Strategisches Framing der Wahlkampfberichterstattung

Ein Vergleich zwischen Deutschland und den USA


Hausarbeit, 2008

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Interdependenzen zwischen den Systemen Medien und Politik

3. Das Framing Konzept und typische Frames der Wahlkampfberichterstattung
a. Strategischer Frame
b. Inhaltlicher Frame

4. Die wichtigsten Framing-Elemente der amerikanischen Wahlkampfberichterstattung

a. Journalistische Interpretationen
b. Horserace Berichterstattung
c. Verwendung von Kriegs- und Wettkampfvokabular

5. Elemente des strategischen Framings in der deutschen Wahlkampfberichterstattung
a. Horserace-Berichterstattung und Verwendung von Wettkampfvokabular
b. Journalistische Interpretationen und Bewertungen

6. Mögliche Wirkungen des strategisches Framing in der deutschen Wahlkampfberichterstattung

7. Fazit: Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Frage nach möglichen Medienwirkungen findet immer wieder Einzug in die öffentliche Diskussion. Vor allem im Bezug auf den Prozess der demokratischen Meinungs- und Willensbildung wird oft befürchtet, die übermächtigen Medien könnten über ihre Aufgabe als Vermittler zwischen politischen Akteuren und Bevölkerung hinauswachsen und durch ihre spezifisch verfassten Botschaften die Einstellung der Rezipienten beeinflussen. Fraglich ist jedoch, inwiefern man eine „objektive“ Berichterstattung der Medien überhaupt erwarten kann. Da mediale Berichterstattung immer selektiv ist, kann man nicht ohne Weiteres beurteilen, wann die Medien durch ihre Beiträge bestimmte Ziele verfolgen und wann sie versuchen möglichst realitätsnah zu berichten. „Die Vorstellung es gäbe Politik in Reinform, gleichsam gesäubert von Vermittlungs- und Darstellungsmerkmalen, Politik, die sich von selbst und eben auch ohne Wahlkampf ‚verkauft‘, ist eine politische Lebenslüge, ein Relikt obrigkeitsstaatlichen Denkens (Sarcinelli, 2005, S.213)“. Welchen Einfluss diese Vermittlungs- und Darstellungsmerkmale auf das Verhalten der Wähler haben könnten, beschreibt das Konzept des Framings; hierbei handelt es sich um eine Theorie, die sich mit Medienwirkungen auseinandersetzt und im Rahmen des Proseminars „Theorien der Medienwirkungen“ näher betrachtet wurde. Im Bezug zu dieser Medienwirkungstheorie ist es eine wichtige Frage zu klären, ob es auch in Deutschland Formen des strategischen Framings der Wahlkampfberichterstattung gibt. Amerikanische Studien zu diesem Thema bestätigen für den Bereich der politischen Kommunikation, dass strategisches Framing durchaus folgenreich sein kann (z.B.: Valentino, Beckmann & Buhr 2001); es handelt sich also um ein wichtiges Anliegen zu klären, ob und gegebenenfalls wie, sich strategisches Framing der Wahlkampfberichterstattung in Deutschland auf die Evaluation des politischen Systems durch die Bevölkerung auswirkt. Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit liegt darin, mögliche Veränderungen in der deutschen Wahlberichterstattung zu analysieren, und angelehnt an ausgesuchte amerikanische Forschungsergebnisse, die Wirkung der Wahlkampfberichterstattung auf die Rezipienten näher zu bestimmen. Zunächst sollen die zwischen Mediensystem und politischem System bestehenden Interdependenzen betrachtet werden, um die verschiedenen Faktoren bestimmen zu können, die bei einer Analyse der Wahlberichterstattung von Bedeutung sind. Im Anschluss soll das Framing-Konzept und insbesondere die für die Wahlberichterstattung typischen Frames näher betrachtet werden. Die wichtigsten Elemente dieser Frames bieten den Anhaltspunkt dieser Arbeit, da sie sich für einen Vergleich der amerikanischen und deutschen Medienberichterstattung besonders gut eignen. Anhand dieser Framing-Elemente soll untersucht werden, inwiefern auch in Deutschland Anzeichen für ein strategisches Framing in Wahlkampfzeiten erkennbar sind und ob die in den USA festgestellten negativen Wirkungen auf den Rezipienten auch in Deutschland ausgemacht werden können. Abschließend soll die Frage geklärt werden, welche möglichen Einflussfaktoren es gibt, die die Übertragbarkeit der amerikanischen Studien auf Deutschland einschränken könnten.

2. Interdependenzen zwischen den Systemen Medien und Politik

Betrachtet man die Anzahl derjenigen Wähler, die von sich selber angeben an keine bestimmte Partei gebunden zu sein, so erkennt man einen signifikanten Anstieg (Schulz & Zeh, 2006, S. 278). Diese steigende Zahl parteiungebundener Wähler führt laut Pfetsch und Schmitt-Beck zu bestimmten Veränderungen der parteieigenen Kommunikationskanäle (Pfetsch & Schmitt-Beck, 1994, S. 231-232; Schulz & Zeh, 2006, S. 278). Aufgrund des Rückganges von parteigebundenen Wähler, sind die Parteien vermehrt auf das Massenmediensystem angewiesen, um Wähler zu mobilisieren. Zudem schildert Sarcinelli, dass schwindende Parteibindung die Wähler empfänglicher für mediale Botschaften macht (Sarcinelli, 2005, S.205). Daraus erschließt sich, dass zwischen Mediensystem und politischem System Interdependenzen bestehen müssen. Pfetsch und Schmitt-Beck stellen bestimmte Vorstellungen über dieses Zusammenspiel der Systeme gegenüber und unterscheiden dabei drei unterschiedliche Positionen voneinander. Zum einen gibt es Vertreter einer Extremposition, die der Ansicht sind, dass das Mediensystem dem politischen System passiv gegenübersteht. Die Gegenposition geht folglich davon aus, dass ein aktives Mediensystem bestimmte Regeln voraussetzt, denen sich die Politiker unterordnen müssen, um die Berichterstattung mitzugestalten. Zwischen diesen beiden Extremen liegt eine weitere Position, die die Beziehung zwischen den Systemen Medien und Politik als „komplexe Interaktion zwischen zwei Gruppen von wechselseitig abhängigen und daher anpassungsbereiten Akteuren (Pfetsch & Schmitt-Beck, 1994, S. 232)“ beschreibt. Das Ergebnis dieser Interaktion wird als politische Kommunikation bezeichnet. Es besteht also eine Abhängigkeit zwischen den Systemen, gleichzeitig folgt das Mediensystem jedoch auch einer eigenen Logik und eigenen Regeln, weshalb es auch als autonom bezeichnet wird (Pfetsch & Schmitt-Beck, 1994, S. 235). Neben äußeren Strukturmerkmalen besitzen die Medien auch interne Kriterien der professionellen Nachrichtenproduktion und Logistik. Diese Faktoren wirken zusammen als ein Selektionsfilter der Wahlkampfberichterstattung, der in die Strategien der Parteien miteinbezogen werden muss. Die Rolle der Medien im Prozess der politischen Meinungs- und Willensbildung darf also keinesfalls unterschätzt werden; auch Jucknat betont, dass es die Massenmedien sind die „Öffentlichkeit für politische Botschaften“ herstellen (Jucknat, 2007, S. 132) und Gerhards beschreibt in diesem Zusammenhang, dass Massenmedien der Politik und Gesellschaft ermöglichen sich selbst zu beobachten und somit, als eine Plattform der Politikdarstellung bezeichnet werden können (Gerhards 1998 nach Sarcinelli, 2005, S.207). Sarcinelli nennt für den politisch-kommunikativen Normalfall verschiedene Gesetzmäßigkeiten, die das Verhältnis von Politik und Medien und deren wechselseitige Abhängigkeit besser Verständlich machen (Sarcinelli, 2000, S. 26-27). Da Politik in einer Demokratie der Legitimation durch Kommunikation bedarf, nehmen die Massenmedien, laut Sarcinelli, eine wichtige Rolle im politischen Prozess ein. Außerdem verändert sich durch die Mediatisierung des Politischen auch die Politik an sich, da Medienkompetenz, als eine Voraussetzung von politischem Erfolg, an Bedeutung gewinnt. Die Systeme Politik und Medien sind also vielfältig miteinander verbunden und füreinander von großer Wichtigkeit; nach Saxer sind „Wahlen in (Massen-)Demokratien ohne Medienkommunikation nicht mehr realisierbar“ (Saxer, 2000, S. 31).

Betrachtet man die Beziehung zwischen Medien und Politik in ihrer vollen Komplexität, wird ersichtlich warum die Beschäftigung mit der Rolle der Medien im Wahlkampf von hoher Relevanz ist. Durch die angesprochene Eigenlogik des Mediensystems, dessen Selektionsregeln, und weiteren Einflussfaktoren, konstruieren die Medien eine eigene Wirklichkeit; inwiefern diese konstruierte Wirklichkeit Einfluss auf eine eventuelle Wirkung der Medien hat, beziehungsweise haben kann, soll im folgenden Abschnitt näher betrachtet werden.

3. Das Framing Konzept und typische Frames der Wahlkampfberichterstattung

Der Framing Ansatz beschäftigt sich mit der Frage, wie Themen in den Medien behandelt werden und liefert gleichzeitig Aussagen über etwaige Medienwirkungen. Die Massenmedien „bestimmen zwar nicht, aber sie beeinflussen und strukturieren die Tagesordnung der öffentlich diskutierten Themen (Agenda-Setting-Funktion) und entscheiden über deren Bewertung und Interpretation (Framing) (Sarcinelli, 2005, S. 209)“. Will man Framing als Prozess verstehen, bi]etet es sich zunächst an den Begriff des Frames genauer zu definieren. Scheufele beschreibt einen Frame als einen „Bezugsrahmen, der ein Thema auf bestimmte Weise strukturiert und damit die Informationsverarbeitung und Meinungsbildung steuert (Scheufele, 2006, S. 75)“. Diese Deutungsmuster, die zur Bewertung und Sinngebung unterschiedlicher Themen herangezogen werden, erfüllen nach Dahinden zwei zentrale Funktionen (Dahinden, 2006, S. 14-15). Zum einen die Funktion der Selektion wahrgenommener Realitätsaspekte, zum anderen die Strukturierung von Kommunikationsprodukten über diese Realität. Das Konzept des Framings kann somit, nach Scheufele, die Entstehung journalistischer Produkte, wie auch deren Rezeption und eventuelle Wirkung, erklären (Scheufele, 2006, S. 75). Den Prozess des Framing beschreibt Scheufele in vier Schritten: a) Medien rahmen Themen auf bestimmte Art und Weise, wodurch sie b) beim Rezipienten bestehende Schemata aktivieren; diese Schemata werden c) in Richtung des Medien-Frames transformiert, überhaupt generiert oder es erfolgt d) eine Veränderung der Meinung und Einstellung des Rezipienten. Im Bezug zur politischen Kommunikation stellt Hoffmann fest, dass politische Ereignisse oder Vorhaben nicht in

Reinform vermittelt werden können: „Erforderlich ist ihre Einbettung in vorhandene Interpretationsschemata (Frames). Als strategisches Handeln ist Framing der Versuch, Ereignisse und Vorhaben an solche gesellschaftlich anerkannte Interpretationsschemata zu binden, welche den eigenen Kommunikationserfolg erleichtern (Hoffmann, 1998, S. 433)“. Framing ist also nicht nur auf die Berichterstattung an sich begrenzt, sondern auch die politischen Akteure können ihre Botschaften anhand bestimmter Frames vermitteln; dabei steht jedoch nicht fest, inwiefern der bevorzugte Frame von den Medien übernommen und weitergegeben wird. Das Framing-Konzept beschränkt sich nicht auf eine Stufe des Kommunikationsprozesses, es kann vielmehr auf alle Phasen der Massenkommunikation angewendet werden: „Frames are patterns of interpretation that can be identified in all phases of mass communication, including public relations, journalism, media content and media effects (Dahinden, 2005, S. 1-2)“.

Der Framing-Ansatz soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden, vielmehr liegt der Fokus auf die für Wahlkampfberichterstattung relevanten Frames und dem Frame-Setting, also dem Einfluss der durch die Medien vermittelten Interpretationsschemata auf die individuellen Frames der Rezipienten (Dahinden, 2005, S. 5). Im Rahmen dieser Arbeit soll sowohl der inhaltliche, als auch der strategische Frame näher betrachtet werden. Diese Eingrenzung wird begründet durch den Schwerpunkt dieser Arbeit, der auf Wahlkampfberichterstattung und deren Veränderungen und Auswirkungen gesetzt wird; für den strategischen und inhaltlichen Frame bezeichnend sind, wie im Folgenden weiter ausgeführt wird, bestimmte Elemente, die insbesondere in der journalistischen Wahlkampfberichterstattung Anwendung finden.

a. Strategischer Frame

Die strategische Wahlkampfberichterstattung der Vereinigten Staaten bedient sich vermehrt eines strategischen Frames, der sich, nach Cappella und Jamieson, durch folgende Eigenschaften auszeichnet: a) Gewinnen und Verlieren als zentraler Bestandteil, b) Verwendung von „war language“, also vorwiegend Kriegs- und Wettkampfvokabular, c) eine Story mit Darstellern, Kritikern und Zuschauern, d) hoher Stellenwert von Performance, Stil und Wahrnehmung des Kandidaten und e) starke Gewichtung von Umfrageergebnissen und der aktuellen Position des Kandidaten (Cappella & Jamieson, 1997 nach Valentino, Beckmann & Buhr, 2001, S. 351). Diese Definition erfasst die wesentlichen Punkte des strategischen Framings, wobei es jedoch nicht nur auf diese Eigenschaften begrenzt ist. Benoit beschreibt die Haupteigenschaft eines strategischer Frames, wie folgt: "[a strategy frame] focuses on politics as a game with winner and losers, emphaszising the political motivations and self-interest of politicians, as opposed to actual benefits of the policy they support (Benoit, 2007, S. 222)“.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Strategisches Framing der Wahlkampfberichterstattung
Untertitel
Ein Vergleich zwischen Deutschland und den USA
Hochschule
Universität Mannheim  (Seminar für Medien- und Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar Theorien der Medienwirkung: Agenda-Setting, Priming und Framing
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
19
Katalognummer
V137131
ISBN (eBook)
9783640454617
ISBN (Buch)
9783640454044
Dateigröße
445 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Agenda-Setting, Priming und Framing Agenda-Setting, Priming, Framing, Wahlkampfberichterstattung, Horserace, inhaltliches Framing, strategisches Framing
Arbeit zitieren
Anne-Kristin Müller (Autor:in), 2008, Strategisches Framing der Wahlkampfberichterstattung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137131

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