Von der Montanunion zur Europäischen Union

Triebkräfte, Entwicklungstendenzen und Zukunftsperspektiven der supranationalen Gemeinschaftsbildung


Seminararbeit, 2007

18 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Historischer Abriss

2. Motive der europäischen Integration
2.1. Friedensicherung
2.2. Der Wiederaufbau Europas
2.3. Die Einbindung Deutschlands

3. Zielperspektiven und Modelle der Integration
3.1. Europäischer Staatenbund
3.2. Europäischer Bundesstaat
3.3. Funktionalistisches Integrationskonzept
3.4. Ökonomisches Integrationsmodell
3.5. Intergouvernmentale Zusammenarbeit
3.6. Gegenwärtige und zukünftige Integrationsmodelle

4. Etappen der Integration
4.1. Ziele der einzelnen Verträge
4.1.1. Der EWG – Vertag
4.1.2. Die Einheitliche Europäische Akte (EEA)
4.1.3. Der Vertrag von Maastricht
4.2. Fazit
4.3. Probleme der Zielverwirklichung

5. Zukunftsaussichten der EU
5.1. Eine Gemeinsame Verfassung – Weg zum neuen EU Primärrecht
5.1.1. Austritt der „Blockierer“
5.1.2. Gründung einer supranationalen Union
5.1.3. Von der Notwendigkeit überzeugen
5.2. Erweiterung der EU und ihre Grenzen

6. Einschätzung und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Historischer Abriss

Der erste Weltkrieg, dem zahlreiche lokale Konflikte vorausgingen, veränderte die politische Welt Europas grundlegend. Neue Staaten entstanden, neue Grenzen wurden gezogen, die wiederum Auslöser für künftige Konflikte waren. Merkmale dieser Europäischen Krisenjahre waren wirtschaftliche Stagnation und Massenarbeitslosigkeit sowie die durch Abbruch inter-nationalen Handelsströme hervorgerufene Zerrüttung der Weltwirtschaft und der Währungs-systeme.1 Die Katastrophe des zweiten Weltkrieges ließ Europa buchstäblich in Trümmern versinken. Nicht nur das besiegte Deutschland, welches den zweiten Weltkrieg begonnen hat-te, und die befreiten Länder, die unter dem Expansionswahn des Nationalsozialismus gelitten hatten, waren zerstört und kämpften ums überleben, auch die europäischen Siegerstaaten Frankreich und England trugen die schwere Last der Kriegsfolgen.2 Aus dieser krisenhaften und kriegerischen Perspektive, die unendliches individuelles und kollektives Leid zur Folge hatte, betrachteten die Gründungsväter der Europäischen Gemeinschaften diese Situation. Es entstanden Visionen von einem Europa, in dem Menschen frei von Krieg und Hunger leben könnten. Dies sollte durch die politische und wirtschaftliche Integration der ehemaligen Feindstaaten ermöglicht werden.3

2. Motive der europäischen Integration

Die Neugestaltung Europas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde zur Geschichte nationalstaatlicher Machtkonflikte. Die Neugründung von Staaten bzw. die willkürliche Grenzziehung schuf ein hohes Konfliktpotential für eine europäische Zukunft. Der Sorge ei-nes politischen Zerfallsprozess wurde mit der Forderung nach den „Vereinigten Staaten von Europa“ begegnet. Dieser Gedankengang hatte die innereuropäische Friedenssicherung, die Wahrung der der kulturellen Einheit Europas sowie die Stärkung der Europäischen Wirt-schaftskraft zum Motiv.

2.1. Friedensicherung

„Der Kampf um die Befreiung Europas von der nationalsozialistischen Herrschaft war an kei-ne nationalen Grenzen gebunden, er war auch ein Kampf um ein besseres Europa, der getra-gen wurde von der Absage an das nationalstaatliche Prinzip.“4

Durch die Bewegung der „europäischen Föderalisten“, die sich 1949 zur „Union Europénne des Fédéralistes“ (UEF) zusammenschloss, entstand die Forderung nach einer föderalistisch aufgebauten „Europäischen Union“ als Grundlage einer europäischen Friedensordnung. Diese wurde jedoch von den alliierten Nachkriegsplänen der gegen Deutschland verbündeten Mäch-te USA, Sowjetunion und Großbritannien und des später aufkommenden Ost-West Konflikt überschattet.5 „Den USA unter Präsident Roosevelt war daran gelegen, die Kriegsallianz ge-gen das nationalsozialistische Deutschland im Rahmen einer weltweiten Sicherheitsorganisa-tion, wie sie später in der UNO Gestalt annahm, weiterleben zu lassen und regionale Sonder-bündnisse zu verhindern.“6 Roosevelt maß der Zusammenarbeit der USA mit der Sowjetunion höchste Priorität zu. Dabei hätten jedoch regionale Bündnisse den freien Zugang zu den Weltmärkten behindert. Erst nach dem die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion sich als un-möglich gestaltete, setzte sich die Amerikanische Führung das politische Ziel Europa zu ver-einigen. Da jedoch die Spaltung Europas weit fortgeschritten war, beschränkte sich diese auf die Realität einer westeuropäischen Notgemeinschaft. Gewünschte Entwicklungen in Rich-tung eines Europas als „dritte Kraft“ zwischen den USA und der Sowjetunion werden jedoch durch den Ost-West-Konflikt, der die europäische Entwicklung als eine Blockade gegen den Kommunismus nutzt, überlagert.7

2.2. Der Wiederaufbau Europas

Zur Eindämmung des sowjetischen Einflusses entwickelte die amerikanische Regierung 1947 ein Hilfsprogramm, das „European Recovery Programm“ (ERP). Dadurch wurden finanzielle Mittel bereitgestellt, die den Kauf von Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Investitionsgüter ermöglichten, welche die wirtschaftliche Zusammenarbeit der westeuropäischen Staaten för-derten und eine ordnungspolitische Grundlage für die Entfaltung von Marktwirtschaft und Demokratie sichern sollten. Die Verwaltung der ERP-Mittel übernahm die 1948 gegründete „Organisation for European Economic Cooperation“ (OEEC), später Organisation for Eco­nomic Cooperation and Development“ (OECD), die somit den Grundstein für den ökonomi-schen Wiederaufbau und die Integration Westeuropas auf wirtschaftlichem Gebiet gelegt hat. Beschleunigt wurde dieser Aufbauprozess durch den Gedanke ein konkurrenzfähiges Gegen-gewicht zum amerikanischen Markt entstehen zu lassen.8

2.3. Die Einbindung Deutschlands

Die Rolle Deutschlands in Europa war wegen der potenziellen Entstehung eines bedrohlichen Machtfaktors nie unproblematisch. Zentrales Ziel der Siegermächte, um einer möglichen Be-drohung durch Deutschland zu begegnen, war es, dieses eng in ein europäisches Allianzsys-tem einzubinden. Jedoch wurde die Teilung Deutschlands ein Symbol für die Teilung Europas in Ost und West. Für die 1949 entstandene Bundesrepublik Deutschland hatte die Staatswer-dung in das westliche Bündnis einen paradoxen Doppelcharakter: die schrittweise Wiederge-währung von Souveränitätsrechten war verbunden mit dem Verzicht auf Souveränität durch die Eingliederung in diverse Einrichtungen. So verbanden sich mit der Gründung der Europä-ischen Gemeinschaften für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 europapolitische Motive mit sicherheitspolitischen Erwägungen.9

3. Zielperspektiven und Modelle der Integration

Es gibt verschiedene Modelle der Integration, die nach dem Vorrang des politischen oder wirtschaftlichen Bereiches unterschieden werden können. Die beiden klassischen Leitbilder, Staatenbund und Bundesstaat, decken jedoch die Vielfalt der europäischen zwischenstaatli-chen Beziehungen bei weitem nicht ab.

3.1. Europäischer Staatenbund

Bei einem europäischen Staatenbund blieben die europäischen Staaten in vollem Besitz ihrer Hoheitsrechte. Basis bilden hier völkerrechtliche Vereinbarungen souveräner Staaten zur Ver-folgung begrenzter, vertraglich festgelegter Zielsetzungen, wie beispielsweise dem gegensei-tigen Schutz vor äußeren Angriffen. Gemeinsam errichtete Organe blieben befreit von hoheit-licher Gewalt und Gesetzgebungskompetenz gegenüber den Mitgliedern. Auf ein gemeinsa-mes Parlament bzw. eine gemeinsame Regierung wird verzichtet. Durch die sehr spezialisierte und ausdifferenzierte internationale Zusammenarbeit hat die Bezeichnung internationaler Or-ganisationen den Begriff des „Staatenbundes“ weitgehend abgelöst.10

3.2. Europäischer Bundesstaat

Ein europäischer Bundesstaat wäre eine staatsrechtliche Vereinigung der Mitgliedsstaaten zu einem föderativen Gesamtstaat nach dem Vorbild der USA oder der Bundesrepublik Deutsch­land, der nach außen eine Einheit bildet. Die einzelnen Mitgliedstaaten erfahren zwar eine Einschränkung ihrer Souveränitätsrechte, dennoch behalten diese die volle Staatsqualität. Sie verfügen über eine eigene Verfassung und Zuständigkeiten im Bereich aller drei Staatsgewal-ten.11 „Auf Grundlage einer gemeinsamen, supranationalen Verfassung wären die Hoheits-rechte auf dem Gebiet der Legislative, Exekutive und Judikative zwischen den Bundesorga-nen (horizontale Kompetenzverteilung) sowie zwischen der (europäischen) Bundesebene und der mitgliedsstaatlichen Ebene (vertikale Kompetenzverteilung) rechtlich und institutionell abzugrenzen.“12 Die Umsetzung der vertikalen Gewaltenteilung kann nach zwei verschieden Modellen erfolgen: Zum einen werden Bundeszuständigkeiten und Aufgaben der Mitglieder nach der Gestalt des „bipolaren“ Bundesstaates genau festgeschrieben. Zum anderen wird den Mitgliedern, nach dem Modell der Bundesrepublik Deutschland, eine generalklauselartige Zuständigkeit zugesprochen und die Bundeskompetenzen im einzelnen aufgeführt (Prinzip der Enumeration).13

3.3. Funktionalistisches Integrationskonzept

„Das funktionalistische Integrationskonzept zielt darauf ab, die nationalstaatliche Verbindung von Herrschaft mit Territorium und Staatsangehörigkeit zu ersetzen durch die Verknüpfung von Problemen, Aufgaben und Funktionen, die einen festumrissenen, transnationalen Sachbe-reich regieren.“14 Funktionalistische Integration nährt sich, anders als beim bundesstaatlichen Modell, dem ein konstitutiver Akt vorausgeht, nach dem Leitgedanken des funktionalistischen Integrationstheoretikers David Mitrany, „form follows funktion“, sukzessive vom relativ „un-politischen“ Bereich, dem staatlichen Hoheitsbereich an. Beispielhaft lässt sich hier eine überstaatliche umweltpolitische Zusammenarbeit nennen, die im späteren Zeitverlauf zur Er-richtung einer supranationalen Behörde für Umweltpolitik führen könnte. Diese wiederum könnte zu einer Verzahnung mit der Wirtschaftspolitik im transnationalen Bereich führen, was den klassischen „spill-over“–Effekt bezeichnet. Solche „spill-over“–Effekte treten so-wohl im „neutralen“ sachlichen als auch im politischen Bereich der Integration auf. Der poli-tische „spill-over“ führt demnach zur Erweiterung institutioneller Grundlagen durch die Schaffung weiterer Behörden.15

[...]


1 Vgl. Hörburger, 1992, S. 14.

2 Vgl. Fritzler / Unser, 2001, S. 15.

3 Vgl. Hörburger, 1992, S. 7.

4 Erdmann / Sattler / Schönfelder / Staender, 1995, S. 11.

5 Vgl. Erdmann / Sattler / Schönfelder / Staender, 1995, S. 12.

6 Gasteyger, 1991, S. 27.

7 Vgl.Erdmann / Sattler / Schönfelder / Staender, 1995, S. 10-13.

8 Vgl. Ebd. S. 13-14.

9 Vgl. Erdmann / Sattler / Schönfelder / Staender, 1995, S.13-14.

10 Vgl. Ebd. S. 29-30.

11 Vgl. Erdmann / Sattler / Schönfelder / Staender, 1995, S. 29-30.

12 Platzer, 1992, S. 37.

13 Vgl. Erdmann / Sattler / Schönfelder / Staender, 1995, S. 29-30.

14 Welz / Engel, 1993, S. 138.

15 Vgl. Erdmann / Sattler / Schönfelder / Staender, 1995, S. 30-31.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Von der Montanunion zur Europäischen Union
Untertitel
Triebkräfte, Entwicklungstendenzen und Zukunftsperspektiven der supranationalen Gemeinschaftsbildung
Hochschule
Universität Konstanz  (Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft)
Veranstaltung
Internationale Organisationen
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V137835
ISBN (eBook)
9783640464302
ISBN (Buch)
9783640461479
Dateigröße
460 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Montanunion, Europäischen, Union, Triebkräfte, Entwicklungstendenzen, Zukunftsperspektiven, Gemeinschaftsbildung
Arbeit zitieren
Johannes Himmer (Autor:in), 2007, Von der Montanunion zur Europäischen Union , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137835

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