Vergleichende Analyse der Partizipien und Partizipielkonstruktionen im Russischen, Ukrainischen und Weißrussischen


Hausarbeit, 2008

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

1. Wesen und Formenbestand der Partizipien
1.1. Das Partizipium des Präsens Aktiv
1.2. Das Partizip des Präteritums Aktiv
1.3. Das Partizip des Präsens Passiv
1.4. Das Partizip des Präteritums Passiv
1.5. Die reflexiven Partizipien 11 1.6 Die Partizipien auf -ho und -το 12 1.7. Die Bildung und Verwendung von Partizipien in alle drei Sprachen

2. Syntaktische Funktion der Partizipien

3. Die Stellung von Partizipien in Relation zum Bezugswort
3.1. Der Kasus und die syntaktische Funktion des Bezugswortes

4. Die Partizipialkonstruktionen
4.1.. Die Partizipialkonstruktionen im Russischen
4.2. Die Partizipialkonstruktionen im Weißrussischen
4.3. Die Partizipialkonstruktionen im Ukrainischen

Zusammenfassung

Literatur

Einleitung:

Die vorliegende Arbeit hat den Vergleich der Partizipien in ostslawischen Sprachen zum Gegenstand. Zu den ostslawischen Sprachen gehören Russisch, Ukrainisch und Weißrussisch. Es ist allgemein bekannt, dass die ostslawischen Sprachen verwandt sind. Aus diesem Grund könnte man annehmen, dass ihre Grammatiken auch sehr ähnlich sind. Das Ziel dieser Arbeit ist, die Bildung und Verwendung von Partizipien und Partizipialkonstruktionen in allen drei Sprachen zu analysieren und festzustellen, in welchem Maß die Grammatiken dieser Sprachen zusammenfallen.

Am Anfang legen wir einen Vergleich zwischen ostslawischen Sprachen vor. Darin wird festgestellt, welche Partizipien in allen drei Sprachen vorhanden sind. In Weiterem konzentrieren wir uns auf die Partizipialkonstruktion und auf die Entsprechungen der russischen Partizipialkonstruktionen im Weißrussischen und im Ukrainischen.

1. Wesen und Formenbestand der Partizipien

Der Gegenstand dieses Kapitels ist die Frage, was ein Partizip ist und welche Arten von Partizipien man in ostslawischen Sprachen bestimmen kann. Zuerst sei betont, dass die Partizipien in allen drei Sprachen vorhanden sind. Die Definition eines Partizips ist im Russischen, Ukrainischen und Weißrussischen sehr ähnlich. T. Bajmut (1961) definiert Partizipien in ostslawischen Sprachen folgendermaßen:

„^ίεπρηκΜετΗηκη cyaacHnx cxiaHocaoB'aHCBKnx mob CTaHOBaaTt ΜορφοποπΗΗΗη po3paa caiB, nepexiaHnn Mm aiecaoBOM ί πρηκΜετΗηκοΜ. Βοηη MaroTt aiecaiBHi O3HaKn CTaHy, Bnay i aacy Bo^Hoaac 3 npnKMeTHHKoBHMn φopMaMH poay, ancaa i BÍaMÍHKy.” (Bajmut 1961:175)

Nach Kirschbaum (2001: 108) sind Partizipien Verbformen, „die einen Prozess als Merkmal eines Gegenstandes (einer Person oder einer Sache) bezeichnet.“ Beide Definitionen besagen also, dass ein Partizip die wesentlichen verbalen Kategorien mit den formalen Merkmalen des Adjektives verbindet. Die verbalen Kategorien des Partizips sind der Aspekt (perfektiver oder imperfektiver), das Genus verbi (Aktiv oder Passiv) und das Tempus (Präsens oder Präteritum). Wie die Adjektive haben auch die Partizipien das Genus, eine Pluralform und kongruieren in Zahl, Genus und Kasus mit den Bezugssubstantiven. Im Gegensatz zu den Adjektiven lassen sich die Partizipien nicht steigern. Diese Merkmale stimmen in allen drei Sprachen überein.

In ostslawischen Sprachen drücken die Partizipien einen Zeitbezug aus. Es handelt sich aber um den Ausdruck eines relativen Zeitbezugs, der das zeitliche Verhältnis der Nebenhandlung zur Haupthandlung darstellt. Also unterscheidet man die Partizipien des Präsens und des Präteritums. Außerdem gibt es aktive und passive Partizipien.

Das Partizip kann sowohl im Russischen als auch im Ukrainische und im Weißrussischen allein auftreten oder als ein Teil der Partizipialkonstruktion vorkommen. Als Partizipialkonstruktion bezeichnet man ein Partizip mit den von ihm abhängigen Wörtern.

Im Folgenden beschränken wir uns auf den Formenbestand der Partizipien und versuchen festzustellen, ob alle Partizipien in allen drei Sprachen zu einer Partizipialkonstruktion gehören.

Was den Formenbestand betrifft, behauptet Kirschbaum (2001: 108), dass „die Partizipien in den ostslawischen Sprachen vom Präsens- oder Infinitivstamm mithilfe bestimmter Suffixe und daran angefügter adjektivischer Endungen gebildet werden“. Jedoch muss sofort einschränkend hinzugefügt werden, dass nicht von jedem Verb alle Partizipialformen gebildet werden können. Die Formbildung ist vom Aspekt, von der lexikalischen Bedeutung und von der Transitivität des Verbs abhängig. Partizipien des Präsens werden meistens von imperfektiven Verben gebildet. Partizipien des Präteritums werden dagegen von perfektiven Verben abgeleitet.

Bajmut (1961) gibt in seinem Buch „PorivnjaFna gramatyka ukraïns'koï i rosijs'koï mov.“ die folgende Übersicht an und schreibt das Folgende:

„CxiaHocaoB'flHCBKi MOBH ycna^KyBaan ^ίεπρηκΜετΗηκοΒί ογφίκοη eia aaBHBopycBKOï MOBH. CymHL· npoayKTHBHOCTÍ OKpeMHx ycnaaKOBaHHx cyφiκciB pÌ3Hnn y MOBax yKpaÏHCBKin, pOcincBKÍn i ömOpycBKin.“ (Bajmut 1961: 175)

Die Übersicht 1 stellt die partizipialen Suffixe in den drei ostslawischen Sprachen dar.

Übersicht 1: Diepartizipialen Suffixe in ostslawischen Sprachen

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Quelle: Bajmut 1961: 175

Es ist deutlich an der Übersicht 1 zu sehen, dass die ostslawischen Sprachen die partizipialen Suffixe meist aus dem Altrussischen2 ererbt haben. Die Produktivität dieser Suffixe ist in allen drei Sprachen unterschiedlich. Besonderes Interesse gelten zunächst den Suffixen, die nicht aus dem Altrussischen, sondern aus dem Altkirchenslavischen3 stammen.

1.1. Das Partizip des Präsens Aktiv

Das Partizip des Präsens Aktiv wird nur von unvollendeten Verben gebildet. Im Ukrainischen und im Weißrussischen wird das Partizip des Präsens Aktiv mithilfe altrussischer Suffixe gebildet. Bajmut gibt ein Beispiel des Partizips Präsens Aktiv im Altrussischen:

(1) h ca^eTL· aKM ropnHu,a ... wex3wnu (Bajmut 1961: 175)

Das russische Partizip des Präsens Aktiv ist an den Suffixen -y^- (-w^-), -a^ (-π^-) erkennbar. Isacenko (1995: 334) behauptet, dass das Partizip Präsens Aktiv im heutigen Russischen eine ausgesprochene Buchform ist, die aus dem Altslavischen [Altkirchenslavischen] stammt. Jedoch gibt es im Russischen einige Adjektive auf -huü, die auf eine altrussische Partizipialform zurückgehen. Zum Beispiel:

(2) ropanHH - heiß

neTynHH - flüchtig

Ein Beispiel der Partizipialkonstruktion mit dem Partizip des Präsens Aktiv kann man beim berühmten Klassiker M. Gogoľ finden:

(3) nHcarenL· flonæeH 6mtL· crporHM peauHCTOM, cmpon^uM ceou oôoô^enun na φακΜαχ deucmeumenbHocmu. (Μ. Γορ&ΚΗκ)

Der Schriftsteller soll ein starker Realist sein, der seine Verallgemeinerungen auf den Tatsachen derRealitätaufbaut. (Bajmut1961:181)

Wie die Übersicht 1 zeigt, ist die Bildung der Partizipien im Ukrainischen und Weißrussischen im Vergleich zum Russischen sehr beschränkt. Im Ukrainischen ist eine relativ kleine Zahl der Partizipien Präsens Aktiv mit der Suffixen -yn- (-wn-) oder -an- (-HH-) vorhanden. Diese Art von Partizipien wird häufig im gegenwärtigen Ukrainischen

durch präpositionale Konstruktionen ersetzt (Bajmut 1961: 176). Zum Beispiel:

(3) *HHTamnHH χηοπηηκ - χηοπηηκ, ^o nnrae. (Bajmut 1961: 176) Lesender Junge - der Junge, der liest.

Ein Nachweis dafür ist die literarische Übersetzung des Titels des Romans von Colleen McCullough „The thorn birds“. Im Russischen lautet der Titel „noo^ue e mepHoenuKe“. Die Ukrainer kennen das Buch unter dem Titel ,„Ti, ^o cnieaomb y nazapHUKy“. Im Ukrainischen ist kein Partizip im Titel vorhanden. Es ist durch einen Relativsatz umschrieben.

Trotzdem kann man noch heute in der Literatur Partizipialkonstruktionen mit dem Partizip des Präsens Aktiv finden, obwohl sie in der gesprochenen Sprach vermieden werden. Sereda (1971) behauptet, dass das Partizip in einer solchen Partizipialkonstruktion immer nach dem Bezugswort steht.

(4) TpHMnaTL· ropH, Tpi^arb CKeai, a Ha# ropaMH ni#HiMaeTBca #yx MaHφpe#a, npoKnunaonozo HiKneMHHx aromen CBoro nacy. (Henyn-ReBHu.BKHH)

Die Berge dröhnen, die Felsen krachen, und Manfreds Geist schwenkt über den Bergen und verdammt seine Genossen. (Sereda 1971: 24)

Die erhaltenen Partizipien mit den Suffixen -yn- (-oh-) oder -an- (-hh-) stehen nah bei den Adjektiven. Zum Beispiel:

(5) nidpocmaone nomami — der Nachwuchs

Das Partizipium nidpocmaone hat seine verbalen Merkmale verloren und ist zum Adjektiv geworden. In allen drei ostslawischen Sprachen findet man solche Beispiele:

(6) Russ: no# newa^uü KaMem Bo#a He TeneT.

(7) Ukr: ni# nenanuü KaMÌHB Bo#a He Tene.

Unter den liegenden Stein fließt kein Wasser. (Bajmut 1961: 176)

Im Weißrussischen ist die Verwendung von Präsens Partizipien mit den Suffixen -yn- (­mn-) oder -an- (-hh-) auch beschränkt, allerdings nicht so streng wie im Ukrainischen. Ersatzkonstruktionen mit Präposition sind auch möglich. Zum Beispiel:

(9) nimynBi - akí nima

schreibenden - die, die schreiben

Die Bildung und Verwendung des Partizips des Präsens Aktiv im Russischen unterscheidet sich also vom Ukrainischen und Weißrussischen.

1.2. Das Partizip des Präteritums Aktiv

Im Altrussischen enthielt das Partizip des Präteritums Aktiv die Suffixe -bm- oder -ebw-. Zum Beispiel:

(10) Hectmn - 'die getragen habend'

nncaenmn - 'die geschrieben habend' (Bajmut 1961: 176)

Nur im Russischen und Weißrussischen ist diese Form geblieben. Das Partizip des Präteritums Aktiv wird von vollendeten und unvollendeten Verben gebildet.

Die Partizipien des Präteritums Aktiv werden im Russischen mithilfe des Suffixes -em- oder -m- gebildet. Dieses Suffix ist heutzutage produktiv und die Bildung der Partizipien und damit die Partizipialkonstruktionen ist unbeschränkt. Zum Beispiel:

(11) npncyTCTBOBaBmnn - der,anwesendwar

B03HnKmnn-entstanden (Bajmut 1961: 176)

[...]


1 Das Sternzeichen bezeichnet die unproduktiven Suffixe.

2 Altrussisch oder Ostslavisch ist eine bis zum 14. Jahrhundert gesprochene gemeinsame Sprache aller Ostslawen: der Vorfahren der Russen, Ukrainer und Weißrussen) in der Kiever Rus'.

3 Die altkirchenslavische Sprache basiert sich auf einen bulgarischen Dialekt. „Sie breitete sich nach Serbien aus und wurde an der Wende des 10. und 11. Jahrhundert nach Russland, Weißrussland und in die Ukraine verpflanzt (in die damalige Kiever Rus').“ Im Russischen wird meist „CTapocJiaBflHCKHÜ ä3hk“ altslavische Sprache verwendet. (aus der Vorlesungsunterlagen „Altkirchenslavisch“ von Prof. Dr. Nübler).

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Vergleichende Analyse der Partizipien und Partizipielkonstruktionen im Russischen, Ukrainischen und Weißrussischen
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Slavistik )
Veranstaltung
Partizipien im Russischen und Polnischen
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
28
Katalognummer
V138674
ISBN (eBook)
9783640479306
ISBN (Buch)
9783640479481
Dateigröße
522 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergleichende, Analyse, Partizipien, Partizipielkonstruktionen, Russischen, Ukrainischen, Weißrussischen
Arbeit zitieren
Magister of Philology Yana Movchan (Autor:in), 2008, Vergleichende Analyse der Partizipien und Partizipielkonstruktionen im Russischen, Ukrainischen und Weißrussischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138674

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