnerschaften Modular und System Sourcing

2.1 Die Bedeutung von Systempartnerschaften in der Beschaffung

Studien, auf die sich Arnold bezieht, erwiesen, dass eine „schlanke Produktion“ der Dreh- und Angelpunkt des Erfolges japanischer Hersteller ist, worin der Ursprung jener Beschaffungsstrategien zu sehen ist, die in besonderer Weise zu einer Verschlankung der Lieferpyramide führen. Dies richtet den Fokus der zu wählenden Sourcing-Strategie auf die Lieferantenzahl wodurch den Zulieferern und deren Leistung eine zentrale Bedeutung zukommt.7

Systempartnerschaften bedeuten laut Heckig/Marlinhaus den „(…) engen Schulterschluss zwischen Herstellern und Zulieferern, denn der Schlüssel zu schnellerer Beschaffung liegt in der Effizienz und der optimalen Integration der Supply Chain. Die beste Variante ist eine strategische und langfristige Partnerschaft.“8 Die Bedeutung einer engen und konstruktiven Zusammenarbeit mit Lieferanten betont auch Martina Buchhauser, Direktorin des Zentralbereiches Einkauf der MAN Nutzfahrzeuge AG in München. Sie sieht das Ende des Prozesses der Konzentration auf wenige Schlüssellieferanten bei MAN (ca. 1.000) noch lange nicht als beendet an. Im Vordergrund des Selektionsprozesses stehe hier ganz klar die Qualität der Leistung. Ebenso verfolgt die MAN weiterhin konsequent das Ziel der Kostenreduktion, das, so Buchhauser, ausschließlich in Zusammenarbeit mit den Lieferanten optimiert werden kann.1 Jedoch weist Francisco Javier Garcia Sanz, Markenvorstand VW und Chef des Zentral-Einkaufs explizit daraufhin, dass eine intensivere Nähe zum Zulieferer keineswegs in einen „Schmusekurs“ ausarten dürfe. Vielmehr ist in diesen speziellen und vielschichtigen Beschaffungskooperationen Offenheit und manchmal auch Härte nötig.2

[...]


1 Arnold (200/), S. 17

2 Andreßen (2005), S. 11

3 „Zu verstehen sind hierunter Endprodukthersteller, die in großem Umfang auch Module und Baugruppen von Lieferanten beziehen. Im Automobilsektor sind dies die Fahrzeughersteller.“ Bichler/Krohn/Philippi (2005), S. 131

4 vgl. Arnold (2007), S.18f.

5 vgl. Olfert/ Pischulti (2007), S. 199

1 Koppelmann, (2000), S. 124f.

2 Arnold (2007), S. 20

3 vgl. ebd. S. 21-33

4 vgl. Heß (2008), S. 162

1 Heß (2008), S. 123

2 Andreßen (2006), S. 13

3 Arnold (2007), S, 109

4 Heß (2008), S. 123

5 Vgl. Andreßen (2006), S. 20

6 Arnold (2007), S. 113

1 Heß (2008), S. 123

2 Schmid (1999)

3 Koppelmann (2000), S. 242

4 Bichler/Krohn/Philippi (2005), S. 174

5 Andreßen (2006), S. 21

6 Arnold (2007), S. 113

7 Heß (2008), S. 161 f. und Arnold (2007), S. 104

8 http://www.eviag.com/files/u1/Gastbeitrag_W_Hecking.pdf (27.10.2008)

1 Buchhauser (2008)

2 Sanz (2000)

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Systempartnerschaften: System und Modular Sourcing
Hochschule
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
14
Katalognummer
V139309
ISBN (eBook)
9783640504381
ISBN (Buch)
9783640504503
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Systempartnerschaften, System, Modular, Sourcing
Arbeit zitieren
Bettina Gruber (Autor:in), 2008, Systempartnerschaften: System und Modular Sourcing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139309

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