Helden im 21. Jahrhundert

Ein Blick auf die sich nach Vorbildern sehnende Gesellschaft und die Analyse des Stücks 'Der Held der westlichen Welt'


Hausarbeit, 2006

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Helden

3. Der Held der westlichen Welt
3.1 Helden bei Synge
3.2 Helden bei Müller-Wieland

4. Helden in der heutigen Zeit

5. Fazit

6. Literatur
A. Monographien
B. Aufsätze in Zeitschriften / Programmheften
C. Theaterstücke
D. Fernsehformate
E. Filme

1. Einleitung

Jack der Postbote schläft gerade mit meiner Frau! Oh Gott! [...] Und all die verrückten Kinder, die daheim auf der Nase tanzen! Umbringen müsst man sie! Ja! […] Neue Helden braucht das Land![1]

Mit diesen eindeutigen Worten beginnt Jan Müller-Wieland’s Oper „Der Held der Westlichen Welt“[2].

Es geht um die Trostlosigkeit und Langweile, die die Menschen der „Westlichen Welt“ verspüren, und um die Sehnsucht nach etwas Neuem, Spannendem, Aufregendem.

Ein Held wird herbeigesehnt und erscheint auch. In Form eines kleinen, zierlichen, jungen Mannes, der behauptet, seinen Vater erschlagen zu haben. Für diese Tat wird er gefeiert und verehrt: „ Ein Held! Held befehle!“[3]. Doch bald muss die euphorische Menge erleben, dass der Vater noch lebt und ihr umjubelter Held gar keiner ist.

Der Held, dem die Masse gestern noch zujubelte, wird morgen von ihr angespien, wenn das Schicksal ihn schlug. […] Die Masse betrachtet dann den gefallenen Helden als ihresgleichen und rächt sich dafür, dass sie sich einer Überlegenheit gebeugt hat, die sie nicht mehr anerkennt […] Die Gläubigen zertrümmerten stets voll Wut die Bildwerke ihrer früheren Götter.[4]

In dieser Arbeit geht es um die Sehnsucht nach Helden, ihre Glorifizierung und ihren tiefen Fall, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.

Dazu wird das oben beschriebene Stück „Der Held der Westlichen Welt“ analysiert und interpretiert. Dabei wird hauptsächlich die Fassung von Jan Müller-Wieland berücksichtigt, das Ursprungs-Theaterstück „The Playboy of the Western World“[5] von John Millington Synge wird als Vergleich ebenfalls herangezogen.

Außerdem geht es in einem Teil der Arbeit um Helden in unserer heutigen Gesellschaft, da Müller-Wieland in seiner Oper diesen Aspekt aufgreift und parodiert. Es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen heutigen und früheren Heroen aufgezeigt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf diversen Castingshows der privaten Fernsehsender.

Zunächst wird jedoch auf den Begriff des Helden allgemein eingegangen.

2. Helden

Seit dem Beginn der Geschichtsschreibung sind Helden – ob erfunden oder real - allgegenwärtig. Sie existieren unter anderem als Heroen des klassischen Altertums, als Ritter des Mittelalters, als Leinwand-Cowboys des Wilden Westens und als Comic-Figuren wie zum Beispiel Superman. Sie heben sich durch besondere Merkmale und Taten von der Masse ab und riskieren selbstlos ihr Leben für andere. Sie sind etwas Besonderes und werden so für den normalen, durchschnittlichen Menschen bewunderungswürdig und zu „Projektionsflächen der Sehnsüchte des Alltags.“[6] Wegen ihrer Taten werden sie verehrt und hofiert.

Ein Held verfügt meistens über seelische und körperliche Kräfte, die ein normaler Mensch nicht hat, und ist dadurch in der Lage, Taten zu vollbringen, die für andere unmöglich erscheinen.

Weiterhin gilt der Held als Vorbild, zu dem man aufsehen, auf den man sich verlassen und durch den man sich beschützt und sicher fühlen kann. Der normale Bürger identifiziert sich mit dem Helden und projiziert seine Träume und Wünsche auf diese Person.

Helden schultern die Last des Allgemeinen, die Bürger hingegen verteilen sie auf ihresgleichen.[7] Der Held ist selbstlos, denkt nicht an sein eigenes Wohlergehen, sondern an das anderer. Er setzt sich, ohne an mögliche negative Folgen für sich selbst zu denken, für andere ein. Er versucht die „Guten“ zu beschützen und vor Gefahren zu retten. Er übernimmt die volle Verantwortung für sein Tun und schiebt die Schuld oder Last niemand anderem zu.[8]

Ein Held ist nicht nur, wer einer neuen Welt, einer neuen Lebens- und Denkform zum Durchbruch verhilft, sondern auch, wer dies in unversöhnlicher und aussichtsloser Konfrontation mit der alten Welt tut, bereit, dafür mit seinem Tod einzustehen.[9]

Der Held vollbringt die Heldentaten nicht, um Dank, Ruhm und Ehre zu erhalten, sondern verschwindet am liebsten unerkannt, um sich ins nächste Abenteuer zu stürzen.[10]

Im 20./21. Jahrhundert scheint es jedoch, als müsste die genannte Definition überprüft werden. Es herrscht geradezu ein Überschuss an so genannten Helden. Offensichtlich kann in der heutigen Zeit jeder durch relativ geringe Leistung zum Helden avancieren. Im Mittelalter musste beispielsweise ein Ritter schwere Kämpfe auf sich nehmen, um Ehre, Land und Ansehen zu verteidigen. Heute reicht schon die Drittplatzierung in einem Gesangswettbewerb[11], um bejubelt und anerkannt zu werden.

Diese modernen Idole unterscheiden sich weiterhin dadurch von den ursprünglichen, oben definierten Helden, dass sie nicht selbstlos und bescheiden sind, sondern Ruhm und Ehre anstreben und erwarten, obwohl sie keine weltbewegenden Taten vollbringen.

Auf diesen Aspekt wird in Abschnitt 3.3 genauer eingegangen.

Neben dem klassischen Helden existiert auch der so genannte Anti-Held, den das Stück „Der Held der westlichen Welt“ thematisiert. Dieser Gegenheld erweckt durch seine offensichtlichen Schwächen Sympathie, indem er beispielsweise nicht besonders intelligent ist. Der Anti-Held hat Fehler, und sein Erscheinungsbild ist nicht perfekt, er wird von einer lächerlichen Seite gezeigt und trotzdem verehrt.

3. Der Held der westlichen Welt

Das Stück „Der Held der westlichen Welt“ zeigt einen optisch eher untypischen Helden. Sowohl der irische Dramatiker Synge als auch der Hamburger Komponist Müller-Wieland bringen in ihren Fassungen des „Held“ einen unscheinbaren Jüngling auf die Bühne, der jedoch trotzdem von der Menge vorübergehend als Vorbild gefeiert und bewundert wird.

Im Folgenden wird die Figur des Helden bei beiden Autoren genauer analysiert.

[...]


[1] Programmheft Oper Köln: Jan Müller-Wieland: Der Held der Westlichen Welt, Köln 2006, S.39.

[2] Jan Müller-Wieland: Der Held der Westlichen Welt, UA 7.4.06, Regie: Karoline Gruber, Oper Köln.

[3] Libretto: Jan Müller-Wieland: Der Held der westlichen Welt, Komische Oper in drei Akten, UA Oper Köln 7.April 2006, S.41.

[4] Gustave Le Bon: Psychologie der Massen, Stuttgart 1982.

[5] John Millington Synge: The Playboy of the Western World, UA 26.01.1907, Abbey Theatre, Dublin.

[6] Oliver Binder: Der Spott und die Trauer. Helden, Playboys und Vatermörder, S.7.

[7] Vgl. Josef Früchtl: Das unverschämte Ich. Eine Heldengeschichte der Moderne. Frankfurt/Main 2004, S.71.

[8] Vgl. Hegel: Werke in 20 Bänden, Bd. 13, Hg. E. Moldenhauer, K.M. Michel, Frankfurt/Main 1969, S.243f.

[9] Früchtl, S. 76.

[10] Vgl. zum Beispiel den Film von Stephen Frears: Ein ganz normaler Held, 1992.

[11] Zum Beispiel Deutschland sucht den Superstar, RTL.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Helden im 21. Jahrhundert
Untertitel
Ein Blick auf die sich nach Vorbildern sehnende Gesellschaft und die Analyse des Stücks 'Der Held der westlichen Welt'
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
14
Katalognummer
V137218
ISBN (eBook)
9783640457830
ISBN (Buch)
9783640457786
Dateigröße
414 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Helden, Jahrhundert, Blick, Vorbildern, Gesellschaft, Analyse, Stücks, Held, Welt
Arbeit zitieren
Annika Hoffmann (Autor:in), 2006, Helden im 21. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137218

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