„Analyse des Iwein bei Hartmann von Aue“


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung

2.) Analyse des ‚Iwein’
2.1) Inhalt und Einbindung in die Biographie des Autors
2.2) Textstruktur
2.3) Überlieferung und Rezeption

3.) Vergleich von „Iwein“ und „Erec“

4.) Fazit

5.) Literaturverzeichnis

6.) Anhang
6.1) Stemma des Iwein
6.2) Tabellarische Übersicht der Schriften im Ambraser Heldenbuch

1. Einleitung

Eine der frühesten deutschen Literaturepochen war die ritterlich-höfische, auch als staufisch bezeichnet, die von 1170 bis 1250 reichte. Ihre Sattelzeit hatte diese Literatur 1198, ein Jahr nach dem Tode Heinrichs VI. Jedoch mit allmählicher Zersplitterung der alten Machtverhältnisse, der damit verbundenen Zunahme der Partikulargewalten und dem Scheitern der kaiserlichen Politik in Italien kam es zu Krisen, die schwere Erschütterungen hinterließen.[1]

Am Ende des 15. Jahrhunderts schuf der in Tirol regierende Kaiser Maximilian I. ein blühendes Handels- und Kulturzentrum, dessen Mittelpunkt Innsbruck bildete. Im Zuge der intensiven Beschäftigung mit den überlieferten Kulturgütern wurden auch literarische Texte der von Helmut de Boor benannten „Stauferklassik“ zusammengetragen und schließlich von Hans Ried im „Ambraser Heldenbuch“ eingebunden. Hans Ried wurde in den 60er Jahren des 15. Jahrhunderts geboren. Eine genaue Datierung und die Bestimmung der Herkunft sind nicht möglich. Unter Maximilian I. erhielt er im Jahre 1500 ein Amt als Zöllner am Eisack zu Bozen, ehe er 1504, wegen seiner Schriftgeübtheit den Auftrag erhielt, das Ambraser Heldenbuch zu schreiben. Für diese Aufgabe wurde er von Dezember 1507 bis zum März 1514 von seinem Dienst freigestellt und an die Kanzlei des Kaisers berufen. 1514 jedoch war Ried wegen eines Augenleidens nicht mehr für den Dienst in der Kanzlei geeignet und so musste er die Arbeiten am Heldenbuch weitestgehend einstellen. Das genaue Todesdatum Rieds ist unbekannt, jedoch kann gesagt werden, dass er vor dem 07. Mai 1516 verstarb.[2]

Maximilian galt als der Kaiser der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit. Seine Herrschaft zeichnete sich durch innere und äußere Stabilität aus, sowie durch einen hohen Grad an kultureller Bildung. So stand Maximilian sowohl den feudalhöfischen Traditionen genauso wohl gesonnen gegenüber, wie den zahlreichen technischen, wissenschaftlichen und kulturellen Neuerungen der anbrechenden Neuzeit, wie zum Beispiel der Erfindung des Buchdruckes. In diesem Kontext ist auch die Entstehung des Ambraser Heldenbuches zu betrachten. Die Begeisterung des Kaisers für die nationale volkssprachige Literatur in Kombination mit dem Verlangen zielte darauf ab, dass im Rahmen der „gedächtnus“, möglichst viel kulturelles Gut sowie Traditionen für die Nachwelt zu bewahren.[3] Hierzu zählt auch die mittelhochdeutsche Literatur, die in erster Linie von einer Idealform der höfischen Kultur und Harmonie, des Rittertums und der Minne, bestimmt ist. Maximilan I. hatte großes Interesse an dieser traditionellen Konzeption und dem weiteren Werdegang, der den Verfall dieser Ideale mit sich brachte. Dieser Verfall dieser höfischen Kultur lässt sich auch an der Reihenfolge der einzelnen Geschichten des Heldenbuches nachvollziehen. Den Auftakt bilden die höfischen Texte, zu denen auch der Hauptgegenstand der vorliegenden Arbeit, ‚Iwein’ gehört, gefolgt von den Heldenepen und der Kleinepiksammlung, in der sich das ‚Frauenbuch’ von Ulrich von Liechtenstein findet, in dem der Verfall der ritterlichen Sitten am offensichtlichsten ist.[4] Im Zuge der bereits angesprochenen Aufbewahrung dieser Kulturgüter wurden diese höfischen Traditionen im Ambraser Heldenbuch niedergeschrieben. Zu den bekanntesten Werken der Literatur, die sich mit Rittertum und Minne beschäftigen, zählt das ‚Nibelungenlied’. Aber es stehen daneben einige Werke aus der gleichen Epoche.[5]

Zu den angesprochenen Werken zählt, wie erwähnt, auch das ritterlich-höfische Ideal, der ‚Iwein’ des Hartmann von Aue, der ebenfalls der Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist. Zunächst soll neben dem Inhalt des Werkes und der biographischen Einbindung Hartmann von Aue auch ein kurzer entstehungsgeschichtlicher Abriss gegeben werden. Weiterhin sollen eine kurze Analyse der Textstruktur und eine Einordnung in die Struktur der Artusromane erfolgen. Ein weiterer Punkt ist die Überlieferungsgeschichte anhand eines Stemmas und die Rezeption des Werkes. Aufgrund der starken Bindung an ein weiteres Werk, den ‚Erec’, ist zu betrachten, inwieweit Inhalt, Figuren, Struktur und Rezeption im direkten Vergleich zueinander abschneiden. Abschließend soll bilanziert und festgehalten werden, welcher Stellenwert dem ‚Iwein’ im Ambraser Heldenbuch zukommt.

Auf eine Verfolgung der einzelnen Überlieferungen der verschiedenen Handschriften des ‚Iwein’ und die damit verbundenen Abweichungen in der Wortverwendung, sowie kodikologische Aspekte müssen im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden.

2. Analyse des ‚Iwein’

2.1) Inhalt und Einbindung in die Biographie des Autors

Für die höfisch-ritterliche Literatur und die Einbindung in den historischen Kontext ist zunächst zu untersuchen, wie sich die literarische Ausgangslage für den Artusroman darstellt. Es stellt sich heraus, dass viele Werke der Stauferklassik in der französischen Literatur ihre Vorlage finden. Die französische Literatur mit ihrer Darstellung der Figurenkonstellation und des höfischen Lebens. Dies ließ das Interesse auf deutscher Seite enorm wachsen, so dass eine Adaption der Geschichten erfolgte. Häufig sind die Ereignisse übernommen worden, jedoch wurden auch einzelne Teile modifiziert, indem stärkere Affekte abgeschwächt und das idealistische weiter hervorgehoben wurde. Ziel war die „authentische Vermittlung höfischer Modernität“.[6]

Weiterhin ist gerade mittels der Adaption aus der französischen Literatur, in erster Linie von Hartmann von Aue, diese gesamte ritterlich-höfische Epoche begründet worden. Zu den direkten Entlehnungen kamen noch Elemente aus der keltischen Fabelwelt, die unter anderem Zwerge und Riesen mit sich brachte. Eine weitere Übernahme aus der französischen Literatur war das Ich-Lied der Minne, welches eine dominante Stellung innerhalb der Literatur einnahm. Anzumerken ist hier jedoch, dass die Minne als sehr vielseitig gilt. Zur Minne zählen „Gottesliebe, Nächstenliebe, Eltern- und Gattenliebe, Freundschaft, Flirt sowie erotische Faszination“.[7] Walther von der Vogelweide antwortete auf seine Frage: „waz ist minne?“ mit der Definition, dass „minne […] zweier herzen wünne: teilent si gelîche, sost diu minne dâ“, also „die gerecht geteilte Freude zweier Herzen“, sei.[8] Im Grundkonzept der Minne erhält die Frau eine höhere Position, als der Mann, der ihr seine Dienste anbietet, sie wegen ihrer Schönheit und Tugend in einen beinahe göttlichen Status erhebt. Wenn auch die Erlangung der Damengunst für den Ritter ungewiss ist, so ist es jedoch sein höchstes Ziel. Brisanz innerhalb der Handlung entsteht durch das Zusammentreffen der höfisch-ritterlichen Vorstellung und dem Absolutheitsanspruch, den die Minne erhebt. Daraus ergibt sich für den Protagonisten die Gefahr der gesellschaftlichen Isolation, aus der dann wieder die verlorene Ehre zurück erlangt werden kann.[9]

Der ‚Erec’ und auch der in dieser Arbeit behandelte ‚Iwein’ weisen eine Synthese der soeben angeführten Elemente auf. Ursprünglich wurden ‚Erec’ und ‚Iwein’ vom französischen Autor und Dichter Chrétien de Troyes verfasst und waren mit ‚Erec et Enide’ bzw. ‚Yvain’ betitelt.[10]

„Iwein“ beginnt mit einem Pfingstfest am Artushof, auf dem ein Ritter von seiner erfolglosen Aventuire erzählt und Iwein sich dazu berufen fühlt, diese Niederlage des Ritters zu rächen. Als er die Rache in die Tat umgesetzt hatte, indem er den Ritter Ascalon, den Herrn über den Wald und die Quelle, besiegte, nahm er dessen Witwe zur Frau und wurde Landesherr über dessen Ländereien. Darauf erscheint Gawein, ein weiterer Ritter des Artushofes, der Iwein ermutigt wieder auf Aventuire zu gehen und nicht dem Beispiel des Erec zu folgen, der sich nach seiner Hochzeit zurückgezogen hatte. Die Frau des Iwein, Laudine, stellte daraufhin die Bedingung, dass diese Aventuire nicht länger als ein Jahr dauern sollte, was Iwein aber nicht schaffte einzuhalten. Darauf wurde durch die Anschuldigung, dass er seiner Frau untreu geworden sei, seine Ehre aufs schwerste erschüttert. Konsequenz dessen ist der Bewusstseinsverlust und der Ausbruch des persönlichen Wahnsinns, von dem er nur durch ein Wunder geheilt werden konnte. Nachdem dieses Wunder eingetreten ist, beginnt die zweite Aventuirenfolge innerhalb der Doppelwegstruktur Aventuire des Iwein, indem er seine Ehre mittels Heldentaten, wie Gerichtskämpfe, Kämpfe gegen Riesen oder die Rettung eines Löwen, wieder zurückerkämpft und letztlich Laudine zurückgewinnt.[11]

[...]


[1] Weddige, Hilkert: Einführung in die germanistische Mediävistik. 3.Aufl. München: Beck 1997. S. 187 f.

[2] Unterkirchner, Franz (Hrsg.): Ambraser Heldenbuch. Codex Vindobonensis series nova 2663 der österreichischen Nationalbibliothek. Begleitheft. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1973. S. 6 f.

[3] Maximilian I. steuerte bei der Sammlung der einzelnen Werke auch durch eigene Dik- tate, wie den ‚Weißkunig’ bei, den er nach dem verfassen an Fachleute zur sprachlichen und inhaltlichen Überarbeitung weitergab. Maximilian I. In: Literaturlexikon. Autoren und Werke in deutscher Sprache. Band 1. Hrsg. von Walther Killy. München: Bertels- mann 1988. S. 23.

[4] Die höfischen Texte sowie die Heldenepen stammen aus einer älteren Vorlage, die Ma- ximilian I. sehr beeindruckt hatte und erst die Idee eines eigenen Heldenbuches reifen lies, dem „Heldenbuch an der Etsch“. Vgl. Unterkirchner, Franz (Hrsg.): Ambraser Hel- denbuch. Codex Vindobonensis series nova 2663 der österreichischen Nationalbibliothek. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1973.

[5] Ambraser Heldenbuch. In: Literaturlexikon. Autoren und Werke in deutscher Sprache. Band 1. Hrsg. von Walther Killy. München: Bertelsmann 1988. S. 125 f.; Maximilian I. In: Killy, S. 23 ff.; Weddige, S. 187 f.

[6] Hartmann von Aue. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Hrsg. von Kurt Ruth. Band 3. Berlin: de Gruyter 1981. Sp. 499-520; Weddige, S. 191 f.

[7] Wachinger, Burghart: Was ist Minne? In: PBB (1989). S. 252.

[8] Wachinger, S. 253.

[9] Wachinger, S. 256 f.

[10] „Erec et Enide“ erschien im Französischen ca. 1165/70, „Yvain“ ca. 1177/81. Die Üb- ersetzungen von Hartmann von Aue erschienen 1180/85 bzw. 1200/05. Dabei ist zum „Iwein“ hinzuzufügen, dass es sich wahrscheinlich um das letzte Werk Hartmann von Aue handelt. Weddige, S. 195.

[11] Hartmann von Aue. In: Kindlers neues Literatur Lexikon. Hrsg. von Walter Jens. Band 7. München, Kindler 1990. S. 343 f.; Weddige, S. 200.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
„Analyse des Iwein bei Hartmann von Aue“
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Das „Ambraser Heldenbuch“ Kaiser Maximilians I. Eine Anthologie mittelhochdeutscher Epik
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V136222
ISBN (eBook)
9783640433490
ISBN (Buch)
9783640433551
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Iwein, Hartmann, Aue“
Arbeit zitieren
Arne Ostheim (Autor:in), 2007, „Analyse des Iwein bei Hartmann von Aue“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136222

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