Sozialpolitik und Verteilung mit besonderem Augenmerk auf die österreichische Empirie


Seminararbeit, 2003

12 Seiten, Note: 2


Leseprobe


1 EINKOMMENSUMVERTEILUNG AUS THEORETISCHER SICHT

Da fast jede Aktivität des öffentlichen Sektors Einflüsse auf die personelle, funktion-elle und regionale Einkommensverteilung hat, besteht auch ein erheblicher Einfluss auf die Primärverteilung innerhalb einer Volkswirtschaft. Während bei den allge-meinen Verteilungseffekten im Sinne einer Stabilisierungspolitik (Arbeit, Kapital) oder einer Verbesserung der Produktionsfaktoren (z.B. Infrastrukturausbau) die Einkommensverteilung nur indirekt beeinflusst wird, dienen die speziellen Verteil-ungseffekte einer gezielten Umverteilung. Durch Steuern, Transfers oder admi­nistrative Regelungen soll eine vertikale Gerechtigkeit zwischen den Einkommens-beziehern geschaffen werden. Grundsätzlich kann ein vorhandenes Finanz- und Steuersystem drei redistributive Wirkungen auf die Einkommen ausüben, wobei die drei nicht voneinander unabhängig sind und durchaus kombiniert vorkommen können:

I. Die laufenden Einkommen werden zwischen verschiedenen Einkommens-beziehern aufgeteilt (interpersonelle vertikale Umverteilung).

II. Die laufenden Einkommen werden bei ein und demselben Einkommens-bezieher zwischen verschiedenen Lebensphasen (horizontale oder inter-temporale Umverteilung) aufgeteilt. Dies dient meist der sozialen Sicherung (Altersvorsorge), aber kann auch durch sonstige altersbezogene Transfers und Steuererleichterungen wie z.B. das Kindergeld oder verbilligte Darlehen an „junge Familien“ zustande kommen. Meist tritt diese Umverteilung in Kombination mit vertikalen (interpersonellen) Verteilungswirkungen auf, wie beispielsweise einer Ausgleichszahlung beim Pensionsbezug (Mindest-pension). Theoretisch würde eine reine intrapersonelle (intertemporale) Um-verteilung die Relation des Gesamtlebenseinkommens nicht verändern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1. Mögliche Lebenseinkommensprofile vor und nach der intertemporalen Umverteilung

III. Es kommt zu einer interpersonellen Umverteilung der Lebenseinkommen verschiedener Personen eines Altersjahrgangs oder unterschiedlicher Jahr-gänge (Kohorten), dieser Umverteilungseffekt passiert aber eher ungewollt unter bestimmten Umständen (Beispiele: desselben Jahrgangs: Ausbildungs-progressionseffekt, Kohorten: Einführung Pensionssystem mit Umlage-verfahren).

1.1 ZIELE DER VERTEILUNGSPOLITIK

Staatliche Eingriffe werden meist stark durch unterschiedliche gesellschaftspolitische Positionen beeinflusst und haben aufgrund dieser auch unterschiedliche verteilungs-politische Kriterien. Ansätze für die Verteilungspolitik können sein:

- Die Verteilung soll die materielle (nicht nur formale) Chancengleichheit innerhalb einer Gesellschaft erhöhen. Gemeint ist aber nicht nur die Verteilung der Einkommen und Vermögen, sondern auch die Möglichkeiten der Ein-kommenserzielung durch beispielsweise denselben Schulzugang für alle Bevölkerungsschichten.
- Während der erste Punkt auf die Primäreinkommen Einfluss hat, soll die staatliche Verteilungspolitik unter anderem auch eine Gerechtigkeit der Einkommensverteilung bewirken und somit Einfluss auf das Nettoein-kommen haben. Hier wird unterschieden zwischen einer gleichmäßigeren Verteilung (z.B. durch progressive Besteuerung) und der Bekämpfung der Armut als Konzept der bedürfnisgerechten Verteilung. Bei letzterem soll der Staat durch Sicherung eines sozialen Mindeststandards eine „unver-schuldete“ Minderung der Leistungsfähigkeit durch Krankheit, Alter, usw. kompensieren.

1.2 VERTEILUNGSWIRKUNGEN VON TRANSFERZAHLUNGEN AN PRIVATE HAUSHALTE

Der öffentliche Sektor hat zwei unterschiedliche Möglichkeiten den privaten Haus-halten so genannte Sozialtransfers zukommen zu lassen. Entweder können diese in Form von freien (Geld-) Transfers, ohne irgendwelche Bedingung, oder als ge-bundene Transfers, die mit der Benützung oder dem Kauf bestimmter Güter ver-bunden sind, getätigt werden. So kann mit Hilfe der gebundenen Transfers die Nachfrage nach bestimmten Gütern verringert bzw. erhöht werden, was aber wiederum die Verringerung der Konsumentensouveränität zur Folge hat. Wenn es um die Frage der Effizienz dieser zwei Formen von Transfers bei dem ausschließ-lichen Ziel der Einkommenssteigerung geht, ist ein freier Transfer vor einem gebundenen vorzuziehen, da ein gebundener, durch die Allokation verzerrter Transfer den Eindruck gibt, er sei weniger wert für den Haushalt als ein gleich hoher freier Transfer.

Tatsächlich kommen aber auch andere Motive bei der Entscheidungsfindung zwischen freien und gebundenen Transfers zu tragen. So kann der Staat die Absicht verfolgen, die Versorgung der Haushalte mit spezifischen Gütern zu verbessern, weil eine erhöhte Nachfrage mit positiven externen Effekten für die übrigen Mit-glieder der Gesellschaft verbunden ist (z.B. bei gesundheitlichen Dienstleistungen). Weiters greift der Staat in die Konsumsouveränität ein, wenn es sich aus seiner Sicht um Fälle meritorischer Güter handelt, die die Präferenzen der Empfängerhaushalte verzerren können. Es besteht die Gefahr, dass ein bedürftiger Transferempfänger eine reine Einkommenssteigerung für den Konsum falscher Güter verwendet, wie z.B. statt einer annehmbaren Wohnung wird ein Auto angeschafft.

Neben der Bevorzugung von gebundenen Transfers durch den Staat aufgrund der oben genannten Gründe, können diese aber auch von der Bevölkerung gewünscht werden. So kann aufgrund von positiven Nutzeninterdependenzen und der Ver-meidung von negativen externen Effekten wie z.B. die Entstehung von Slums das Wohlbefinden ärmerer Mitbürger verbessert werden. Dies liegt meist im Interesse der Mehrheit und soll in der Form von gebundenen Transfers stattfinden.

1.3 VERTEILUNGSPOLITISCHE PROBLEME BEI TRANSFERS

Wenn man auf das Zusammenspiel der Transfers näher eingeht, wird es sehr schwer die Verteilungseffekte einzuschätzen und zu kontrollieren. So besteht die Möglichkeit einer Leistungskumulation, dass heißt wenn bei ein- und derselben Person Forder-ungen geltend werden, die in mehreren Teilbereichen des Sozialleistungssystems erfüllt werden, ohne dass eine gegenseitige Abstimmung oder Anrechnung erfolgt. Aber auch bei der Betrachtung einzelner Transfers kann es zu Missständen kommen:

· Schwellenphänomen: Bei diesem verteilungspolitischen Problem sind Transfers betroffen, welche einer Gruppe von Personen gewährt werden, die unter ein bestimmtes Arbeitseinkommen fallen und in Folge alle Betroffen-en die gleich hohe Transferleistung beanspruchen können. Zur Vereinfach-ung die folgende Grafik:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.2. Wirkung einer konstanten Transferzahlung an Einkommensschicht

Durch die Transferleistung wird eine Arbeitsdauer zwischen M und T bzw. ein Einkommen zwischen D und B unattraktiv, da durch den Transfer unterhalb der kritischen Grenze von T bzw. B ein mindestens gleichwertiges Einkomm-en erzielt werden könnte.

- Armutsfalle: Weiters eine Möglichkeit zur Vergabe von Transfers ist ebenfalls die Auswahl von Personen, die unter ein bestimmtes Arbeitseinkommen fallen, jedoch dieses Einkommen nur bis zu diesem Wert aufzustocken. Dies entspricht einem Mindesteinkommen wie es in Österreich z.B. bei den Pensionen angewendet wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.3. Wirkung einer Ausgleichszahlung an Einkommensschicht

Das Problem hierbei entspricht wiederum einem Verlust des Anreizes, so existiert kein Grund, wenn man einmal in die Armutsfalle getappt ist oder sich darin befindet, eine Arbeitsdauer knapp unter T auf sich zu nehmen, da mit einer Arbeitsdauer von A dasselbe Einkommen erzielt werden könnte.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Sozialpolitik und Verteilung mit besonderem Augenmerk auf die österreichische Empirie
Hochschule
Universität Wien
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
12
Katalognummer
V138296
ISBN (eBook)
9783640465149
ISBN (Buch)
9783640462230
Dateigröße
419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialpolitik, Verteilung, Umverteilung, Transferleistungen, Österreich
Arbeit zitieren
Andreas Grafl (Autor:in), 2003, Sozialpolitik und Verteilung mit besonderem Augenmerk auf die österreichische Empirie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138296

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