"Des Führers Auge – Leni Riefenstahl"

Versuch einer Charakterisierung am Beispiel ihrer ersten Regiearbeit "Das blaue Licht"


Seminararbeit, 2005

34 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Prolog

2 Phänomen Bergfilm
2.1 Die Anfänge des Bergfilms
2.1.1 Einfluss der Aufklärung auf das Bild der Berge
2.1.2 Die Fotographie als Medium des Bergtourismus
2.1.3 Die ersten Filme
2.2 Arnold Fanck und die Entwicklung eines neuen Genres
2.3 Die Freiburger Kameraschule

3 Leni Riefenstahl – ein Kind ihrer Zeit?
3.1 Von der Tänzerin zur Sportschauspielerin
3.1.1 Die Tänzerin Riefenstahl
3.1.2 Die Schauspielerin Riefenstahl
3.2 Leni Riefenstahl und das Nazi-Regime
3.2.1 Leni Riefenstahl und der Antisemitismus

4 Leni Riefenstahl und ihre Ästhetik im „Blauen Licht“: Kunstvolle Unterhaltung oder pure Propaganda?
4.1 Das Blaue Licht. Eine Berglegende aus den Dolomiten (D 1932)
4.2 Analytische Betrachtung des „Blauen Lichts“
4.2.1 Die Bedeutung der Farbe Blau
4.2.2 „Das blaue Licht“ – ein romantischer Traum?
4.2.3 Die Rolle der Naturmystik im „blauen Licht“
4.2.4 Der Berg/Tal-Gegensatz
4.2.5 Der Authentizitätsfaktor
4.2.6 Atmosphärische Verdichtung mit Hilfe neuer Techniken
4.2.7 „Das blaue Licht“ / Fritz Langs „Nibelungen, Teil 1“ (Siegfrieds Tod)
4.2.8 Junta – Leni Riefenstahls alter ego?
4.2.9 Die Rolle der musikalischen Untermalung
4.3 Das blaue Licht – ein Propagandafilm?
4.3.1 „Kino der Attraktion“
4.3.2 Kritik am Kapitalismus
4.3.3 Körperkult
4.3.4 Kulturpessimistischer Antimodernismus
4.3.5 „Ausflug in die Romantik“
4.3.6 Resüme

5 Die Bedeutung des „blauen Lichts“ für Riefenstahls Karriere im Dritten Reich
5.1 Die Parteitagsfilme
5.2 Olympia

6 Epilog

7 Anhang
7.1 Literaturverzeichnis
7.2 Filmographie

1 Prolog

Der Name Leni Riefenstahl steht heute als Synonym für die „Nazi-Ästhetik“ des Dritten Reiches. Bereits als Schüler wird man im Geschichtsunterricht mit ihrem heroisch verklärten Dokumentarstil konfrontiert, während Hitler in gut choreographierter Umgebung laut krächzend in Nürnberg seine Reden schwingt. Heute erscheint uns vieles an diesen Propagandafilmen lächerlich, dennoch spielten sie im Kontext der Zeit eine bedeutende Rolle. Mittels Kinofilmen sollte ein überhöhtes Bild des Führers, des herrschenden Regimes auf emotionaler Basis über hochstilisierte Bilder an die Masse der Bevölkerung übermittelt werden. Ebenso wie ihre Parteitagsfilme nach „innen“ für das Regime werben sollten, war die Intention ihrer Olympia-Dokumentation, für entsprechend positive Stimmung im Ausland zu sorgen. Riefenstahls spezieller Kamera-Stil ist noch immer untrennbar mit dem deutschen Faschismus verflochten. Als die deutsche Gruppe Rammstein vor einigen Jahren eigentlich unpolitische Szenen aus Riefenstahls Olympiadokumentation in ihr Video einfügte, löste dies eine Welle der Empörung aus. Warum haben die Arbeiten Leni Riefenstahls noch immer nichts an ihrer zweifelhaften Symbolkraft verloren? Liegt es an der schillernden, aber um nichts weniger zwielichtigen Protagonistin und ihre eigen(artig)e Sicht der Geschichte oder strahlen ihre Werke doch eine gewisse Faszination aus?

Um der Wahrheit vielleicht ein Stückchen näher zu kommen, habe ich mich in der vorliegenden Arbeit zu allererst mit dem Phänomen Bergfilm auseinandergesetzt. Leni Riefenstahls Charakter und unbändiger Karrieredrang wird im anschließenden Kapitel unter die Lupe genommen. Im Kern möchte ich mich aber mit ihrem Regieerstling „Das blaue Licht“ beschäftigen, der die Grundlage für ihre Karriere im Dritten Reich bildete. Sehr interessant ist dabei auch die Frage nach der persönlichen Einstellung Riefenstahls zum System, das sie durch ihre Ästhetik propagiert.

Hinsichtlich der Quellenlage konzentrierte ich mich besonders auf Leni Riefenstahls Memoiren und die Filme „Das Blaue Licht“ (D 1932), „Die Nibelungen Teil 1: Siegfrieds Tod“ (D. 1924) sowie Fancks „Weißer Rausch (D. 1931), weiters zog ich einige Biografien über Leni Riefenstahl und filmtheoretische Schriften hinzu.

2 Phänomen Bergfilm

2.1 Die Anfänge des Bergfilms

„(…) Hatten die traditionellen Bildmedien die alpine Natur zum statischen Bild domestiziert, so gelang es dem Bergfilm, Landschaft zu entfesseln.“[1]

2.1.1 Einfluss der Aufklärung auf das Bild der Berge

Seit dem Zeitalter der Aufklärung gewann die Bergwelt ein völlig neues Image. Plötzlich wurden die Alpen mit Metaphern wie unberührte Natur, Freiheit, Eintracht, Vernunft und himmlischer Frieden assoziiert. Fern von dieser Landschaft herrscht naturgegeben Laster, Niedertracht, Neid und Ichsucht vor. Zahlreiche Dichter und Maler des 18. und 19. Jahrhunderts beschäftigen sich mit dem „reinem Bild“ der Alpen und seiner Bewohner, das in der fortschreitenden Industriegesellschaft zum Paradies verklärt wurde. Selbst in den Reiseführern des 19. Jahrhunderts wird beinahe jede Landschaft, die über ansehnliche Unebenheiten verfügt als ästhetisch beschrieben, da ihre relative Unzugänglichkeit und Vertikalität interessanter und für den Reisenden wesentlich reizvoller als das Flachland seien.[2] In einer Zeit des gesellschaftlich-wirtschaftlichen Umbruchs wurde die Bergwelt zu einem Manifest emotionaler Wertvorstellungen wie Heimat, nationaler Tradition und religiösen Brauchtums. Romantik und heroische Herausforderung („Kampf mit dem Berg“ als Selbstüberwindung) ließen immer mehr Bürger für die Hochgebirgswelt entflammen.[3]

2.1.2 Die Fotographie als Medium des Bergtourismus

Bereits bevor die Bilder laufen lernten, faszinierte daher die raue Schönheit der Bergwelt ein breites Publikum. Elf Jahre nachdem Daguerres seine Erfindung patentieren ließ, gelang dem begeisterten englischen Alpinist John Ruskin eine Aufnahme des Matterhorns, er wurde so zum Pionier der Bergfotografie. Im Zuge verbesserter Technik und höherer Qualität des Materials forderten immer mehr Zeitschriften Bergfotos, die den Massen die Schönheit des alpinen Raumes näher brachten. Zuerst folgte nur eine wohlhabende Elite, vornehmlich reiche Engländer und Franzosen, dem Lockruf der Berge, aber angeheizt durch Sensationsmeldungen solcher „Eroberer“ – wie Tragödien bei Erstbesteigungen – in der Weltpresse, begann das zarte Pflänzchen Bergtourismus bald kräftig zu blühen.[4] Alpinismus wurde allmählich für die Mittelschicht interessant, da man seit Erfindung der Eisenbahn auch abgelegenere ländliche Gebiete relativ einfach erreichen konnte, um sich an der persönlichen Herausforderung und am heimatlichen Naturzauber zu erfreuen. Eine Unmenge an Ansichtskarten warb mit der Schönheit der Landschaft und machte auch den Daheimgebliebenen Lust auf eine kleine Sommerfrische in den Bergen. Kein Wunder, dass sich seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr Menschen für die Bergwelt begeisterten: Viele alpine Vereine wurden gegründet, die – im Sinne des Zeitgeistes – nicht nur die Schönheit der Natur, sondern vielfach auch der deutschnationalen Gesinnung in Verbindung mit sportlicher Ertüchtigung frönten.[5]

2.1.3 Die ersten Filme

Die ersten kurzen Filme im Gebirge entstanden schon um 1900, aber man musste sich noch mit bewegten Menschen, den Sturz einer Lawine oder dem Sprung einer Gams begnügen. Um die Jahrhundertwende beschäftigten sich unter anderem amerikanische Produktionen wie „Passing over the Mountain“ („Rip Passing over Hill“ 1896) von American Mutoscope Co. oder die französischen Filmpioniere George Méliès („Passage dangereux: Mont Blanc“) die Brüder Lumières und natürlich Pathé mit der Thematik Bergfilm. Besonders erwähnenswert ist „Cervino 1901“, der heute als echter Grundstein des Berg- und Bergsteigerfilms gilt. Zahlreiche typische Bergtouristik- und erste Skifilme folgen, wie „Concours de ski á St.-Moritz“ von Omnia Pathé 1907.[6] 1913 drehte Bernhard Gottfried mit seinem Kameramann Sepp Allgeier und einem Mitarbeiter namens Arnold Fank den Kinobeiprogramm-Kurzfilm „Erste Besteigung des Monte Rosa mit Filmkamera und Skiern“.[7]

Die Hochgebirgsthematik im Film ist also keine deutsche Erfindung und wurde zudem von anderen Nationen gerne ins Bild gesetzt. In den USA nahm Erich von

Stroheim in seinem Film „Blind Husbands“ (USA 1919) statt der Dolomiten mit den Rocky Mountains vorlieb, was die Produktion enorm verteuerte, denn das Dolomitenstädtchen Cortina musste nachgebaut werden, wobei auch auf die spezifisch ländliche Bergbekleidung der Akteure großes Augenmerk gelegt wurde. Ein derart aufwendiges Vorhaben musste ein Erfolg werde, dafür sollte eine neue – bis dahin noch nie da gewesene – Promotion sorgen. Allein in New York lockten an die 160.000 Werbeplakate die Menschen in die Kinos.[8]

In Europa dachte man noch nicht in solchen Superlativen, aber dennoch waren Bergfilme aufgrund ihrer wunderbaren Landschaftsbilder beim Publikum sehr beliebt. Selbst Meister ihres Faches, wie Ernst Lubitsch, beschäftigten sich früh mit dem Thema wie im Streifen „Meyer aus Berlin“ aus dem Jahre 1919.[9]

2.2 Arnold Fanck und die Entwicklung eines neuen Genres

„Wir kamen uns vor, als stünden wir als einzige Menschen im All“

(Arnold Fanck)[10]

Bergfilme begannen langsam, ein eigenes Profil zu entwickeln und „Genre-Charakter“ anzunehmen, der sie von anderen Filmproduktionen der Zeit grundlegend unterschied. Dieses Genre zeichnete sich besonders durch atemberaubende Naturaufnahmen, das große sportliche Können der Protagonisten sowie mehr oder weniger offen gezeigte Großstadtkritik aus.

Um 1920 – also noch vor Leni Riefenstahl begann sich Stummfilmstar und Produzentin Carmen Cartellieri mit der Thematik zu befassen. Ähnlich der Riefenstahl bezwang diese Film-Pionierin in sportlicher Manier – aber bereits zehn Jahre vorher – in „Das Drama in den Dolomiten“ (1921) den Schicksalsberg „Monte Cristallo“. Anders als Riefenstahl, der der „Monte Cristallo“ im „bauen Licht“ (D 1932) zum Durchbruch verhalf, geriet Cartellieri wieder in Vergessenheit.[11] Als wichtigster Wegbereiter des deutschen Bergfilmgenres gilt heute jedoch Dr. Arnold Fanck. Bereits früh begeisterte sich der studierte Geologe für Alpinismus und Filmtechnik. Sein erster Skifilm „Die Besteigung des Monte Rosa“ wurde 1913 noch mit eher bescheidenen Mitteln umgesetzt. Im Ersten Weltkrieg lernte Fanck die Ernemann-Zeitlupe im Rahmen seiner Tätigkeiten als Nachrichtenoffizier hinsichtlich Messungen der Durchschlagskraft von Granaten an Panzerplatten kennen. Seine Erfahrungen mit der kleinen Ernemann-Kamera bildeten die Basis für die 1919 gegründete Freiburger Berg- und Sportfilm GmbH.[12] Anfänglich war nur Fanck wirklich vom Erfolg seiner sportlichen Naturaufnahmen überzeugt. Da sich kein Verleih findet, mietet der von sich selbst äußerst überzeugte Produzent kurzerhand in Eigenregie Vorführräume an und nimmt Vorführung und Vermarktung selber in die Hand. Zuerst führt er sein Werk im kleinen Kreis vor, aber nach ersten Erfolgen versucht Fanck sein Glück auch in der Großstadt. Besonders in Berlin stößt sein neuer Stil auf frenetische Begeisterung seitens der Stadtbevölkerung – ab diesem Zeitpunkt wurde Fanck auch für professionelle Verleihfirmen interessant.[13] In Frankfurt wird der junge Filmkritiker Siegfried Kracauer auf Fancks „Wunder des Schneeschuhs“ (1920) aufmerksam, der sich – vorerst noch – enthusiastisch über Fanck und das Bergfilmgenre äußert: „In Bildern von seltener Schönheit enthüllt er den Beschauer die Wunder des winterlichen Hochgebirges, die nur dem geübten Alpinisten und Skiläufern unmittelbar zugänglich sind. Doch ehe wir die kühnen Bergfahrer – es sind die besten Skiläufer Deutschlands – bei ihrer gefährlichen Wanderung begleiten, machen wir einen regelrechten Skikurs mit (…) Der Filmoperateur hält den Sonnenaufgang über wallendem Wolkenmeer fest. Nebel hebt sich unaufhörlich zwischen winterlich glänzenden Bergspitzen und zerteilt sich wieder, drohende Schneewechten spannen sich über dunkle Gletschergründe, steile Firne heben sich funkelnder Pracht vom Himmel ab“.[14] Fancks Eigeninitiative hatte sich gelohnt, der ungewöhnliche Naturfilm wurde zum Publikumserfolg. Wie der erste Teil wurde auch der Nachfolgefilm „Im Kampf mit dem Berg“ eine erfolgreiche, eigenständig vermarktete Produktion. In der Besetzungsliste zu „Der Berg des Schicksals“ tauchen erstmals Luis Trenker und Hans Schneeberger auf, im nächsten Projekt „Der heilige Berg“ ist bereits Leni Riefenstahl als weibliche Hauptdarstellerin vertreten. Fanck produziert bis zum Ende der Stummfilm-Ära noch zahlreiche Publikumserfolge, die sich stets über ihr unmittelbares Naturerlebnis – sei es beim Skisport (u.a. „Der weiße Rausch“ 1931) oder beim heroischen Kampf gegen die Elemente (Mensch/Natur) – definieren.

Fanck ist zudem stets auf der Suche nach neuen Techniken (Zeitraffer/Zeitlupe, „Bewegte Kamera“, Gegenlichtaufnahmen), um die Bildästhetik zu verbessern, andererseits verlangt er auch von seinen Schauspielern Höchstleistungen. Ohne größere Bedenken setzt er ihre Sicherheit zu Gunsten der Realitätstreue der Spielfilmhandlung aufs Spiel. Leni Riefenstahl beklagt sich in ihren Memoiren öfters über seinen rücksichtslosen Umgang mit den Schauspielern.[15] In „S.O.S. Eisberg“ (D 1933), unter Mitwirkung des berühmten Fliegers Heinz Udet, verliert Sepp Rist (der Hauptdarsteller) beinahe sein Leben durch eine Eisbärenattacke, während er von Fanck dauernd ins Eiswasser gehetzt wurde.[16]

Dennoch laufen ihm seine Schüler Trenker und Riefenstahl allmählich den Rang ab, seine Produktionen erfreuen sich immer weniger Beliebtheit. Zwischen 1937 und 1945 realisierte er mindestens fünf Filme, wobei die aufwendigste Produktion „Die Tochter des Samurai“ (Deutschland/Japan 1937) vom nationalsozialistischen Regime und dem japanischen Kulturreferat finanziert und mit dem Prädikat „staatspolitisch und künstlerisch wertvoll“ ausgezeichnet wurde.[17] Seine Haltung zum Nationalsozialismus ist umstritten, sicher ist jedenfalls, dass er am 1.4.1940 zum NSDAP-Mitglied wird und sich für einige Propagandaproduktionen des Dritten Reiches eigenverantwortlich sowie unterstützend – an der Seite von Leni Riefenstahl – bei der fachmännischen Umsetzung der Olympiade 1936 verantwortlich zeichnet.

Nach Kriegsende schaffte es Dr. Fanck mit dem Film „Der ewige Traum“ auf dem Bergfilmfestival in Trient (1957) noch einmal kurz ins künstlerische Rampenlicht zu treten, ansonsten genoss er nur noch wenig künstlerische Anerkennung.[18]

Fanck, halb Regisseur, halb Ingenieur, war stets auf der Jagd nach der idealen Aufnahme. Von ihm „erbte“ Riefenstahl ihren Hang zu expressiven Naturaufnahmen wie Wolkenmeere, Nebelschwaden und natürliche Felsfestungen, aus denen sie im „blauen Licht“ mystisch verklärte, romantische Bildkompositionen kreiert. Nicht zuletzt kopiert sie von ihrem Lehrmeister Fanck, die Angewohnheit, seine Berghelden aus der Untersicht zu fotografieren, um ihnen damit mehr heroischen Glanz zu verleihen.[19] Fanck bot den Zusehern Heldentum vor herrlicher Kulisse, vergleichbar mit dem amerikanischen Westerngenre. Nach Kriegsende waren seine aufwändigen und schwierig umzusetzenden Produktionen jedoch nicht mehr gefragt.[20] Siegfried Kracauer, der einerseits ein großer Bewunderer von Fancks Naturbildern war, äußert sich kritisch in seinem Buch „Von Caligari zu Hitler“ über das deutsche Bergfilmgenre, das er als Nährboden des Präfaschismus bezeichnet. Besonders Fancks Filme sind für ihn Beispiele von idealistischen Höhendrang und Flucht aus der gesellschaftlich-politischen Misere.[21]

2.3 Die Freiburger Kameraschule

Zur Finanzierung seiner Filme gründete Fanck 1920 die Freiburger Berg- und Sportfilm Schule – kurz „Freiburger Schule“. Diese produzierte neben Fancks Spielfilmen auch eine Reihe von Skisportfilmen und Dokumentationen. Berühmt wurde sie vor allem für ihren spezifischen Kamerastil, der für eine Menge film- und kameratechnischer Innovationen stand, denn neben den Schauspielern waren auch die Kameraoperateure in Fancks Filmen immer extrem gefordert. Sie mussten im Speziellen exzellente Skifahrer und Sportler sein, um die schwierigen Kamera-Skifahrten („die entfesselte Kamera“) bewältigen zu können.[22] Zweimal wurde Sepp Allgeier während der Dreharbeiten regionaler Skimeister, Guzzi Lantscher gewann während einer Olympiadokumentation in Garmisch-Partenkirchen 1936 gleichzeitig eine Silbermedaille.[23] Zudem entwickelte der Bergfilmpionier Fanck autodidaktisch diverse Optiken, Zeitrafferaufnahmen und dergleichen, um Bild und Bewegung zu einer harmonischen Einheit zu verschmelzen. Fanck orientierte sich dabei an der Praxis und interessierte sich kaum dafür, ob es die – von ihm erfundene – Sache vielleicht schon vorher gegeben hatte.[24]

Die besten Kamera-Operateure vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wie Sepp Allgeier, Albert Benitz, Richard Angst, Hans Schneeberger und Kurt Neubert gehörten der Fanckschen Freiburger Kameraschule an, die lange Zeit im deutschen Bergfilmgengre konkurrenzlos war und als Synonym für den „Deutschen Kamerastil“ stand. In späteren Jahren wurden Hans Ertl und der Österreicher Walter Riml auf Grönlandexpeditionen und in Japan ausgebildet.[25]

Einige von ihnen – wie Hans Schneeberger – arbeiteten bei der Umsetzung von Leni Riefenstahls Regieerstling „Das blaue Licht“ mit und waren auch bei der kameratechnischen Umsetzung von Riefenstahls Propagandafilmen beteiligt. Aber nicht nur Leni Riefenstahl, die selbst bei Fanck „Sehen gelernt hatte“, sondern auch G. W. Papst und Josef von Sternberg nutzten das Know-how von Sepp Allgeier, Hans Schneeberger und Co. für ihre Projekte.[26]

[...]


[1] Christian Rapp, Körper macht Kino. Skilauf, Laufbild und der Weiße Rausch. In: Friedberg Aspetsberger (Hrsg.), Der Bergfilm 1920 – 1940 (Innsbruck 2002) 81.

[2] Christian Rapp, Zur Topographie des Bergfilms (Diss., Wien 1995) 84.

[3] Michael Wachtler, Die Heimat ist gut oder: Heimweh ist eine schreckliche Krankheit. In: Bergfilm. Dramen, Trick und Abenteuer (München 2001)70-73.

[4] Hans-Jürgen Panitz, 100 Jahre Bergfilm. In: www.bergfilm.info/txt/s1.html (Zugriff: Wien, am 18.3.2005).

[5] Helmut Z. Zebhauser, Am Anfang war die Camera obscura. Vom eingefrorenem Abbild zur Kinematographie. In: Der Bergfilm Trick, Dramen, Abenteuer 15f. Und: Christian Rapp, Die Berge als fotografisches Motiv. In: Topographie des Bergfilms 84-91.

[6] Aldo Audisio, Berg aus der Kurbelkiste. Notizen über die ersten zwanzig Jahre des Films. In: Der Bergfilm Trick, Dramen, Abenteuer 24f.

[7] Zebhauser, Am Anfang war die Camera obscura. In: Der Bergfilm Trick, Dramen, Abenteuer 18.

[8] Audisio, Berge aus der Kurbelkiste. In: Bergfilm Trick Dramen Abenteuer 32.

[9] Ebd. 33.

[10] Arnold Fanck, Er führte Regie mit Gletschern, Stürmen und Lawinen – Ein Filmpionier erzählt (München 1974) 92.

[11] Audisio, Berge aus der Kurbelkiste. In: Der Bergfilm Trick, Dramen, Abenteuer 32f.

[12] Gunther Haarstark, Dramatische Berge. Die großen Filme des Arnold Fanck. In: Bergfilm Trick Dramen Abenteuer 37.

[13] Mag. Christian Rapp, Zur Topgraphie des Deutschen Bergfilms (Arnold Fanck, Luis Trenker, Leni Riefenstahl) (Diss. Wien, 1995) 54.

[14] siehe: Haarstark, Dramatische Berge. Die großen Filme des Arnold Fanck. In: Bergfilm Trick Dramen Abenteuer 37.

[15] Leni Riefenstahl, Memoiren (München, Hamburg 1987) 90. Und Interview mit Leni Riefenstahl in: Bergfilm Trick.Dramen.Abenteuer 105.

[16] Ebd. 40-43. Und: Lutz Kinkel, Die Scheinwerferin. Leni Riefenstahl und das Dritte Reich (Hamburg, Wien 2002) 17.

[17] Christian Rapp, Topographie des Deutschen Bergfilms 56.

[18] Arnold Fanck: In: www.deutsches-filminstitut.de (Zugriff: Wien, am 18.3.2005).

[19] Kinkel, Die Scheinwerferin 16.

[20] David B. Hinton, The Films of Leni Riefenstahl (New York 1991) 23.

[21] Frieda Grafe, Film/Geschichte. Wie Film Geschichte anders schreibt (Berlin 2004) 15.

[22] Siehe auch: Matthias Fanck, Vom Drehen im Eis. Der Regisseur Arnold Fanck und seine Bergfilmvisionen. In: B. 122-127.

[23] Monika Winter, Nichts Neues an der Front der Bilder. Arnold Fanck und der frühe deutsche Dokumentarfilm (Dipl. Arb., Wien 2004) 68.

[24] Rapp, Topographie des Bergfilms 54.

[25] Hans-Jürgen Panitz, 100 Jahre Bergfilm. In: www.bergfilm.info/txt/s1.html (Zugriff: Wien, am 18.3.2005).

[26] Winter, Nichts Neues an der Front der Bilder 69. Und: Rapp, Zur Topographie des deutschen Bergfilms 65-68.

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
"Des Führers Auge – Leni Riefenstahl"
Untertitel
Versuch einer Charakterisierung am Beispiel ihrer ersten Regiearbeit "Das blaue Licht"
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Zeitgeschichte)
Veranstaltung
Forschungsseminar Preußische Junker und Wiener Madeln - der deutschsprachige Spielfilm von 1930 bis 1950
Note
1
Autor
Jahr
2005
Seiten
34
Katalognummer
V139140
ISBN (eBook)
9783640490240
ISBN (Buch)
9783640490455
Dateigröße
653 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Führers, Auge, Leni, Riefenstahl, Versuch, Charakterisierung, Beispiel, Regiearbeit, Licht
Arbeit zitieren
MMag. Silvia Kornberger (Autor:in), 2005, "Des Führers Auge – Leni Riefenstahl", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139140

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