Differenz und Geschlecht


Seminararbeit, 2003

19 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Entwicklung feministischer Perspektiven in der Ethnologie
1.1 Entstehung der „Anthropology of Women“
1.2 Die These der universalen Dominanz des männlichen Geschlechts
1.3 Kritik an der These der universalen Dominanz des männlichen Geschlechts
1.4 Problematisierung des Begriffs „Geschlecht“

2 Die Diskussion um Differenz
2.1 Die Infragestellung der universellen Kategorie „Frau“
2.2 Feministische Ansätze in der Anthropology of Women
2.3 Der Differenzansatz
2.3.1 Differenz zwischen den Geschlechtern (differences between)
2.3.2 Differenz innerhalb der Geschlechter (differences within)
2.3.3 Differenz innerhalb von Individuen

3 Schluss

4 Literaturliste

1 Entwicklung feministischer Perspektiven in der Ethnologie

In der Einleitung „Differenz und Geschlecht“ zum gleichnamigen Sammelband geben Brigitta Hauser-Schäublin und Birgitt Röttger-Rössler eingangs einen Rückblick auf die Entwicklung der feministischen Perspektiven in der Ethnologie. Diese kritische Auseinandersetzung mit den Theorien der Geschlechter-forschung dient ihnen vor allem dazu, sich von den bisherigen Erklärungsmodellen abzugrenzen und die Position des, von ihnen selbst vertretenen, Differenzansatzes zu veranschaulichen. Entsprechend dieser Reihenfolge möchte auch ich zunächst auf die Entwicklung feministischer Perspektiven in der Ethnologie eingehen, um über die Distanzierung von feministischen Thesen in der Ethnologie, den Bogen zur Erläuterung des Differenzansatz zu spannen.

Gemäß Hauser-Schäublins und Röttger-Rösslers Ausführungen entwickelte sich die ethnologischen Geschlechterforschung, ähnlich der Wandlung in Politik-, Kunst- oder Naturwissenschaften, von einem übergreifend geltenden Erklärungsmodel für Geschlechterrelationen, hin zu unterschiedlichen, im Widerspruch zueinander stehenden Erklärungsentwürfen, welche nur noch partikuläre Gültigkeit besitzen. Die Autorinnen sehen zwar den Ursprung der Geschlechterforschung in den „politisch motivierten Frauenbewegung westlicher Industriestaaten“[1], weisen jedoch explizit darauf hin, dass sich die Verbindung zwischen Geschlechterforschung und politischer Frauenbewegung zwar nicht vollends gelöst, zumindest jedoch gelockert habe. Sie führen diesen Sachverhalt folgendermaßen aus:

1.1 Entstehung der „Anthropology of Women“

Die ethnologischen Forschung beschäftigt sich traditionell, neben dem Alter, auch mit dem Geschlecht als fundamentale, soziale Differenz. Zumeist begrenzte sich die Beschäftigung jedoch auf die Betrachtung „der Frau“ im Zusammenhang mit der Organisation von Heirat, Verwandtschaft und der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern in einer Gesellschaft. Zwar fanden demnach einige Aspekte des weiblichen Lebens keinen Eingang in die Ethnographien, jedoch untersuchte die traditionelle Ethnologie neben anderen sozialen Phänomenen, wie Verwandtschaft, Wirtschaft oder Religion auch immer die Rolle von Frauen. Im Unterschied zu anderen Fächern, wie der Philosophie oder Geschichte , bezog sich die feministische Kritik in der Ethnologie somit weniger darauf, Frauen in der Gesellschaft überhaupt zu Beachtung zu schenken. Es ging vielmehr um eine systematische Auseinandersetzung und Analyse des weiblichen Rollenspektrums, welche erst durch die erstarkende Frauenbewegung in den Sechziger Jahren angeregt wurde.

Einer der wichtigsten Angriffspunkte der Kritikerinnen war der männlich verzerrte Blick, der sogenannte male bias. Die neue „Ethnologie der Frauen“ (Anthropology of Women) formulierte ihre Kritik am male bias wie folgt:

In die Auslegung der zu untersuchenden Gesellschaft, würde die männliche Voreingenommenheit unhinterfragt mit einfliesen. Der Blick für andere Konstellationen des Geschlechterverhältnisses und dessen Bedeutung, würde dem Ethnologen durch Vorstellungen und Annahmen verstellt, welche er aus der eigenen Erfahrung mitbringe. Außerdem nähmen Ethnologen wie auch Ethnologinnen haupt-sächlich die Hilfe von männlichen Informanten in Anspruch, so das eine Darstellung aus weiblicher Sicht ausgeblendet würde[2]. Anknüpfend an diese Kritik, konzentrierte sich die feministisch orientierten Ethnologie zunächst darauf, den male bias offenzulegen und ihm entgegenzuwirken, indem Frauen vermehrt selbst „ins Feld“ zu gehen begannen. So entstand aus Arbeiten zur Rolle und dem Status der Frau in verschiedenen Gesellschaften, beispielsweise von der amerikanischen Forscherin Margret Mead[3],die Anthropology of Women.

1.2 Die These der universalen Dominanz des männlichen Geschlechts

Um die Lebensweisen von Frauen einzubeziehen, bedurfte es jedoch über die empirischen Arbeiten hinaus, der grundlegenden Überarbeitung wissenschaftlicher Theorien. In dieser Phase des theoretischen Neubeginns entstanden in der Ethnologie die ersten Beiträgen aus feministischer Sicht. Als Beispiel möchte ich hier die, unter den Titel „Woman, Culture, and Society“[4] und „Toward an Anthropology of Women“[5] erschienen Bücher anführen.

Die Schriften entstanden beide aus Seminaren, welche 1971 an den Universitäten Stanford und Michigan zum Thema „The Anthropology of Women“ gehalten wurden. Ausgehend von Margaret Meads Aussage „Men may cook, or weave, or dress dolls, or hunt hummingbirds, but if such activities are appropriate occupations of men, then the whole society, men and women alike, votes them as important“[6] in ihrem Buch „Male and Female“, ging die Gruppe um Louise Lamphere und Michelle Rosaldo von einer universalen männlichen Überlegenheit aus, welche sie zu erklären versuchten.

Eine ähnliche Vorstellung, dass Frauen weltweit unterdrückt würden und der Grund hierfür in der vergleichbaren Lebenssituation von Frauen liege, bringt Rayna Reiters in ihrer Einleitung zum Ausdruck: „This book has its roots in the women's movement. (...)To explain and describe equality and inequality between the sexes, contemporary feminism has turned to anthropology with many questions in its search for a theory and a body of information. These questions are more than academic: the answers will help feminists in the struggle against sexism in our own society.“[7]

Entsprechen der Annahme der politischen Frauenbewegung, dass gemeinsame Bande die Frauen aller Welt vereinen und sie so befähigen, gemeinsam gegen die männliche Unterdrückung zu kämpfen, bildete die These der universalen Dominanz des männlichen Geschlechts und die Untersuchung der Geschlechterasymmetrie den Ausgangspunkt der Anthropology of Women.

[...]


[1] Hauser-Schäublin/Röttger-Rössler, 1998, S. 8

[2] Reiter, 1975, S.14

[3] Mead, 1979

[4] Rosaldo/Lamphere , 1974

[5] Reiter, 1975

[6] Mead 1949, zitiert in Lamphere, 1987, S. 12

[7] Reiter 1975, S. 11

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Differenz und Geschlecht
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Ethnologie)
Veranstaltung
TK Geschlechterforschung WS 2002/03
Note
gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V13611
ISBN (eBook)
9783638192224
ISBN (Buch)
9783656881964
Dateigröße
385 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Differenz, Geschlecht, Geschlechterforschung
Arbeit zitieren
Bisrat Wolday (Autor:in), 2003, Differenz und Geschlecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13611

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