Untersagungskriterien in der Fusionskontrolle – Ein Vergleich zwischen SLC-, SIEC- und Dominanztest


Hausarbeit, 2006

20 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einführung in die Fusionskontrolle
2.1. Horizontale Fusionen
2.1.1. Unilaterale Effekte
2.1.1.1. Determinanten für Marktbeherrschung
2.1.1.2. Effizienzgewinne
2.1.1.3. Der relevante Markt
2.1.2. Koordinierte Effekte
2.2. Nicht-horizontale Fusionen

3. Untersagungskriterien in der Fusionskontrolle
3.1. Der Marktbeherrschungstest
3.1.1. Anwendungsgebiet
3.1.2. Kriterien
3.1.3. Anwendungsbeispiel aus der Praxis
3.2. Der SIEC-Test
3.2.1. Anwendungsgebiet
3.2.2. Kriterien
3.2.3. Anwendungsbeispiel aus der Praxis
3.3. Der SLC-Test
3.3.1. Anwendungsgebiet
3.3.2. Kriterien
3.3.3. Anwendungsbeispiel aus der Praxis

4. Stärken und Schwächen der Verfahren im Vergleich

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den letzten Jahren kam es immer und immer wieder zu Medienberichten über Fusionspläne großer Unternehmen. Durch dieses angestrebte externe Wachstum möchte sich ein Unternehmen neu positionieren, Wettbewerbsvorteile sowohl auf der Absatz- als auch auf der Kostenseite erlangen und somit den Unternehmensgewinn steigern.

Allerdings besteht die Gefahr, dass dadurch neu entstehende Konzerne eine Angebots- oder Nachfragemonopol etablieren und ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen.

Deshalb bedarf es eines Kontrollmechanismus, durch den Fusionen und marktbeherrschende Unternehmen gelenkt und überwacht werden können. Dabei ist es wichtig, dass das wirtschaftliche Handeln nicht beeinträchtigt wird und der freie Markt sich entfalten kann.

Kontrollmöglichkeiten dieser Art sind in verschiedener Form in den großen Volkswirtschaften der Erde etabliert. Hierbei ist es besonders signifikant, dass sich diese Kontrollorgane insbesondere in den Kriterien unterscheiden, die letztendlich zur Untersagung einer Fusion führen.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit drei relevanten Testverfahren der Fusionskontrolle, dem Marktbeherrschungstest, dem SIEC-Test und dem SLC-Test. Ziel der Arbeit ist es, die Charakteristika der Verfahren herauszuarbeiten sowie Unterschiede und Gemeinsamkeiten gegenüberzustellen.

Hierzu wird in Kapitel 2 zunächst eine Einführung in die Fusionskontrolle gegeben, wobei insbesondere auf horizontale Fusionen eingegangen wird.

Kapitel 3 stellt die drei Testverfahren der Fusionskontrolle vor. Dabei kommen das Anwendungsgebiet, die Kriterien zur Untersagung und ein Anwendungsbeispiel aus der Praxis zur Sprache.

Die Stärken und Schwächen der vorgestellten Fusionskontrollverfahren werden in Kapitel 4 erläutert.

2. Einführung in die Fusionskontrolle

„Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist es, im Interesse der Verbraucher sowie aller Unternehmen unabhängig von der Größe und Rechtsform Märkte offen zu halten bzw. zu öffnen, wo dies erforderlich ist. Funktionierender Wettbewerb ist eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung in unserer Volkswirtschaft“.[1]

Die Fusionskontrolle überwacht Zusammenschlüsse großer Unternehmen. Hierbei geht es darum, ob durch einen Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird bzw. ob wirksamer Wettbewerb behindert wird. Als Ergebnis kann ein Zusammenschluss verboten oder nur unter bestimmten Auflagen genehmigt werden.

Allerdings lassen sich hierbei entscheidende Unterschiede in den Voraussetzungen für Fusionskontrolle in einzelnen Staaten oder Staatenbünden feststellen.

In Europa stellen die EG-Verträge von 1957 die Grundlage für die Fusionskontrolle, hierbei finden sich sowohl Bestimmungen über das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen (Art. 81 EGV), als auch Bestimmungen über die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung (Art. 82 EGV). Zur Umsetzung dieser Gesetzesvorschriften wurde 1990 erstmals die Fusionskontrollverordnung (FKVO) installiert.

In Deutschland beruft man sich in der Wettbewerbskontrolle auf das „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (GWB), wonach ein Zusammenschluss von Unternehmen durch das Bundeskartellamt zu untersagen ist, sobald hierdurch eine marktbeherrschende Stellung zu erwarten ist, die als von Wettbewerbern nicht ausreichend kontrollierbarer Handlungsspielraum definiert wird.[2]

Im Wesentlichen lassen sich zwei Kriterien unterscheiden, auf die die Konzepte der Fusionskontrolle abstellen, einerseits die Marktbeherrschende Stellung und andererseits die Wesentliche Reduzierung des Wettbewerbs. Die Unterschiede zwischen diesen Konzepten werden im Abschnitt 3 ausführlich behandelt.

2.1. Horizontale Fusionen

Unter horizontalen Fusionen versteht man Fusionen zwischen Unternehmen, die im direkten Konkurrenzkampf auf dem Markt agieren, d.h. das Angebot ihrer Produkte und Dienstleistungen an die gleiche Nachfrager-Gruppe richten.

Durch Fusionen zweier Firmen kommt es hierbei zur Verminderung der Konkurrenz auf dem Markt und somit zu einer Steigerung der Marktkonzentration. Die wettbewerbsrechtlichen Folgen, die aus dieser Oligopolbildung resultieren, können einerseits die Dominanz einer einzelnen Firma, auch „unilateraler Effekt“ genannt, und andererseits eine geringere Effektivität im Wettbewerb durch „kooperative Effekte“ sein.[3] Diese zeichnen sich nicht durch Einzeldominanz, sondern durch neu geschaffene Konditionen auf dem Markt mit Spielraum für geheime Absprachen[4] oder strategische Entscheidungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Verhaltensweisen der anderen Wettbewerber aus.[5]

2.1.1. Unilaterale Effekte

Ein unilateraler Effekt impliziert die Einzelmarktbeherrschung eines Wettbewerbers, die er z.B. durch eine Preiserhöhung über das Niveau vor der Fusion oder eine Einschränkung der produzierten Menge ausüben kann, ohne dass seine Konkurrenten Einfluss darauf nehmen könnten.[6] Die Preiserhöhung wird in erster Linie dadurch ermöglicht, dass ein Teil des aus der Preiserhöhung resultierenden Absatzverlustes an den Fusionspartner abgegeben wird und somit dennoch im gleichen Unternehmen verbleibt. Hierbei sind die negativen wettbewerbsrechtlichen Effekte umso größer, je höher die Neigung der Kunden ist, zu den Produkten der jeweils anderen an der Fusion beteiligten Firma zu wechseln.[7]

Es ist dabei zu unterscheiden, ob es sich um einen Markt für homogene oder differenzierte Produkte handelt, da es hierbei zu unterschiedlich starken Effekten kommt. Hierauf wird im Abschnitt 2.1.1.1. näher eingegangen.

2.1.1.1. Determinanten für Marktbeherrschung

Die Marktbeherrschung einer Firma nach einer Fusion lässt sich anhand verschiedener Faktoren definieren, die im Folgenden erläutert werden.

Konzentration: Die Anzahl der Firmen, die nach einer Fusion noch am Markt agieren, hat entscheidenden Einfluss auf die Marktmacht der einzelnen Wettbewerber. Je kleiner diese Anzahl ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass einzelne Unternehmen ihre Marktmacht zum Nachteil der Verbraucher ausüben können.[8]

Marktanteil und Kapazität: Ein größerer Marktanteil spricht für höhere Marktmacht und damit für mehr Einfluss auf die Marktpreise. Fusionen, die eine neue größte Firma erschaffen oder die größte Firma noch vergrößern, vermindern stets Wohlfahrtseffekte. Sind es kleine Firmen, die fusionieren, ist der Effekt auf die Preissituation wahrscheinlich geringer, wenn es nicht sogar zu einer allgemeinen Wohlfahrtsverbesserung kommt.

Die Wettbewerber der fusionierenden Unternehmen müssen mit einer Ausweitung des Angebots reagieren können, um die Nachfrage der abwanderungswilligen Kunden befriedigen zu können. Somit sind auch die Kapazitäten der Konkurrenten ein Kriterium, das bei der Beurteilung von Unternehmenszusammenschlüssen ins Kalkül gezogen werden sollte.[9]

Bei der Untersuchung der Auswirkungen einer Fusion auf die Wettbewerbsbedingungen muss man – wie oben angesprochen – eine klare Unterscheidung zwischen Märkten, auf denen homogene Güter gehandelt werden, und Märkten, auf denen differenzierte Güter angeboten werden, machen.

Handelt es sich um homogene Güter (z.B. Strom), ist der Marktanteil durchaus ein entscheidendes Kriterium für wettbewerbsrechtliche Bedenken. Das ist damit zu begründen, dass bei einer Fusion zweier Unternehmen mit einem großen Marktanteil die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden ihre Nachfrage zum Fusionspartner verschieben, relativ hoch ist.

Bei differenzierten Produkten (z.B. Markenprodukte wie Autos) ist nicht der Marktanteil das entscheidende Kriterium, sondern die „closeness of competition“, also der Grad, zu welchem die fusionierenden Unternehmen miteinander konkurrieren. Dieser lässt sich über die diversion ratio ausdrücken. Sie gibt den Anteil der Kunden von Unternehmen X an, die im Falle einer Preiserhöhung zum Konkurrenten Y und nicht zu Z etc. wechseln würden.[10]

Markteintritt anderer Unternehmen: Zu beachten ist, ob es Unternehmen gibt, die unter gegebenen Umständen nicht bereit sind, in den Markt einzutreten, um sunk costs zu vermeiden, zu den neuen Bedingungen nach der Fusion mit höheren Preisen den Markteintritt jedoch durchaus als attraktiv erachten. Die Konsequenz könnte sein, dass es zu keiner oder einer nur vorübergehenden Preiserhöhung kommt.[11]

Preiselastizität der Nachfrage: Je kleiner die Preiselastizität ist, desto größer ist der Spielraum, den Unternehmen für Preiserhöhungen haben, beispielsweise wenn sehr hohe Kosten für den Wechsel des Anbieters anfallen.[12]

Einfluss der Nachfragerseite: Ist dieser Einfluss entsprechend groß, können die Nachfrager den fusionierenden Firmen Aufträge entziehen und diese an andere Unternehmen weitergeben.[13]

Sanierungsfusionen: Manche Fusionen finden statt, um Unternehmen vor dem Konkurs zu retten. In diesem Fall muss die Marktsituation nach der Fusion nicht mit der ex ante verglichen werden, sondern mit dem Fall, dass die Firma ohne Fusion vom Markt verschwunden wäre und es dadurch auch zu höherer Marktkonzentration gekommen wäre.[14]

2.1.1.2. Effizienzgewinne

Unilaterale Effekte aufgrund von horizontalen Fusionen führen normalerweise zu einer Reduktion der Konsumentenrente und entsprechenden Wohlfahrtseinbußen in der Gesellschaft.

Kommt es jedoch zu positiven Effizienzeffekten, kann genau der gegenteilige Fall eintreten. Durch Größen- und Verbundvorteile bedingte Einsparungen bei den Stückkosten gleichen die Zunahme der Marktmacht aus und führen zu niedrigeren Preisen zum Wohle der Konsumenten.[15] Andere Ursachen für Effizienzgewinne können durch Synergien im Bereich Forschung und Entwicklung, Marketing oder auch Kosteneinsparungen in der Verwaltung bis hin zum Austausch unfähiger Manager durch fähige entstehen.[16]

Die Reaktion der neu geschaffenen Firma nach der Fusion auf die Effizienzverbesserung kann sich einerseits in einer Preiserhöhung bei gleichzeitiger Outputreduzierung und andererseits in einer Preissenkung bei gleichzeitiger Outputerhöhung äußern. Je höher jedoch die Effizienzgewinne sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass der zweite Fall eintritt.

Sind die Auswirkungen auf Konsumentenpreise und Wohlfahrt positiv, so werden die nicht an der Fusion beteiligten Firmen trotz der Effizienzgewinne benachteiligt, da sich die Wettbewerbspositionen trotzdem zu ihren Ungunsten verschieben, so dass sie trotz der Gesamt-Wohlfahrtsverbesserung an Gewinnen einbüßen. Insofern müssen seitens der Fusionskontrolle Reklamationen von Wettbewerbern besonders kritisch gewürdigt werden.[17]

Wettbewerbsrechtlich bedenkliche Zusammenschlüsse können über die Argumentation der Effizienzvorteile also zu einer Genehmigung gelangen. Allerdings sollten diese Argumente nur eingesetzt werden, falls die Effizienzverbesserung nicht auf anderem Wege erreichbar ist.[18]

[...]


[1] Vgl. http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/Wirtschaftspolitik/wettbewerbspolitik.html (20.05.06)

[2] vgl. Bundeskartellamt (2001), S.3

[3] vgl. Bishop/Walter (2002), S.263 ff.

[4] vgl. Motta (2005), S.231

[5] vgl. Bundeskartellamt (2001), S.16

[6] vgl. Bishop/Walter (2002), S.263 f.+

[7] vgl. Alfter (2003), S. 21 f.

[8] Vgl. Motta (2005), S.235

[9] Vgl. ebd., S.236

[10] vgl. Alfter (2003), S. 22 f.

[11] Vgl. Motta (2005), S. 236 f.

[12] Vgl. ebd., S. 237

[13] Vgl. ebd.

[14] Vgl. ebd., S. 237 f.

[15] Vgl. Motta (2005), S. 238

[16] Vgl. ebd., S. 240

[17] Vgl. Motta (2005), S. 239

[18] Vgl. ebd., S. 241

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Untersagungskriterien in der Fusionskontrolle – Ein Vergleich zwischen SLC-, SIEC- und Dominanztest
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Volkswirtschaftliches Seminar)
Veranstaltung
Ausgewählte Probleme der Wettbewerbspolitik
Note
2,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V138664
ISBN (eBook)
9783640479283
ISBN (Buch)
9783640479467
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Untersagungskriterien, Fusionskontrolle, Vergleich, SLC-, SIEC-, Dominanztest
Arbeit zitieren
Karsten Lobsien (Autor:in), 2006, Untersagungskriterien in der Fusionskontrolle – Ein Vergleich zwischen SLC-, SIEC- und Dominanztest, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138664

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