Das Amtsverständnis in der Konvergenzerklärung "Taufe, Eucharistie und Amt" und Stellungnahme der katholischen Kirche


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

32 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1 Der Ökumenischen Rat der Kirchen und das Lima-Dokument
1.1 Der Ökumenische Rat der Kirchen und Faith and Order
1.2 Die Konvergenzerklärung von Lima

2 Das Amtsverständnis in „Taufe, Eucharistie und Amt“
2.1 Einleitung
2.2 Kapitel I: Die Berufung des ganzen Volkes Gottes (1-6)
2.3 Kapitel II: Die Kirche und das ordinierte Amt (7-18)
2.4 Kapitel III: Formen des ordinierten Amtes (19-33)
2.5 Kapitel IV: Sukzession in der apostolischen Tradition (34-38)
2.6 Kapitel V: Ordination (39-50)
2.7 Kapitel VI: Auf dem Weg zur gegenseitigen Anerkennung der ordinierten Ämter (51-55)
2.8 Abschließende Bewertung

3 Die offizielle Stellungnahme der katholischen Kirche zum Amtsteil
3.1 Einleitung
3.2 Die Ekklesiologie als zentrales Problemfeld
3.3 Allgemeines Priestertum und ordiniertes Amt
3.4 Sukzession und Ordination
3.5 Zusammenfassung

4 Möglichkeiten der Rezeption aus katholischer Sicht
4.1 Einführung
4.2 Die apostolische Sukzession
4.3 Der Bischof als Spender der Ordination
4.4 Die Ordination als Sakrament
4.5 Katholische Kirche in ökumenischer Bewegung?

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Kirche, der Leib Christi (vgl. 1 Kor 12), ist schon lange nicht mehr geeint. Und das trotz der Fürbitte des Herrn:

„Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast (Joh 17,21).“

Die Christenheit teilt sich heute in verschiedene Konfessionen auf, die sich wiederum in verschiedene Ausrichtungen ausdifferenzieren. Nennen sich zwar alle ihre Anhänger Christen, so unterscheiden sie sich doch untereinander in Lehre und Praxis. Diese Trennung ist nicht von Gott gewollt und schadet der Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft.

Immer wieder hat es im Rahmen der ökumenischen Bewegung Anstrengungen gegeben, einander besser kennenzulernen und Streitpunkte aus dem Weg zu räumen. Hierzu wurde der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) gegründet, der sich die Einheit der Kirchen zum Ziel gesetzt hat. Zahlreiche bi- und multilaterale Dokumente wurden zwischen den Konfessionen erarbeitet und geben Zeugnis von den Bemühungen, aufeinander zuzugehen.

Eines der wichtigsten Ergebnisse ist die Konvergenzerklärung „Taufe, Eucharistie und Amt“ – auch als “Lima-Dokument“ bekannt –, die 1982 innerhalb der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung (Faith and Order) von ca. 300 Kirchen in Lima / Peru erarbeitet wurde. Faith and Order unterstützt den ÖRK auf theologischer Ebene und behandelt in diesem Dokument drei für eine Kircheneinheit wesentlichen Themen. Zwar wurde noch lange kein Konsens zwischen den Kirchen erzielt, jedoch eine wichtige und bisher nicht gekannte Konvergenz, die wegweisend für die Zukunft der ökumenischen Bemühungen ist.

Im Folgenden soll nun zunächst kurz auf den ÖRK und Faith and Order sowie auf die Geschichte des Lima-Dokuments eingegangen werden. Darauf soll das in diesem Dokument vertretene Amtsverständnis dargelegt werden, worauf sich eine Untersuchung der diesbezüglichen offiziellen Stellungnahme Roms anschließt. Den Abschluß bildet ein Ausblick auf die weitere Teilnahme der katholischen Kirche am ökumenischen Prozeß.

1 Der Ökumenische Rat der Kirchen und das Lima-Dokument

1.1 Der Ökumenische Rat der Kirchen und Faith and Order

Dem Ökumenischen Rat der Kirchen gehören ungefähr dreihundert Kirchen an, die sich dazu verpflichtet haben, im christlichen Zeugnis und Dienst eng zusammenzuarbeiten, während sie gleichzeitig nach dem gemeinsamen Ziel der sichtbaren Einheit der Kirche streben.[1] Um dieses Ziel zu erreichen, wird der ÖRK auf theologischer Ebene von der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung unterstützt, die von den Mitgliedskirchen des ÖRK dazu beauftragt worden ist, ihnen stets die gemeinsam übernommene Verpflichtung vor Augen zu halten, die Einheit der Kirche sichtbarer werden zu lassen.[2] Diese Einheit soll sich in einem gemeinsamen Glauben und einer eucharistischen Gemeinschaft verwirklichen und ihren Ausdruck in Gottesdienst und im gemeinsamen Leben in Christus finden.[3]

Der Kommission gehören als volle Mitglieder auch Theologen von Kirchen an, die nicht Mitglieder des ÖRK sind, so u.a. auch der römisch-katholischen Kirche.[4]

1.2 Die Konvergenzerklärung von Lima

Auf ihrer Weltkonferenz in Lima wurden von der Kommission drei für die angestrebte Einheit der Kirche wesentliche Themen, nämlich Taufe, Eucharistie und Amt, behandelt. Eine grundsätzliche Übereinstimmung in diesen Bereichen ist eine der wichtigsten Vorbedingungen für das gemeinsame Ziel der Mitgliedskirchen des ÖRK.[5] Hinter den drei Erklärungen (Faith and Oder Paper 111) steht ein fünfzigjähriger Studienprozeß, der bis zur ersten Weltkonferenz von Faith and Order in Lausanne (1927) zurückreicht.[6] Vor Lima wurde das Material bereits in Accra (1974) und Bangalore (1978) diskutiert und revidiert und zwischen den Plenarsitzungen wurde durch die Kommission und ihr Redaktionsausschuß über Taufe, Eucharistie und Amt unter dem Vorsitz von Freré Max Thurian (Taizé-Bruderschaft) an diesen Texten weitergearbeitet.[7] Desweiteren fand eine ständige Beratung und Zusammenarbeit der Kommissionsmitglieder mit den Kirchen am Ort statt und auf besonderen ökumenischen Konsultationen wurden besonders schwierige Probleme wie etwa Kinder- und Gläubigentaufe (Louisville 1978) oder episkopé und Episkopat (Genf 1979) untersucht.[8]

Im Lima-Papier spiegeln sich zudem die Ergebnisse zahlreicher bi- und multilateraler Dialoge wieder, die außerhalb von Faith and Order zwischen Kirchen geführt wurden, sowie das Zeugnis lokaler Kirchen, die den Prozeß der Einigung über konfessionelle Trennungen hinweg bereits durchgemacht haben.[9]

Eine derart einmütige Diskussion, wie sie auf der Weltkonferenz von Faith and Order in Lima stattgefunden hat, ist in der modernen ökumenischen Bewegung ohne Beispiel.[10] Trotz allem ist der erarbeitete Text aber lediglich der Ausdruck einer erzielten Konvergenz und stellt noch lange keinen Konsens dar. Er beansprucht auch nicht, eine vollständige theologische Abhandlung über Taufe, Eucharistie und Amt zu sein, sondern konzentriert sich absichtlich auf diejenigen Aspekte des Themas, die sich unmittelbar oder mittelbar auf Probleme bezüglich der gegenseitigen Anerkennung der Kirchen beziehen.[11]

Es genügt aber nun einmal nicht, das Denken und Leben der Kirchen so zu beeinflussen, daß sie wirksam zur gemeinsamen Einheit beitragen können, sondern dieser Einfluß muß auch zugelassen werden.[12] Hierbei ist der Prozeß der Rezeption des Textes von entscheidender Bedeutung. Um ihn voranzutreiben, wurden alle Mitgliedskirchen der Kommission um eine offizielle Stellungnahme auf der höchsten hierfür zuständigen Ebene der Autorität gebeten, welche bis zum 31. Dezember 1984 beim Sekretariat für Glauben und Kirchenverfassung in Genf eingesendet werden sollte.[13] Die Aufmerksamkeit und die derartig hohe Anzahl von Stellungnahmen, die das Lima-Papier hervorgerufen hat, war bis dahin in der ökumenischen Bewegung einzigartig.[14] Es hat insgesamt eine Dynamik ausgelöst, die niemand vorauszusagen gewagt hätte, und hat den Kirchen somit neue Hoffnung und Ermutigung für den theologischen Dialog gebracht.[15]

2 Das Amtsverständnis in „Taufe, Eucharistie und Amt“

2.1 Einleitung

Der dritte Teil des Lima-Dokuments befaßt sich mit der Frage des kirchlichen Amtes.[16] Daß dieser Punkt von äußerst wichtiger Bedeutung für die Einheit der Kirche zu sein scheint, zeigt schon der Umfang der diesem Teil eingeräumt wird: er umfaßt ungefähr die Hälfte des gesamten Dokuments und nimmt somit den größten Raum ein.

Wie der gesamte Lima-Text besteht auch der Amtsteil aus einem Haupttext und Kommentaren. Im Haupttext werden die wesentlichen theologischen Konvergenzen aufgezeigt; in den angeführten Kommentaren werden entweder überwundene historische Differenzen oder noch weiterhin umstrittene Fragen, die weiterer Klärung bedürfen, dargelegt.[17]

Der Text nimmt seinen Ausgangspunkt von der allgemeinen Berufung des Gottesvolkes, leitet hieraus das ordinierte Amt ab, behandelt dessen Strukturen und Aufgaben und erläutert den Begriff der apostolischen Sukzession. Abschließend gibt er Impulse zur Umsetzung der sichtbaren Einheit.

2.2 Kapitel I: Die Berufung des ganzen Volkes Gottes (1-6)

Im ersten Kapitel wird ein Umriß des Wesens und Auftrags der Kirche gegeben. Sie wird als neue Gemeinschaft charakterisiert, dessen Fundament Jesu Leben, Tod und Auferstehung bilden und die durch das Evangelium und die Sakramente ständig auferbaut wird.[18] In ihr werden alle Gläubigen vom Heiligen Geist als ein einziger Leib vereint; sie lebt von dessen Kraft und wird von ihm geleitet.[19]

Die Aufgabe der Kirche besteht in Dienst und Sendung. Das Leben der Kirche beruht auf dem Sieg Christi über das Böse und den Tod, so daß ihre Glieder durch Christus befähigt werden, sich lobpreisend Gott und dienend ihren Nächsten zuzuwenden.[20] Der Heilige Geist verleiht den Gläubigen verschiedene und einander ergänzende Gaben, die zum gemeinsamen Wohl gegeben werden und sich in Werken des Dienstes sowohl innerhalb der Kirche als auch an der Welt äußern.[21]

Die Kirche ist zur Verkündigung des Reiches Gottes berufen und soll es vorweg darstellen.[22] Dies wird durch die Verkündigung des Evangeliums an die Welt und ihre Existenz als Leib Christi verwirklicht.[23] Alle Glieder der Kirche sollen ihren Glauben bekennen und von ihrer Hoffnung Rechenschaft ablegen.[24]

Der Text bringt die Bedeutung des kirchlichen Lebens auf die kurze Formel:

„Zur Kirche gehören, bedeutet, in Gemeinschaft mit Gott durch Christus im Heiligen Geist zu leben.“ [25]

Zum Schluß dieses Kapitel heißt es, daß sich die Kirchen im Verständnis der Berufung des Volkes Gottes einig seien und eine Überwindung der Trennung in der Frage der Ordnung der Kirche – insbesondere bezüglich des ordinierten Amtes – hier ansetzen müsse.[26]

Der Begriff des “allgemeinen Priestertums“ fällt im gesamten Amtsteil nicht.

2.3 Kapitel II: Die Kirche und das ordinierte Amt (7-18)

Nach einer kurzen Klärung der Terminologie bezüglich der im weiteren Verlauf benutzten Begriffe “Charisma“, “Dienst (ministry)“, “ordiniertes Amt (ordained ministry)“ und “Priester“[27] heißt es vom ordinierten Amt, daß es für Leben und Zeugnis der Kirche konstitutiv sei, da es öffentlich und ständig auf ihre fundamentale Abhängigkeit von Christus hinzuweisen habe und somit innerhalb der vielfältigen Gaben einen Bezugspunkt ihrer Einheit darstelle.[28] Anhand von Schriftzitaten wird die Existenz unterschiedlicher Funktionen bereits innerhalb der Jesusnachfolge bis hin in die Frühzeit der Kirche nachgewiesen und reicht vom Apostelkreis Jesu bis hin zu den Gemeindeleitern der ersten christlichen Generation.[29] Dem Zwölferkreis kommt dabei allerdings eine besondere Bedeutung zu: seine Rolle ist einzigartig und unwiederholbar; zudem bildet er sowohl die Kirche als Ganze als auch die mit spezifischer Autorität und Verantwortung betrauten Personen vorweg ab.[30]

Die ordinierte Amt leitet sich vom Kreis der zwölf Apostel ab und Christus fährt auch heute noch durch den Heiligen Geist fort, Personen in dieses Amt hineinzuberufen.[31] Sie werden als „Herolde und Botschafter“ und als Repräsentanten Christi gegenüber der Gemeinde charakterisiert, wobei das gegenseitige Bezogensein von Amtsträger und Laien hervorgehoben wird.[32] Die hauptsächliche Verantwortung der Ordinierten wird folgendermaßen umrissen: sie besteht in der Sammlung und Auferbauung des Leibes Christi durch Verkündigung und Unterweisung des Wortes Gottes, die Feier der Sakramente und die Leitung des Lebens der Gemeinschaft in ihrem Gottesdienst, in ihrer Sendung und in ihrem fürsorgenden Dienst.[33] Diese Aufgaben können auch von Laien ausgeübt werden, das ordinierte Amt erfüllt sie als Bezugspunkt der Einheit des Lebens und Zeugnisses der Gemeinschaft jedoch in repräsentativer Weise, was sich besonders deutlich im Vorsitz der Eucharistiefeier zeigt; somit wird die Leitung der Eucharistie durch einen Amtsträger im Lima-Text favorisiert.[34]

[...]


[1] Vgl. Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen mit einem Vorwort von William H. Lazareth und Nikos Nissiotis, Frankfurt am Main / Paderborn 31982; nachfolgend als TEA zitiert), 4.

[2] Vgl. ebd.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. ebd., 7.

[5] Vgl. TEA, 4.

[6] Vgl. ebd.

[7] Vgl. ebd., 4f.

[8] Vgl. ebd., 5.

[9] Vgl. ebd.

[10] Vgl. ebd., 7.

[11] Vgl. ebd.

[12] Vgl. Echo zu „Taufe, Eucharistie und Amt“ 1982-1985. Bericht über den Diskussions- und Rezeptionsprozeß der Lima-Erklärungen, in: US 40 (1985), 259.

[13] Vgl. TEA, 7f.

[14] Vgl. Witzel, Johann-Hinrich: Beobachtungen zur Auswertung des Lima-Prozesses, in: ÖR 38 (1989), 14.

[15] Vgl. Ruh, Ulrich: „Lima hat eine Dynamik ausgelöst, die man nicht vorauszusagen gewagt hätte“. Ein Gespräch mit Günther Gaßmann, in: HerKorr 41 (1987), 119.

[16] Vgl. TEA, 29-49.

[17] Vgl. TEA, 7.

[18] Vgl. ebd., 29.

[19] Vgl. ebd.

[20] Vgl. ebd.

[21] Vgl. ebd., 30.

[22] Vgl. ebd., 29.

[23] Vgl. ebd.

[24] Vgl. ebd., 29f.

[25] TEA, 29.

[26] Vgl. ebd., 30.

[27] Vgl. ebd., 30f.

[28] Vgl. ebd., 31.

[29] Vgl. ebd.

[30] Vgl. ebd., 31f.

[31] Vgl. TEA, 32.

[32] Vgl. ebd.

[33] Vgl. ebd.

[34] Vgl. ebd., 33.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Das Amtsverständnis in der Konvergenzerklärung "Taufe, Eucharistie und Amt" und Stellungnahme der katholischen Kirche
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Lehrstuhl Dogmatik)
Veranstaltung
Hauptseminar: Amt und Kirche als kontrovers-theologisches Problem
Note
1,5
Autor
Jahr
2001
Seiten
32
Katalognummer
V13685
ISBN (eBook)
9783638192705
ISBN (Buch)
9783638643085
Dateigröße
601 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Amtsverständnis, Konvergenzerklärung, Taufe, Eucharistie, Stellungnahme, Kirche, Problem, amt, lima, lima-dokument, verständnis, katholischen
Arbeit zitieren
Markus Tiefensee (Autor:in), 2001, Das Amtsverständnis in der Konvergenzerklärung "Taufe, Eucharistie und Amt" und Stellungnahme der katholischen Kirche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13685

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