Oswald von Wolkenstein - Die Frauen bei Oswald und das Frauenbild im Minnelied


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorhaben und Ziel der Hausarbeit

2. Biographie Oswalds von Wolkenstein (1376 -1445)

3. Oswald der letzte Minnesänger oder der erste moderne Liebeslyriker? Einblicke in die Welt / Lyrik des 15. Jahrhunderts

4. Auswahl der Lieder und Gedichte
4.1. „Ain tunckle farb in occident“
4.2. „Es leucht durch grau die fein lasur“
4.3. „Wach auf, mein hort, es leucht dort her“
4.4. „Ain jetterin, junk, frisch, frei, fruet“

5. Reinmar der Alte – Minnesänger
5.1. Reinmar und die Frauen
5.2. Reinmars „Lieber bote, nu wirp alsô“ - freie Übersetzung
5.3. Interpretationsansatz im Vergleich zu Oswald von Wolkenstein

6. Schlussfolgerung

7. Literaturverzeichnis...

1. Vorhaben und Ziel der Hausarbeit

Ziel dieser Hausarbeit ist es, die Frauen in Oswald von Wolkensteins Liedern und Gedichten mit der Rolle der Frau im typischen Minnelied zu vergleichen.

Oswald spricht in seinen Werken oftmals von seiner sinnlichen Liebe zu einer Frau (vermutlich seiner Frau Margarethe) und der Sehnsucht, diese Liebe erfüllen zu können.

In Form von Tageliedern, Pastourellen, Klageliedern u.v.m. beschreibt er die Beziehung des Mannes zur Frau.

Anders als im typischen Minnesang, in dem die Spannung zwischen einem Mann und einer Frau durch die verbotene Liebe erfolgt, ist es in Oswalds Liedern häufig die Herzensliebe, die die Sehnsucht entfacht. Körperliche Liebe ist sicherlich nach wie vor ein Thema, jedoch geht es nicht mehr um das reine Herrschaftsrecht und die Schutzplicht eines Mannes gegenüber seiner Frau.

Im Minnelied sind genau die Aspekte – Minne, Gattenwahl, rechtliche Stellung und kirchlicher Einfluss – ausschlaggebend für die „Liebe“ zwischen den beiden Geschlechtern.

Oswald bricht mit der Lyrik der Minne, indem er autobiographische Werke verfasst, Normen und Werte vernachlässigt und Themen der Natur behandelt und sie in seinen Gedichten verarbeitet.

2. Biographie Oswalds von Wolkenstein (1376 -1445)

Oswald von Wolkenstein war ein mittelhochdeutscher Liederdichter und begeisterter Komponist, dessen Werke das späte Mittelalter und die Anfänge der Renaissance bedeutsam prägten.

Über Oswalds Person, sein Leben und seine Situation weiß man mehr als über andere (Früh-)Neuhochdeutsche Autoren, da seine Lieder vorgeblich autobiographische Aussagen enthalten (z.B. „Ich, Oswald“), aber mittlerweile ist bekannt, dass viele Orts- und Situationsangaben in seinem Liedern überspitzt und übertrieben sind. Dennoch kann man in vielen Fällen davon ausgehen, dass seine Lieder wichtige Stationen seiner Reisen wahrhaftig festhalten.

Gibt es tatsächlich kaum offizielle Dokumente, die objektiv sein Leben bekunden, kann man seine Biographie mit Hilfe seiner Werke erstellen und nachvollziehen.

Die Bedeutung des Wirkens des südtiroler Adligen war besonders in Brixen, einer Tiroler Stadt östlich der Alpen, früh bewusst. Dort wurde Oswald ein Gedenkstein in Erinnerung an ihn und seine herausragenden Werke gewidmet. 1407 stiftete Oswald dem Brixener Dom eine St. Oswald-Kapelle mit zwei Benefiziatenstellen, auf der die Darstellung seiner Rettung nach einem Schiffbruch dargestellt ist.

Nach dieser guten Tat ist vermutlich auch die Entstehung des Denkmals eingeleitet worden. Zum Bischof von Brixen ging Oswald im selben Jahr auch ein Lehensverhältnis ein. Seine Verbindung zu Brixen beziehungsweise zu dem Bischof von Brixen wurde 1409 dadurch vertieft, dass er Hauptmann des Gotteshauses Brixen wurde, also Stellvertreter des Bischofs.

Sein Leben bezeugen neben seinen Werken außerdem noch zahlreiche Porträts, die den Handschriften A und B vorgebunden sind. Archivalische Materialien, sowie historische Zeugnisse dienen den Wissenschaftlern als Kontrolle für die in den Liedern erwähnten historischen Ereignisse.

Aufgrund zahlreicher Erwähnung in seinen Liedern wissen wir heute, dass Oswald wohlmöglich viel in Europa und im Vorderen Orient gereist sein muss.

Oswalds Beziehung zu Frauen wird mehr durch die Erwähnung der Frauen in seinen Gedichten deutlich, als durch offizielle Bekundungen.

So kommt erst durch spätere Lieder die Vermutung auf, dass Oswald eine Liebesbeziehung zur Tochter des verstorbenen Brixener Schulmeisters Hans Hausmann Anna hatte. Sie war eine verheiratete Frau, die aber mehr von Oswald wollte, als nur seine Geliebte zu sein. Oswald, der durch die Erbteilung an Geld gelangte, hatte keine Probleme damit, Anna wegen seiner Reisen zurückzulassen, schließlich war ihre Beziehung geheim und verlief mehr auf sexueller Ebene. Anna war über Oswalds sorglose Abschiede verärgert und rächte sich später, indem sie sich im Streit um Hauenstein gegen Oswald stellte.

Oswald fand die wahre Liebe in Margarethe von Schwangau, die er liebevoll „stolze Schwäbin“ nannte. 1417 heirateten die beiden und zogen sechs oder sieben Kinder groß. Seine sinnliche Liebe beschreibt Oswald oft in seinen Liedern und Gedichten. Dort tauchen entweder Diminutive („Grete“, „Gretlein“, …), Abkürzungen („M.“) oder auch der Name „Margarethe“ auf.

3. Oswald der letzte Minnesänger oder der erste moderne Liebeslyriker? Einblicke in die Welt / Lyrik des 15. Jahrhunderts

Der Literaturwissenschaftler Josef Nadler[1] sagte einmal, dass Oswald von Wolkenstein der erste moderne Mensch sei, der sich mit der Natur und ihrer Wirkung auf den Menschen auseinandersetzt.

Adlige um 1500 befassten sich fast ausschließlich mit dem Minnesang. Um 1150 lässt sich die erste Liebeslyrik dieser Art im Mittelhochdeutschen wiederfinden. Thema der Minnelyrik war das Begehren einer vrouwe, die unerreichbar scheint und deren Erwiderung der Liebe meist ausblieb.

In Frankreich gab es den Minnesang in einer Urform schon bei den Troubadouren, die Ende des 11. Jahrhunderts Liebesgedichte mit Musik untermalten.

Anders als die anderen Minnesänger seiner Zeit, brach Oswald mit den alten Traditionen und beschrieb die Liebe zu einer Frau aus seiner Sicht. Das war vollkommen neu, da man das lyrische Ich damals nicht mit dem Autor oder Dichter in Verbindung brachte. Oswald jedoch, erwähnte seinen Namen mehr als einmal in seiner Liebeslyrik und so schloss man schnell daraus, dass er von seinen eigenen Erfahrungen sprach.

Man nimmt an, dass er seinen Namen auch aus diesem Grund in seine Lieder involvierte, damit man sie nicht fälschen oder kopieren konnte. Stünde sein Name nur im Titel oder am Ende, könnte man diese Stelle abschneiden.

Indem er sich selbst nennt, zeugt dies von einer Arroganz (superbia), die er häufig durch eine Auflehnung gegen alte Traditionen unterstreicht.

So verwendet er in „Wach auf, mein hort, es leucht dort her“[2] den Kornreim nur, um zu zeigen, dass er begabt ist und eine Verzahnung der Strophen auf diese Weise erreichen kann.

Oswald erfindet nicht nur neue Reimkombinationen, er modernisiert auch den Inhalt der Gedichte. Er geht so weit, dass er Normen und Werte fast gänzlich aus seinen Liedern verbannt und die sinnliche Liebe mit all ihren mit sich bringenden Erfahrungen und Gefühlen hervorhebt. Man kann sogar davon sprechen, dass Oswald bewusst mit den alten Formen spielte, um auf sich aufmerksam zu machen.

Die Tatsache, dass er ausgesprochen von sich eingenommen war, zeigt sich auch dadurch, dass er seine Werke zweimal aufschreiben ließ, nur um sicher zu gehen, dass seine Lieder dauerhaft im Gedächtnis der Nachwelt verankert würden (memoria).

Da war es nur hilfreich, dass die Gedichte gesungen wurden. Durch die Melodie blieben die Lieder wortwörtlich im Ohr (kommemorativ).

Das zweifache Aufschreiben seiner Lieder war sehr aufwändig und kostspielig. Er hatte keinen Mäzen oder Gönner und war auch finanziell nie auf der sicheren Seite, dennoch hielt er es für besonders wichtig, seinen „turbulenten Alltag“[3] in seinen Werken hervorzuheben. Der Oswald- Biograph Anton Schwob stellt jedoch die Wahrheit der in Oswalds Liedern stattfindenden Ereignisse in soweit in Frage, dass er vermutet, Oswald habe möglicherweise einiges hinzugedichtet, damit er durch die außergewöhnlichen Erlebnisse nicht so schnell in Vergessenheit gerät:

[…]in wenigen Jahren schon vergessen zu sein, falls er nicht ganz energisc h Lärm um seine Person schlüge.[4]

Sein großes Ego brachte ihn jedoch sehr weit. Er durfte unter anderem im Königshaus auftreten, mit dem König auf Reisen gehen und gewann das Vertrauen vieler einflussreicher Personen.

Oswald kann sich trotz gewolltem Bruch nicht gänzlich von den alten Traditionen freisprechen. Er hängt sozusagen zwischen zwei Welten oder Zeiten. Einerseits war er ein Mensch, der viel von Religion und Kirche hielt.

Dies zeigt sich besonders in seinem zwiespältigen Umgang mit diesem Thema.

Andererseits blieb auch er nicht von der bröckelnden Fassade der Institution Kirche unbeeindruckt. Es gab zu Oswalds Lebzeiten (um 1378) drei Päpste. Die Uneinigkeit der Kirche führte zu Ungewissheit und Verzweiflung im Volk. Die Verzweiflung der Menschen und der Hochmut Oswalds passten eigentlich nicht in diese christliche Welt, in der Hochmut und Verzweiflung als Infragestellen des göttlichen Plans als Todsünden bekannt waren.

Doch warum sollte Oswald moralisch handeln, wenn selbst das Vorbild Kirche dreigeteilt war? Ein Leben zwischen „weltzugewandt sein“ und religio war eine Haltung, die vor Oswalds Zeit ungewöhnlich war. Oswald bastelte sich seine eigene Welt, er lebte im Hier und Jetzt.

4. Auswahl der Lieder und Gedichte

Ich habe mich entschieden, folgende Werke Oswalds zu untersuchen:

- „Ain tunckle farb in occident“ (Sehnsuchtsklage),

- den Typus Marienpreis anhand des Liedes „Es leucht durch grau die fein lasur“,
- „Wach auf, mein hort, es leucht dort her“,(Tagelieder),
- „Ain jetterin, junk, frisch, frei, fruet“ (Pastourelle)[5],

Jedes dieser Werke behandelt das Thema Liebe, Sehnsucht und Frau auf eine andere Weise. Man kann von einer erstaunlichen Breite von Registern sprechen. Zwar bedient er so gut wie alle Gattungen, die bis dato bekannt waren, (d.h. er erfand keine neuen Gattungen) aber er gibt ihnen eine eigene, neue Note, um sie besonders zu machen.

Die Gattung, die Oswald so berühmt machte, war die der Liebeslieder in Ich-Form. Zwar waren Liebeslieder in Ich-Form nicht neu, jedoch – wie oben schon erwähnt – war Oswald der erste, bei dem man das lyrische Ich mit dem Autor gleichsetzen konnte. In diesen Liebesliedern finden sich für den Minnesang typische Motive wieder. Burghart Wachinger[6] nennt nur einige der Elemente, wie z.B. “das Verstummen und Erstarren beim Anblick der geliebten Frau“, „die Traumerscheinung der Geliebten“, und „das Flehen um

Gnade“[7]. Im Gegensatz zu den Minneliedern, in denen die Liebe einseitig blieb, erwidert die Frau die Liebe des Mannes. Damit schöpft Oswald eine neue Gattung, nämlich die Liebesdialoge. Hier wird deutlich, dass sich die Beziehung zwischen Mann und Frau insofern verändert hat, dass die Geschlechter auf einer Ebene kommunizieren. Indem die Frau zu Wort kommt, räumt Oswald ihr ein neues (Mitsprache-)Recht ein. Damit fehlt die für das 12. Und 13. Jahrhundert übliche Distanz zwischen den Partnern. Oswald schafft eine Atmosphäre, die eine Wärme ausstrahlt, weil die Liebe beidseitig empfunden wird.

Die Tagelieder, die Oswald von Wolkenstein verfasst hat, sind nicht alle typisch für dieses Genre. Manche der Tagelieder sind sogenannte Umkehr-Tagelieder oder eben Nachtlieder. Hierbei wird das gewohnte Schema, d.h. das Aufwachen am Morgen und das Ermahnen des Wächters oft verdreht oder weggelassen. Der Wächter findet nur selten eine derartige Funktion bei Oswald von Wolkenstein. Vielmehr ist es der Mann selbst, der zum Abschied drängt. Gründe dafür sind z.B. das Aufbrechen zur Reise (vgl. Kl.9) oder die Arbeit (vgl. Kl.11), die erledigt werden muss.

[...]


[1] Nadler, Josef (1884- 1963): Literaturwissenschaftler

[2] von Wolkenstein, Oswald: Lieder. Frühneuhochdeutsch, Neuhochdeutsch, Hg. Burghart Wachinger und Horst Brunner. Stuttgart, 2007, Reclam, S. 72-75

[3] Schwob, Anton: Oswald von Wolkenstein. eine Biographie. Bozen: 1979, 3. Auflage, S. 291

[4] ebd. S.292

[5] alle aus: von Wolkenstein, Oswald: Lieder. Frühneuhochdeutsch, Neuhochdeutsch, Hg. Burghart Wachinger und Horst Brunner. Stuttgart, 2007, Reclam

[6] von Wolkenstein, Oswald: Lieder. Frühneuhochdeutsch, Neuhochdeutsch, Hg. Burghart Wachinger und Horst Brunner. Stuttgart, 2007, Reclam, S. 411

[7] Alle: ebd. S.411

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Oswald von Wolkenstein - Die Frauen bei Oswald und das Frauenbild im Minnelied
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Veranstaltung
Oswald von Wolkenstein
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
23
Katalognummer
V138487
ISBN (eBook)
9783640468492
ISBN (Buch)
9783640468737
Dateigröße
522 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Oswald von Wolkenstein, Minnesang, Frauenbild, Rolle der Frau im Minnelied, Mediävistik, Reinmar der Alte, Wolkenstein, Minnelyrik
Arbeit zitieren
Sabine Reinwald (Autor:in), 2009, Oswald von Wolkenstein - Die Frauen bei Oswald und das Frauenbild im Minnelied, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138487

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