Der europäische Emissionshandel ab 2013 und seine Auswirkungen auf (deutsche) Industrieunternehmen

Wie Unternehmen sich auf den Emissionshandel ab 2013 vorbereiten können


Studienarbeit, 2009

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Ziele und Ausgestaltung des europäischen Emissionshandels
1.1. Erfahrungen der ersten Handelsperioden
1.2. Der Emissionshandel ab 2013
1.2.1. Umfang und Aufbau des Handels
1.2.2. Allokation der Zertifikate
1.2.3. Offene Punkte

2. Strategien und Optionen für Unternehmen im Emissionshandel
2.1. Verringerung der Emissionen.
2.2. Aktiver Handel mit Emissionszertifikaten
2.3. Erwerb von Emissionsgutschriften.

3.Auswirkungen des Emissionshandels auf Industrieunternehmen
3.1. Auswirkungen auf unterschiedliche Branchen
3.2. Wettbewerbsauswirkungen
3.3. Voraussichtliche Entwicklung des Handels

4.Möglichkeiten der Vorbereitung auf den Emissionshandel ab
4.1. Anforderungen an das interne Management des Emissionshandels
4.2. Strategische Stabsstelle als möglicher Lösungsansatz

Literaturverzeichnis

Abkiirzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Problemfelder des bisherigen Emissionshandels

Abb. 2: Absenkung der Emissionsobergrenze von 2013-2020

Abb. 3: Zuktinftige legislative Entwicklungen des EU-ETS

Abb. 4: Optionen und Strategien ftir Unternehmen im Emissionshande

Abb. 5: Möglichkeiten des Erwerbs von Emissionsgutschriften

Abb. 6: Energieintensive Industrien in der EU nach Umsatz

Abb. 7: Anteil der an die Industrie versteigerten Zertifikate im Zeitablauf

Abb. 8: Vorgehensweise beim Management des Emissionshandels

Abb. 9: Koordinierungsaufgaben einer Stabsstelle ftir den Emissionshandel

Einleitung

Der globale Klimawandel und seine weit reichenden Folgen bedrohen schon heute den Lebensraum aller Menschen und werden zu-kijnftig wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand weltweit gefahrden. Die Europai-sche Union (EU) hat diese Gefahren erkannt und die Senkung der globalen Treibhausgas-Emissionen und die Bekampfung der Erder-warmung zu zentralen Zielen der Gemein-schaft erklart (vgl. Europaische Union 2009). Im Marz 2007 beschlossen die Mitgliedsstaa-ten neue Klimaschutzziele. Der Aussto8 von Treibhausgasen (THG) in der EU soll bis 2020 um 20% im Vergleich zum Jahr 1990 gesenkt werden, bei Zustandekommen eines neuen globalen Klimaschutzabkommens so-gar um 30% (vgl. Tagesschau 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein wesentliches Instrument zur Erreichung dieser Ziele ist das seit 2005 existierende Europäische Emissionshandelssystem, das sog. EU Emission Trading Scheme (EU-ETS). Dieses Handelssystem macht den Aus-stoB von Treibhausgasen zu einem Kosten-faktor, indem die einbezogenen Unternehmen fijr jede von ihnen emittierte Tonne CO2 ein entsprechendes Zertifikat erwerben und vor-zeigen mijssen (fijr eine ausfijhrliche Darstel-lung der Funktionsweise eines Emissions-handelssystems vgl. Gelijck 2008, S. 12-14). Die Zertifikate sind frei handelbar, sodass sich am Markt ein Gleichgewichtspreis fijr diese Emissionsrechte bildet. Durch eine kon-tinuierliche Verknappung der Zertifikate steigt der Preis und die Unternehmen erhalten ei-nen Anreiz, ihre Emissionen zu verringern. Der Handel bewirkt, dass die Emissionen immer dort reduziert werden, wo dies zu den gesamtwirtschaftlich geringsten Kosten mög-lich ist.

Die ersten beiden Handelsperioden (2005­2007 und 2008-2012) waren zunächst als Implementierungs- und Probephase fijr das weltweit erste Emissionshandelssystem in dieser GröBe gedacht. Dabei sollten die Mit-gliedsstaaten bei der Erreichung ihrer Klima-schutzziele von Kyoto unterstijtzt werden. Trotz zahlreicher Probleme bei der anfängli-chen Ausgestaltung des Systems und des Handels wurden hierbei wertvolle Erfahrun-gen mit dem neuen Instrument gesammelt. Ab 2013 bekommt das Instrument des Emis-sionshandels bei der Erreichung der neuen Klimaschutzziele der EU jedoch zentrale Be- deutung. Daher verabschiedete das Europäi-sche Parlament nach einer Einigung des Eu-ropäischen Rates am 17. Dezember 2008 im Rahmen eines umfassenden Klimapakets u. a. eine Anderung der Emissionshandels-richtlinie mit neuen Regelungen fir den Handel ab 2013 (vgl. EurActiv 2008). Die-ser Kompromiss hat weit reichende Konse-quenzen für alle betroffenen Unternehmen, da diese zukünftig einen ernsthaften Beitrag zum Klimaschutz leisten müssen. Für die stra-tegische Planung von Unternehmen wird der Emissionshandel künftig eine immer wichtige-re Rolle spielen.

Vor diesem Hintergrund ist das Ziel dieser Studienarbeit eine ausführliche Darstellung der neuen Regelungen zum Emissionshandel ab 2013 sowie eine Analyse von deren Aus-wirkungen, insbesondere auf deutsche In-dustrieunternehmen. Hierbei stellt sich u. a. auch die Frage, welche verschiedenen Stra-tegien und Optionen den Unternehmen im Rahmen des Emissionshandels zur Verfügung stehen, um die neuen Auflagen möglichst wirtschaftlich zu erfüllen. Am Ende der Stu-dienarbeit stehen Handlungsempfehlungen, wie sich Industrieunternehmen trotz noch bestehender Planungsunsicherheiten bereits heute auf die Anderungen und Kosten des Emissionshandels ab 2013 vorbereiten kön-nen.

Nach einer kurzen Beschreibung der Erfah-rungen und Probleme mit dem EU-ETS in den ersten beiden Handelsperioden zwischen 2005 und 2012, werden im ersten Kapitel die neuen Regelungen und Anderungen für

das Handelssystem ab 2013 ausführlich dar-gestellt. Dies geschieht auf Grundlage des im Dezember 2008 vom EU-Rat und dem EU-Parlament verabschiedeten Kompromisspake-tes zum Klimaschutz, bei dem u. a. auch die Anderung der Emissionshandelsrichtlinie be-schlossen wurde. Ausgehend von diesen Re-gelungen beschäftigt sich das zweite Kapitel mit den verschiedenen Strategien und Optionen, die Unternehmen zur Verfü-gung stehen, um den Verpflichtungen und Kosten im Rahmen des Emissionshandels zu begegnen. Dabei werden der aktive Handel mit Emissionszertifikaten, die Senkung der eigenen Emissionen und die Investition in Kompensationsprojekte in Ländern auBerhalb der EU als Möglichkeiten diskutiert.

Das dritte Kapitel analysiert die absehbaren Auswirkungen des Emissionshandels ab 2013 insbesondere auf deutsche Industrieunter-nehmen. Zum einen werden die direkten und indirekten Kosten erörtert, welche den be-troffenen Unternehmen voraussichtlich ent-stehen werden. Zum anderen werden die Wettbewerbsauswirkungen des Emissions-handels im europäischen sowie im internatio-nalen Kontext beschrieben. Im vierten Kap-itel werden diese Auswirkungen schlieölich mit den zuvor dargestellten Strategien und Optionen für Unternehmen in Verbindung gebracht. Hierbei werden abschlieöend einige kurze Handlungsempfehlungen gegeben, wie Industrieunternehmen sich schon heute auf den Emissionshandel ab 2013 vorbereiten können. Dabei geht es um eine Strategieent-wicklung für den Emissionshandel und die Einrichtung einer entsprechenden Stabsstelle.

1. Ziele und Ausgestaltung des europäischen Emis-sionshandels

1.1. Erfahrungen der ersten Han-delsperioden

In den ersten Handelsperioden von 2005­2007 und von 2008-2012 erfasst das EU-ETS die CO2-Emissionen von ca. 10.500 Anlagen aus allen 27 Mitgliedsstaaten.[1] Dies ent-spricht etwa 41% aller THG-Emissionen der EU (vgl. European Commission 2008, S. 13). Einbezogen werden alle THG emittierenden Anlagen aus den Sektoren Energieerzeugung, Raffinerieprozesse, Kokereien, Stahl-, Ze-ment-, Kalk-, Glas-, Keramik-, Zellstoff- und Papierindustrie, die gewisse Grenzwerte überschreiten (vgl. European Commission 2008a, S. 1 und 9). Ab 2012 wird auch der Flugverkehr berücksichtigt, andere Sektoren sollen später folgen. AuBerdem nehmen seit Anfang 2008 mit Norwegen, Lichtenstein und der Schweiz auch die Mitglieder des Europäi-schen Wirtschaftsraums (EWR) am Emissi-onshandel teil.

Insbesondere die erste Handelsperiode war als Probephase angelegt, um Erfahrungen mit dem weltweit ersten Emissionshandelssystem dieser GröBe zu sammeln (der folgende Ab-satz basiert auf European Commission 2008, S. 13-14 und Gelück 2008, S. 47-52). Abge-sehen von einigen Schwierigkeiten und Ver-zögerungen bei der Implementierung wurde in allen Mitgliedsstaaten ein funktionierendes Monitoring-, Reporting- und Strafsystem für die Emissionen und die Zertifikate eingeführt.

Darüber hinaus entstand ein liquider Markt für Emissionsrechte in Europa mit stetig stei-gendem Handelsvolumen. Auf der anderen Seite konnten einige groBe Problemfelder identifiziert werden (siehe Abb. 1), die in der zukünftigen Ausgestaltung des Emissions-handels verbessert werden sollen.

A bb . 1: P ro b lemfelder des b isherigen Emissionshandels.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle European Commission 2008, S.14 und Gelück 2008, S. 47-52.

Insgesamt verfehlte das Handelssystem in der ersten Handelsperiode sein zentrales Ziel, die Luftverschmutzung zu einem Kostenfaktor zu machen und die Unternehmen zu Emissi-onsreduktionen zu den gesamtwirtschaftlich geringsten Kosten anzuregen. Dies lag vor allem an einer Uberallokation an Emissions-rechten. Diese entstand aufgrund von in die-ser frühen Phase noch mangelhaften bzw. falschen Prognosen der realen Emissionen der teilnehmenden Anlagen. Die Mitglieds- staaten vergaben von 2005-2007 Zertifikate für insgesamt etwa 2.080 Mio. t CO2 pro Jahr. Das waren ca. 3% mehr als die tatsäch-lichen Emissionen der erfassten Anlagen (vgl. EEA 2007, S. 45-46). Bei bekannt werden dieses Uberangebots brach der Zertifikats-preis von ursprünglich 20-30 Euro Mitte 2006 ein. 2007 wurden die Zertifikate nur noch zu einem Preis von unter 0,10 Euro gehandelt und waren damit praktisch wertlos. Entspre-chend verschwand der Anreiz für Unterneh-men, Emissionsreduktionen durchzuführen.

Dieses Hauptproblem wurde bei der Erstel-lung der NAP II für die zweite, auf fünf Jahre verlängerte Handelsperiode angegangen. Um eine erneute Uberallokation zu verhindern, kürzte die EU-Kommission die von den Mit-gliedsstaaten vorgeschlagenen Emissions-budgets um insgesamt rund 6,5% im Vergleich zu den tatsächlich gemessenen Emissionen der Jahre 2005/2006 (vgl. Euro-pean Commission 2008, S. 15). Als Folge dieser Verknappung ist inzwischen wieder ein funktionierender Handel mit Emissionsrech-ten entstanden. Der Preis für eine Tonne CO2 liegt an der Leipziger Strombörse EEX derzeit bei etwa 13 Euro (vgl. EEX 2009). Darüber hinaus gab es in der zweiten Handelsperiode keine wesentlichen Anderungen bei Aufbau und Funktionsweise des Emissionshandels sowie bei den Allokationsregeln, sodass die o. g. Problemfelder weiterhin in gewissem Umfang bestehen.

1.2. Der Emissionshandel ab 2013

Angesichts der im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Erfahrungen und Probleme mit dem bisherigen Emissionshandel stellt sich die Frage, wie diese bei der Ausgestal-tung der neuen Regelungen für den Handel ab 2013 berücksichtigt wurden. Daher wer-den diese Regelungen auf den folgenden Seiten zunächst ausführlich dargestellt. Dabei wird auf die Anderungen im Umfang und Aufbau des Handels und bei den Allokations-regeln eingegangen. AuBerdem werden die bisher noch offenen Regelungen erörtert.

1.2.1. Umfang und Aufbau des Handels

Mit der Zustimmung des EU-Parlaments zur Anderung der sog. Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EG im Rahmen eines umfassenden Maönahmenpakets der EU zum Klimaschutz am 17. Dezember 2008 wurden neue Rege-lungen für den Emissionshandel ab 2013 beschlossen (vgl. Europäisches Parlament 2008). Die neuen Reduktionsziele des EU-ETS orientieren sich dabei am übergeordneten Ziel einer Emissionsreduktion von 20% in der EU bis 2020 im Vergleich zum Referenzjahr 1990 (das folgende Kapitel basiert auf Euro-pean Commission 2008a, S. 2-14 und Gelück 2008, S. 61-64). Dies entspricht einer noch zu erzielenden Einsparung von insgesamt 14% im Vergleich zum Ausstoö in 2005. Da Reduktionen in den vom EU-ETS erfassten Sektoren kostengünstiger durchgeführt wer-den können als in den restlichen Sektoren (z. B. Verkehr, Landwirtschaft u. a.), haben diese zukünftig einen höheren Beitrag zu leisten. Folglich müssen die Emissionen im EU-ETS bis 2020 um 21% im Vergleich zu 2005 sinken, die restlichen Sektoren haben 10% beizutragen.

Abb. 2: Absenkung der Emissionsobergrenze von 2013-2020.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Geliick 2008, S. 62.

Ab der dritten Phase des EU-ETS (2013 bis 2020) werden die Handelsperioden auf acht Jahre verlängert, um den Unternehmen eine erhöhte Planungssicherheit zu gewährleisten. Kiinftig wird es nur noch eine europaweite Emissionsobergrenze geben. Hierdurch ent-fällt die aufwendige Erstellung der Nationalen A llokationspläne (NAPs) auf Seiten der Mit-gliedsstaaten. Die NAPs hatten bisher zu un-terschiedlichen Reduktionszielen in den einzelnen Ländern gefiihrt, was die bereits erwähnte Uberallokation an Zertifikaten und Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU zur Folge hatte. Das genannte Ziel einer Re-duktion von 21% entspricht einer Emissions-obergrenze i. H. v. 1.720 Mio. t CO2 im Jahr 2020.[2] Ausgehend von den durchschnittlichen Emissionen der Jahre 2008-2012 i. H. v. 2.081 Mio. t CO2 wird die Emissionsobergren-ze daher ab 2013 jährlich linear um 1,74% abgesenkt (siehe Abb. 2). Dieser lineare Fak- tor soll vorerst auch iiber 2020 hinaus beibe-halten werden. Das sog. Banking von Zertifi-katen aus einer Handelsphase zur Verwendung in späteren Perioden ist generell möglich.

Weiterhin wird der Umfang des Emissions-handels ausgedehnt. Neben dem Flugver-kehr, der bereits ab 2012 einbezogen wird, werden erstmals alle Anlagen der chemischen Industrie sowie von Ammoniak- und Alumini-umherstellern erfasst und MaAnahmen zur Lagerung und Speicherung von CO2 beriick-sichtigt. AuBerdem wird der Handel auf ande-re Treibhausgase wie z. B. Methan oder FCKW ausgeweitet (vgl. Becker-Biittner-Held 2009). Auf der anderen Seite erhalten die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, kleine Anla-gen vom Emissionshandel auszunehmen. Dies ist möglich fiir Anlagen, deren jährliche Emissionen in den drei vorhergehenden Jah-ren 25.000 t CO2 nicht iiberstiegen und deren jährliche Stromerzeugungsleistung unter 35 Megawatt lag (nur fiir Anlagen der Ener-gieerzeugung). Voraussetzung ist, dass diese Anlagen von den Mitgliedsstaaten über ande-re Reduktionsmaönahmen reguliert werden. Durch diese Regelung sollen insbesondere kleine Anlagenbetreiber entlastet werden, die bisher durch den Verwaltungsaufwand un-verhältnismäBig hoch belastet wurden.

Für die Nutzung von Emissionsgutschriften aus Projekten der Kyoto-Mechanismen Clean Development Mechanism (CDM) und Joint Implementation (JI) gelten ebenfalls neue Regelungen. Gutschriften aus Projekten vor 2013 bleiben grundsätzlich auch in der drit-ten Handelsperiode gültig. Ab 2013 werden neue Gutschriften nur noch aus streng regu-lierten Projekten in Ländern akzeptiert, die entweder ein mögliches neues globales Kli-maschutzabkommen unterzeichnet haben oder mit denen bilaterale Abkommen beste-hen. Insgesamt wird die Nutzung der Gut-schriften jedoch auf 50% der gesamten Reduktionsvorgaben der EU zwischen 2008 und 2020 beschränkt, was zusammen ca. 1,6 Mrd. Gutschriften entspricht. Diese Gren-ze gilt nicht europaweit, sondern für jede Anlage einzeln. Im Falle des Zustandekom-mens eines neuen internationalen Klimaab-kommens könnten diese Obergrenzen angesichts der dann schärferen Reduktions-ziele der EU allerdings erhöht werden.

Zudem soll eine neue Form von Emissions-gutschriften eingeführt werden, die aus Pro-jekten generiert werden, die innerhalb der EU in nicht vom EU-ETS erfassten Sektoren zu Emissionsreduktionen führen. Um die Verwal-tungs- und Transaktionskosten zu senken, werden auBerdem die vernetzten nationalen

Handelsregister für die Zertifikate ab 2013 durch ein europäisches Gemeinschaftsregister ersetzt. Gleichzeitig sollen die Monitoring-und Reporting-Vorschriften neu überarbeitet und weiter harmonisiert werden. Die Strafe für nicht durch Zertifikate gedeckte Emissio-nen beträgt weiterhin 100 Euro pro Tonne CO2, die fehlenden Zertifikate müssen zusätz-lich im folgenden Jahr nachgereicht werden.

1.2.2. Allokation der Zertifikate

Die Auktion der Emissionszertifikate soll ab 2013 schrittweise zur bevorzugten Alloka-tionsmethode werden (vgl. European Com-mission 2008a, S. 6-8). Der Anteil der zu versteigernden Zertifikate steigt von 20% im Jahr 2013 auf 70% im Jahr 2020, spätestens im Jahr 2027 sollen 100% erreicht werden (vgl. Europäisches Parlament 2008a). Anla-gen aus dem Bereich der Energieerzeugung müssen bereits ab 2013 alle ihre Zertifikate ersteigern. Dies geschieht vor dem Hinter-grund, dass die betreffenden Unternehmen in den letzten Jahren trotz kostenloser Vergabe der Zertifikate deren Opportunitätskosten auf die Strompreise umlegten. Auf diese Weise kam es zu hohen Gewinnmitnahmen der Energieversorgungsunternehmen (EVU). Aus-nahmen bestehen hier nur für Länder, deren gesamte Energieerzeugung besonders emis-sionsintensiv ist und deren BIP pro Kopf un-ter dem EU-Durchschnitt liegt. Energie-erzeugende Anlagen in diesen meist ost-europäischen Ländern müssen 2013 zunächst nur 30% ihrer Zertifikate ersteigern. Dieser Anteil wächst bis 2020 auf 100% (vgl. Augter 2008).

Die Auktionen werden von den einzelnen Mitgliedsstaaten nach noch von der EU fest-zulegenden, einheitlichen Regeln durchge-führt (vgl. European Commission 2008a, S. 8). Jeder Mitgliedsstaat erhält seinen Anteil der jährlich zu versteigernden Zertifikate ba-sierend auf seinen Emissionen der ersten Handelsperiode. Allerdings müssen Mitglieds-staaten mit hohem Pro-Kopf-Einkommen 10% ihrer Zertifikate an Länder mit niedri-gem Pro-Kopf-Einkommen abgeben, um die-sen höhere Einnahmen und damit bessere Entwicklungsmöglichkeiten zu ermöglichen (vgl. Europäisches Parlament 2008a). Weitere 2% der Zertifikate werden an Mitgliedsstaa-ten umverteilt, die 2005 bereits Emissionsre-duktion von mind. 20% im Vergleich zu 1990 erreicht hatten. Allerdings müssen alle Mit-gliedsstaaten mind. 50% ihrer Einnahmen aus den Auktionen in Klimaschutzmaönah-men investieren (vgl. Umweltbundesamt 2009).

Eine weitere Ausnahme bei den Versteige-rungen betrifft besonders energieintensive Industrien, welche im starken internationalen Wettbewerb stehen (vgl. European Commis-sion 2008a, S. 7-8). Aufgrund der hohen Kos-tensteigerungen durch den Emissionshandel könnten die betroffenen Unternehmen dieser sog. Exposed Sectors international nicht mehr wettbewerbsfähig sein, da ihre Konkurrenz insbesondere in den Schwellenländern keinen vergleichbaren Auflagen unterliegt. Um eine Produktionsverlagerung (sog. Carbon Leaka-ge) in Länder auöerhalb der EU zu verhin-dern, sollen diese Unternehmen bis 2020 weiterhin bis zu 100% der ihnen jährlich zu- stehenden, aber im Rahmen der Emissions-obergrenze sinkenden Menge an Zertifikaten kostenlos erhalten.

Welche Sektoren von dieser Regelung profi-tieren, will die EU-Kommission noch näher definieren. In Frage kommen alle Industrien, in denen die Kostenbelastung durch den Emissionshandel 5% der Bruttowertschöp-fung übersteigt und deren Gesamtwert an Exporten und Importen zu mehr als 10% dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind (vgl. EurActiv 2008a). Dies könnte z. B. auf energieintensive Branchen wie Chemie, Stahl, Aluminium, Zement, Glas u. a. zutref-fen. Sollte jedoch ein neues internationales Klimaschutzabkommen Ende 2009 zustande kommen, welches auch Schwellenländer ein-bezieht, würde sich die Gefahr des Carbon Leakage verringern. In diesem Fall sollen die Ausnahmeregelungen nochmals überarbeitet werden. Unabhängig davon erlaubt die EU den Mitgliedsstaaten, die Stromkosten be-sonders energieintensiver Industrien mit Geld aus den Auktionserlösen zu kompensieren (vgl. European Commission 2008a, S. 8). Hintergrund ist, dass diese steigenden indi-rekten Kosten im Rahmen des Emissionshan-dels auch zu Produktionsverlagerungen führen könnten.

Die kostenlose Zuteilung aller Zertifikate, die nicht versteigert werden, erfolgt ab 2013 ausschlieölich auf Basis einheitlicher Bench-marks und nicht mehr anhand historischer Emissionen (vgl. European Commission 2008a, S. 7). Diese Benchmarks sollen sich produktbezogen an der jeweils modernsten verfijgbaren Technik orientieren und europa-weit harmonisiert gelten, um Wettbewerbs-verzerrungen zu vermeiden. Fijr Anlagen, die nachträglich neu in den Markt kommen, wer-den jährlich 5% der gesamten Allokations-menge als Reserve zurijckgehalten (vgl. European Commission 2008a, S. 13). Diese werden nach den gleichen Regelungen fijr alle anderen Anlagen zugeteilt. Verbleibende Zertifikate aus der Reserve werden nachträg-lich versteigert.

1.2.3. Offene Punkte

Auch nach Verabschiedung der Anderung der Emissionshandelsrichtlinie bleiben vorerst einige Punkte ungeklärt. So mijssen vor allem die von Carbon Leakage betroffenen Indust-rien noch definiert werden (vgl. European Commission 2008a, S. 14). Weiterhin arbeitet die EU-Kommission an den harmonisierten Regelungen fijr die Auktionen sowie den Benchmarks fijr die kostenlose Zuteilung der Zertifikate. AuBerdem werden die Monitoring-und Reportingvorschriften noch neu ijberar-beitet und europaweit angeglichen. Es ist ebenfalls noch offen, inwiefern die Mitglieds-staaten die im Rahmen des Emissionshandels steigenden Stromkosten der energieintensi-ven Industrien kompensieren dijrfen. Hierzu arbeitet die EU-Kommission an Regelungen, die mit dem europäischen Beihilferecht im Einklang stehen (vgl. VCI 2009, S. 2-3).

Darijber hinaus wird der Ausgang der Ver-handlungen fijr ein neues globales Klima-schutzabkommen in Kopenhagen im Dezember 2009 Konsequenzen fijr das EU-ETS haben, die heute noch nicht abzusehen

sind (vgl. European Commission 2008a, S. 12-13). Von diesem Abkommen ist u. a. abhängig, ob die Reduktionsziele der EU ver-schärft werden, welche Industrien von den Versteigerungen ausgenommen werden und ob möglicherweise weitere Länder weltweit in den Emissionshandel einbezogen werden. So ist die Schaffung eines transatlantischen Emissionshandels unter Einbeziehung der USA ein erklärtes Ziel der EU-Kommission. Alle diese noch ausstehenden Vorschriften und Regelungen werden weitere Auswirkun-gen auf die am EU-ETS beteiligten Unter-nehmen haben, die hier noch nicht betrachtet werden können. Einen Uberblick ijber die zukijnftigen legislativen Entwicklungen gibt die folgende Abb. 3.

Abb. 3: Zuk ii nftige legislative Entwick-lungen des E U -ETS.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: European Commission 2008a, S. 14 und VCI 2009, S. 2.

[...]


[1] Anm. Bulgarien und Rumänien nehmen erst seit ihrem EU-Beitritt in 2007 am Emissionshandel teil.

[2] Anm.: Die genannten Obergrenzen orientieren sich am Umfang des EU-ETS Anfang 2008 und werden von der EU-Kommission bis 30. September 2010 entsprechend dem neuen Umfang angepasst (z. B. neue Teilnehmer, Ausnahme kleiner Anlagen etc.).

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Der europäische Emissionshandel ab 2013 und seine Auswirkungen auf (deutsche) Industrieunternehmen
Untertitel
Wie Unternehmen sich auf den Emissionshandel ab 2013 vorbereiten können
Hochschule
Hochschule München
Veranstaltung
European Structures and Organizations
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
28
Katalognummer
V136155
ISBN (eBook)
9783640443772
ISBN (Buch)
9783640444410
Dateigröße
706 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Emissionshandel, Klimaschutz, strategisches Controlling, Unternehmensführung, EU-ETS, EU, Wirtschaftspolitik, Kyoto-Protokoll, Carbon trading, Industrieunternehmen, Treibhausgase, CO2, Energiepreise, Windfall profits, Europäische Union, dritte Handelsperiode, Umweltpolitik, Emissionszertifikat, Emissionsrechte, europäischer Emissionshandel
Arbeit zitieren
B. A. in International Business Malte Gelück (Autor:in), 2009, Der europäische Emissionshandel ab 2013 und seine Auswirkungen auf (deutsche) Industrieunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136155

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