Ziele und Wege bundesdeutscher Außenpolitik 1949-1955


Hausarbeit, 2007

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Ausgangssituation

3 Stationen auf dem Weg zur Souveränität

4 Das Verhältnis zu Frankreich und die EGKS

5 Die Frage nach einem deutschen Wehrbeitrag: EVG oder NATO?
5.1 Die Positionen der Alliierten
5.2 Innenpolitischer Widerstand
5.3 Verhandlungen zum EVG-Vertrag
5.4 Die Pariser Verträge

6 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Als im Mai 1949, vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, aus den drei westlichen Besatzungszonen die Bundesrepublik Deutschland entstand, waren die Bedingungen für die Außenpolitik dieses Staates sehr schwierig und der Handlungsspielraum äußerst begrenzt. Doch auch unter den erschwerten Umständen der ersten Jahre mussten natürlich in der Bundesrepublik außenpolitische Ziele gesetzt sowie Strategien zu ihrer Verwirklichung entwickelt und umgesetzt werden. Bei diesen Aufgaben spielte Konrad Adenauer, erster Bundeskanzler und seit 1951 in einer Doppelfunktion auch erster Außenminister der BRD, eine zentrale Rolle.

Im Rahmen dieser Arbeit soll anhand verschiedener Ereignisse und Entwicklungen in den Jahren 1949 bis 1955 den Fragen nachgegangen werden, welche zentralen Ziele die bundesrepublikanische Außenpolitik in diesem Zeitraum bestimmten und auf welchem Wege sie erreicht werden konnten.

Es werden zunächst vor dem Hintergrund der Ausgangslage im Jahr 1949 die sich daraus entwickelnden außenpolitischen Zielsetzungen erläutert. Es folgt ein kurzer Überblick über wichtige 'Meilensteine' der Erweiterung bundesdeutscher Souveränität und damit auch des Handlungsspielraums der Außenpolitik, bevor auf den Weg, wie bestimmte Ziele erreicht wurden, näher eingegangen wird. Hierzu soll zum einen das Verhältnis zu Frankreich und seine besondere Bedeutung beleuchtet werden. Zum anderen werden die Entwicklungen um die Frage einer Einbindung der Bundesrepublik in ein westliches Verteidigungsbündnis skizziert, die über Verhandlungen zu einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft letztlich zur Aufnahme in die NATO im Rahmen der Pariser Verträge führten – ein Vertragswerk, das als Abschluss einer ersten Phase bundesdeutscher Außenpolitik angesehen werden kann, da hierdurch zentrale Ziele erreicht bzw. Entwicklungen abgeschlossen wurden und die BRD ein „festes Fundament erlangt [hatte], von dem aus sie ihre weitere Außen- und Sicherheitspolitik gestalten konnte“[1]. Abschließend soll eine Bewertung des Erfolges der Außenpolitik 1949-1955 vorgenommen werden.

Aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit werden einige für die Fragestellung nicht unwichtige Aspekte, wie z.B. die Berlin-Frage oder der deutsch-französische Konflikt um das Saargebiet, nur am Rande berücksichtigt werden können.

2 Die Ausgangssituation

Am 23. Mai 1949 wurde durch die Verabschiedung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Wenngleich im Artikel 146 festgelegt war, dass es sich hierbei lediglich um eine politische Ordnung für die Übergangszeit bis zur Wiedervereinigung handeln sollte, so war doch de facto ein neuer deutscher Staat geschaffen worden.[2] Am 15. September desselben Jahres wurde Konrad Adenauer zum ersten Bundeskanzler der jungen Republik gewählt, 5 Tage später wurde er zusammen mit seinem Kabinett vereidigt.

Doch wie sah der außenpolitische Handlungsspielraum dieser ersten deutschen Bundesregierung aus? Am 21. September, nur einen Tag nach ihrer Bildung, trat das Besatzungsstatut der drei Westmächte in Kraft. Es war bereits im Mai beschlossen worden und bedeutete eine weitgehende Souveränitätsbeschränkung. Eine eigenständige deutsche Außenpolitik gab es zunächst nicht, die BRD hatte weder einen Außenminister noch ein Auswärtiges Amt.[3] Die Beziehungen zu anderen Staaten unterlagen in wesentlichem Maße der alliierten Kontrolle und wichtige außenpolitische Entscheidungen bedurften der Zustimmung der Alliierten Hohen Kommission. Ein wesentliches Ziel der Bundesregierung war daher in den folgenden Jahren die Ausweitung des eigenen Handlungsspielraums und damit eine schrittweise Wiedererlangung der Souveränität.[4] Dieses Ziel formulierte Konrad Adenauer auch in seiner ersten Regierungserklärung am 20. September 1949:

„Das Besatzungsstatut ist alles andere als ein Ideal. […] Es gibt aber keinen anderen Weg für das deutsche Volk […]. Der einzige Weg zur Freiheit ist der, daß wir im Einvernehmen mit der Hohen Alliierten Kommission unsere Freiheiten und unsere Zuständigkeiten Stück für Stück zu erweitern versuchen.“[5]

Hinzu kam der sich zuspitzende Konflikt zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion, dessen Frontlinie mitten durch Deutschland verlief. In den Jahren um die Entstehung der Bundesrepublik ergaben sich viele neue Bedrohungsszenarien. Die Berlin-Blockade von 1948/49, der Aufstieg der Sowjetunion zur Atommacht im Herbst 1949 und der 1950 beginnende Korea-Krieg ließen das Thema Sicherheit auf der außenpolitischen Agenda der Bundesregierung ebenfalls einen wichtigen Platz einnehmen.[6]

Auf ein drittes wesentliches Ziel war die Bundesregierung bereits durch das Grundgesetz verpflichtet: Die Wiedererlangung der Einheit Deutschlands (Art. 146, s.o.). Allerdings wurde durch die Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 die Teilung zunächst einmal vertieft. Der Ost-West-Konflikt ließ eine gleichzeitige Verfolgung aller drei Ziele unmöglich erscheinen, Prioritäten mussten gesetzt werden. Was jedoch das vorrangige Ziel sein sollte, darüber gab es innerhalb Deutschlands durchaus unterschiedliche Meinungen, die verschiedenen Ideologien entsprangen. Eine Auseinandersetzung um die Grundausrichtung deutscher Außenpolitik hatte allerdings schon vor der Gründung der Bundesrepublik stattgefunden. Dabei waren drei wesentliche Entwürfe von Bedeutung.

Der erste sah Deutschland als einen Mittler zwischen West und Ost; durch einen Ausgleich mit der Sowjetunion sollte eine Teilung Deutschlands vermieden werden. Diese Position wurde vor allem vor der Zuspitzung des Kalten Krieges 1947 vertreten und vor allem von Politikern aus der Sowjetischen Besatzungszone, hier war der CDU-Vorsitzende Jakob Kaiser ihr prominentester Verfechter. Eine zweite Option, besonders vom SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher vertreten, sah vor, in West- und Mitteleuropa einen „anti-sowjetischen Block sozialistischer Staaten“[7] entstehen zu lassen. Der dritte Weg, der unter anderem von Konrad Adenauer vertreten wurde und der unter seiner Kanzlerschaft auch verfolgt werden sollte, stellte die Wiedervereinigung zugunsten der Ziele Sicherheit und Souveränität zurück. Das bedeutete nicht, dass ein geeintes Deutschland grundsätzlich für ausgeschlossen gehalten wurde, doch sollte dieses Ziel später durch die Anziehungskraft eines freiheitlich-demokratischen Westdeutschland erreicht werden.[8]

3 Stationen auf dem Weg zur Souveränität

Bereits im Gründungsjahr der Bundesrepublik konnte eine erste Lockerung des Besatzungsstatuts und somit der Souveränitätsbeschränkungen erreicht werden. Am

22. November wurde von den Hohen Kommissaren und der Bundesregierung das Petersberger Abkommen unterzeichnet, das einerseits die Demontagen in Deutschland weitgehend beendete, andererseits der BRD in der Außenpolitik erste eigene Befugnisse einräumte: Sie durfte konsularische Beziehungen zu bestimmten westlichen Ländern aufnehmen und internationalen Organisationen beitreten. Im Gegenzug trat sie der Internationalen Ruhrbehörde bei, einer Einrichtung, die wichtige Wirtschaftszweige der deutschen Kontrolle entzog und deshalb bisher offiziell abgelehnt worden war.[9] Jedoch sah der Bundeskanzler auch die Bedeutung des Abkommens als einen „erste[n] Schritt, um dauerhafte Bindungen zwischen der Bundesrepublik und den westeuropäischen Nachbarn, insbesondere mit Frankreich, zu knüpfen“[10]. Auf der anderen Seite machte aus auch für die Alliierten Sinn, zu diesem Zeitpunkt auf die Deutschen zuzugehen, da nach der Gründung der DDR durchaus Befürchtungen bestanden, dass sich Westdeutschland im Interesse der deutschen Einheit wieder der UdSSR annähern könnte.[11]

Am 6. März 1951 wurde durch eine Revision des Besatzungsstatuts ein weiterer Schritt zum Ausbau westdeutscher Souveränität getan. Hierbei wurde zum ersten Mal das Amt eines deutschen Außenministers zugelassen, das zunächst von Konrad Adenauer selbst übernommen wurde. Dies brachte in der Praxis keine große Veränderung mit sich, da der Kanzler bereits zuvor die entsprechenden Aufgaben im von den Alliierten gesteckten begrenzten Rahmen wahrgenommen hatte. Symbolisch gesehen bedeutete es jedoch einen großen Fortschritt, da er den Außenministern der drei Westmächte in Verhandlungen nun als Ebenbürtiger gegenübertreten konnte.[12]

Ein weiterer Meilenstein war schließlich der General- oder Deutschlandvertrag, dessen Ziel eine „Neuregelung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten“[13] war und der am 26. Mai 1952 in Bonn von Adenauer und den Alliierten Hohen Kommissaren unterzeichnet wurde. Seine Umsetzung war jedoch an die Ratifizierung des ebenfalls zu dieser Zeit verhandelten Vertrags über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) gebunden. Da diese jedoch in der französischen Nationalversammlung scheiterte, trat der Deutschlandvertrag vorläufig nicht in Kraft.[14] Erst gut drei Jahre später, im Rahmen der Pariser Verträge, die am 23. Oktober 1954 unterzeichnet wurden und am 5. Mai 1955 in Kraft traten, gelangte auch der Deutschlandvertrag zur Gültigkeit. Er war nun dahingehend revidiert worden, dass die Bundesrepublik durch ihn – bis auf einen Vorbehalt der Alliierten bezüglich Deutschland als Ganzes sowie Berlin – die volle Souveränität zurückerhielt.[15]

[...]


[1] Gareis, Sven Bernhard: Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik. Eine Einführung, Opladen 2005, S. 51.

[2] Vgl. Gareis: Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik, S. 46 f.

[3] Vgl. Hacke, Christian: Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder, Berlin 22004, S. 63.

[4] Vgl. Gareis: Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik, S. 47.

[5] Auswärtiges Amt, Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.): Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Dokumente von 1949-1994; herausgegeben zum Anlaß des 125. Jubiläums des Auswärtigen Amts, Köln 1995, S. 173 f.

[6] Vgl. Gareis: Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik, S. 47.

[7] Geppert, Dominik: Die Ära Adenauer, Darmstadt 2002, S. 32.

[8] Vgl. ebenda, S. 32 ff.

[9] Vgl. Schöllgen, Gregor: Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 22001, S. 23 und Geppert: Die Ära Adenauer, S. 38 f.

[10] Haftendorn, Helga: Deutsche Außenpolitik zwischen Selbstbeschränkung und Selbstbehauptung. 1945-2000, Stuttgart und München, 2001, S. 26.

[11] Vgl. ebenda.

[12] Vgl. Howarth, Marianne: Stationen zum Deutschlandvertrag: Vom Besatzungs-Statut zur Erlangung der Souveränität, in: Timmermann, Heiner (Hrsg.): Deutschlandvertrag und Pariser Verträge. Im Dreieck von Kaltem Krieg, deutscher Frage und europäischer Sicherheit (= Dokumente und Schriften der Europäischen Akademie Otzenhausen, Bd. 115), Münster 2003, S. 41-57, S. 43.

[13] Ebenda, S. 52.

[14] Vgl. Howarth: Stationen zum Deutschlandvertrag, S. 57.

[15] Vgl. Gareis: Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik, S. 51.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Ziele und Wege bundesdeutscher Außenpolitik 1949-1955
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Standardvorlesung: Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V136133
ISBN (eBook)
9783640440306
ISBN (Buch)
9783640440351
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschichte, Deutsche Geschichte, Geschichte der BRD, Politik, Außenpolitik, Nachkriegszeit, 1950er Jahre, Konrad Adenauer
Arbeit zitieren
Ulrike Busch (Autor:in), 2007, Ziele und Wege bundesdeutscher Außenpolitik 1949-1955, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136133

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