Gleichgeschlechtliche Elternschaft


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definitionen und Daten
2.1. Definition von Familie
2.2. Aktuelle Zahlen

3. Gesellschaftliche Akzeptanz homosexueller Elternschaft

4. Gleichgeschlechtliche Elternschaft
4.1. Lesbische Mütter
4.2. Homosexuelle Väter
4.3. Wege zur Mutterschaft/Vaterschaft

5. Rechtliche Situation lesbischer und schwuler Familien
5.1. Kindliche Regelungen des Lebenspartnerschaftsgesetzes vor dem 01
5.2. Kindliche Regelungen des Lebenspartnerschaftsgesetzes seit dem 01

6. Entwicklung der Kinder
6.1. Klischeebilder
6.2. Vorurteile und Ängste

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Familie, verstanden als Lebensform von Personenberechtigten mit Kind oder Kindern, hat heutzutage viele Gesichter, um nur einige zu nennen: Eltern mit einem oder mehreren Kindern, Alleinerziehende, Mehrgenerationenfamilien, homosexuelle Paare mit Kindern.

Kinder wachsen schon lange nicht mehr nur in traditionell geschlossenen Ehen auf, sondern vermehrt in gleich- oder verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften bzw. in Patchworkfamilien. Eine lesbische oder schwule Elternschaft ist eine Tatsache, die nicht mehr wegzuleugnen ist und auch nicht mehr geleugnet sein sollte.

Fakt ist, dass in der Realität die Wahrnehmung von Lesben und Schwulen als Mütter und Väter erst langsam in das gesellschaftliche Bewusstsein dringt. Durch die zunehmende öffentliche Präsenz homosexueller Lebensformen werden auch die Herausforderungen erkennbar, denen sich Familien mit lesbischen/schwulen Elternpaaren stellen müssen. Sei es bezüglich des gemeinsamen Sorgerechtes, der Möglichkeit von Adoptionen, aber auch in anderen Lebensbereichen.

Gleichgeschlechtliche Elternschaften sind keineswegs von ablehnenden oder klischeehaften Einstellungen frei. Sobald das Thema „Familien mit gleichgeschlechtlichen Partnerinnen und Partnern“ angesprochen wird, stößt man auf erhebliche Bedenken seitens der Gesellschaft. Man versucht dadurch zu legitimieren, dass es für Kinder einfach nicht gut sein könne, in einer lesbischen oder schwulen Partnerschaft aufzuwachsen. Man befürchtet bei diesen Kindern schwere Entwicklungsstörungen, vor allem in ihrer eigenen sexuellen Orientierung.

Solche Verurteile belasten die Betroffenen selbst, verunsichern die Angehörigen und beeinträchtigen das familiäre Zusammenleben.

Es ist das Anliegen dieser Arbeit die verschiedenen Aspekte und Herausforderungen rund um die gleichgeschlechtliche Elternschaft näher zu analysieren.

Anfangs möchte ich kurz aufzeigen, dass sich unter dem Begriff „Familie“ nicht nur das traditionelle Mutter-Vater-Kind(er) Familienbild verbirgt, sondern auch im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung entstandenen andere Familienlebensformen in diesem Begriff mit eingeschlossen sind.

Des weiteren möchte ich auf die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz von gleichgeschlechtlicher Elternschaft eingehen, um dann explizit deren Konstellationen und die damit verbundenen Schwierigkeiten zu erläutern.

Auch die rechtliche Aspekte die für Lesben und Schwule mit Kindern von Bedeutung sind sollen kurz dargestellt werden, da sie die Basis für offizielle gleichgeschlechtliche Elternschaften bilden. Dabei werde ich mich auf die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland beziehen.

Abschließend widme ich mich der Entwicklung der in gleichgeschlechtlichen Elternschaften lebenden Kindern. Die in der Gesellschaft existierende Klischeebilder und Vorbehalte gegenüber homosexuellen Elternschaft sollen nicht unerwähnt bleiben.

2. Definitionen und Daten

2.1. Definition von Familie

Im Laufe der Zeit hat sich das Verständnis des Begriffs Familie verändert. Eine eindeutige, allgemeingültige Definition von Familie lässt sich kaum treffen, da der Begriff der Familie an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten zur Bezeichnung und Benennung unterschiedlicher sozialer Einheiten gebraucht wurde und immer noch wird.

Die Gleichsetzung von Familie mit der vollständigen Vater-Mutter-Kind-Gemeinschaft ist die am meist gebrauchte und sehr verbreitete Form.

Im bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) werden Ehe und Familie verbunden bzw. sogar gleichgesetzt. Eine Reduktion der Familie auf die Ehegemeinschaft mit Kindern wird der konservativen Rechtsauffassung zugesprochen. Der Kölner Familienrechtler Wolfgang Rüfner formulierte es so: "Familie im Sinne des Grundgesetzes ist nicht jede beliebige Gruppe, die sich zu einer familienähnlichen Gemeinschaft zusammentut, sondern die Gemeinschaft von Eltern und Kindern, also die Kleinfamilie moderner Prägung... Das Grundgesetz sieht dabei die Ehe als alleinige Grundlage einer vollständigen Familiengemeinschaft an" (Rüfner 1989, S. 63).

Im Allgemeinen wird unter „Familie“ eine soziale Gruppierung, deren Verbindung auf Verwandtschaft oder Heirat beruht verstanden. „Familien sind durch einen dauerhaften inneren Zusammenhalt gekennzeichnet, der auf persönlichen Bindungen der einzelnen Mitglieder untereinander und auf Solidarität beruht. Die Familie erfüllt in fast allen Kulturen die Funktion, die soziale Reproduktion und damit den Fortbestand der Gesellschaft zu gewährleisten.

In der Statistik sieht es wie folgt aus: "Elternpaare bzw. alleinstehende Elternteile zusammen mit ihren im gleichen Haushalt lebenden ledigen Kindern gelten im Folgenden als 'Familie'" (Statistisches Bundesamt, 1995).

Wenn Aussagen über die Familie getroffen werden sollen, ist es für die amtliche Statistik irrelevant, ob die Menschen juristisch gesehen verheiratet sind oder nicht, oder ob sie intime Beziehungen haben.

Die Familie ist der Ort, an dem Kinder aufwachsen und wo sie Geborgenheit und Unterstützung finden, unabhängig von derer Art und Struktur. Bei der Betrachtung des

Wohlergehens des Kindes muss man nicht nach der Struktur, sondern nach der Qualität der Familie schauen. Für die Kinder ist nicht der Trauschein von Bedeutung, sondern das Verantwortungsgefühl und die Zuneigung der Eltern. Das garantiert nicht die herkömmliche Geschlechterordnung, sondern die Willigkeit der Eltern, sich dem Kind und seinen Bedürfnissen zuzuwenden ( vgl. Schöttler 2001, s.12f).

“Familie ist da, wo Kinder sind...Familie ist auch da, wo Kinder bei lesbischen, schwulen, bisexuellen oder transsexuellen Eltern sind“ (Schöttler 2001: 13).

2.2. Aktuelle Zahlen

Was die Angaben über Zahlen der in Deutschland lebenden homosexuellen Paare, und über die unter denen, die Kinder großziehen angeht, muss man sagen, dass sie von Quelle zu Quelle schwanken. Es fehlt an grundlegenden und präzisen statistischen Informationen. Das liegt daran, dass es gerade bei Daten bezüglich der Homosexualität eine sehr große Dunkelziffer gibt. Es dürfte eine beachtliche Zahl von Personen geben, die es nicht wagen, sich zu ihrer gleichgeschlechtlichen Orientierung zu bekennen, so dass allein dadurch schon die Grundgesamtheit der homosexuellen Männer und Frauen nicht exakt bestimmbar ist (vgl. Lüscher/Grabmann 2002: 4/7).

Die Daten des jährlich in Deutschland durchgeführten Mikrozensus geben die Größenordnung des Anteils von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften an, in denen minderjährige Kinder aufwachsen. Über die Frage zur Lebenspartnerschaft weist der Mikrozensus für das Jahr 2004 rund 56.000 gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften aus. Bei jedem achten gleichgeschlechtlichen Paar (13%) wuchsen im März 2004 ledige Kinder auf. Insgesamt zogen die gleichgeschlechtlichen Paare rund 11.500 Kinder groß, darunter 9.500 Kinder unter 18 Jahren (vgl. Statistisches Bundesamt 2006: 23f)

3. Gesellschaftliche Akzeptanz homosexueller Elternschaft

Die gesellschaftliche Situation sowie die rechtliche Position lesbischer Frauen und schwuler Männer hat sich in den letzten Jahren sehr verbessert. Auch die Einstellung der Bevölkerung gegenüber der Homosexualität in Deutschland unterlag einer Wandlung. Die überwiegende Ablehnung, die in den 50er und 60er Jahren weit verbreitet war, hat sich in Richtung einer mehrheitlichen Tolerierung und teilweise Akzeptanz homosexueller Beziehungen entwickelt (vgl. Vaskovics 2003: 56)

Gleichwohl kann man momentan keineswegs davon ausgehen, dass lesbische Mütter und schwule Väter als „normal“ oder „selbstverständlich“ angesehen werden. Erkennen lässt sich eine Spaltung zwischen der gestiegenen Akzeptanz von Homosexualität als individuelle Verhaltensweise auf der einen und einer fortdauernden Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Elternschaft auf der anderen Seite. Die Tatsache, dass es lesbische Mütter und schwule Väter gibt, hat die Gesellschaft zur Kenntnis genommen. Genauso das Faktum, dass Eltern ihr Geschlecht verändern oder sich mit Menschen mal des einen, mal des anderen Geschlechts zusammen tun, wird wahrgenommen. Diese Thematik ruft nach wie vor erhebliche Bedenken, Ängste und moralische Ablehnung hervor (vgl. Schöttler 2001: 11).

4. Gleichgeschlechtliche Elternschaft

Erst mit Beginn der 80er Jahre begann die Öffentlichkeit sich mit homosexuellen Familien auseinander zu setzen. Mit anderen Worten erst ab da wurden „die Familien“ von der Gesellschaft wahrgenommen. Die 90er Jahre stellten für Homosexuelle eine zwiespältige Zeit dar. Einerseits waren immer mehr Menschen für die Gleichstellung homosexueller Familienform innerhalb der Bevölkerung, versuchten sogar diese zu legitimieren und akzeptierten es, wenn sich Homosexuelle für das Sorgerecht ihrer Kinder vor Gericht einsetzten. Andererseits erhielten Homosexuelle dort, nämlich vor Gericht, die meisten Rückschläge vor allem im Bereich Elternschafts- oder Partnerschaftsrechte (vgl. Fthenakis/Ladwig 2002: 1).

Heutzutage vertreten noch viele in der Gesellschaft die Meinung, dass es so etwas wie „lesbisch“ und Mutter oder „schwul“ und Vater nicht gibt und nicht geben darf. Tatsache ist aber, dass eine nicht unbeträchtliche Zahl von Kindern schwule Väter oder lesbische Mütter hat (vgl. Lähnemann 1997: 4).

Rein zahlenmäßig verbirgt sich unter gleichgeschlechtlicher Elternschaft in erster Linie die lesbische Elternschaft. Sei es, dass Kinder aus früheren heterosexuellen Beziehungen stammen, sei es der gemeinsame oder individuelle Entschluss zu künstlicher Befruchtung oder die Entscheidung für ein Pflegekind, so sind es zuerst die Lesben zu nennen, die diese Familienform leben. (vgl. Schöttler 2001: 13) Grund dafür ist unter andern, die bessere Ausgangslage der Frauen, gegenüber den Männern, da es für sie einfacher ist, ein Kind zu bekommen. Das Sorgerecht für Kinder aus vorangegangenen Beziehungen wird seltener dem Vater zugesprochen (vgl. Wegener 2005: 56ff).

Generell kann man zwei typische biographische Konstellationen unterscheiden, die auf die gleichgeschlechtliche Elternschaft zutreffen. Zu der ersten gehören die Lesben und Schwulen, die aus vorangegangenen heterosexuellen Partnerschaften Kinder haben und nun in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben. Zu der zweiten gehören diejenigen, die erst nach ihrem Coming-out ihren Kinderwunsch umgesetzt haben (vgl. Wieners 1999: 66).

Aus den Daten des Mikrozensus lässt sich nicht ablesen, wie Kinder „entstanden“ sind, durch Insemination, Adoption, Pflegschaft oder eine heterosexuelle Beziehung des einen Elternteils. Ebenso ungewiss bleibt das Ausmaß biologischer und sozialer Elternschaft. Die verfügbaren Studien berichten, dass die Kinder meistens aus vorangegangenen heterosexuellen und/oder ehelichen Beziehungen stammen. (vgl. Vaskovics 2003: 59)

4.1. Lesbische Mütter

Die meisten Lesben, die heute Kinder großziehen, haben ihre Kinder aus früheren heterosexuellen Beziehungen oder Ehen. Um ein äußerlich „normales“ Leben führen zu können, haben sie ihre gleichgeschlechtliche Orientierung entweder jahrelang unterdrückt und

verschwiegen, oder sie haben sich erst in oder nach einer heterosexuellen Lebensphase für eine Person gleichen Geschlechts entschieden.

In der ehemaligen DDR war eine solche „Offenbarung“ für die Frauen nicht zulässig. Kaum eine homosexuelle Mutter gab sich als Lesbe zu erkennen. Die gleichgeschlechtliche Orientierung entsprach nicht dem sozialistischen Menschenbild.

Lesbische Mütter, die offen zu ihrer sexuellen Orientierung stehen, müssen sich stets aufs Neue als Lesbe zu erkennen geben und ihre Lebensform, sei es in Kindergärten oder Schulen, erklären.

Natürlich gibt es auch lesbische Mütter, die nicht mit ihren Kindern zusammenleben, sondern deren Kinder vom Vater oder einer anderen erziehungsberechtigten Person versorgt und erzogen werden.

Manche haben sich selbst dazu entschlossen, andere haben das Sorgerecht entgegen ihrem Willen verloren. Diesen Müttern wird oft vorgeworfen, sie seien „Rabenmütter“ und ihre Kinder bedenkenlos verlassen haben. Sie versuchen den Kontakt zu den Kindern aufrecht zu erhalten und besuchen sie in regelmäßig, soweit dies nicht durch z. B. Konflikte mit dem Vater unterbunden wird (vgl.Lähnemann 1997:7).

Lesbische Frauen oder Paare, die ihren Wunsch erst nach dem Coming-out realisieren wollen, haben mehrere Möglichkeiten, worauf ich näher im Punkt 4.3. eingehen werde.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Gleichgeschlechtliche Elternschaft
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Veranstaltung
Zur Soziologie der Elternschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V135711
ISBN (eBook)
9783640444052
ISBN (Buch)
9783640444335
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gleichgeschlechtliche, Elternschaft
Arbeit zitieren
Sylwia Malkusch (Autor:in), 2009, Gleichgeschlechtliche Elternschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135711

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