Leistungsfähigkeit dezentraler Kleinkläranlagen


Diploma Thesis, 2003

98 Pages, Grade: 1.0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen

1. Einleitung und Zielsetzung

2. Herkunft und Zusammensetzung des Abwassers
2.1. Abwassermenge
2.2. Abwasserzusammensetzung
2.2.1. Zehrstoffe
2.2.2. Nährstoffe
2.2.3. Schadstoffe

3. Rechtliche Grundlagen für die Abwasserbeseitigung
3.1. Einleitungserlaubnis
3.2. Abwasserverordnung
3.3. Allgemein anerkannte Regeln der Technik
3.4. Bauaufsichtliche Zulassung
3.5. Rechtliche Situation in Niedersachsen
3.6. Wasserbeschaffungsverband Wingst
3.7. Satzungsbeispiel der Samtgemeinde Hemmoor

4. Kleinkläranlagen
4.1 Allgemeines
4.2. Pflanzenkläranlagen
4.2.1. Allgemeine Beschreibung
4.2.2. Ausführungsvorschriften aus der Satzung der unteren Wasserbehörde
4.2.3. Wirkungsweise
4.2.4. Reinigungsleistung
4.2.5. Entscheidungskriterien
4.2.6. Fazit und Ausblick
4.3. Anlagen mit Festbettreaktor
4.3.1. Allgemeine Beschreibung
4.3.2. Ausführungsvorschriften aus der Satzung der unteren Wasserbehörde
4.3.3. Wirkungsweise
4.3.4. Reinigungsleistung
4.3.5. Entscheidungskriterien
4.3.6. Fazit und Ausblick
4.4. Anlagen mit nachgeschaltetem Filtergraben
4.4.1. Allgemeine Beschreibung
4.4.2. Ausführungsvorschriften aus der Satzung der unteren Wasserbehörde
4.4.3. Wirkungsweise
4.4.4. Reinigungsleistung
5.4.5. Entscheidungskriterien
4.4.6. Fazit und Ausblick
4.5. Scheibenrotationstauchkörper
4.5.1. Allgemeine Beschreibung
4.5.2. Ausführungsvorschriften aus der Satzung der unteren Wasserbehörde
4.5.3. Wirkungsweise
4.5.4. Reinigungsleistung
4.5.5. Entscheidungskriterien
4.5.6. Fazit und Ausblick
4.6. Tropfkörperkläranlagen
4.6.1. Allgemeine Beschreibung
4.6.2. Ausführungsvorschriften aus der Satzung der unteren Wasserbehörde
4.6.3. Wirkungsweise
4.6.4. Reinigungsleistung
4.6.5. Entscheidungskriterien
4.6.6. Fazit und Ausblick
4.7. Anlagen mit nachgeschaltetem Abwasserteich
4.7.1. Allgemeine Beschreibung
4.7.2. Ausführungsvorschriften aus der Satzung der unteren Wasserbehörde
4.7.3. Wirkungsweise
4.7.4. Reinigungsleistung
4.7.5. Entscheidungskriterien
4.7.6. Fazit und Ausblick
4.8. Untergrundverrieselungsanlagen
4.8.1. Allgemeine Beschreibung
4.8.2. Ausführungsvorschriften aus der Satzung der unteren Wasserbehörde
4.8.3. Wirkungsweise
4.8.4. Reinigungsleistung
4.8.5. Fazit
4.9. Ableitung des gereinigten Abwassers
4.9.1. Ableitung in einen Vorfluter
4.9.2. Verbringung in den Untergrund

5. Bodenkundliche und hydrogeologische Empfehlungen für die Abwasserbeseitigung in Kleinkläranlagen

6. Zusammenfassung

7. Ausblick

Literaturverzeichnis / Quellenverzeichnis

Erläuterungen der Begriffe

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung und Zielsetzung

In den letzten Jahren haben das gestiegene Kostenbewusstsein öffentlicher und privater Haushalte und die technologischen Fortschritte bei Kleinkläranlagen und kleinen Kläranlagen zu einer deutlich erhöhten Akzeptanz der dezentralen Abwasserreinigung geführt, da die Unterhaltung großer Kläranlagen bzw. großer Kanalsysteme für kleine Gemeinden zu teuer wird. In dünn besiedelten Regionen oder bei Neubaugebieten kann eine dezentrale Abwasserreinigung über Hauskläranlagen oder Orts- bzw. Ortsteilkläranlagen das Kanalsystem zur Beschickung großer zentraler Kläranlagen häufig kostengünstig ersetzen.

Mit der Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) vom 25.11.1995 können Gemeinden in Niedersachsen Kleinkläranlagen durch Satzung dauerhaft zulassen. Die Wartungsarbeiten können an Dritte vergeben werden. Im Auftrag der Gemeinden führt der Wasserbeschaffungsverband Wingst in seinem Einzugsgebiet im Zuge der Wartungsarbeiten Abwassermessungen durch. Es konnten Messergebnisse von insgesamt 2324 Kleinkläranlagen aus dem Jahr 2000 gewonnen werden. Auf Grund der großen Datenmenge lässt sich erstmals mit einer hohen statistischen Sicherheit die Ablaufqualität der verschiedenen Kleinkläranlagen vergleichen und beurteilen.

Durch den erfolgreichen Betrieb dezentraler Kleinkläranlagen wird der Nachweis erbracht, dass mit modernen Anlagen dank der Weiterentwicklung der Anlagentechnik eine sichere und betriebsgünstige Reinigung von häuslichen bzw. kommunalen Abwässern möglich ist. Die vorliegende Diplomarbeit stellt die wichtigsten Kleinkläranlagentypen vor und bewertet diese hinsichtlich ihrer Leistungsqualitäten.

2. Herkunft und Zusammensetzung des Abwassers

Schmutzwasser ist durch Gebrauch verunreinigtes Wasser. Häusliches Schmutzwasser, im folgenden wird es Abwasser genannt, stammt aus Haushalten und Kleinbetrieben, die in der Regel nur örtliche Bedeutung haben. Schmutzwasser aus Gaststätten, Hotels und Kasernen wird dem häuslichen Schmutzwasser zugerechnet nach ATV 1997 [1].

2.1. Abwassermenge

Der tägliche Wasserverbrauch beträgt in Deutschland ca. 125 l /(E×d) . Die Angaben schwanken in der Literatur von 120 l/(E×d) bis zu 130 l/(E×d) . Durch gestiegenes Umweltbewusstsein und eingerichtete Wassersparmaßnahmen ist ein weiterer Rückgang des Wasserverbrauchs festzustellen.

In der Abwassertechnik wird die Abwassermenge (bezeichnet mit Q) pro Kopf mit 150 Litern pro Tag zugrunde gelegt. Tatsächlich liegt der Wasserverbrauch in einer ländlichen Gegend eher bei ca. 100 Litern, teilweise bei 80 Litern pro Person und Tag. Neben einem anderen Verhalten des Verbrauchers fehlt hier der den Durchschnitt erhöhende gewerbliche Verbrauch.

Das Abwasser wird naturgemäß nicht gleichmäßig über 24 Stunden erzeugt und abgeleitet. Es gibt sogenannte Tages- und Nachtmittel. Um Abwasseranlagen zu bemessen, d.h. ihre „Größe“ zu berechnen, greift man auf stündliche Abwassermengen (bezeichnet mit Qh) von 1/10 der Tagesmenge zurück. Qh beträgt also 15 l pro Person und Stunde; in ländlichen Gebieten damit ca. 10 l pro Person und Stunde.

Die tägliche Abwassermenge pro Einwohner beträgt:

Qd = 150 l/(E×d) bzw. Qh = 15 l/(E×h)

Im ländlichen Raum beträgt die Abwassermenge:

Qd = 100l/(E×d) bzw. Qh = 10 l/(h×E)

Außerdem müssen Abwasseranlagen Einleitungsspitzen (z.B. Badewannenstoß), verkraften können (siehe FINKE 2001 [2]).

2.2. Abwasserzusammensetzung

Die Verschmutzung des Abwassers wird üblicherweise durch die Parameter chemischer Sauerstoffbedarf (CSB), biochemischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen (BSB5 ) , Stickstoff (N) und Phosphor (P) beschrieben. Pro Person ist mit den in der Abb. 1 aufgeführten Schmutzfrachten zu rechnen. Unter Zugrundelegung eines spezifischen Wasserverbrauches von 150 l/(E d) ergeben sich die ebenfalls in Abb. 1 aufgeführten Konzentrationen im häuslichen Abwasser. Diese Werte sind als Größenordnung zu verstehen und können im Einzelfall erheblich schwanken nach [3].

Der Ansatz von 150 l/(E d) ist für die Betrachtung aus oben genannten Gründen zu hoch. Ein geringerer Wasserverbrauch würde im Vergleich zu Abb. 1 höhere Konzentrationen im Abwasser bedeuten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verschmutzung des häuslichen Abwassers nach [3]

Neben diesen klassischen Abwasserparametern finden sich noch eine Vielzahl weiterer Stoffe im Abwasser.

Das breite Spektrum der Abwasserinhaltsstoffe kann entsprechend der Bedeutung für den Prozess der mechanisch – biologischen Abwasser- und Klärschlammbehandlung in die Stoffgruppen

- Zehrstoffe
- Nährstoffe
- Schadstoffe (toxische, wassergefährdende, gefährliche) und
- Störstoffe

eingeteilt werde, wobei nicht in jedem Falle eine eindeutige Abgrenzung zwischen den einzelnen Stoffgruppen möglich oder sinnvoll ist. Es gibt z.B. eine Reihe von Stoffen, die in geringen Mengen für den Ablauf bestimmter Stoffwechselprozesse oder den Ablauf essentiell, d.h. unbedingt erforderlich sind, jedoch ab einer bestimmten Konzentration giftig (toxisch) wirken.

Die Konzentration, ab der ein Metall toxisch wirkt, ist von einer Reihe von Faktoren, wie z.B. Art der Verbindung, Oxidationsstufe, pH-Wert des Abwassers, Schlamm- bzw. Organismenkonzentration, Schlammalter, Nährstoffkonzentration, Adaptionsfähigkeit der Biozönose u.ä. in starkem Maße abhängig. Deshalb müssen Angaben über Grenzkonzentrationen für Schadwirkungen immer in Zusammenhang mit den konkreten chemischen, physikalischen und biologischen Milieufaktoren gesehen werden.

Eines der wesentlichen Ziele der Abwasserreinigung ist die weitest gehende Verringerung der Einleitung der sauerstoffzehrenden Stoffe in Oberflächengewässer, um den natürlichen Selbstreinigungsprozess der Gewässer durch erhöhten Sauerstoffverbrauch nicht zu gefährden.

2.2.1. Zehrstoffe

Zehrstoffe sind im wesentlichen kohlenstoff-, wasserstoff-, stickstoff- und schwefelhaltige, reduzierte, organische, aber auch anorganische Verbindungen, die zu ihrer mikrobiell- biochemisch oder chemisch katalysierten Oxidation den im Wasser physikalisch gelösten Sauerstoff verbrauchen (zehren). Erfolgt die Oxidation vollständig, so spricht man von Mineralisation. Als Endprodukt werden in Abhängigkeit vom Zehrstoff hauptsächlich Kohlendioxid, Nitrat, Sulfat und Wasser erhalten. Im Falle der mikrobiell katalysierten Oxidation wird ein Teil der Zehrstoffe in der mikrobiellen Zehrsubstanz fixiert nach [4].

Die organischen Zehrstoffe können entsprechend ihrer chem. Zusammensetzung bzw. ihres Molekülaufbaus in die folgenden wesentlichen Stoffgruppen eingeteilt werden:

- Kohlenwasserstoffe
- Kohlenhydrate
- Alkohole, Aldehyde, organische Säuren, Fette, Öle, Wachse
- Proteine und Peptide

2.2.1.1. Kohlenstoffverbindungen

Kohlenwasserstoffe bestehen aus den Elementen Kohlenstoff und Wasserstoff und deren Verbindungen.

Aufgrund ihres hohen Reduktionspotentials besitzen die Kohlenwasserstoffe ein hohes Sauerstoffzehrungsvermögen. Eine vollständige Mineralisierung der Kohlenwasserstoffe führt zu Kohlendioxid und Wasser als Endprodukte.

Erfolgt in der Stoffgruppe der Kohlenwasserstoffe eine Substitution der Kohlenstoff- bzw. Wasserstoffatome durch Fremdatome, wie Halogene, Schwefel, Stickstoff oder Phosphor bzw. enthalten Kohlenwasserstoffe entsprechende Liganden in ihrer Molekülstruktur, so erfolgt die biologische Mineralisation in der Regel unvollständig unter Bildung einer Vielzahl niedermolekularer Metabolite mit schwer vorhersehbaren Wirkungen auf die Biozönose der Belebungsstufe einer Kläranlage und das aquatische System von Oberflächengewässern. Je nach Art und Umfang der Substitution und des Abbaugrades sind diese Zwischenverbindungen und Stoffwechselprodukte nicht selten in die Kategorie der Stör- und Schadstoffe einzuordnen.

Kohlenhydrate bestehen aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff Sauerstoff und ihren Verbindungen. Ihr mikrobieller Abbau setzt in den meisten Fällen aufgrund der stabilen und oft hochpolymeren Molekülstruktur als ersten Reaktionsschritt eine enzymatisch oder chemisch induzierte Hydrolyse voraus

Alkohole, Aldehyde, organische Säuren, Fette, Öle und Wachse bestehen wie die Kohlenhydrate aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, aber in z.T. anderen Bindungsformen. Während niedermolekulare Alkohole, Aldehyde und organischen Säuren aufgrund ihrer polaren Struktur gut wasserlöslich und somit einem mikrobiellen Abbauprozess relativ gut zugänglich sind, liegen Fette, Öle und Wachse, bedingt durch ihre eher unpolaren, hydrophoben Eigenschaften sowie ihrer Molekülgröße vorwiegend in ungelöster Form vor.

Proteine und Peptide bestehen aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor und Schwefel. Diese Stoffgruppe charakterisiert mehr oder weniger hochpolymere biogene Verbindungen, die den größten Teil des organischen Zellmaterials repräsentieren. Ihr Aufbau erfolgt überwiegend aus Aminosäuren. Je nach Molekülgröße und Struktur sind die Proteine aufgrund ihres amphoteren Charakters in polaren Lösungsmitteln, wie z.B. Wasser, relativ gut löslich. Ihr Abbaumechanismus erfolgt über proteolytische Enzyme, wobei je nach Abbaumechanismus neben Kohlendioxid und Wasser als Endprodukte organische Säuren, Amine sowie Ammoniak erhalten werden.

Die organischen Zehrstoffe in ihrer Komplexität sind ein Beispiel dafür, dass auf die systematische Untersuchung von Einzelkomponenten zur Charakterisierung der Abwasserbeschaffenheit verzichtet und auf summarische Bestimmungsmethoden zurückgegriffen werden sollte. Von Summenkenngrößen spricht man , wenn durch die angewandte Analysemethode keine Einzelverbindungen , sondern Substanzen mit gemeinsamer Reaktion im Bestimmungsverfahren erfasst werden. Für die Charakterisierung der organischen Zehrstoffe werden im wesentlichen vier Methoden genutzt, die eine summarische Aussage über die Belastung mit organischen Verbindungen ermöglichen (siehe auch Kapitel 2.2.2.). Hierzu zählen

- der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) in mg/l
- der biochemische Sauerstoffbedarf (BSB) in mg/l
- der gesamte organisch gebundene Kohlenstoff (TOC) in mg/l
- der gelöste organisch gebundene Kohlenstoff (DOC) in mg/l

während die Methoden der CSB- und BSB- Bestimmung keine Aussagen über den eigentlichen Gehalt an organischen Verbindungen ermöglichen, sondern nur die Sauerstoffmenge messen, die zur chemischen bzw. mikrobiologischen Oxidation unter bestimmten Bedingungen erforderlich ist, stellt die Bestimmung des TOC bzw. DOC eine Elementanalyse dar. Eine exakte Untersuchung von CSB bzw. BSB5 auf DOC oder TOC ist aufgrund des unterschiedlichen Reduktions- bzw. Oxidationsgrades der organischen Stoffgruppen nicht möglich.

Die organische Schmutzfracht des häuslichen Abwassers resultiert annähernd zu gleichen Teilen (ungefähr jeweils 40 %) aus dem Bereich Fäzes, Urin und Körperpflege bzw. Textilreinigung und Raumpflege. Die restlichen 20 % aus der Nahrungsbereitung. Neben den Hauptsoffen aus diesem Herkunftsbereich wie lipoide Verbindungen (Fette, Öle, Fettsäuren), Kohlenhydrate (Stärke, Zucker, Zellulose) und Proteine kann häusliches Abwasser mit verschiedenen Lösungsmitteln, Farben-, Lack – und Klebstoffresten aber auch Konservierungs-, Desinfektions- sowie Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln belastet sein. Die Belastung des häuslichen Abwassers mit persistenten Wirkstoffen, Arzneimittelrückständen und Duftstoffen spielt vor allem unter dem Gesichtspunkt der Trinkwassergewinnung aus Oberflächengewässern eine zunehmende Rolle. Das Verhältnis von CSB zu BSB5 als Maß für die biologische Abbaubarkeit liegt im unbehandelten Abwasser bei 2 : 1.

Im Folgenden werden schwer abbaubare Abwasserinhaltsstoffe und Substanzen genauer betrachtet. Im Einzelnen wird das Vorkommen und die Relevanz refraktären CSBs im häuslichen Abwasser sowie deren Abbauverhalten in Kläranlagen aus der Literatur recherchiert.

2.2.1.2. Chemischer Sauerstoffbedarf CSB

Unter dem biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB) versteht man die Menge Sauerstoff, die von den Mikroorganismen verbraucht wird, um die im Abwasser enthaltenen organischen Stoffe durch Oxidation (Veratmung) abzubauen. Unter dem chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) verstehet man die Menge Sauerstoff, die beim Einsatz eines definierten chemischen Oxidationsmittels verbraucht wird, die im Abwasser vorhandenen Stoffe zu oxidieren. Der chemische Sauerstoffbedarf wird in mg/l angegeben. Mit einem chemischen Mittel werden mehr organische Schmutzstoffe und auch andere oxidiert, als durch biochemische Bakterienveratmung. Dieser Parameter ist bei der Betrachtung der Abwasserreinigung umfassender. Tatsächlich ist der CSB im Rohabwasser 1,5 bis 2 mal so groß wie der BSB5 (Vergleich Abb. 1). Gereinigtes Abwasser muss einen CSB von weniger als 150 mg /l besitzen.

Werden Abwasserinhaltsstoffe aerob biologisch abgebaut, so ist der Grad der Abbaubarkeit von der Struktur und der Qualität der BSB/CSB tragenden Stoffe abhängig. Über eine sogenannte Rest-CSB-Bestimmung lässt sich ermitteln, wieweit Abwasser biologisch umgesetzt werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Abbaubarer, inerter und Gesamt- CSB bei der biologischen Abwasserbehandlung nach [5].

Aus Abb.2 wird deutlich, dass es im Laufe der biologischen Behandlung gegenläufige Umsetzungen gibt. Im Verlaufe der Veratmung von CSB wird der biologisch verwertbare Anteil zunächst sehr schnell und dann immer langsamer von der Mischbiozönose „Belebter Schlamm“ umgesetzt. Um ein maximales Reinigungsergebnis zu erreichen, gilt es, den optimalen Arbeitspunkt zu treffen, an dem maximal C noch umgesetzt wird, aber die reinigende Biomasse noch nicht soweit „verhungert“ ist, dass sie lysiert und selbst CSB produziert. Wie dieser Punkt in der biologischen Abwasserreinigung zu definieren ist, hängt im erster Linie von der Schlammbelastung BTS und der Qualität des Abwassers ab. Bei der Reinigung von häuslichem Abwasser entsteht als unvermeidbares „Nebenprodukt“ refraktärer CSB.

Bei schwach belasteten Belebungsanlagen (BTS = 0,05 g CSB/(gTS×h)) verbleiben aus dem kommunalen Abwasser ca. 20 – 30 mg/l refraktärer CSB nach[6], von dem nach [7] maximal 15 mg/l durch die Belebtschlamm– Mischbiozönose selbst produziert wird.

Untersuchungen von KUNST [8] zu Stoffumsetzungen im Boden bei den Abwasserverregnungsanlagen zeigten, dass bei der Bodenpassage leicht und gut abbaubare Organika schnell abgebaut werden. Die schwerabbaubaren Verbindungen (refraktärer CSB) hingegen haben eine hohe Presistenz im Boden. Bei verschiedenen Abwasserverregnungsstandorten (mit oder ohne biologischer Vorbehandlung des Abwassers) wurde unabhängig von der CSB- Ausgangsbelastung (kleiner 100 mg/l bis 5000 mg/l) eine übereinstimmende Belastung des oberflächennahen Grundwassers in der Größenordnung von 10 mg/l – 13 mg/l CSB gefunden.

Die Schwierigkeit bei der Bewertung von sogenanntem Rest – CSB liegt darin, dass er zwar nicht mehr weiter durch eine aquatische Mischbiozönose biologisch abbaubar ist, über den Längerfristigen Aufschluss und Abbau im Boden aber keine praxisrelevanten Ergebnisse vorliegen. Grundsätzlich werden die persistenten Stoffe mit dem Summenparameter CSB erfasst, was den Nachteil hat, dass über die chemische Struktur der Verbindungen keine umfassende Erkenntnis besteht. Es ist aus Sicht des Grundwasserschutzes notwendig, einen geringeren CSB – Austrag in das Grundwasser sowie ein höheres Maß an Aufklärung anzustreben.

In Grundwässern sind die Konzentrationen an refraktärem CSB natürlicherweise verschwindend gering. Die Konzentration an gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen (DOC) liegt im allgemeinen bei 1 mg/l THURMANN 1985 [9]. Bei der Versickerung von gereinigten Abwässern muss daher grundsätzlich die Möglichkeit der Anreicherung von refraktärem CSB z.B. im Grundwasser mitbetrachtet werden. Über die tatsächlichen Belastungen im Grundwasser ist gegenwärtig noch wenig bekannt.

Die Bestimmung des CSB erfordert eine Oxidation der Abwasserprobe. Durch vorgefertigte Küvettentests ist die Bestimmung allerdings relativ problemlos. Eine definierte Menge der Abwasserprobe wird in ein Reagenzglas, das gleichzeitig auch Messküvette ist, gegeben, in einem Heizgerät zwei Stunden auf Temperatur gehalten und anschließend in einem Photometer vermessen. Vorteile dieser Methode sind zum einen die benötigte geringe Menge an Probeflüssigkeit und zum anderen die einfache Transportmöglichkeit der Abwasserprobe direkt in der Küvette. Eine Konservierung oder Kühlung der Probe ist dann nicht mehr erforderlich.

2.2.1.3. Biochemischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen (BSB5)

Der BSB5 spielt in der Beurteilung des Abwassers und der Abwasserreinigung eine herausragende Rolle. Er stellt das Maß der organischen Verschmutzung dar, die durch häuslichen Gebrauch hervorgerufen wird und mit mechanischen und biologischen bzw. biochemischen Methoden gereinigt werden kann. Da in der Abwassertechnik die Bedingungen zur Reinigung des Abwassers bemessen werden müssen, hat sich im Sprachgebrauch der Begriff biochemischer Sauerstoffbedarf durchgesetzt. Er bezeichnet also den zur Oxidation der organischen Inhaltsstoffe, und hier vornehmlich des Kohlenstoffs, erforderlichen Sauerstoffbedarf.

Bei der Bestimmung des BSB5 wird die Menge Sauerstoff gemessen, die von den Mikroorganismen innerhalb von 5 Tagen zur Veratmung der organischen Inhaltsstoffe benötigt wird. Natürlich müssen entsprechende Mikroorganismen in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Ist die organische Verschmutzung hoch, wird auch der Sauerstoffbedarf hoch sein.

Für die Bestimmung des BSB5 wird eine Abwasserprobe mit Mikroorganismen , in der Regel mit Belebtschlamm, versetzt. Der Sauerstoffgehalt der Probe wird bestimmt. Unter Einhaltung der Randbedingungen, Abwassermenge, Temperatur, Druck und Licht kann nach definierter Zeit der Sauerstoffgehalt ein zweites Mal gemessen werden. Die Differenz der Messwerte ist der Sauerstoffverbrauch. Üblicherweise wird diese Sauerstoffzehrung nach 5 Tagen bestimmt. Daher die Bezeichnung BSB5. Aus der Beschreibung der Messmethode ist erkennbar, dass ein hoher apparativer Aufwand für die BSB5- Bestimmung erforderlich ist. Außerdem werden durch den Zusatz von Belebtschlamm Messungenauigkeiten hervorgerufen. Abweichungen bis zu 20 % sind zu tolerieren. Um repräsentative Ergebnisse zu erhalten, müssen alle Randbedingungen der Probenahme, Konservierung, Transport, Verdünnung, Lagerung und Vermessung peinlich genau eingehalten werden. Dies ist mit erheblichem Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden, die für den Betrieb einer Kleinkläranlage unverhältnismäßig sind. Aus diesen Gründen wird empfohlen, auf die BSB5 Bestimmung zur Beurteilung des Abwassers im Ablauf einer Kleinkläranlage in der Regel zu verzichten und ihn durch den oben beschriebenen CSB zu ersetzen.

2.2.1.4. Stickstoffverbindungen

Nach den Kohlenstoffverbindungen sind Stickstoffverbindungen im Abwasser nach Menge und Bedeutung die wichtigste Stoffgruppe. Stickstoff kommt sowohl in anorganischer, organischer als auch in elementarer, physikalisch gelöster Form vor. Stickstoffverbindungen können je nach Oxidationsstufe und pH- Wert als Zehrstoff, Nährstoff und Giftstoff wirken. Unter den anorganischen Verbindungen überwiegt im wesentlichen der Ammonium- Stickstoff. Nitrit- bzw. Nitratverbindungen spielen im häuslichen Bereich eine untergeordnete Rolle. Im Abwasser physikalisch gelöster , elementarer Stickstoff hat sowohl für den Prozess der biologischen Abwasserreinigung als auch für die aquatische Lebensgemeinschaft von Oberflächengewässern keine wesentliche Bedeutung.

Das Spektrum organischer Stickstoffverbindungen im Abwasser ist relativ breit gefächert und umfasst hauptsächlich die Stoffgruppen der Proteine, Peptide, Aminosäuren und Harnstoffderivate, wobei der Hauptanteil dieser Verbindungen über die stoffwechselbedingten Ausscheidungen des Menschen in Form von Fäkalien (Harn, Fäzes) in das Abwasser eingetragen wird. Stickstoffverbindungen besitzen mindestens drei unterschiedliche negative Wirkungen auf die Gewässerbeschaffenheit und zwar

- unabhängig von der Oxidationszahl als Nährstoff,
- in Form des freien Ammoniaks als starkes Fischgift und
- als Ammonium- Stickstoff stark sauerstoffzehrend.

Im folgenden wird Ammonium- Stickstoff und Nitrat- Stickstoff näher betrachtet:

Ammonium – Stickstoff (NH4-N)

Da Ammonium-Stickstoff in der Belebungsstufe durch spezielle Mikroorganismen (Nitrifikanten) unter Sauerstoffverbrauch zu Nitrat oxidiert werden kann, sind Ammoniumverbindungen ebenso wie organische Stickstoffverbindungen, z.B. Harnstoff, aus denen durch mikrobielle Reaktionen Ammonium-Stickstoff gebildet wird, direkt den Zehrstoffen zuzuordnen.

Im Rohabwasser schwanken die Konzentrationen des Ammonium-Stickstoffs von 20 bis 50 mg/l. In Kleinkläranlagen kommen hohe Konzentrationen bis 100 mg/l vor. Sie lassen sich auf relativ geringe Durchmischung und Verdünnung mit anderem Abwasser zurückführen.

Für das gereinigte Abwasser aus Kleinkläranlagen sind Konzentrationen von Ammonium-Stickstoff NH4-N < 30 mg/l wünschenswert. Konzentrationen > 60 mg/l lassen auf unzureichende Abwasserreinigung schließen.

Nitrat-Stickstoff (NO3-N)

Nitrat ist im Rohabwasser praktisch nicht vorhanden. Es ist das Abbauprodukt des Ammoniums im natürlichen Stickstoffkreislauf und damit auch in der biologischen Behandlungsstufe der Abwasserreinigung. Wird in der biologischen Behandlungsstufe das Ammonium zum großen Teil oder sogar vollständig zum Nitrat oxidiert, ist zwangsläufig Nitrat im Ablauf der biologischen Stufe als Folge der Nitrifikation vorhanden. Mit der Kenntnis beider Stickstoffparameter lässt sich auf den Grad der Nitrifikation schließen.

Nitrat-Stickstoff ist im Zusammenhang mit der weitergehenden Abwasserreinigung der entscheidende Parameter zum Nachweis der Denitrifikation. Wird dem Nitrat in der biologischen Reinigungsstufe unter anaeroben Verhältnissen gezielt der Sauerstoffanteil durch mikrobiologische Aktivität entrissen, muss die Konzentration des Nitrat-Stickstoffs im Ablauf der Abwasserreinigung der Abwasserbehandlungsanlage entsprechend gering sein.

2.2.1.5. Phosphat (PO4-P)

Phosphor kommt in organischen Verbindungen im Abwasser ausschließlich in seiner höchsten Oxidationsstufe vor.

Im Rohabwasser sind Phosphate in Konzentrationen von 12 bis 14 mg/l PO4-P vorhanden. In Kleinkläranlagen können dese Werte aufgrund der geringen Durchmischung und Verdünnung mit anderem Abwasser durchaus höher sein.

Bei der Beurteilung des Abwassers im Ablauf von Kleinkläranlagen spielt die Phosphatbestimmung bisher keine Rolle nach[2].

2.2.2. Nährstoffe

Der Aufbau von Zellsubstanz ist an die Bereitstellung einer Vielzahl essentieller Elemente gebunden, wobei je nach erforderlicher Menge unterschieden wird zwischen Makro- und Mikro(Spuren)- Elementen.

Zu den Makroelementen werden solche gerechnet, die einen Anteil von mehr als 0,001 % der Zelltrockensubstanz ausmachen. Hiezu gehören die Elemente Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Phosphor und Schwefel, die die Verbindungen der strukturellen und funktionellen Grundsubstanz der lebenden Materie bilden, sowie die Elemente Kalium, Magnesium, Natrium, Calcium und Chlor, die als Stabilisatoren von Membranstrukturen und Gegenionen geladener Makromoleküle u.ä. dienen. Mikroelemente werden in Massenanteilen unter 0,001 % der Zelltrockensubstanz benötigt, sind jedoch für den Aufbau und die Funktionalität ebenso unabdingbar wie die Makroelemente. Sie kommen bevorzugt als Bestandteil von Enzymen und Coenzymen vor und sind somit verantwortlich für wichtige Stoffwechselabläufe.

Während einerseits im Prozess der biologischen Abwasserreinigung ein ungehindertes Wachstum aller am Reinigungsprozess beteiligten Mikroorganismenarten und somit ein optimales und ausgewogenes Nährstoffangebot anzustreben ist, wird bezüglich der Nährstoffverhältnisse im gereinigten Abwasser bzw. der nachgeschalteten Oberflächengewässer das Prinzip des sogenannten Minimumfaktors gefordert.

2.2.3. Schadstoffe

2.2.3.1. Toxische Substanzen

Toxizität ist nach [10] die „Fähigkeit eines Stoffes aufgrund seiner chemischen Eigenschaften und Konzentrationen unter bestimmten Bedingungen auf Organismen oder Biozönosen schädigend zu wirken.“ Die Zahl der als toxisch einzustufenden Stoffe und Verbindungen wächst ständig, so dass es keine endgültige und komplette Auflistung geben kann. Darüber hinaus ist allein auf der Grundlage chemisch analysierter Daten eine Beurteilung der potentiellen Schadwirkung von gefährlichen Stoffen nicht möglich, da sich einzelne Stoffe in ihrer Wirkung gegenseitig beeinflussen können. Im Falle einer Verstärkung des toxischen Effektes spricht man von einer synergistischen Wirkung, im Falle einer Minderung von einem antagonistischen Effekt.

Toxische Wirkungen sind prinzipiell dosisabhängig. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die Konzentration u.U. relativ wenig aussagefähig über die zu erwartenden toxischen Auswirkungen und Effekte ist. Ausschlaggebend ist allein der bioverfügbare Anteil der Verbindungen, der in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen und der Stoffcharakteristik in weiten Grenzen variieren kann.

Da Toxizität nicht allein eine Stoffeigenschaft ist, sondern immer das Resultat einer Wechselwirkung zwischen Stoff und biologischem System darstellt, ist weiterhin die Kenntnis des biologischen Systems notwendig.

Giftstoffe vermögen entweder nach einmaliger oder kurzzeitiger Exposition auf das biologische System zu einer rasch einsetzenden Wirkung führen (akut toxische Wirkung) oder nach längerer bzw. nach mehrmaliger Einwirkung – u.U. sogar nach einem Generationswechsel – das Testsystem zu beeinflussen (chronische Toxizität).

Welche Stoffe und Stoffgruppen als gefährlich zu bewerten sind, wird von der Bundesregierung im Rahmen der Abwasserverordnung nach [4] festgelegt und in einem entsprechenden Katalog erfasst.

In den bisher veröffentlichten Abwasserverwaltungsvorschriften wurden die folgenden Stoffe und Stoffgruppen bzw. Kenngrößen als gefährlich eingestuft:

- abfiltrierbare Stoffe als Leitparameter
- AOX (adsorbierbare organisch gebundene Halogene)
- LHKW (leicht flüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe)
- Benzol und seine Homologen
- Kohlenwasserstoffe als Leitparameter
- Hexachlorcyclohexan, Hexachlorbenzol, Anilin
- Cyanid, Sulfid, freies Chlor, Mercaptane
- Phenolindex, EDTA
- Arsen, Selen, Antimon, Barium, Thallium, Quecksilber, Cadmium, Zinn
- Blei, Kupfer, Nickel, Zink, Chrom-(III) und Chrom-(VI), Silber, Cobalt
- Aldrin, Dieldrin, Endrin, Isodrin, Endosulfan
- DDT, Pentachlorphenol, polychlorierte Dibenzodioxine und Furane sowie
- GF (Fischgiftigkeit als Verdünnungsfaktor).

2.2.3.2. Schwermetalle

Metalle mit einer Dichte größer 5 g/cm³ werden den Schwermetallen zugeordnet. Im kommunalen Abwasser spielen vor allem die Schwermetalle Quecksilber, Cadmium, Zink, Nickel, Kupfer, Chrom und Blei eine besondere Rolle, da diese sieben Schwermetalle aufgrund ihrer toxischen Eigenschaften im Klärschlamm durch die Klärschlammverordnung nach [11], die das Aufbringen von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Nutzflächen sowie sie Verwendung im Landbau regelt, begrenzt sind. Metalle wie Silber, Cobalt, Molybdän und Thallium können ebenfalls von Relevanz sein.

Im Gegensatz zu den organischen Schadstoffen, die in Abhängigkeit ihrer Molekülstruktur einem mikrobiellen Abbau zumindest vom Prinzip her zugänglich sind, ist das für Metalle ausgeschlossen. Eine Elimination aus dem Abwasser kann nur durch folgende Prozesse und Mechanismen erfolgen:

- Sedimentation der ungelösten Metallverbindungen,
- Physikalische Sorption an oberflächenaktiven Feststoffpartikeln und Belebtschlammflocken,
- Stoffwechselaktive physikalisch- chemische Bindung gelöster (ionogener) Schwermetalle an funktionelle organische Strukturen des Belebtschlammes (mikrobielle Zellwand) bzw. der organischen Suspensa und
- Stoffwechselaktive intrazelluläre Aufnahme von Schwermetallionen.

Ungelöste oder an absetzbare Stoffe gebundene Metalle werden in der Vorklärung weitestgehend abgeschieden, während ionogene, komplex- oder chelatgebundene Eigenschaften der Belebtschlammflocke bzw. durch selektiv wirkende Bindungsmechanismen spezieller Zellwand- und/oder Membranbereiche der Mikroorganismen oder wachstumsbedingte Stoffwchselprozesse im Zellinneren der Mikroorganismen gespeichert werden. Diese Vorgänge führen jedoch auch in der Summe zu keiner vollständigen Elimination der Schwermetalle, wobei vor allem Schwermetallkomplexe bzw. Chelate die Ursache für erhöhte Belastungen im gereinigten Abwasser darstellen. Der erzielbare Eliminierungsgrad für die Klärschlammrelevanten Schwermetalle liegt zwischen 60 – 90 %. Während die Elemente Cadmium, Nickel und Chrom den geringsten Eliminationsgrad aufweisen, können Zink, Kupfer, Quecksilber und Blei bis zu 90 % eliminiert werden.

2.2.3.3. Endokrin wirkende Substanzen

Viele Industriechemikalien, Arznei- und Pflanzenschutzmittel stehen im Verdacht, Einfluss auf das Hormonsystem von Mensch und Tier zu nehmen. Es wird vermutet, dass diese Substanzen als Umwelthormone die Fruchtbarkeit herabsetzen. Zu den Stoffen mit endokriner Wirksamkeit zählen Substanzen mit östrogener, antiöstrogener, androgener und antiandrogener Aktivität. Solche Stoffe können bereits in sehr geringen Konzentrationen Effekte hervorrufen, die oft irreversibel sind. „Eine Substanz mit Wirkung auf das Hormonsystem“ ist per Definition „eine exogene Substanz, die als Folge der Veränderung der endokrinen Funktion schädliche Gesundheitseffekte in einem Organismus oder seinen Nachkommen auslöst.“ Als Zielorgane der hormonellen Wirkung kommen in erster Linie die Reproduktionsorgane in Betracht, aber auch das neuronale System und Immunsystem.

Substanzen mit endokriner Wirkung gehören keiner einheitlichen Stoffgruppe an. Vielmehr handelt es sich um eine Vielzahl unterschiedlicher chemischer Verbindungen. Dies sind 1.) natürliche und 2.) synthetische Hormone, die vom Menschen ausgeschieden werden (Östradiol, Östron und Ethinylöstradiol). Weiter kommen 3.) östrogen wirkende Substanzen aus Pflanzen und Pilzen vor (Phyto- und Mycoöstrogene) sowie 4.) diverse Industriechemikalien (Xenobiotika). Bekannte, östrogen wirkende Industriechemikalien sind beispielsweise Phtalat, Alkylphenole und das Bisphenol A. dagegen wird den Tributylzinnverbindungen eine androgene Wirkung zugeschrieben.

Der Wissensstand über endokrin wirkende Substanzen in der Umwelt ist sehr lückenhaft und gegenwärtig kann nur ein Teil der Gesamtbelastung aus endokrin wirkenden Substanzen erkannt werden und der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ist in weiten Bereichen noch unklar. Daher müssen weitere Erhebungen von verlässlichen Daten zum Vorkommen dieser Substanzen in den unterschiedlichsten Bereichen durchgeführt werden laut [12].

Die additive Wirkung bei Exposition mit Substanzkombinationen muss berücksichtigt werden. Aufgrund der extrem niedrigen Wirkungsschwellen der endokrin wirksamen Stoffe erscheint eine gezielte Elimination in Kläranlagen nicht realistisch nach [13].

3. Rechtliche Grundlagen für die Abwasserbeseitigung

Bezüglich der Abwasserbeseitigung existieren Regelungen auf

- Europäisches Recht
- Bundesrecht (Wasserhaushaltsgesetz WHG, Abwasserabgabegesetz, Abwasserverordnung AbwV)
- Landesrecht (Landeswassergesetze)
- Gemeinden (Abwassersatzungen)
- Allgemein anerkannte Regeln der Technik (DIN, ATV)

Den rechtlichen Rahmen für die Abwasserbeseitigung in Deutschland bildet das Bundes- Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Demnach ist Abwasser so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird (§ 18 a WHG). Welche Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Abwasserbeseitigung verpflichtet ist, wird in den Wassergesetzen der Bundesländer festgesetzt (§18 a Abs. 2 WHG). In der Regel sind dies die Gemeinden. Sie können die Abwasserbeseitigungspflicht allerdings unter bestimmten Voraussetzungen auf einen Dritten ganz oder teilweise befristet widerruflich übertragen (§18 a Abs. 2 a WHG bzw. Landeswassergesetze). Im § 18 a WHG ist ebenfalls geregelt, dass Abwasser auch durch dezentrale Anlagen beseitigt werden kann.

3.1. Einleitungserlaubnis

Die Einleitung des gereinigten Abwassers in ein Gewässer bedarf einer Erlaubnis. Sie ist vom Nutzungsberechtigten des Grundstücks bei der zuständigen Behörde (in den meisten Bundesländern der unteren Wasserbehörde) zu beantragen. Diese Einleitungserlaubnis darf allerdings nur erteilt werden, wenn die Schadstofffracht des einzuleitenden Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach Stand der Technik möglich ist (§ 7 a WHG). Die Anforderungen, die dem Stand der Technik entsprechen, sind in der Abwasserverordnung (BGBI.IS.2497, 2002) des Bundes (AbwV) festgelegt (s.u.), die seit dem 01.08.2002 in Kraft ist. Eine Erlaubnis zum Einleiten von Abwasser ist zu versagen, soweit von der Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit ausgeht, die nicht durch Auflagen und Maßnahmen verhütet oder ausgeglichen werden kann (§ 6 WHG). Da Grundwasser in besonderem Maße schutzwürdig ist, darf eine Erlaubnis für die Einleitung von Abwasser ins Grundwasser außerdem nur dann erteilt werden, wenn eine schädliche Verunreinigung oder sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu befürchten ist. (§ 34 WHG).

Für den Bau und Betrieb von Abwasseranlagen gelten die allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 18 b WHG). Außerdem sind Abwasseranlagen so zu errichten und zu betreiben, dass die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser eingehalten werden.

3.2. Abwasserverordnung

Wie bereits beschrieben, sind die Anforderungen an das Einleiten in ein Gewässer in der Abwasserverordnung festgelegt. Die Anforderungen für häusliches und kommunales Abwasser sind in Anhang 1 zu finden. Für die Größenklasse 1 ( < 60 kg BSB5 * d), zu der auch Kleinkläranlagen zählen, sind im Ablauf der Kleinkläranlagen Werte von CSB < 150 mg/l und BSB5 < 40 mg/l einzuhalten. Diese Grenzwerte werden im Allgemeinen auch in der Einleitungserlaubnis formuliert. Allerdings kann die Behörde in der Erlaubnis auch schärfere Werte fordern, wenn dies aus Gewässerschutzgründen erforderlich ist (Immissionsbetrachtung).

Aufgrund der in der AbwV festgelegten Grenzwerte für die Einleitung von Abwasser aus Kleinkläranlagen könnte gefolgert werden, dass eine Probenahme und Überprüfung der Ablaufwerte durch die Wasserbehörden wie bei kommunalen Kläranlagen erforderlich ist. Die AbwV stellt die Wasserbehörden hiervon frei. In Absatz 4 des Anhangs 1 der AbwV heißt es, dass die Anforderungen für die Größenklasse 1 der AbwV ( CSB < 150 mg/l und BSB5 < 40 mg/l) bei Kleineinleitungen als eingehalten gelten, wenn „eine durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, europäische technische Zulassung nach den Vorschriften des Bauproduktengesetzes (WasBauPVO, Nds. GVBI. S. 69, 1999) oder sonst nach Landesrecht zugelassene Abwasserbehandlungsanlage nach Maßgabe der Zulassung eingebaut und betrieben wird“. Das Niedersächsische Umweltministerium spricht sich beispielsweise in einem Erlass dafür aus, künftig nur noch bauaufsichtlich geprüfte Anlagen zuzulassen.

Eine Abwasserabgabe ist für Einleitungen aus Kleinkläranlagen ( < 8 m3/d) nicht zu entrichten, wenn der „Bau der Abwasserbehandlungsanlage mindestens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und die ordnungsgemäße Schlammbeseitigung sichergestellt ist“ (§ 8 AbwAG).

Voraussetzung für den Bau und Betrieb einer Kleinkläranlage ist, dass die Abwasserbeseitigungspflicht auf die Nutzungsberechtigten der Grundstücke übertragen wurde (s.o. bzw. § 18 a Abs. 2 a WHG). Dies ist unter bestimmten Vorraussetzungen möglich, die von den Landeswassergesetzen der Bundesländer festgelegt wird.

3.3. Allgemein anerkannte Regeln der Technik

Wie bereits erläutert, gelten für den Bau und Betrieb von Abwasseranlagen, also auch von Kleinkläranlagen, die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Zu den wichtigsten allgemein anerkannten Regeln der Technik aus dem Kleinkläranlagenbereich zählen die DIN EN 12566, die DIN 4261 sowie für naturnahe Verfahren Arbeitsblätter der ATV bzw. ATV-DVWK.

Ziel der europäischen Normung ist die Beseitigung von Handelskommissionen im Bereich der europäischen Union nach [14]. Die sogenannten harmonisierten Normen der EU müssen zwingend eingeführt werden und davon abweichende nationale Normen zurückgezogen werden. Allerdings haben die deutschen Normenausschüsse des deutschen Instituts für Normung für europäische Normen, die nicht in vollem Umfang die bestehenden deutschen Normen berücksichtigen, sogenannte Restnormen herausgegeben. Die DIN EN 12566 enthält Vorgaben für Bemessung, Bau und Prüfung von Kleinkläranlagen und ist in folgende sechs Teile gegliedert, die sich teilweise noch in Bearbeitung befinden laut [15]:

- Teil 1: werkmäßig hergestellte Faulgruben (Festlegung von Anforderungen und Prüfverfahren)
- Teil 2: Bodeninfiltrationssysteme und ihre Konstruktion
- Teil 3: Vorgefertigte und/oder vor Ort montierte Behandlungsanlagen für häusliches Schmutzwasser
- Teil 4: Faulgruben aus vorgefertigten Teilen in situ (vor Ort) errichtet
- Teil 5: Filtersysteme (inklusive Sandfilter)
- Teil 6: Test – Methoden für die Bewertung der Leistungsfähigkeit der Behandlungsanlagen am Einsatzort

Für Betrieb und Wartung von Kleinkläranlagen ist weiterhin die deutsche DIN 4261 bindend.

Die DIN 4261 gliedert sich in drei Teile:

- Teil 1: Anlagen zur Abwasservorbehandlung
- Teil 2: Anlagen mit Abwasserbelüftung – Anwendung, Bemessung, Ausführung und Prüfung
- Teil 4: Anlagen mit Abwasserbelüftung – Betrieb und Wartung

Die Teile 2 und 4 befinden sich zur Zeit in Überarbeitung und werden den europäischen Normen angepasst. Mit der Veröffentlichung eines zusammengelegten Teils dieser Normteile ist Ende 2003 zu rechnen.

Die DIN 4261 fordert einen sachgemäßen Betrieb und eine regelmäßige Wartung. Der Betrieb ist dabei von einem Sachkundigen (Betreiber), die Wartung von einem Fachkundigen durchzuführen. Die Wartung von Anlagen zur Abwasservorbehandlung ist mindestens einmal jährlich (DIN 4261 Teil 1), die Wartung von Anlagen mit Abwasserbelüftung ist mindestens dreimal jährlich (DIN 4261 Teil 4) durchzuführen. Hierzu ist der Abschluss eines Wartungsvertrages erforderlich. Der Wartungsbericht ist im Betriebsbuch der Kleinkläranlage aufzubewahren.

Im Rahmen der Wartung müssen „Verstopfungen, Ablagerungen, undichte Stellen, bauliche Schäden an der Anlage und ihren Teilen ... unverzüglich beseitigt werden“ (DIN 4261 Teil 1 und Teil 4). Bei Anlagen nach DIN 4261 Teil 1 (Vorklärungen) ist ebenfalls eine Schlammspiegelung durchzuführen und gegebenenfalls die Schlammabfuhr zu veranlassen. Die Schlammabfuhr orientiert sich somit am Bedarf und nicht mehr an einem festen Turnus (alle 1 oder 2 Jahre), wie dies in der „alten“ DIN 4261 Teil 3 bis 2002 noch üblich war. Einkammer-Absetzgruben sind nach Feststellung von 70 % Füllung des Nutzvolumens, Mehrkammerabsetz- als auch –ausfaulgruben nach Feststellung halber Füllung des Nutzvolumens zu entleeren bzw. zu entschlammen.

Neben des eigentlichen Wartungsarbeiten sind im Rahmen der Wartung für Anlagen mit Abwasserbelüftung Abwasseranalysen durchzuführen.

Für den Betrieb (Eigenkontrolle durch den Betreiber) sind in der DIN 4261 Teil 4 tägliche, wöchentliche und monatliche Kontrollen aufgeführt. Dies sind beispielsweise die tägliche Überprüfung der Betriebsbereitschaft, das Ablesen der Betriebsstundenzähler oder die monatliche Sichtkontrolle auf Schwimmschlamm im Ablauf.

Weitere Hinweise zur Wartung, den speziellen Kleinkläranlagentyp betreffend, sind den bauaufsichtlichen Zulassungen zu entnehmen. Die Angaben in der bauaufsichtlichen Zulassung sind bindend. Darüber hinaus kann die Untere Wasserbehörde in der Einleitungserlaubnis eine höhere Wartungshäufigkeit verlangen, wenn dies erforderlich ist (z.B. bei Gaststätten oder Gewerbebetrieben oder aus Gewässerschutzgründen).

Untergrundverrieselung und Sickerschacht sind, da deren Ablaufwerte nicht überprüfbar sind, zukünftig nicht mehr zulässig. Für Pflanzenkläranlagen soll es eine Zulassung geben. Beim Bau und Betrieb von Pflanzenkläranlagen ist weiterhin das ATV-Arbeitsblatt 262 zu beachten.

Es wird Übergangsfristen (Abschreibungsdauer, Bezug auf NWG § 149) von bis zu 15 Jahren geben. Eine Abwasserabgabe wird für zugelassene Anlagen nicht erhoben.

3.4. Bauaufsichtliche Zulassung

Kleinkläranlagen sind dem Baurecht unterstellt siehe auch [16]. Die Landesbauordnungen der Länder unterscheiden serienmäßig hergesellte Bauprodukte in geregelte und nicht geregelte Produkte. Geregelte Bauprodukte entsprechen den allgemein anerkannten Regeln der Technik und bedürfen lediglich einem Verwendbarkeitsnachweis durch das Institut für Normung (DIN) und einem Übereinstimmungszeichen (Ü – Zeichen). Hierzu zählen Anlagen zur Abwasservorbehandlung (Vorklären).

Anlagen mit Abwasserbelüftung hingegen zählen zu den nicht geregelten Bauprodukten und bedürfen einer allgemein bauaufsichtlichen Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt). Für die Zulassung ist die wasserrechtliche Eignung der Kleinkläranlage dabei ein Jahr lang unter praxisnahen Bedingungen auf einem Testfeld nachzuweisen. Die Zulassung wird für einen Zeitraum von fünf Jahren erteilt.

Die Beurteilungskriterien der wasserrechtlichen Eignung legt ein dem DIBt zugeordneter Sachverständigenausschuss „Klärtechnik“ fest. Seit Juni 2000 wird bei den Beurteilungskriterien zwischen Kleinkläranlagen für den Kohlenstoffabbau und Kleinkläranlagen mit zusätzlicher Nitrifikation bzw. Denitrifikation unterschieden. Die entsprechenden Anforderungen für den Ablauf während der einjährigen Prüfung zur Erteilung der bauaufsichtlichen Zulassung sind Abb. 3 zu entnehmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Ablaufanforderungen während der einjährigen bauaufsichtlichen Prüfung

Die Werte sind grundsätzlich nicht zu überschreiten. Sie gelten auch als eingehalten, wenn von fünf aufeinander folgenden Untersuchungen drei Ergebnisse die festgelegten nicht übersteigen, sowie ein Ergebnis den Wert um nicht mehr als 100 % überschreitet.

Mit AFS werden abfiltrierbare Stoffe bezeichnet.

Für serienmäßig hergestellte Kleinkläranlagen gilt das bauaufsichtliche

Zulassungsverfahren des Instituts für Bautechnik (DIBt) als Nachweis dafür, dass die

Anlagen in der Lage sind, den Stand der Technik einzuhalten.

3.5. Rechtliche Situation in Niedersachsen

Die Kleinkläranlagen betreffend enthält das Niedersächsische Wassergesetz (NWG)

Regelungen zur Abwasserbeseitigungspflicht und zum Bau, Betrieb und zur Überwachung von Abwasseranlagen.

Besondere Aufmerksamkeit hat 1995 die Novellierung des § 149 NWG erregt, die eine gesetzliche Gleichstellung der zentralen und dezentralen Abwasserbeseitigung in Niedersachsen bewirkt hat. Es ist nun den Städten und Gemeinden als Abwasserbeseitigungspflichtige überlassen, ob sie durch Satzung die Nutzungsberechtigten der Grundstücke zur Abwasserbeseitigung durch Kleinkläranlagen verpflichten wollen. Stehen keine hydrogeologischen oder die Gewässergüte oberirdischer Gewässer betreffende Gründe einer Abwasserbeseitigung durch Kleinkläranlagen entgegen, so kann die Gemeinde an einer solchen Lösung nicht gehindert werden. Ausführlich werden die hydrogeologischen und bodenkundlichen Empfehlungen in Kapitel 6 beschrieben.

Mit Inkrafttreten einer Satzung geht dann die Abwasserbeseitigungspflicht von den Gemeinden auf die Nutzungsberechtigten der Grundstücke über. Die Satzung der Samtgemeinden kann ferner bestimmte Kleinkläranlagentypen vorschreiben oder bestimmen, dass die Kleinkläranlagen auf Kosten der Nutzungsberechtigten durch die Gemeinde oder durch von ihr bestimmte Dritte zu warten sind. Nach §153 Abs. 4 NWG hat der Nutzungsberechtigte im Rahmen seiner Pflicht als Betreiber sicherzustellen, dass seine Abwasseranlagen durch geeignetes Personal fachgerecht betrieben und gewartet werden (Wartungsvertrag!).

3.6. Wasserbeschaffungsverband Wingst

Der Wasserbeschaffungsverband Wingst (im Folgenden kurz WBV genannt) ist ein Zweckverband, gegründet am 07.03.1973. Verbandsglieder sind die Samtgemeinden Am Dobrock, Börde Lamstedt, Hemmoor sowie Sietland für die Gemeinden Odisheim und Steinau und Geestquelle für die Gemeinde Alfstedt.

Der Verband hat die Aufgabe, die Einwohner der Verbandglieder mit Trink- und Brauchwasser zu versorgen, die jährlich vorgeschriebene Überprüfung der Kleinkläranlagen vorzunehmen, die Abwassergebühren beizutreiben und die Koordination der Fäkalschlammabfuhr von dezentralen Kleinkläranlagen wahrzunehmen.

Das Versorgungsgebiet umfasst ca. 547 km² und versorgt ca. 43.500 Einwohner mit ca. 3.000.000 m³ Trinkwasser pro Jahr. Es werden ca. 5.400 Kleinkläranlagen überprüft. Stand 2002 nach [17].

Der Verband dient dem öffentlichen Wohl und hat nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen.

Organe des Verbandes sind die Verbandsversammlung, der Verbandsvorstand und der Geschäftsführer. Verbandsversammlung und Vorstand setzen sich aus Vertretern der Mitgliedsgemeinden zusammen. Näheres regeln die Satzungen des Verbandes.

In der Satzung des WBV Wingst über die Wartung von Kleinkläranlagen in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 08.10.2001 wurde unter anderem festgelegt, dass, der WBV Wingst die hoheitliche Aufgabe der Wartung von Kleinkläranlagen und abflusslosen Sammelgruben gemäß § 149 des NWG für die Verbandsglieder wahrnimmt, die ihm diese Aufgabe übertragen haben.

Die Satzungen der Samtgemeinden zur Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht des häuslichen Abwassers aus dezentralen Abwasseranlagen auf die Nutzungsberechtigten der Grundstücke legen die zulässigen Kleinkläranlagen fest. Diese und die tatsächlich vorhandenen Kleinkläranlagen und abflusslosen Sammelgruben sind ausschließlich nach Maßgabe dieser Satzung und auf Kosten der Nutzungsberechtigten vom WBV Wingst zu warten.

Hier gibt es in Bezug auf die implementierte Lösung der Mitgliedsgemeinden des WBV – Wingst das Problem, dass die jetzige Situation der Satzungsregelung so nicht mit der Abwasserverordnung kompatibel ist. Sobald die Gemeinden , die aufgrund der Abwasserverordnung erforderliche Satzungsneuregelung abgeschlossen haben, hat der WBV – Wingst den Wartungsumfang auf Basis der Aufgabenübertragung durch die Gemeinden mit der Unteren Wasserbehörde abzustimmen. Aus dieser Abstimmung kann resultieren, dass der WBV – Wingst kein Wartungsmonopol haben darf, so dass unter Umständen die Wartung der neu genehmigten bauartzugelassenen Kleinkläranlage, deren Betreiber einen vorgeschriebenen Wartungsvertrag abgeschlossen haben, nicht mehr der hoheitlichen Überprüfung durch den WBV – Wingst unterliegen, d.h., der WBV – Wingst verliert innerhalb der nächsten 15 Jahre seine Einleitungsüberwachungsaufgabe (Wartungsaufgabe) oder muss in direkte Konkurrenz zu den privaten Wartungsfirmen treten. Da er jedoch kein Hersteller ist und auch keine Einbauten vornimmt, ist dies nur bedingt umsetzbar und sinnvoll. Aus jetziger Sicht wird mit der Einstellung der Wartungsaufgabe seitens des WBV – Wingst gerechnet. Somit verbliebe als Aufgabe allein die Feststellung des Fäkalschlammspiegels zur Festlegung der Fäkalschlammabfuhr; dies dann gesondert von der regelmäßigen Wartung durch den WBV – Wingst vorzunehmen, wäre schon aus Kostengründen nicht zu vertreten.

3.7. Satzungsbeispiel der Samtgemeinde Hemmoor

In der Satzung der Samtgemeinde Hemmoor, Landkreis Cuxhaven, zur Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht des häuslichen Abwassers auf die Nutzungsberechtigten der Grundstücke (vom 19.12.1996 wird aufgrund der §§ 6 und 40 der Nds. Gemeindeverordnung in der Fassung vom 22.08.1996 (Nds. GVBI. S 382) und des § 149 Abs.4 des Nds. Wassergesetzes in der Fassung vom 20.08.1990 (Nds. GVBI. S. 371), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.1995 (Nds. GVBI. S. 478) hat der Samtgemeinderat der Samtgemeinde Hemmoor in seiner Sitzung am 19.12.1996 folgendes beschlossen (gekürzt):

Allgemeines

Die Beseitigung des häuslichen Abwassers im Bereich der Samtgemeinde Hemmoor mit Ausnahme der Bereiche, die nicht an die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen sind, wird den Nutzungsberechtigten der Grundstücke übertragen. (Auf die einzelnen Ortsteile wird nicht näher eingegangen.)

Zulässige Kleinkläranlagentypen

soweit die Satzung keine anderslautenden Regelungen enthält, ist das vorbehandelte Abwasser in ein Oberflächengewässer einzuleiten.

Als den Kläranlagen nachzuschaltende biologische Stufen sind ausschließlich zulässig:

- Filtergraben
- Tropfkörper
- Tauchkörper
- Festbett
- Pflanzenbeet
- Abwasserteich

Für andere Verfahren sind gesonderte Anträge bei der zuständigen Wasserbehörde zu stellen. In diesem Fall der Landkreis Cuxhaven.

Einleitung

Die Verrieselung des vorbehandelten Abwassers über ein unterirdisches Rohrnetzsystem (sog. Untergrundverrieselung), eine Sickermulde oder einen Sickerteich ist nur zulässig, wenn das Abwasser in einer biologischen Stufe nachgeklärt wurde und wenn näher bezeichnete Oberflächengewässer für eine Einleitung nicht zur Verfügung stehen. Die Einleitungen erfolgen direkt oder über vorgeschaltete Grabensysteme.

Bestandsschutz

Kleinkläranlagen, die beim Inkrafttreten dieser Satzung rechtmäßig vorhanden sind (z.B. Nachklärung durch Untergrundverrieselung), den Bestimmungen dieser Satzung jedoch nicht mehr entsprechen, bleiben weiter für einen Zeitraum von 15 Jahren zugelassen, soweit nicht erteilte wasserrechtliche Erlaubnisse eine andere Befristung vorsehen.

Wartung

Die von den Nutzungsberechtigten der Grundstücke betriebenen Kleinkläranlagen werden auf deren Kosten von der Samtgemeinde Hemmoor gewartet. Die Samtgemeinde Hemmoor ist berechtigt, diese Aufgabe auf Dritte zu übertragen. Sofern die betroffenen Nutzungsberechtigten der Grundstücke bereits eigene Wartungsverträge abgeschlossen haben, sind diese zum nächstmöglichen Termin zu kündigen.

Im Zuge der Wartungsarbeiten ist eine gezielte, auf den jeweiligen Kleinkläranlagentyp abgestimmte, Bestimmung der Fäkalschlammmenge, z.B. durch Schlammpeilung, vorzunehmen. Bei der Wartung festgestellte Mängel sind unverzüglich durch den Nutzungsberechtigten des Grundstücks zu beheben.

Anzeigepflicht

Der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks ist verpflichtet, die Errichtung oder wesentliche Änderung einer Kleinkläranlage oder abflusslosen Sammelgrube eine Woche vor Beginn des Vorhabens der Unteren Wasserbehörde über die Samtgemeinde Hemmoor unter Beibringung folgender Unterlagen anzuzeigen:

1. Grundriss und Schnitte der Klärgrube der Nachbehandlungsanlage
2. Lageplan mit Darstellung der Entwässerungsanlage und Bebauung
3. Übersichtsplan (Topologische Karte) mit Eintragung der Einleitungsstelle und des Wasserlaufs

Der Übergang der Erlaubnis auf einen Rechtsnachfolger ist der Unteren Wasserbehörde über die Samtgemeinde Hemmoor anzuzeigen.

Anmerkung zur oben genannten Satzung

Aufgrund der oben genannten Gesetzesänderungen werden die Satzungen der Samtgemeinden neu überarbeitet und Neufassungen sind in Kürze zu erwarten.

Die im folgenden ausgewerteten Wartungsprotokolle basieren auf der Satzung vom 19.12.1996.

In Zukunft werden die naturnahen Anlagen:

- Teichanlagen
- Filtergraben

nicht mehr zugelassen.

Die Pflanzenkläranlagen werden vermutlich weiterhin zugelassen, da sie sich zur Zeit in der einjährigen Testphase für die bauaufsichtliche Zulassung in Berlin befindet.

4. Kleinkläranlagen

4.1 Allgemeines

Ziel der Abwasserbehandlung ist der Schutz der Gewässer. Im Allgemeinen wird das häusliche Abwasser in einer Kanalisation gesammelt und anschießend in einer zentralen Kläranlage behandelt. Im ländlichen Raum ist es in Einzelfällen jedoch wirtschaftlicher, die Abwasserreinigung in privaten Kleinkläranlagen durchzuführen.

Definitionsgemäß sind Kleinkläranlagen zur Behandlung und Einleitung des im Trennverfahren erfassten häuslichen Schmutzwassers aus einzelnen oder mehreren Gebäuden mit einem Schmutzwasserzufluss bis 8 m³/d, das entspricht dem täglich anfallenden Schmutzwasser von etwa 50 Einwohnern DIN 4261 Teil 1[17].

An dezentralen Anlagen werden jedoch im Vergleich zu Großkläranlagen deutlich höhere Anforderungen gestellt, da kleine Anlagen von folgenden Bedingungen Stärker als große betroffen werden:

- Hydraulische Stoßbelastungen

Ein stark schwankender Abwasserzulauf mit hohen Tagesspitzenwerten und das geringe Puffervolumen der Anlage und des vorgeschalteten, meist recht kurzen Kanalnetzes führen zu hydraulischen Stoßbelastungen.

- Frachtspitzen

Auch hinsichtlich der Schmutzfracht haben kleinere Kläranlagen nicht vergleichmäßigte Spitzenbelastungen zu verarbeiten, die aus diversen zeitlich versetzt anfallenden Abwasserinhaltsstoffen resultieren (Waschwasser – Bad: CSB ca. 50 – 200 mg/l, Küchenabwasser: CSB ca. 1000 bis 5000 mg/l).

- Unterlastbetrieb

Zusätzlich zu den genannten Frachtspitzen müssen dezentrale Anlagen auch Unterlastbetrieb bis hin zu Zeiten ausbleibender Beschickung (Urlaubszeiten, saisonale Unterschiede) verkraften.

Biologische Reinigung

Für die biologische Reinigung gibt es eine breite Palette an verschiedenen Verfahren. So kann man diese grundsätzlich in naturnahe und technische Verfahren oder in Anlagen mit und ohne Abwasserbelüftung entsprechend der DIN 4261 (nach [17] und [18]) einteilen. Man kann aber auch eine Unterscheidung in Bodenbehandlungsanlagen, Abwasserteichanlagen und Anlagen mit Abwasserbelüftung vornehmen.

Eine Übersicht über die verschiedenen biologischen Kleinkläranlagenverfahren und deren Kombinationsmöglichkeiten gibt die folgende Abb. 4:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Verfahrensvarianten der Kleinkläranlagen

Anlagen mit Abwasserbelüftung

Kleinkläranlagen mit technischer Abwasserbelüftung sind in der Regel werksmäßig hergestellt. Die zur Anwendung kommenden Anlagen brauchen daher eine bauaufsichtliche Zulassung des Instituts für Bautechnik in Berlin (siehe Kapitel 3.2.). Diese erhalten sie nur, wenn eine solche Anlage in einem längerfristigen Praxisbetrieb unter der Überwachung eines qualifizierten Gutachters die Eignung bewiesen hat. Wesentliche Merkmale dieser Anlagen sind ihr geringer Platzbedarf und ihre Steuerbarkeit. Aufgrund ihrer größeren Empfindlichkeit gegenüber schwankenden Belastungen haben sie auch einen entsprechend größeren Wartungsaufwand.

Bei den Anlagen mit Abwasserbelüftung können das Belebtschlammverfahren mit suspendierter Biomasse sowie verschiedene Biofilmverfahren mit sessilen Mikroorganismen, die an einem Trägermaterial zu einem Biofilm verwachsen sind, unterschieden werden. Eine Kombination dieser beiden Verfahren ist bei den Kombinationsanlagen gegeben, die eine Schlammrückführung von der Nachklärung in die Biologie für die suspendierte Biomasse haben und gleichzeitig Aufwuchsfläche anbieten, um gezielt sessile, langsamwachsende Mikroorganismen anzureichern.

Zu den Anlagen mit Abwasserbelüftung zählen:

- Tropfkörperanlagen
- Rotationstauchkörperanlagen
- Anlagen mit nachgeschalteten Festbettreaktoren
- Schwebe-/Wirbelbettanlagen
- Belebungsanlagen
- SBR – Anlagen
- Membranbelebungsanlagen

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Excerpt out of 98 pages

Details

Title
Leistungsfähigkeit dezentraler Kleinkläranlagen
College
Hamburg University of Applied Sciences  (Fachbereich Naturwissenschaftliche Technik)
Grade
1.0
Author
Year
2003
Pages
98
Catalog Number
V138771
ISBN (eBook)
9783668786417
ISBN (Book)
9783668786424
Language
German
Notes
Diplomarbeit im Studiengang Umwelttechnik vorgelegt von Kerstin Kind am 01.08.2003. Die Diplomarbeit wurde betreut und erstellt im Wasserbeschaffungsverband Wingst.
Keywords
Dezentrale Kleinkläranlagen
Quote paper
Dipl. Ing. Kerstin Kind (Author), 2003, Leistungsfähigkeit dezentraler Kleinkläranlagen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138771

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