Verlustverrechnung und Verlustverrechnungsbeschränkung im EStG


Hausarbeit, 2009

22 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Grundlagen
2.1 Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes
2.2 Objektives Nettoprinzip

3 Verlustverrechnungsbestimmungen im Einkommensteuergesetz
3.1 Ebenen der Verlustverrechnung
3.2 Beschränkungen auf Ebene der Einkunftsquelle
3.2.1 Nicht und nur teilweise abzugsfähige Ausgaben
3.2.2 Verluste bei beschränkter Haftung und Steuerstundungsmodellen
3.3 Beschränkungen auf Ebene des horizontalen Verlustausgleichs
3.3.1 Verluste aus Tierzucht, Termingeschäften und Innengesellschaften
3.3.2 Verluste aus gelegentlichen Leistungen
3.3.3 Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften
3.3.4 Verluste aus privatem Aktienhandel
3.4 Beschränkungen auf Ebene des vertikalen Verlustausgleichs
3.5 Beschränkung auf Ebene des interperiodischen Verlustabzugs
3.6 Beschränkung auf Ebene der interpersonellen Verlustübertragung
3.7 Grenzüberschreitende Verlustverrechnung
3.8 Verluste bei beschränkt Steuerpflichtigen

4 Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

In Zeiten einer weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, in der viele Menschen und Unternehmen teils erhebliche Verluste erwarten oder sie bereits erlitten haben, kommt der steuerlichen Verlustverrechnung eine wichtige Bedeutung zu. Wie viele andere Na-tionen steht auch der deutsche Staat nach einer Prognose des Arbeitskreises Steuer-schätzung aufgrund dieser Verluste vor Steuerrückzahlungen und Steuerausfällen, die die öffentlichen Haushalte in naher Zukunft mit rund 316 Milliarden Euro belasten wer-den (Bundeszentrale für politische Bildung, 2009). Diese Faktoren verdeutlichen die Aktualität des Themas dieser Arbeit und stellen dessen Relevanz für die deutsche Ge-sellschaft gut dar.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Das deutsche Einkommensteuergesetz (EStG) belastet die Steuerpflichtigen nach dem Grundsatz der individuellen Leistungsfähigkeit als Fundamentalprinzip der Steuerge-rechtigkeit, welchem im Zusammenhang mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes Verfassungsrang zugesprochen wird (Tipke, 2007, S. 1527). Danach werden die Steuer-lasten auf jeden gemäß seiner wirtschaftlichen Verhältnisse aufgeteilt (Lang, 2008, § 4 Rz. 81). Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens dürfen deshalb negative Einkünfte, das heißt Verluste, grundsätzlich mit positiven Einkünften verrechnet werden (Ratschow, 2009, § 2 Rz. 95). Jedoch sieht der Gesetzgeber auch Normen vor, die diese Verrechnungsmöglichkeit einschränken oder gänzlich verbieten. Ziel dieser Arbeit ist es, die Vorschriften des EStG zu identifizieren, die die Verlustverrechnung festgelegen und beschränken, und sie in die Systematik des EStG einzuordnen.

1.2 Gang der Untersuchung

Zunächst wird dargelegt, was überhaupt steuerbare Einkünfte im Sinne des deutschen EStG sind und welche Rolle negative Einkünfte bei der Besteuerung einnehmen. Hier-bei wird das objektive Nettoprinzip näher betrachtet. Danach werden die Systematik des EStG erklärt, die einzelnen Verlustverrechnungsbestimmungen aufgezeigt und eventuel-le Probleme diskutiert, die bei den Verlustverrechnungsbeschränkungen in Bezug auf nationale sowie europarechtliche Aspekte auftreten.

2 Grundlagen

Um die Verlustverrechnung untersuchen zu können, wird in diesem Kapitel zuerst er-klärt, wie das EStG Einkünfte definiert und aufgrund welches Grundsatzes eine Berück-sichtigung negativer Einkünfte erfolgt.

2.1 Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes

Das EStG weist aufgrund der historischen Entwicklungen sowohl Elemente der Markt-einkommenstheorie, nach der allein die Verwertung von Leistungen am Markt besteuert wird, der Reinvermögenszugangstheorie, bei der bereits jeder Zugang von Reinvermö-gen Einkommen darstellt, als auch der Quellentheorie, nach der ausschließlich wieder-kehrende, aus einer beständigen Quelle fließende Einkünfte zum Einkommen zählen, auf (Ratschow, 2009, § 2 Rz. 25, 26, 27, 30). Jedoch hat sich keine dieser Einkommens-theorien vollständig durchgesetzt, weshalb vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 die sieben steuerbaren Einkunftsarten

− Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (s. § 2 Abs. 1 Nr. 1), − Einkünfte aus Gewerbebetrieb (s. § 2 Abs. 1 Nr. 2),
− Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (s. § 2 Abs. 1 Nr. 3),
− Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (s. § 2 Abs. 1 Nr. 4),
− Einkünfte aus Kapitalvermögen (s. § 2 Abs. 1 Nr. 5),
− Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (s. § 2 Abs. 1 Nr. 6) und
− sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 (s. § 2 Abs. 1 Nr. 7)

abschließend aufgezählt werden (Lang, 2008, § 9 Rz. 51, 52, 53). Die Ermittlung der Einkünfte wird bei den ersten drei Einkunftsarten, den Gewinneinkunftsarten, von der Reinvermögenszugangstheorie bestimmt, bei den letzten vier, den Überschusseinkunfts-arten, von der Quellentheorie, weshalb man auch vom sogenannten Dualismus der Einkünfteermittlung spricht (Lang, 2008, § 9 Rz. 181, 182). Nicht nach dem EStG steu-erbare Einnahmen sind zum Beispiel Schenkungen, Ehrenpreise oder Lotto- und Spiel-gewinne, da sie nicht die Tatbestandsmerkmale der kodifizierten Einkunftsarten erfüllen (Weber-Grellet, 2009, § 2 Rz. 14).

2.2 Objektives Nettoprinzip

Das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer (ESt) soll in erster Linie den „besteuerungswürdigen Zuwachs an Leistungsfähigkeit“ messen (Ratschow, 2009, § 2 Rz. 23). Dies ist nach Meinung des deutschen Juristentages (2007, S. 168) nur dann der Fall, wenn der dem Steuerpflichtigen nicht zur freien Verfügung stehende Teil seines Einkommens auch nicht versteuert wird. Deshalb scheiden er-werbsbedingte Aufwendungen aus der Bemessungsgrundlage aus. Aufwendungen wer-den nach dem sogenannten Veranlassungsprinzip (s. §§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 Satz 1) als erwerbsbedingt eingestuft, wenn „sie objektiv mit dem Betrieb [i.S.v. Erwerb] zusam-menhängen und subjektiv dem Betrieb [i.S.v. Erwerb] zu dienen bestimmt sind" (BFH-Beschluss v. 21.11.1983). Dieses als objektives Nettoprinzip (oNP) bekannte Konzept ist in § 2 Abs. 2 verankert, wonach die Einkünfte aus einer einzelnen Erwerbsquelle entweder als Gewinn (s. §§ 4-7k), also als Saldo von Betriebseinnahmen und Betriebs-ausgaben, oder als Überschuss (s. §§ 8-9a) der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden.1 Demnach kann ein bloßer Zufluss von Vermögen nicht als Ausdruck steuerlicher Leistungsfähigkeit gesehen werden, sondern immer nur das wirtschaftliche Gesamtergebnis einer Erwerbstätigkeit (Lang, 2008, § 9 Rz. 54). Da das oNP direkt aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip abgeleitet wird, besitzt es Verfassungsrang (Drenseck, 2006, S. 5; Tipke, 2007, S. 1527). Eine Abkehr von diesem Prinzip bilden nach § 2 Abs. 5b Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn sie der Abgeltungssteuer unterliegen, weil dann anstelle der tatsächlichen Werbungskosten lediglich der Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 abgezogen wird (Weber-Grellet, 2009, § 2 Rz. 10). Als ein aktuelles und bekanntes Beispiel zur Anwendung des oNP kann das Urteil des Bundesverfassungsge-richts (BVerfG) zur Pendlerpauschalen angeführt werden, nach dem das Abzugsverbot von Fahrtkosten für die ersten 20 Kilometer auf dem Weg von der Wohnung zur Ar-beitsstätte (s. § 9 Abs. 2 a.F.) nicht mit der Grundentscheidung des EStG für das oNP vereinbar ist (BVerfG-Urteil v. 09.12.2008, Rn. 24, 25). Daneben besitzt das Nettoprin-zip auch eine subjektive Ausprägung, nach welcher der für den notwendigen Lebensbe-darf aufgewendete Teil des Einkommens ebenfalls nicht in die Bemessungsgrundlage mit einfließt (Lang, 2008, § 9 Rz. 69). Da diese nicht die Verlustverrechnung des EStG tangiert, sondern durch Grundfreibetrag, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Be-lastungen im EStG Berücksichtigung findet, ist sie für diese Arbeit nicht relevant.

3 Verlustverrechnungsbestimmungen im Einkommensteuergesetz

In den folgenden Unterkapiteln werden neben den verschiedenen Verlustverrechnungs-bestimmungen auch die möglichen Konflikte beschrieben, die im Bezug mit nationalen und europarechtlichen Aspekten auftreten. Zunächst wird jedoch gezeigt, wie man die einzelnen Gesetzesnormen in die Systematik des EStG einordnen kann.

3.1 Ebenen der Verlustverrechnung

Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einer Periode1 nach § 2 ist mehrstu-fig angelegt (R 2 EStR). Verluste2 werden demnach auf verschiedenen Ebenen berück-sichtigt (Wotschofsky, 2005, S. 59):

(1) Zunächst werden Einnahmen und Ausgaben auf der Ebene einzelner Einkunftsquellen saldiert.
(2) Anschließend werden die Ergebnisse von Quellen gleicher Einkunftsart auf der Ebene des sogenannten horizontalen Verlustausgleichs miteinander verrechnet.
(3) Danach werden die sieben Einkunftsarten auf der Ebene des sogenannten vertika-len Verlustausgleichs zusammengerechnet.
(4) Verbleibt in einem Veranlagungszeitraum (VZ) ein Verlust, so wird dieser in an-dere VZ übertragen.

Diese Verrechnung von positiven und negativen Einkünften ist notwendig, um die wah-re Leistungsfähigkeit einer Person zu messen. Jede Beschränkung dieser Verrech-nungsmöglichkeit muss als Verstoß gegen das oNP sachlich gerechtfertigt werden (Lang, 2008, § 9 Rz. 60, 61).

Generell treten auf jeder dieser Ebenen Beschränkungen auf, weshalb im weiteren Ver-lauf dieser Arbeit die verschieden Verlustverrechnungsbestimmungen zunächst nach dieser Systematik gegliedert sind. Anschließend werden noch die Sonderfälle der Ver-erbung von Verlusten, der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung und des be-schränkt Steuerpflichtigen näher betrachtet.

3.2 Beschränkungen auf Ebene der Einkunftsquelle

Auf Ebene der Einkunftsquelle können zwei Arten von Beschränkungen unterschieden werden. Zunächst gibt es Bestimmungen, wonach diverse Ausgaben nicht oder nicht in voller Höhe abziehbar sind. Daneben existieren Regelungen, die verhindern sollen, dass Steuerpflichtige ihre individuelle, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit Hilfe diverser Steuersparkonzepte vermindert darstellen können.

3.2.1 Nicht und nur teilweise abzugsfähige Ausgaben

Um dem Steuerpflichtigen keinen doppelten Vorteil zu gewähren, verbietet § 3c den Abzug von Ausgaben, wenn diese mit steuerfreien Einnahmen jeglicher Einkunftsart (s. § 3) in Verbindung stehen. Es liegt nach allgemeiner Anschauung auch keine Durchbre-chung des oNP vor, da dieses nur die Berücksichtigung von solchen Ausgaben verlangt, denen steuerpflichtige Einnahmen gegenüberstehen (Erhard, 2009, § 3c Rz. 6, 9). Dies wird auch durch den BFH in seiner ständigen Rechtsprechung so bewertet (BFH-Urteil v. 14.11.1986; BFH-Urteil v. 26.03.2002). Nach Ottos (2008, S. 229ff) Auffassung stellt jedoch § 3c Abs. 2, der das Abzugsverbot von Beteiligungsausgaben beim Teileinkünfteverfahren (TEV) betrifft, ein Verfassungsverstoß dar. Er argumentiert, dass durch das TEV Körperschaften und ihre Anteilseigner faktisch als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden und somit § 3 Nr. 40 keine echte Steuerbefreiung enthält, sondern als Versuch des Gesetzgebers gesehen werden muss, die Steuerbelastung be-trieblicher Dividendenerträge der von anderen Einkünften anzugleichen. Da das Ab-zugsverbot des § 3 Abs. 2 jedoch nur an den steuerfreien Teil der Dividendeneinkünfte nach § 3 Nr. 40 anknüpft, werden Körperschaften und ihre Anteileigner auf der Ausga-benseite nicht als wirtschaftliche Einheit behandelt, wodurch die Besteuerung betriebli-cher Dividendenerträge nicht folgerichtig1 umgesetzt ist und ein Verstoß gegen das oNP vorliegt. Die vom BFH angeführte sachliche Rechtfertigung (BFH-Urteil v. 19.06.2007), hält Otto für nicht überzeugend .Bei folgerichtiger Ausgestaltung müsste seiner Meinung der Vollabzug der Beteiligungsausgaben erlaubt sein. Ein Verfahren, das die Verfassungskonformität klärt, ist beim BVerfG anhängig (Az. 2 BvR 2221/07).

Auch sind nicht alle betrieblich veranlassten Ausgaben bei der Ermittlung von Saldo aus Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Gesetzgeber hat in § 4

[...]


1 Im Folgenden werden die allgemeineren Begriffe Einnahmen und Ausgaben verwendet.

1 Das EStG folgt aus fiskalischen und praktischen Gründen dem Periodizitätsprinzip, nach der die ESt Abschnittsweise (i.d.R. Kalenderjahr) ermittelt wird (Lang, 2008, § 9 Rz. 44, 45).

2 Verluste sind Überschüsse der Betriebsausgaben über die Betriebseinnahmen oder Überschüsse der Werbungskosten über die Einnahmen. Das EStG nennt den Begriff nicht explizit (Lang, 2008, § 9 Rz. 60).

1 Das Gebot der Folgerichtigkeit besagt, dass der Gesetzgeber das Prinzip, für das er sich entschieden hat, bei der Ausgestaltung des EStG konsequent anwenden muss (Lang, 2008, § 4 Rz. 77).

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Verlustverrechnung und Verlustverrechnungsbeschränkung im EStG
Hochschule
European Business School - Internationale Universität Schloß Reichartshausen Oestrich-Winkel  (Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre & Internationales Steuerrecht)
Veranstaltung
Seminar in Steuerrecht
Note
1,1
Autor
Jahr
2009
Seiten
22
Katalognummer
V138957
ISBN (eBook)
9783640485208
ISBN (Buch)
9783640485055
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verlustverrechnung, EStG, Einkunftsarten, Nettoprinzip
Arbeit zitieren
Alexander Hess (Autor:in), 2009, Verlustverrechnung und Verlustverrechnungsbeschränkung im EStG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138957

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