Der Mensch und die Sünde


Seminararbeit, 2003

14 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorsätze

1. Der Mensch in der Schöpfung

2. Das etwas neuere Menschenbild

3. Der Sündenfall

4. Die Sünde

5. Aktuelle Überlegungen zu Sündenlehre in der neueren Theologie

6. Nachsätze

Vorsätze

"Mensch" und "Sünde" - beide Begriffe haben eine fundamentale Bedeutung sowohl in der Theologie als auch der Philosophie. In Immanuel Kants nach­gelassenem Handbuch der Logik wird die Frage "Was ist der Mensch?" als die Grundfrage der Philosophie be­zeichnet. Aus diesem Blickwinkel dürfte jede Aussage dazu eine Aussage des Menschen über sich selber sein. Jede Philosophie ließe sich nach der Meinung des Philosophen Wil­helm Dilthey "in eine Anthropologie umschreiben". Aus theologischer Sicht kann auf kei­nem Fall der Mensch als "das Maß aller Dinge" gelten; er sollte stets in sei­ner Bezogenheit auf Gott betrachtet werden.

1. Der Mensch in der Schöpfung

Adam ist der ursprüngliche Gattungsname des Menschen oder der Mensch­heit. "Adamah" heißt auf Hebräisch: Erde, Ackerboden. In den biblischen Schöpfungsgeschichten lesen wir, dass Adam, der erste Mensch, als Eben­bild Gottes geschaffen wurde, und zwar am sechsten Tage mit allen die Erde bevölkernden Tieren. Über sie, auch über die "Fische des Meeres" und "Vö­gel des Himmels", dürfe er nicht nur herrschen, sondern sie sich sogar seinen Bedürf­nissen unterwerfen. Diese Zentralstellung des Menschen soll nach Meinung von Kritikern der jüdisch-christlichen Tradition an der ökologi­schen Krise, in der wir uns heute befänden, Schuld sein. Doch Gott setzte den Menschen in den Garten von Eden, „damit er ihn bebaue und hüte“.[1] Die Zerstörung der Umwelt muss da­her dem sündigen Verhalten des Menschen zugerechnet werden.

Obwohl in den Berichten der Genesis keine rein geistigen Wesen, so ge­nannte En­gel, ausdrücklich genannt werden, tauchen sie aber an vielen Stel­len des Alten wie des Neuen Testaments auf. Sie sollen und wollen als "Vermittler" zwischen Himmel und Erde oder gar zwischen Himmel und Hölle wirken, jedoch nicht nur im Auftrag Gottes, sondern manche auch als "gefallene Engel" im Auftrage des Teufels, der auffällig viele Namen be­sitzt: z. B. Beelzebub, Beliar, Dämonenfürst, Mephisto, Sammael, Satan oder Urian. Diese himmlische Heerschar beschäftigt nicht nur die Theolo­gen, sondern inspirierte be­sonders Künstler, Literaten und Kabarettisten.

Rochus Leonhardt unterschied in seinem Lehr- und Arbeitsbuch zur Einfüh­rung in die Dogmatik die "unsichtbare Schöpfung", also die Engel, von der "sicht­baren Schöpfung" nach der in der Bibel festgelegten Hierarchie mit ih­rer dienenden Funktion gegenüber dem jeweils Höherentwickelten, angefan­gen beim Anorganischen über die Pflanzenwelt, die Tiere bis hin zum allen Kreaturen vor­geordneten Menschen; was jedoch Artgenossen dieser höchs­ten Gattung nicht daran hinderte, in verzweifelter Situation mit Gott­fried Benn sarkastisch auszurufen: "Der Mensch, das Schwein, die Krone der Schöpfung!"

Aurelius Augustin (Augustinus), einer der wirkungsmächtigsten Theologie-Philosophen, interpretierte die Schöpfungsgeschichte auf folgende Weise, wo es heißt:

"’Da trennte Gott das Licht von der Finsternis’, (sehen) wir diese bei­den Engelscha­ren, die eine Gott genießend, die andere vor Arroganz strot­zend."[2]

"Der Mensch", so Leonhardt, "wird damit zum ‚Schlachtfeld’ im Kampf zwischen Gott und seinen Getreuen einerseits und den von Satan angeführ­ten bösen Engeln ande­rerseits um die Herrschaft der Welt, ein Kampf, der erst am jüngsten Tag endgültig ent­schieden sein wird."[3]

Obwohl also schon vor Adam ein unsichtbares Wesen (Luzifer) Gott untreu wurde, ist jedoch nicht bekannt, ob deshalb unter der himmlischen Heer­schar Sippenhaft in Form der Erbsünde herrscht.

Die Einteilung der göttlichen Schöpfung in eine rein geistige und rein kör­perliche lässt den Menschen eine Stellung zwischen sicht­barer und unsicht­barer Schöpfung zukommen. Philosophisch ent­spricht das dem "animal rati­onale", also einem aus Leib und Seele zu­sammen gesetzten Wesen, was bei Platon dazu führte, den Kör­per als Gefängnis der Seele aufzufassen, die sich erst nach dem leiblichen Tod befreien könne. Im Neuen Testament hinge­gen wird der mensch­liche Leib mitunter als "Tempel des heiligen Geistes" ver­ehrt.[4]

Blaise Pascal, als Philosoph "eine Portalfigur am Eingang zur mo­dernen Welt"[5], unter­schied drei Zustände des Menschen, die durch­aus der christli­chen Lehre entsprechen:

1. den christlichen Schöpfungszustand
2. den zwiespältigen gegenwärtigen Zustand des Abfalls von Gott
3. den Erlösungszustand durch Jesus Christus[6]

Da die meisten Menschen nach Pascal die Religion nicht nur gering schät­zen, sondern sie gar hassen würden, weil sie "fürchten, dass sie wahr sei", wollte er Abhilfe schaffen und "zei­gen, dass die Religion keineswegs der Vernunft widerspricht"[7].

Aufschlussreich ist nebenbei noch, dass der im christlichen Abendland so selbstver­ständliche Begriff des Menschen in einer Hochkultur wie der indi­schen, um nur ein Bei­spiel zu nen­nen, nicht sonderlich von den übrigen Ge­schöpfen abgehoben wird, was na­türlich Aus­wirkungen bis auf die vor allem von uns beanspruchte Universali­tät der Men­schenrechte hat.

Von der Gottebenbildlichkeit des Menschen ließe sich immerhin noch guten Gewissens sagen, dass der Mensch trotz seines Unge­horsams im Paradies, aus dem er vertrieben und zur Sterblichkeit verurteilt wurde, auf eine Ge­meinschaft mit Gott angewiesen ist, die sein Leben auf Erden bestimmt, die sich aber auch über den Tod hinaus fortsetzen soll.

Das Menschenbild in den biblischen Büchern des Alten Testaments kommt in ver­schiedenen Aspekten zum Ausdruck, die durchaus den ganzen Men­schen meinen, obwohl sie oft auswechselbar sind. Wenn z. B. vom "Fleisch" die Rede ist, wird der Gesichtspunkt der Schwäche, Vergänglichkeit und Sünde betont. In anderen hebräischen Wort­bedeu­tungen werden die Weis­heit und Lebenskraft hervorgehoben oder das Leben schlechthin, das sich in des lebendigen Menschen Begehren und Verlangen darlegt. Der häufigste Begriff zur Be­zeichnung des Menschen ist jedoch das Herz, das als Sitz der Ge­fühle und Leidenschaf­ten einerseits, andererseits auch als Mittel­punkt seines Denkens, Erkennens und Wollens verstanden wurde. Hier soll die Aufsässigkeit gegen Gott, also die Sünde ih­ren Ort und Hort haben, aber auch die Freude.

[...]


[1] Gen 2,15

[2] Augustinus: De civitale Dei XI 33, CChr SL 48, 352 f; Übersetzung: Rochus Leonhardt

[3] Leonhardt, Rochus: Grundinformation Dogmatik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Studium der Theolo­gie, Göttingen 2001, 173

[4] 1 Kor 6,19

[5] Sloterdijk, Peter: Vorbemerkung zu: Pascal. Philosophie jetzt!, München 1997

[6] Pascal: Gedanken, hg. Brunschvig 1-3 (1904) 66.139.144

[7] Pascal: Gedanken. Sehnsucht nach der besten Disposition und Form, 27

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Mensch und die Sünde
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik)
Veranstaltung
Proseminar: Einführung in die Theologie
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
14
Katalognummer
V13707
ISBN (eBook)
9783638192859
ISBN (Buch)
9783638781480
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Mensch, Sünde, Proseminar, Einführung, Theologie
Arbeit zitieren
Siegmar Faust (Autor:in), 2003, Der Mensch und die Sünde, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13707

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