Prosumer – Der Konsument als Co-Produzent.

Vergleich der Intensität der Kundenintegration bei der Dienstleistungserstellung zwischen einer Low Cost Airline (Ryanair) und einer Major Airline (Lufthansa)


Hausarbeit, 2009

30 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kundenintegration bei der Dienstleistungserstellung
2.1. Dienstleistungserstellung und die Integration des externen Faktors
2.2. Ansätze der Kundenintegration bei der Dienstleistungserstellung

3. Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs
3.1. Verlauf der Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs
3.2. Auswirkungen der Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs

4. Kundenintegration bei europäischen Low Cost und Major Airlines
4.1. Vergleich der Geschäftsmodelle am Beispiel Ryanair und Lufthansa
4.1. Ansätze der Kundenintegration am Beispiel Ryanair und Lufthansa

5. Studie: Bewertung der Kundenintegration bei Ryanair und Lufthansa
5.1. Ziele, Hypothesen und methodische Vorgehensweise
5.2. Auswertung und Diskussion der Ergebnisse

6. Fazit und Ausblick

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Wahrnehmung der Kundenintegration (nach Teilaktivitäten)

Abb. 2: Bewertung der Kundenintegration (Teilaktivitäten insgesamt)

Abb. 3: Gründe für die Inanspruchnahme der Flugdienstleistung

Abb. 4: Bewertung der Kundenintegration (insgesamt)

1. Einleitung

In der heutigen Zeit werden Kunden in zunehmendem Umfang an der Dienstleistungserstellung beteiligt. Die Kooperation des Konsumenten ist im Alltag z.B. beim selbstständigen Einkaufen von Lebensmitteln in Supermärkten oder beim Erledigen von Bankgeschäften mittels Selbstbedienungsterminals zur Normalität geworden. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang oftmals vom Prosumer, dem Konsumenten als Co-Produzenten gesprochen 1.2

„1 Million 1 Euro-Tickets: Sonderpreis für Reisen im Herbst.“3 Mit derartigen Angeboten wirbt die Low Cost Airline Ryanair Ltd. (Irland) häufiger, wobei zwangsläufig die Frage aufkommt, wie es möglich sein kann, einen Passagier für diesen Preis zu transportieren. Auch dies ist unter anderem nur möglich, da der Kunde in erheblichem Umfang Teilleistungen übernehmen muss. Interessant ist, dass auch Major Airlines wie die Lufthansa AG (Deutschland) bei deutlich höheren Preisen, ebenfalls einen ähnlichen Kundenintegrationsansatz verfolgen. Ziel der Arbeit ist es, die Intensität ergo die Art und das Ausmaß der Kunden-integration der beiden Airlines zu vergleichen und die Vor- und Nachteile für die Kunden und die Unternehmen herauszuarbeiten. Der Arbeit wird die Hypothese zugrundegelegt, dass eine intensive Kundenintegration vorteilhafter für die Unternehmen als für die Kunden ist. Die Erarbeitung des Themas erfolgt zunächst über die Erläuterung der Merkmale der Dienstleistungserstellung unter Berück-sichtigung der Integration des externen Faktors und den sich daraus ergebenden möglichen Ansätzen einer Kundenintegration. Anschließend werden der Verlauf und die Auswirkungen der Liberalisierung des europäischen Luftverkehrsmarktes beschrieben, da der Markteintritt der Low Cost Airlines nur aufgrund der dadurch veränderten Wettbewerbsbedingungen möglich war. Daraufhin folgt ein Vergleich der Geschäftsmodelle sowie der Intensität der Kundenintegration von Ryanair und Lufthansa. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der empirischen Studie hinsichtlich der Wahrnehmung und Bewertung der Kundenintegration bei den beiden Airlines ausgewertet und diskutiert. Abschließend wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen gegeben.

2. Kundenintegration bei der Dienstleistungserstellung

Um einen Einstieg in das Thema zu ermöglichen, ist es essentiell den Begriff, die Merkmale und die Besonderheiten der Dienstleistung insbesondere hinsichtlich der Integration des externen Faktors zu erläutern. Anschließend wird auf die sich daraus ergebenden Ansätze einer Kundenintegration eingegangen.

2.1. Dienstleistungserstellung und die Integration des externen Faktors

Bezüglich der Begriffsbestimmung der Dienstleistung gibt es verschiedene Gruppen von Ansätzen. Auf Grundlage konstitutiver Merkmale existieren potenzial-, prozess- und ergebnisorientierte Definitionen.4

Die potenzialorientierte Definition von Hentschel besagt beispielsweise, dass Dienstleistungen als alle durch Menschen oder Maschinen geschaffenen Potenziale eines Anbieters gesehen werden können, mit denen Leistungen am Nachfrager erbracht werden.5 Demgegenüber beschreibt Berekhovens prozessorientierte Definition Dienstleistungen als zur Bedarfsdeckung Dritter dienende Prozesse mit immateriellen oder materiellen Ergebnissen, deren Erstellung und Konsum einen synchronen zeitlichen und räumlichen Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager erfordern (Uno-Actu-Prinzip)6 Maleri liefert hingegen eine ergebnisorientierte Definition, wonach Dienstleistungen nur die Ergebnisse von Erstellungsprozessen darstellen und als für den Absatz erstellte immaterielle Produkte anzusehen sind.7 Grundsätzlich ist jedoch ein phasenbezogener integrativer Betrachtungsansatz auf Grundlage der konstitutiven Merkmale sinnvoll.8

Der Arbeit wird daher die folgende Definition von Dienstleistungen zugrunde gelegt wird: „Dienstleistungen sind individuelle Leistungsprozesse mit überwiegend immateriellem Ergebnis, die von einem Individuum (Dienstleister) für die Bedürfnisbefriedigung eines anderen Individuums (Kunde) gegen Entgelt erbracht werden und dabei sowohl individuelles Leisten des Dienstleisters an dem bzw. für den Kunden als auch ein Interagieren der beiden im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses wesentlich erforderlich machen“ 9

Ferner soll zur besseren Identifikation der unterschiedlichen Dienstleistungstypen, die Leistungstypologisierung von Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelder-bäumer verwendet werden. Demnach können mittels der Unterteilung in die Dimensionen Immaterialitätsgrad des Leistungsergebnisses und Integrationsgrad der betrieblichen Leistungsprozesse vier Leistungstypen identifiziert werden.10

Um den Grad der Einbindung des Kunden in die Leistungserstellungsprozesse stärker zu verdeutlichen, ist eine Spaltung der Dimension Integrationsgrad der betrieblichen Leistungsprozesse in Interaktions- und Individualisierungsgrad möglich. Durch die weitere Unterteilung in die Dimension Interaktionsgrad wird eine Differenzierung zwischen tendenziell unabhängigen sowie interaktiven bzw. interaktionsorientierten Leistungstypen möglich. Die ebenfalls vorgenommene Unterteilung in die Dimension Individualisierungsgrad ermöglicht eine präzisere Unterscheidung zwischen standardisierten und individuellen Dienstleistungstypen. Grundsätzlich drückt dabei der Interaktionsgrad das Ausmaß der Übernahme von Unterstützungs- oder auch Durchführungsfunktionen und der Individualisierungs-grad das Ausmaß der Übernahme von Spezifizierungsfunktionen durch den Kunden aus. 11

Zur Ableitung von Handlungsempfehlungen für den Anbieter ist neben der Identifikation des jeweiligen Dienstleistungstypus, eine Analyse der Dienstleistungserstellung essentiell. Corsten unterscheidet dabei zwischen zwei Phasen – der Phase der Vorkombination und der Endkombination. Während der Vorkombination baut der Anbieter durch die interne Faktorkombination seine Kapazität auf (Potenzialorientierung). Im Rahmen der Endkombination findet eine Faktorkombination weiterer interner Produktionsfaktoren mit den vom Kunden eingebrachten externen Faktoren statt (Prozessorientierung), aus welcher letztlich das Dienstleistungsergebnis und damit der Nutzen für den Kunden resultiert (Ergebnisorientierung). 12

Die Integration des externen Faktors, also des Kunden als Person bzw. der Objekte des Kunden, findet zumeist in Form von Interaktionen zwischen dem Kunden und Mitarbeitern, aber auch wie z.B. bei elektronischen Dienstleistungen zwischen dem Kunden und Maschinen/Selbstbedienungsterminals statt. 13

Grundsätzlich kann ebenfalls gesagt werden, dass der Kunde entweder tendenziell passiv durch das Aufwenden von Zeit z.B. bei einem Friseurbesuch oder tendenziell aktiv durch die Erbringung objektbezogener Leistungen z.B. bei einem Sprachkurs beteiligt werden kann. 14

Die Integration des Kunden in Form seiner Person kann daher theoretisch durch physische, psychische, intellektuelle oder emotionale Beteiligung erfolgen, wobei die Intensität ergo die Art und das Ausmaß vom jeweiligen Dienstleistungstyp und den daraus resultierenden Gestaltungsmöglichkeiten des Anbieters sowie den Erwartungen und letztlich den Verhaltensweisen des Kunden abhängt.

2.2. Ansätze der Kundenintegration bei der Dienstleistungserstellung

Wie in Abschnitt 2.1. erläutert, ist die Integration des externen Faktors ergo die aktive oder passive Beteiligung des Kunden in Form seiner eigenen Person oder durch das Einbringen von Objekten aus seinem Verfügungsbereich als das zentrale Merkmal einer Dienstleistung anzusehen. Durch die Einbringung von physischen und kognitiven Ressourcen oder der Übernahme von Teilaktivitäten wird der Kunde zu einem wichtigen Bestandteil des Leistungserstellungs-prozesses. Das jeweilige Dienstleistungsergebnis kann daher stark von dem Kunden abhängen, da dieser durch sein Verhalten das Erreichen dieses sowohl erheblich unterstützen als auch behindern kann.15 Bezüglich dieses Sachverhaltes existiert in der Literatur keine einheitliche Terminologie. Während in der englischsprachigen Literatur von Customer Participation 16, Co.Producing 17 oder dem Kunden als Partial Employee 18 gesprochen wird, wird in der deutsch-sprachigen Literatur zumeist der Begriff der Kundenintegration 19 verwendet. Dieser Arbeit wird die folgende Definition von Kundenintegration zugrundegelegt: „Kundenintegration ist die aktive Beteiligung des Nachfragers an einer vertraglich vereinbarten Leistungserstellung durch Einbringung externer Faktoren bzw. Übernahme von Teilleistungen, sodass die Leistungsaktivitäten des Anbieters beeinflusst werden“ 20

Um aus dem theoretischen Konstrukt der Kundenintegration Strategien für einen Dienstleistungsanbieter zu erarbeiten, ist eine systematische Betrachtung der möglichen Ansätze hinsichtlich der Art und des Ausmaßes der Kunden-integration sinnvoll. Die Art der Kundenintegration kann durch die vom Kunden vor, während oder nach der Leistungserstellung potentiell einnehmbaren Rollen bzw. durch die vom Kunden erfüllbaren Funktionen bestimmt werden. 21

Speziell bei kundenindividuell zu erstellenden Leistungen hat der Kunde die Aufgabe, die Leistung so genau wie möglich zu spezifizieren, womit er die Funktion der Leistungspezifizierung wahrnimmt.22 23 Ist der Kunde kognitiv, z.B. bei Finanzberatungen, oder physisch, z.B. bei der Nutzung von Selbstbedienungstankstellen, aktiv an der Dienstleistungserstellung beteiligt, nimmt er die Funktion eines Co-Produzenten wahr.24 25 Bettencourt spricht diesbezüglich auch von einem Partial Employee, da die Motivation, das Engagement, das Wissen und die Fähigkeiten des Kunden, ähnlich wie bei einem Mitarbeiter, einen signifikanten Einfluss auf das Ergebniss haben. 26 27 Die Funktion der Qualitätssicherung kann der Kunde wiederum z.B. durch Rückfragen oder durch Hinweise auf kritische Prozesse ausüben.28 29

Insbesondere bei kontaktintensiven Dienstleistungen, bei denen der unmittelbare Einfluss der Vorgesetzten auf die Mitarbeiter weniger spürbar ist, übernimmt der Kunde oftmals unbewusst die Führungsersatzfunktion/Substitute for Leadership, insofern er durch fachliches Feedback oder Lob und Anerkennung zur Arbeitserfahrung und Zufriedenheit der Mitarbeiter beiträgt. 30 31

Werden Leistungen für mehrere Kunden erbracht, z.B. bei Gruppenreisen oder elektronischen Dienstleistungen über das Internet, übernehmen Kunden oftmals die Hilfestellungsfunktion, wenn sie anderen Kunden Orientierungs- bzw. Entscheidungshilfen beispielsweise in Internetforen bieten. 32

[...]


1 Vgl. Toeffler 1990, S. 265 ff.

2 Vgl. Grün/Brunner 2002, S. 7 f.

3 URL:http://www.ryanair.com/site/DE/news.php?yr=09&month=jul&story=prode-140709 [03.08.2009]

4 Vgl. Corsten/Gössinger 2007, S. 21

5 Vgl. Hentschel 1992, S. 19f.

6 Vgl. Berekhoven 1983, S. 23

7 Vgl. Maleri 1997, S. 4

8 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 17

9 Seidel 2007, S. 22

10 Vgl. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer 1992, S. 34ff.

11 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 21f.

12 Vgl. Corsten/Gössinger 2007, S. 128ff.

13 Vgl. Trefz/Büttgen 2007, S. 54

14 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 34f.

15 Vgl. Büttgen 2008, S. 105f.

16 Vgl. Faranda 1994, S. 1

17 Vgl. Bendapudi/Leone 2003, S. 14ff.

18 Vgl. Bettencourt 1997, S. 383ff.

19 Vgl. Kleinaltenkamp 1996, S. ßff.

20 Büttgen 2008, S. 107

21 Vgl. Büttgen 2008, S. 107

22 Vgl. Martin/Horne/Chan 2001, S. ß7 ff.

23 Vgl. Büttgen 2008, S. 108

24 Vgl. Lengnick-Hall 1996, S. 791ff.

25 Vgl. Büttgen 2008, S. 108

26 Vgl. Bettencourt 1997, S. 383ff.

27 Vgl. Büttgen 2008, S. 108

28 Vgl. Lehmann, S. 40f.

29 Vgl. Büttgen 2008, S. 108

30 Vgl. Lehmann S. 35f.

31 Vgl. Büttgen 2008, S. 109

32 Vgl. Büttgen 2008, S. 109

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Prosumer – Der Konsument als Co-Produzent.
Untertitel
Vergleich der Intensität der Kundenintegration bei der Dienstleistungserstellung zwischen einer Low Cost Airline (Ryanair) und einer Major Airline (Lufthansa)
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin  (Fachbereich 1)
Veranstaltung
Themenfeld: Rahmenbedingungen und Management von Dienstleistungen
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
30
Katalognummer
V137301
ISBN (eBook)
9783640453238
ISBN (Buch)
9783640452903
Dateigröße
657 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Prosumer – Der Konsument als Co-Produzent. Ein überaus spannendes und sehr aktuelles Thema. Unternehmen externalisieren zunehmend Teilaktivitäten auf die Kunden. Da Dienstleistungen durch die Integration des externen Faktors bzw. der aktiven oder passiven Beteiligung des Kunden charackterisiert sind, geschieht dies speziell in diesem Bereich. Dabei bringt die Kundenintegration sowohl für die Unternehmen als auch die Kunden Vor- und Nachteile. Interessant war daher eine Analyse der Intensität der Kundenintegration bei Airlines, da diese oftmals eine sehr intensive Kundenintegration betreiben.
Schlagworte
Prosumer, Kundenintegration, Ryanair, Lufthansa, Dienstleistungsmanagement, Kundenbeteiligung, Airline, Externalisierung, Low Cost Carrier, Low Cost Airline, Major Carrier, Major Airline, Co-Produktion, Co-Produzent
Arbeit zitieren
Sandro Sterneberg (Autor:in), 2009, Prosumer – Der Konsument als Co-Produzent., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137301

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